Witamy!
Deutsch-Polnische
Begegnungen
zwischen Żary
und Seyda
1994 bis
2014.
Der polnische weiße Adler findet sich zweimal in unserer Kirche in
Seyda. Das sächsisch-polnische Allianzwappen erinnert an die gemeinsame
Geschichte sogar in einem Land von 1697 bis 1763. Dass es solche Verbindungen
gibt, wurde uns erst später bewusst.
Begonnen hat es mit einem Gespräch mit der damaligen
Gemeindejugendpflegerin für die Verwaltungsgemeinschaft Elster-Seyda-Klöden,
Angelika Müller. Mit dem Gedanken, in der Jugendarbeit Grenzen zu überwinden
stieß ich bei ihr auf offene Ohren. Ich hatte ihr von deutsch-deutschen
Begegnungen in den 80iger Jahren in meiner Jugendzeit erzählt und meine Frage,
wohin wir nun, nach vollzogener deutscher Einheit, die Brücke schlagen könnten.
Polen lag nahe: Das große Nachbarland, zu dem sich nun auch die Grenze geöffnet
hatte – am Ende der DDR konnte man nicht so einfach dorthin reisen.
„Polenmärkte“ waren jetzt bekannt für die Möglichkeit, billig einzukaufen, aber
es kursierten und kursieren auch jede Menge abwertende Vorurteile über „die
Polen“.
Angelika Müller erzählte mir von „Lagern für Arbeit
und Erholung“, an der sie in Polen teilgenommen hatte. Sie fanden in Żary
statt, einer großen Stadt hinter der Grenze, etwas größer als Wittenberg, mit
40.000 Einwohnern. Vormittags wurden, gemeinsam mit polnischen Jugendlichen, die
Rabatten gepflegt, und nachmittags miteinander etwas unternommen. So hatte sie
noch eine Freundin in Żary, Halina Durys, und sie
schlug vor, sie doch einmal zu besuchen.
Das taten wir gemeinsam im Februar 1994. Ich lernte zum ersten
Mal die herzliche Gastfreundschaft der Familie Durys kennen, in der Zielona,
der Grünen Straße. Aber ich blieb nur kurz dort und machte mich, so war es
ausgemacht, allein auf weitere Erkundungstour nach Polen hinein.
Ein großes, unbekanntes Land: Die Autobahnen erinnerten
noch an alte, deutsche Zeiten. Mit Bedacht hatte ich mich bei der Auswahl
meines Autos, was ich in Seyda brauchte, für einen Skoda entschieden, also eine
osteuropäische Automarke. Tatsächlich wurde mir in diesen Tagen von zwei
Amtsbrüdern berichtet, dass sie ihren Golf gerade in Polen eingebüßt hatten.
Ich fuhr weit ins Land hinein, nach Krakau: Dort hatte ich die Adresse eines
„ou pair“-Mädchens aus dem Axiener Pfarrhaus, Agnieczka, und so eine gute
Unterkunft.
Krakau, die alte polnische Königsstadt, war voller
Menschen, und wirklich jede Frau und jedes Mädchen hatte eine Rose in der Hand
– es war der 14. Februar, der Valentinstag. In einem Reiseführer hatte ich von
dem bedeutenden Schnitzaltar gelesen, der in einer großen Kirche zu sehen sein sollte.
Ich öffnete die Kirchtür, suchte mit den Augen, die sich an das Dunkle gewöhnen
mußten, vorn den Altar – und stolperte dabei über Menschen, die bis vorn zur
Tür knieten und beteten. Das ist mir bis heute sehr peinlich. Eine Kirche ist
eben zuerst ein Ort des Gebetes, und in Polen kann man das lernen.
Auf dem Rückweg nahm ich, da ich Zeit hatte, viele
Anhalter mit – und brachte sie immer gleich an ihren Zielort, der manchmal
weitab der Strecke lag. In den Gesprächen zwischen Deutsch, Englisch und Russisch
lernte ich einiges über das Land.
Halina konnte Deutsch. Sie hatte es in der Schule gelernt und
sich Vieles selbst angeeignet. Früher hatte sie einen Brieffreund in Magdeburg
und war deshalb auch schon einmal in der DDR. Ohne sie wäre der ganze Austausch
schwer möglich gewesen. Sie opferte über viele Jahre ihren gesamten Urlaub:
Zwei Wochen – eine Woche kam sie mit einer polnischen Gruppe nach Deutschland,
eine Woche besuchten wir sie dann in Żary. Und sie
nahm sich dafür Zeit, über zehn Jahre lang, mit ihrem Mann Jurek und ihren
Kindern Tomek und Michal – und später auch allen, die dazu kamen.
Halina war Apothekerin. Zeitweise arbeitete sie in
zwei Apotheken, um finanziell über die Runden zu kommen. Jurek war beim
„Fiskus“, also im Steueramt. Sie wohnten wohl zunächst zur Miete, später haben
sie ihre Wohnung gekauft, in einem alten dreistöckigen Mietshaus, was etwa um
1900 gebaut worden ist. Den alten Glanz konnte man noch sehen, wie überall in
Polen, wo wir auf viele deutsche Spuren stießen.
Żary hieß früher Sorau und lag
in der preußischen Provinz Brandenburg. Die Eisenbahn ging einmal von Dessau
über Wittenberg nach Sorau und zurück. Man kann es heute noch sehen: Die Dörfer
sind angelegt wie unsere Dörfer; auf den Kanaldeckeln steht „Sorau N/L“ (Sorau,
Niederlausitz), und manche deutsche Inschrift aus früheren Zeiten mit
Firmennamen und Werbung verblasst zwar mehr und mehr, ist aber noch zu
entdecken.
Der Komponist Telemann und der Dichter Morgenstern
waren hier zu Hause: Nach und nach entdeckten wir immer wieder etwas Neues,
auch eigene Wurzeln der Familiengeschichte von uns selbst und von Menschen, die
jetzt in Seyda und Umgebung wohnten.
„War einmal
ein Bumerang,
war ein
weniges zu lang.
Bumerang flog
ein Stück,
aber kam
nicht mehr zurück!
Bumerang noch
stundenlang
wartete auf
Bumerang.“
Oder, ernsthafter:
„Wer Gott
aufgibt,
der löscht
die Sonne aus,
um mit einer
Laterne weiterzuwandeln.“
Christian Morgenstern
Halina unterstützte uns von Anfang an. Sie ging mit mir zur
Evangelischen Gemeinde, die es auch in Żary gibt,
„A.B.“ heißt sie, „Augsburger Bekenntnis“ – es ist das Bekenntnis der
Reformatoren vor dem Reichstag 1530, was Melanchthon vorlas, und was auch in
unserem Gesangbuch steht (Nr. 808). Die Auskunft des Pfarrers war aber, sie wären
nur eine kleine Gemeinde und hätten keine Jugendarbeit – mit ihnen könnte man
das nicht machen. So zogen wir frohgemut in Halinas Gemeinde. Sie war die
größte Kirche in Żary, wo auch der Propst tätig
war, und – natürlich – römisch-katholisch. Am Sonntag ist dort auch heute
sechsmal Gottesdienst, und zweimal an jedem Werktag, und auch sonst findet man
tagsüber fast immer betende Menschen in ihr.
Halina machte einen Termin mit dem Propst. Er
erläuterte uns, dass sie viele hundert Jugendliche hätten. Dafür gebe es
besondere Gottesdienste, und den Religionsunterricht in der Schule.
Jugendgruppen wie wir könnten sie nicht so einfach haben, dazu wären es zu
viele.
Aber das Interesse war da, und so kam eine
Ministrantengruppe zustande. Lauter Jungs, für die es eben eine Auszeichnung
war, zu denen gehören zu dürfen, die nun mit nach Deutschland fahren durften.
20 kamen mit einem jungen Priester, Marek.
Es war schon ein großer Kontrast zu unseren „bunt
gewürfelten“ Jugendlichen. Sie waren sehr diszipliniert, und wenn sie einmal
ausgelassen wurden, etwa bei Sport und Spiel, dann gab es schnell eine
geschlossene polnische Zusammenkunft.
Aus der Anfangszeit ist mir noch besonders vor Augen, wie wir an
einem Stock kleine Würstchen am Feuer brieten. Die Deutschen nahmen sich ein
Würstchen – das fiel erstmal in die Flammen. Da nahmen sie sich das nächste,
und das wurde verkohlt und schwarz. Und dann versuchten sie es noch einmal –
aber aßen dann nur die Hälfte, weil sie eigentlich keinen Appetit mehr hatten,
und warfen das andere achtlos weg.
Die polnischen Jugendlichen dagegen nahmen sich ein
halbes Würstchen, drehten es ganz vorsichtig am Stock und aßen es dann auf.
Ein ähnlicher Kontrast war im Bus auf Reisen zu beobachten. Wenn
die deutschen Jugendlichen einstiegen, so wurde das Radio so weit aufgedreht,
wie es nur irgend ging. Man konnte kaum noch sein eigenes Wort verstehen. Kamen
die Polen, so drehten sie das Radio aus – und fingen an zu singen.
Diese Dinge haben sich in den vielen Jahren sehr verändert und
angeglichen. Auch kamen bald neben Sebastian, Michal, Tomek, Artek, Jatzek,
Lukasz und Pawel auch Ania, Marta, Helena, Ewa, Maria, Monika, Teresa und viele
andere. Ebenso wie der Grenzübertritt, der in der Anfangszeit noch mehrere
Stunden in Anspruch nehmen konnte wegen einer langen Warteschlange vor dem
Grenzübergang und ausführlicher Kontrolle. Als wir zum ersten Mal als
Jugendgruppe nach Polen fuhren, bekamen wir eine polnische Zeitung in die Hand
und konnten darin „Kohl“ lesen. Der Bundeskanzler war natürlich auch auf dem
Foto zu sehen – und es wurde ein Deutsch-polnisches Jugendwerk initiiert, was
uns dann über die vielen Jahre sehr maßgeblich den Austausch gefördert hat.
Dazu waren viele Papiere notwendig. Manchmal fuhr ich schon halb
drei in der Nacht los, um früh vor der Arbeit bei Halina zu sein und noch eine
entsprechende Unterschrift oder einen Stempel von polnischer Seite zu bekommen.
Bei einer solchen Reise – allein – war ich – weil natürlich so früh die Straßen
und auch der Übergang sehr frei waren – schon viel zu zeitig, um halb sechs, in
Żary angekommen, wo ich Halina noch nicht wecken
wollte. Ich wanderte durch die Straßen und bestaunte die Architektur der Häuser
aus der Jugendstilzeit.
Die Polen kamen also nach Seyda, und so sollte es Jahr für Jahr
über zehn Jahre lang sein. Sie kamen von Montag bis Sonnabend, denn am Sonntag
mußte der Priester ja seinen Dienst tun – und eine „Messe“ konnten wir ja auch
nicht zusammen feiern. Wir waren für sie „Exoten“, evangelisch eben: Dass ein
Pfarrer heiraten kann und dann Kinder hat, dass ein Gemeindekirchenrat bestimmt
– aber dass es auf der anderen Seite aus polnischer Sicht viel an Ehrfurcht vor
dem Glauben und der Kirche fehlte: All das merkten sie, und wir merkten es in
der Begegnung auch.
Viel lag bei den polnischen Eltern, die sich
natürlich freuten, dass ihre Kinder eine Woche in Deutschland Ferien haben
konnten. Sie brachten sie mit Autos, meistens zur Mittagsstunde, und wir saßen
alle gemeinsam bei einem großen Mittagessen am Tisch. Das waren überhaupt die
schönsten Bilder, diese große Gemeinschaft. Im vorderen Gemeinderaum schliefen
die polnischen Jugendlichen, dazu hatten wir viele Matratzen, besonders von der
Kleiderkammer des Diest-Hofes, gesammelt; im anderen Gemeinderaum konnten wir
am Tisch sitzen – wenn das nicht draußen geschah. Erst 1999 wurde mit
Jugendlichen die Scheune ausgebaut, die dann ein gutes Domizil bei Sonne und
Regen wurde. Auch eine Dusche wurde nach den ersten Jahren eingebaut, vom letzten
Junggesellengeld.
Als erstes ging es nach kurzem Ausruhen auf eine
kleine Entdeckungstour von Seyda nach Gadegast, auf der Straße durch die
blühenden Felder. Es war ja nicht weit, anderthalb Kilometer. In der alten 850
Jahre alten Feldsteinkirche umfing uns eine angenehme Kühle, und wir konnten
erzählen von den alten Zeiten, in denen die gemeinsamen Vorfahren, die Slawen,
hier wohnten (Gadegast heißt übersetzt „Sumpfort“), von Christus, der in der
Mitte der Kirche auf dem Bild mit ausgebreiteten Armen auf uns zu kam und uns
verbindet; von Martin Luther, der hier predigte und dessen Bild hinter dem
Triumphbogen – nicht gleich sichtbar - an der Wand hing. Das machte deutlich,
dass er uns schon wichtig war, aber eben nicht im Zentrum stand. Und dann
sangen wir, ein Lied, was auch in polnischer Sprache in unserem (damals neuen)
Evangelischen Gesangbuch zu finden war: „Als die Welt verloren, Christus ward
geboren; in das nächt´ge Dunkeln / fällt ein strahlend Funkeln. Und die Engel
freudig singen, unterm Himmel hört man´s klingen: Gloria, Gloria, Gloria / in
excelsis Deo!“ Ja, ein Weihnachtslied, aber jedenfalls konnten es alle in ihrer
Sprache aus vollem Hals mitsingen – und wir sangen es fortan auch zu
Weihnachten und dachten aneinander.
In der Woche wurde nun viel miteinander unternommen. Später war
es durch die Förderung möglich, wirklich eine tolle Woche auch für die Seydaer
Jugendlichen zu veranstalten. Am Dienstag ging es meistens gleich nach Berlin.
Am Morgen, vor dem Frühstück, wo eine lange Kette von Brötchen wie eine
Schlange auf den Tisch gelegt wurde, gab es natürlich eine kleine gemeinsame
Morgenandacht mit deutschem, polnischem, englischem oder lateinischem Lied,
Bibelwort und Gebet: Der Reichtum der christlichen Gemeinschaft wurde immer
wieder deutlich, der Grenzen überwindet. Und nach der Andacht gab es eine
Einführung in den Tag, mit Kreide wurde an der Tafel der Fahrweg und das Ziel
angezeichnet und mit kleinen Zeichnungen und Symbolen beschrieben, auf welche
geschichtlichen und gegenwärtigen Besonderheiten wir stoßen würden. Also
Berlin: 1871, 1933, 1945, 1961, 1989… usw.
Wir besuchten zuerst das „Herz Westberlins“. Über
die Avus fuhren wir auf den Kurfürstendamm, im Parkhaus „Am Zoo“ brachten wir
die Autos unter. Meistens war mein weißer VW-Bus, am Beginn mit getönten
Scheiben, der erste in dem großen Konvoi von bis zu sieben Autos, die sich da
durch Berlin von Ampel zu Ampel schoben. Es war ein Kunststück, aber es war
auch eine große Freude und ein Abenteuer. In West-Berlin besuchten wir die Gedächtniskirche
mit der eindrücklichen Ausstellung, sangen ein Lied in der Kirche, gingen ins
Europacenter zum Essen beim Italiener und gaben dann „freie Zeit“ in Gruppen,
bevor es weiterging mit den Autos zum Reichstag und zum Brandenburger Tod,
Unter den Linden, zum Dom und zur Hedwigskathedrale, zum Schluss meistens auf
den Fernsehturm.
Am nächsten Tag war dann meistens eine kleine Fahrt
angesagt, nach Wittenberg zu den Lutherstätten und nach Jüterbog auf den
Kirchturm. „Jüterbog“ – „Bog“ heißt auf
polnisch „Gott“: Immer wieder stießen wir auf die Wurzeln der Geschichte, auch
aus der Reformationszeit. Wenn wir den Tetzelkasten in Jüterbog betrachteten,
wurde uns dies ganz neu bewußt – in der Begegnung katholischer und
evangelischer Christen. Es war gar nicht so einfach, lauter Katholiken die
Reformationsgeschichte zu erzählen – es war neu zu unterscheiden und zu
sprechen von der katholischen Kirche damals – und heute, von dem gemeinsamen
Erbe.
Hautnah erlebten wir es auch mit, etwa die Wirkung des Zölibates:
Dass da ein begabter junger Mann war, der Theologie studierte und mit seiner
Gitarre und auch sonst viele begeisterte, der aber eine Freundin hatte und
deshalb bald wie „ausgestoßen“ wurde und nicht Priester wurde.
Besonders merkten wir es aber daran, dass die
jungen Priester alle zwei Jahre ihren Dienstsitz wechseln mussten, „um sich
nicht zu verlieben“: Das bedeutete für uns, immer wieder einen neuen Anfang zu
machen und den nächsten jungen Priester für unseren Austausch zu gewinnen, was
nicht immer gelang und dann zu anderen Wegen und Ideen führte.
Halina fuhr am liebsten nach Potsdam, wo wir Sanssouci und
Cecilienhof, auch den Filmpark Babelsberg besuchten. Es war eine volle,
ereignisreiche Woche. Oft ging es auch noch nach Leipzig, zum Völkerschlachtdenkmal
und zur Universität, an Torgau vorbei, wo sich Russen und Amerikaner 1945
getroffen hatten, oder einmal nach Wörlitz oder in den Spreewald zum Paddeln.
Nebenbei gab es natürlich ein Programm in Seyda. Fester Punkt
war die Deutsch-Polnische Andacht am Mittwochabend, wozu Menschen aus Seyda und
Umgebung kamen, die aus Żary und diesem Gebiet
stammten. 1995 wurde besonders das Datum „40 Jahre Frieden“ hervorgehoben. Hier
saßen Menschen zusammen in der Kirche, die zum Teil die gleiche Schule, die
gleiche Kirche besucht hatten – zwischen denen aber zwei Generationen lagen und
die sich gegenseitig „nichts vorzuwerfen“ hatten, sondern miteinander den
Frieden suchten.
Beten und Singen, Musizieren, das waren die Dinge, die wir immer
machen konnten – auch über die große Sprachbarriere hinweg, die eigentlich nur
Halina richtig schließen konnte.
Eine Musikkassette wurde einmal aufgenommen: Mit
Klavier, Trommeln, Gesang.
Dazu kamen wir auf manche andere Idee: So
gestalteten wir in einem Jahr mit Jatzek, dem Theologiestudenten, gemeinsam die
Seydaer Kirchenfenster. Wir bemalten Folien, die wir dann in die Fenster hinein
(mit Tesafilm) klebten. Sie haben über ein Jahrzehnt, bis heute, gehalten. Zu
sehen ist die Arche Noah, also „Wir sitzen alle in einem Boot“ bei Gott, zu
sehen sind christliche Symbole wie das „Auge Gottes“, Alpha und Omega.
Eine wichtige Rolle spielte die Kletterwand des
CVJM, die auf dem Pfarrhof aufgebaut war. 30mal, so weiß ich es noch, kletterte
ein polnischer Junge die 8 Meter hinauf, das schaffte sonst keiner.
In vielen Jahren hatten wir auch T-Shirts, zunächst
waren sie von den „Kinderkirchenferientagen“ „übrig“ geblieben, danach hatten
sie oft auch polnische Aufschriften. Sie waren meist gelb und konnten mit
Stoffmalfarben bemalt werden und ließen uns einander gut erkennen, zum Beispiel
in einer großen Stadt.
Den Diest-Hof haben wir natürlich besucht, dort
gutes Mittagessen erhalten, ansonsten wurden wir viel aus der Gemeinde
verköstigt (Frau Lenz mit ihrem berühmten Kartoffelbrei und den Fischstäbchen),
und über viele Jahre gab es ein „Abschlussfoto“ professionell von Foto
Sackwitz.
Der Gegenbesuch nach Żary geschah
dann ein paar Tage später für ebensolange Zeit, von Montag bis Sonnabend. Wir erfuhren
die ganz herzliche Gastfreundschaft der Polen. Ganze Wohnzimmer wurden
ausgeräumt, um uns – eine deutsche Jugendgruppe – zu empfangen; der Tisch war
voll bis zur Kante mit leckerem Essen und Trinken. Und hatte man es dann
geschafft, hieß es aufstehen und zur nächsten Stelle fahren, wo wieder ein
großer Tisch mit Kuchen und anderen Dingen auf uns wartete, so dass es kaum zu
schaffen war.
Untergebracht waren wir einmal im Internat einer Schule am
nördlichen Stadtrand von Żary, einem
alten Gebäude, in dem früher ein Behindertenheim ähnlich wie in Seyda von einem
meiner Vorfahren geleitet worden war. Davon war natürlich außer den Häusern nur
noch wenig zu sehen. Auch die Polen bemühten sich sehr um ein
abwechslungsreiches, buntes Ferienprogramm; wobei die Hauptlast hier bei Halina
und den Eltern lag, die ihre Kinder vorher zu uns geschickt hatten. Aber der
polnische Priester war, so es seine Zeit erlaubte, meist auch dabei mit seinem
„Szaba“, was „Frosch“ heißt und eine gute Beschreibung seines Autos war, einem
Polski Fiat. Manchmal unternahmen wir weite Reisen über Land, um ein Kloster zu
besuchen, etwa in der Nähe von Breslau oder bei Frankfurt/Oder. Es waren
eindrückliche Besuche, denn die Klöster lebten ja: Mönche waren zu sehen, und
alles war sehr gut renoviert. Die Orte waren freilich nicht so „in Ordnung“ wie
unsere, wo zu Beginn der 90iger Jahre ein mächtiges Förderprogramm zum Aufbau
Ostdeutschlands im Gange war: das fiel den deutschen Jugendlichen schon auf,
aber sie kannten auch noch die grauen Fassaden aus DDR-Zeiten und sahen vor
allem die Herzlichkeit, mit der uns die Polen aufnahmen. Es gab tolle
sportliche Wettkämpfe, Stadtspiele, Sehenswürdigkeiten.
Gegen 22 Uhr verabschiedeten sich dann unsere
Gastgeber – und wir waren „frei“ und zogen nun in die Nacht zu einem Kiessee
bei „Kunice“ (Kunzendorf), um uns abzukühlen und die Nacht zu genießen. Es war
überhaupt in allem recht abenteuerlich: Am Tag allerdings seilten wir uns mit
dem Abschleppseil an den Hängen des Kiessees ab… Einmal zogen wir früh um 4 Uhr
los in den Wald, „die Sonne zu suchen“, und stiegen dabei auf einen (unten mit
Stacheldraht gesicherten) Feuerwachturm, wo uns auch tatsächlich oben ein
Wächter – freundlich – begrüßte…
Manchmal wurde es aus den beschriebenen Gründen mit dem
Ansprechpartner auf der anderen Seite schwierig, weil wieder ein neuer Priester
für die Jugend zuständig war. Doch nun hatten die Eltern Freude an der Sache
gefunden und setzten sich ein. Da gab es zum Beispiel eine Familie
„Sackowitsch“ – was gut zu unserer Familie „Sackwitz“ passte, die auch dabei
war. Frau Sackowitsch hatte eine Dachdeckerfirma. Wir schliefen in jenem Jahr
in einem Rohbau. Licht gab es natürlich schon, aber, weil die Jugendlichen von
allein nicht Ruhe gaben, verkündete ich, dass in Polen um Mitternacht der Strom
ausgeht und kappte um diese Zeit die
Hauptleitung.
Einmal waren wir auch in der leerstehenden Nachbarwohnung von Halina untergebracht, und
ein alter Priester von einem kleinen Dorf, Zlodnik („Gold-ig“) betreute uns.
Einmal fuhren wir weit weg, um einen Priester zu
besuchen, und waren dabei auch im Hochwassergebiet der Oder. Ein furchtbarer
Gestank erfüllte die Luft. Wir bekamen einen Vorgeschmack für das, was dann
auch bei uns geschah. Und wir besuchten Glogau, die Stadt an der Oder, deren
Stadtkern so zerstört worden war, dass bis auf die Kirchen nicht mehr viel zu
sehen war: Nur auf dem Stadtplan waren die Straßen noch eingezeichnet, und
daneben war eine neue Stadt entstanden. Die Szenerie lies uns die letzten,
grausamen Kriegstage deutlich vor Augen treten.
Die große Freiheit aber solcher Sommerferien war berauschend,
und natürlich hatte sie manche Gefahr: Unser Geld galt dort viel, Zigaretten
und Alkohol waren billig, und an den Straßen nach der Grenze boten viele
Mädchen ihre Dienste an. Auch darüber wurde geredet und sich mit diesen Dingen
auseinandergesetzt, manche „Jagd“ gab es auf Zigaretten. Aber doch ging es –
Gott sei Dank – immer gut ab, auch an der Grenze, und wir blieben bei dem
Erlaubten.
Größere Reisen unternahmen die Polen mit uns in das
Riesengebirge, auf die Schneekoppe sind wir mit einer Seilbahn gefahren, in
Kloster Wang waren wir; in einem Konzentrationslager bei Zagan (Sagan), wo
englische Kriegsgefangene einen spektakulären Ausbruchsversuch starteten; in
der Universitätsstadt Zielona Gora (Grünberg), im Schloss in Zagan.
Immer begegnete uns die Geschichte; ja, sie saß auch am Tisch in
Gestalt von Halinas Vater. Die Jugendlichen glaubten es kaum, als ich eines
morgens vor dem Frühstück aus seinem Leben erzählte: Als 14jähriger Junge war
er in seinem polnischen Dorf 1941 einfach von den deutschen Soldaten auf einen
LKW verladen und mitgenommen worden. Er kam nach Deutschland, in ein Dorf in
die Altmark auf einen Bauernhof und musste dort in der Landwirtschaft schwer
arbeiten. 1945 kam er frei und suchte seine Familie. Aber sein Heimatdorf bei
Lwow war nun nicht mehr polnisch, sondern gehörte zur Sowjetunion. Dahin konnte
er nicht zurück. Er fand seine Familie in Żary wieder. Die
Deutschen, die hier gewohnt hatten, waren vertrieben worden – aber die nun
herkamen, hatten das gleiche Schicksal hinter sich.
Für diesen Mann fuhr ich in einem Sommer einmal in
die Altmark. Er brauchte eine bestätigende Unterschrift, um 1000 DM
Entschädigung von der deutschen Regierung für das, was er von 1941 bis 1945
erlitten hatte, zu bekommen. Ich fand das Gehöft in der Altmark, ein großer
Bauernhof, ganz verfallen. Eine alte Frau, die schlecht laufen konnte, öffnete
mir die Tür. Als sie Vertrauen fasste, bat sie mich zunächst, die Elektrik zu
reparieren: Sie könne das nicht, und es käme keiner sonst vorbei. Die
Sicherungen waren herausgefallen. Dann erzählte sie mir von ihrem Leben, wie
sie ein junges Mädchen war, damals, wie der ganze Bauernhof einmal voll in
Blüte stand – und wie jetzt alles verfiel und die Kinder weit in die Ferne
gezogen waren. Auch an den polnischen Jungen von damals konnte sie sich
erinnern. Ein wenig Angst hatte sie schon, mir ihre Unterschrift zu geben, aber
sie vertraute mir, dass sie nun nicht nachträglich noch bestraft werden würde
für das Unrecht von damals.
Erstaunlich war, dass Halinas Vater danach häufig
dieser alten Frau schrieb und sie tröstete. „Nehmt einander an, wie Christus
euch angenommen hat zu Gottes Lob.“ So hieß der Text für die Andacht, in der
ich seine Geschichte erzählte.
Auch auf deutscher Seite hörten wir Geschichten von damals. Zu
einem 75. Geburtstag sangen wir miteinander – ein großer Chor von polnischen
und deutschen Jugendlichen – wir hatten „Station“ in Naundorf bei Frau Marianne
Schade gemacht auf dem Weg nach Berlin. Wir sangen ihr ein Ständchen: Dabei
Jugendliche aus Żary /Sorau, die in die gleiche
Schule wie sie einmal gingen und deren Heimatkirche die Kirche war, in der sie
1945 – als die Russen schon da waren – hinter verschlossenen Türen konfirmiert
wurde.
Einmal schliefen wir in Polen in einer alten
Schule, die jetzt eine Jugendherberge der katholischen Kirche ist, in Kunice
(Kunzendorf). Es war die alte Schule von Herrn Hanisch aus Seyda, der in diesem
Ort aufgewachsen ist. Oben schliefen also in den alten Klassenräumen die
Jugendlichen, und ich sollte unten in der Priesterwohnung mein Quartier haben.
Der Priester war im Urlaub, ein großes Privileg und Vertrauen, was man auch
nicht einfach ausschlagen durfte. Für mich war es natürlich schwierig, denn
insbesondere in der Nacht muss man ein Ohr haben für die Jugendlichen, so dass
ich am liebsten auf einer Matratze wenn nicht vor den Zelten, so doch auf dem
Flur schlief. Am Ende war es dann auch wieder so, weil ein Jugendlicher
besondere Ruhe brauchte und ich mit ihm „tauschte“.
In einem Jahr wollte es gar nicht klappen mit dem Anschluss „auf
der anderen Seite“. So entschlossen wir uns kurzerhand zu einer Fahrt nach
Polen: Mit dem Fahrrad fuhren wir fünf Tage durch Deutschland – und waren dann
am letzten Tag in Polen. Das geschah, weil wir keine Unterkunft in Polen
hatten. Einen Tag aber – das konnten die Eltern der polnischen Jugendlichen gut
verkraften und organisieren.
Wir fuhren also mit über 20 Fahrrädern in Seyda
los, eine bunte, fröhliche Schar aus deutschen, aber auch vier polnischen
Jugendlichen. „Wenn ich klingle, ist was faul“, so wies ich vorher ein, und
dass wir schön hintereinander fahren und eben anhalten, wenn es klingelt.
Die Route war so ausgesucht, dass wir in
Pfarrhäusern oder in einem CVJM-Haus Quartier nahmen, zwischendrin aber immer
ein Badesee lag, denn es war ein heißer Sommer.
Natürlich hatte ich die Strecke vorher schon einmal
abgefahren, aber nun war es drei Wochen lang trocken gewesen, und auf manchen
Feldwegen war es sehr mühsam, voranzukommen. Ich erinnere mich, wie wir durch
einen Wald mit solchen Wegen fuhren, die Trinkvorräte waren erschöpft, und es
war nach Karte noch weit bis zu einem Ort, wo es vielleicht eine Einkaufsmöglichkeit
oder wenigstens einen Friedhof mit Wasserhahn geben könnte. Was tun?
Ich ließ meine Augen schweifen und entdeckte mitten
im Wald kleine blaue Punkte… Also: Klingeln, absitzen: Heidelbeeren suchen! Es
ist kaum zu glauben, wie erfrischend ein paar Heidelbeeren in solcher Situation
sein können. Sie löschen wirklich den Durst, und ich hatte für den nächsten
Sonntag (Sonnabendnacht kamen wir erst nach Hause) ein schönes Beispiel, denn
der vorgegebene Predigttext berichtete von Mose in der Wüste, wie das Volk mit
Manna und Wachteln gestärkt wurde.
Auf dieser Radtour erlebten wir Höhen und Tiefen, auch einen
schrecklichen Unfall. Ein Junge hatte eine Mütze vergessen, deshalb drehte der
Begleitbus noch einmal um und fuhr zurück, der Sonne entgegen. Da kam mit sehr
überhöhter Geschwindigkeit von hinten ein Motorrad angerast, sah den Bus gegen
die Sonne nicht und rammte sich direkt zwischen die Stangen, die ein
Ersatzfahrrad hielten.
Das Leben des Mannes hing an einem seidenen Faden, und
wir erlebten es ganz nah mit. Er konnte am Ende, nach langem Hoffen und Bangen,
wieder ins Leben geholt werden.
Wir hatten es zum Glück nicht mehr weit. Per Handy
rief ich meinen Vater an, der es aus der Ferne möglich machte, dass wir in
einer halben Stunde ganz viele Pizzas zur Stärkung geliefert bekamen.
In Polen, am Ziel dieser Radtour, gab es eine ganz
besondere Feier: Eine Taufe. Anne, ein Mädchen aus Gentha, wollte sich gern
taufen lassen, und sie hatte – bei einem Besuch der Konfirmanden der Partnergemeinde
aus Hessen – gesehen, dass dies auch auf solcher Fahrt möglich wäre. Und so
feierten wir Taufe, in der großen, jetzt katholischen Kirche in Żary,
natürlich mit Genehmigung des Propstes. Als die Taufe geschehen war, fragte
mich Halina, ob sie jetzt gratulieren könnten: Und dann gab es eine ganz lange
Schlange der polnischen Jugendlichen und ihrer Eltern, die Anne umarmten und
auf Polnisch und ein bisschen auch auf Deutsch zum Ausdruck brachten: „Jetzt
gehörst Du dazu, zur Familie Gottes!“
In diese Kirche fuhren wir dann auch einmal extra zu einem
Bläserkonzert des „Posaunenchores der Kirchenprovinz Sachsen“, die öfter bei
uns in Seyda zu einer Sendwoche zu Gast waren, und die wir einfach einmal
mitnahmen nach Polen. Das war beeindruckend, wieder die herzliche
Gastfreundschaft dort zu erleben – aber auch für die Polen, die solche
Tradition von Posaunenchören wohl nicht so kannten.
Zu dem, was direkt nach außen wirkte – und wo dann
die polnische bzw. die deutsche Zeitung daran Anteil nahm, gehörte ein
Marionettenbau in einem Sommer in Seyda.
Miteinander bauten wir Marionetten, was ja nicht
ganz einfach ist: Puppen an seidenen Fäden, und sie dann auch noch zu spielen.
Welches Stück führen wir auf? Schnell war es klar:
Ein Stück aus der Bibel, denn das kennen alle, Deutsche und Polen, da brauchen
wir nicht viel erklären.
Auf die Davids-Geschichte fiel die Wahl, und so
wurden Kulissen gemalt und es gab eine große Aufführung in der Pfarrscheune. Im
Ganzen waren es wohl 10 Akte, deutsch und polnisch unterlegt, vom Hirtenjungen,
von David und Goliath bis hin zur Bathseba…
Eine besondere Reise – eigentlich durch die ganze Welt – hatten
wir im Jahr 2000. Wir fuhren zur „expo“ nach Hannover, wo sich in großen
Pavillions die Länder der Erde vorstellten. Ein Erlebnis! Aber das lange
Anschauen und Wandern macht hungrig, die Reiseschnitten aus den Kühltaschen
(viele, viele Sandwiches mit Salatblättern und allem wurden vorher geschmiert)
waren aufgebraucht, und zu unserem Pech war McDonalds, was sonst immer eine Möglichkeit
war, hier sehr teuer und begann erst ab einer bestimmten Preisklasse. Was tun?
Vor uns lag der Polnische Pavillion, so stürmten wir erstmal dort hinein. Es
gab ein großes Quiz, und es wurden Teilnehmer gesucht: Wir meldeten uns. Es
ging darum, in Polen und in Deutschland Bescheid zu wissen. Für uns kein
Problem, hatten wir doch Gymnasiasten aus beiden Ländern mit. So gewannen wir
alle drei Hauptpreise, darunter ein ganz großer Pralinenkasten – so einen habe
ich danach nie wieder gesehen. Er war so groß, dass er uns alle satt machte.
Der CVJM hatte für die Weltausstellung extra ein
Gebäude in Form eines großen Walfischs bauen lassen. Auf der Treppe am offenen
Maul des Fisches stand der Generalsekretär, Ulrich Parzany, und winkte uns
schon von weitem zu: „Da kommt ja Seyda! Willkommen!“ Da blieb uns doch der
Mund offen stehen. Er hatte uns im Jahr vorher in Seyda besucht (wir hatten den
1. Preis beim Gründerwettbewerb für unser
Häuschen bekommen) – und wiedererkannt!
Im Bauch des Fisches sahen wir dann einen Trickfilm
über den Verlorenen Sohn, mit Kopfhörern und jeder in der Sprache, die er
wollte!
Im Jahr 1999 war damals auch die Pfarrscheune eingeweiht worden.
Jugendliche hatten – zusammen mit Schwiegervater und Schwager – fleißig
angefasst, dass wir nun eine schöne Tanzfläche hatten. Bei der Einweihung, dem
ersten Scheunenfest, spielte eine Band aus Neuerstadt, und es hat richtig
geraucht, wie es bei solchen Bands eigentlich üblich ist. Dieses Mal aber lag
es an dem Staub: Die Betondecke war noch nicht versiegelt, uns so verfolgte
Jurek, Halinas Mann, alle mit einem Wassereimer und besprengte den Fußboden, um
es erträglich zu machen.
Langsam lockerten sich die Grenzkontrollen: Wir erlebten es
richtig mit, wie das freie Europa immer mehr Wirklichkeit wurde.
Aber im Zug, da wurde man freilich noch
kontrolliert. Bei unserer Radtour nach Polen mussten wir das letzte Stückchen
mit der Eisenbahn über die Grenze fahren – und am nächsten Tag dann zurück. Vor
der Grenze sagte ich allen, dass sie jetzt ihren Ausweis bereithalten müssten.
Tina kam zu mir, verzweifelt, und sagte: „Ich finde meinen nicht.“ Nachdem wir
noch einmal gesucht hatten, sagte ich ihr, dass ich bei ihr bliebe, und ging
auf den ersten Zollbeamten zu, um ihm den Sachverhalt zu schildern. Ich
rechnete damit, dass wir nun zu zweit mit der Botschaft in Warschau Kontakt
aufnehmen müssten und jedenfalls eine ganze Menge zu tun wäre. Aber er lachte
uns an und sagte: „Bist Du die Tina?“ Sie nickte schüchtern. „Dann ist das
vielleicht hier Dein Pass?“ Er zog ihn aus der Tasche.
Sie hatte ihn auf der Hinfahrt verloren, der Zug
fuhr bis an die ukrainische Grenze und war nun wieder der selbe, mit dem wir
zurückfuhren. Gott sei Dank!
In einem Jahr – dem Jahr 2000 – fuhren wir einmal nicht in den
Sommerferien, sondern im Herbst nach Żary. Wie üblich
war es wunderschön, zwischen polnischen Gottesdiensten und polnischer Disco. Da
erzählte uns Halina, ein Kind sei geboren, und ob wir es nicht einmal sehen
wollten? Wir machten uns auf den Weg. Als wir in dem Haus ankamen, wunderten
wir uns schon, dass alle weinten. Ein Kind geboren? Das ist doch ein fröhliches
Ereignis!?
Es wurde uns gezeigt: ein Mädchen! Halina schob die
Decke weg, und wir sahen: Es hatte nur ein gesundes Bein. Das andere war zu
kurz, der Oberschenkel fehlte. Sie berichteten, das Krankenhaus hätte sie nach
Hause geschickt. Man könne eben nichts machen. „Aber Ihr, Ihr kommt doch aus
dem reichen Deutschland! Könnt Ihr uns nicht helfen?“ Ratlos fuhren wir nach
Hause, mit der Geschichte vom Barmherzigen Samariter im Kopf, doch unserem
Nächsten helfen zu sollen. Aber was sollten wir tun? Eine Orthese kostete, so
bekamen wir schnell heraus, mehrere Zehntausend Mark. Voller Tatendrang
begannen die Jugendlichen, Plätzchen für den Weihnachtsmarkt zu backen. Wir
fangen an! Aber so viel Geld? Wir suchten Kontakte mit Krankenhäusern und
Ärzten. Eine besondere Hilfe wurde meine „Urgroßcousine“ Dorothea Homa aus
Schönewalde, die sich mit einsetzte und bis heute einsetzt. So kam es zum
Kontakt mit einer Klinik in Bad Saarow. Ein Termin wurde gemacht, und nach
einem halben Jahr hatte Ivona, so hieß das Mädchen, eine Orthese. Es war wie
ein Wunder! Wir hatten begonnen, im Vertrauen auf Gott, in dem Wissen: Da
sollen wir helfen, da sollen wir etwas tun! Und der „Rest“ wurde dazugelegt.
Wir konnten erleben, wie Ivona buchstäblich auf die Beine kam, wie sie später
Radfahren und Tanzen konnte und schließlich eine normale Schule besuchen kann.
Ohne die Orthese wäre das nicht möglich gewesen.
Die Ärzte einer Klinik in Bad Saarow halfen uns,
Dr. Osel, der Orthopäde – und ja, die ganze Klinik stand dahinter – dazu Herr
Harward, ein Spezialist zur Anfertigung von Orthesen. Sie haben uns bis heute
begleitet, nun 14 Jahre lang, Ivona ist fast ausgewachsen. In der letzten Woche
wieder war eine Begegnung in Bad Saarow – wie so oft vorher, ungefähr dreimal
im Jahr: Da wurde vorgeplant, dass es (wieder) eine neue Orthese geben wird in
den nächsten Monaten, und dass in ca. zwei Jahren eine Operation ein noch
besseres Laufen für Ivona möglich machen kann.
Im Hintergrund der Hilfe steht ein alter
Superintendent, Kuhn, der sogar fließend polnisch kann – und den Handkuss
beherrscht, der in Polen bis heute üblich ist. Er hat vielfältige Kontakte –
und hat sie genutzt, auch Ivona zu helfen.
In Wittenberg eröffnete er einmal eine Ausstellung,
die er selbst gestaltet hatte: Über viele Jahre hat er jüdische Spuren in Polen
verfolgt und dokumentiert. Wir besuchten ihn dort bei seinem Eröffnungsreferat
mit der ganzen deutsch-polnischen Jugendgruppe.
Bei der Begleitung von Ivona gab es Höhen und
Tiefen. Schmerzlich war die Begegnung mit ihrer Großmutter, die jeglichen
Kontakt mit ihr ablehnte, weil sie behindert ist. Auch das gibt es noch!
Markant war auch die Erfahrung, dass heutzutage
auch ganze Kliniken plötzlich verkauft werden können. So wechselte das Bad
Saarower Krankenhaus mindestens dreimal den Besitzer. Immer wieder gab es neue
Geschäftsführer, zu denen wir Kontakt knüpfen mussten, was auch meistens
gelang. Nur einmal nicht, die neue Geschäftsführerin lehnte es ab, Ivona weiter
zu behandeln.
Aber wir kannten die Ärzte, und diese wollten die
Hilfe fortsetzen. So wurden wir vor der eigentlichen Sprechstunde in das
Arztzimmer gebeten, Dr. Osel saß dort ohne weißen Kittel, in Zivil. Das ist
eine ganz schöne Umstellung, obwohl es doch der gleiche Arzt ist! Und er half
und holte die besten Spezialisten Europas heran, die sich Ivonas Fall ansahen,
und war und ist mit großer Freundlichkeit um Ivona bemüht.
Ebenso Herr Haward, der auch die Arbeitsstelle
wechselte und unserer Sache immer treu blieb, oft viele Stunden Zeit
unentgeltlich dazu gab, um Ivona zu helfen. Schon eine der ersten Orthesen für
Ivona war ein „Meisterstück“, das heißt, jemand schrieb dazu eine Arbeit und
legte entsprechende Prüfungen ab. Damit hatten wir höchsten wissenschaftlichen
und technischen Standard, mußten aber nichts bezahlen. In solcher Weise soll es
nun wieder stattfinden.
Ivona, geboren am 1. Oktober 2000, hat auf ihre Weise unseren
Kontakt lebendig erhalten, auch dann, als die großen Deutsch-Polnischen
Jugendbegegnungen aufgrund des fehlenden Ansprechpartners in Polen 2005 nicht
mehr stattfinden konnten. In jenem Jahr halfen wir uns mit einem großen
„Zehn-Jahres-Fest“ und verteilten – in „gebrochenem“ Polnisch Einladungen an
alle, die in den zehn Jahren einmal dabei gewesen waren, zu einem Fest in
Seyda. Einige kamen auch, es gab eine fröhliche Feier mit „Scheunenfest“ und
Tanz und einem großen Deutsch-Polnischen Quiz. Danach fanden kleinere
Jugendfahrten statt, meistens Tagesfahrten. Die Herzlichkeit blieb bestehen,
und das Staunen über die tiefe Frömmigkeit auch der polnischen Jugendlichen:
Sie haben in ihren Zimmern eine „Ecke“ für Jesus, mit Kerze und Kreuz und
Bildern; im Flur in ihren Wohnungen hängt meist ein Kreuz und ein kleines
Schälchen mit Wasser zum Bekreuzigen, und auch mitten in den Orten sind große,
blumengeschmückte Kreuze zu finden, abgesehen von den fein hergerichteten und
renovierten Kirchen, die sich auch heute noch oft von den umstehenden Häusern
durch ihr „In-Ordnung-Sein“ abheben.
Diese kurzen Fahrten ließen uns zum Beispiel in der
Zeit nach Weihnachten erleben, dass es dort sehr viel bunter zugeht als bei
uns: Nicht nur einfach grüne Tannenbäume, nein, rote, gelbe, blaue und pinke!
Zu Weihnachten bekamen wir auch eine Oblate geschickt: In Polen wird sie in der
Familie am Heiligen Abend miteinander geteilt.
Zur Kommunion von Ivona waren wir eingeladen: Ganze
Schulklassen, die dort miteinander in die Kirche zogen und dieses Fest
feierten! Michal und Tomek, die Söhne von Halina und Jurek, haben selbst
Familien gegründet. Die Schwiegertöchter sind Lehrerinnen.
In diesem Jahr nun konnten wir die Begegnungen auf neue Art
fortsetzen, mit Hilfe von Marta, Halinas Schwiegertochter, die Deutschlehrerin
in einer Grundschule in Zary ist.
Zunächst fuhren wir im März mit Jugendlichen nach
Polen, um ihnen das Land zu zeigen und eine Begegnung in der Schule zu
besprechen. Wie früher wurden wir herzlich begrüßt, und ich konnte aus dem
Erfahrungsschatz von so vielen Feriensommern schöpfen. Die Mitfahrenden waren
aus der 9. Klasse, und ich wusste, dass sie in Astronomie gerade Kepler mit
seinen Gesetzen behandelten. So fuhren wir kurzerhand nach Zagan (Sagan), was
nicht weit von Zary entfernt liegt, und sahen uns das Haus an, in dem Kepler im
Jahre 1630 wohnte: Aus Feldsteinen gebaut, wie unsere Kirchen. Es war schon
beeindruckend, dass er aus diesen Fenstern an den Himmel geschaut und dann die
Gesetze gefunden hat, nach denen sich die Planeten und später auch die
Raumschiffe bewegen; ja, dass er die Bahnen sogar berechnen konnte und als
erster vorhersagen konnte, dass die Venus zu einer ganz bestimmten Zeit vor die
Sonne tritt. Die Leute dachten, er sei Astrologe und hätte übersinnliche Kräfte
– deshalb hatte ihn auch Wallenstein nach Sagan geholt. Aber er hatte es
berechnet! Bei Wikipedia – nicht in einem frommen Buch – fand ich, was seine
Motivation war. Kepler war überzeugt, dass es eine „Harmonie“ im Kosmos gibt,
dass Gott die Welt eben gut gemacht hat –und es deshalb planvoll zugeht. So war
er sich sicher: Es muss eine Gesetzmäßigkeit hinter all dem liegen, was uns wie
ein großes Chaos am Himmel erscheint. Und so ist er viele Jahre drangeblieben –
und hat sie gefunden, die „Keplerschen Gesetze“.
Das war natürlich wieder ein schönes
Predigtbeispiel dafür, dass Gott einen Plan hat auch für unser Leben, und dass
wir uns dessen ganz sicher sein dürfen und diesen Weg suchen und finden können.
Kurz vor Pfingsten fand nun die erste Schulbegegnung in Zary
statt. Mit einer Christenlehregruppe aus Seyda, zwei Muttis und einer Lehrerin
machten wir uns mit Kleinbus und PKW auf den Weg.
Die Grundschule in Polen geht bis zur 6. Klasse,
und so waren wir in der gleichen Altersstufe. Wir staunten miteinander über die
langen, „unaussprechbaren“ Ortsnamen, suchten auf der Fahrt nach Unterschieden
und Gemeinsamkeiten und kamen schließlich in der Schule an.
Ganz herzlich wurden wir von der Schulleiterin, der
Lehrerin Marta und von polnischen Schülern begrüßt und zunächst durch die
Schule geführt, die uns sehr beeindruckt hat. Alles war ganz bunt und neu, sie
hatten sogar computergestützte Tafeln und viele andere schöne Lehrmittel. Für
uns hatten sie extra deutsche Theaterstücke eingeübt und spielten sie uns vor.
Danach kam die Vorstellung unserer kleinen Stadt – und unserer Namen, was wir
in einem kleinen Quiz gestalteten, wobei es als Preis jeweils ein Glas Seydaer
Honig und eine Postkarte von Seyda im Winter und im Sommer gab. Nun wurde
miteinander gebastelt, mit Schere und Papier, eine Blumenwand mit den Namen.
Nach dem Mittagessen, was einem deutschen Hochzeitsmahl mit mehren Gängen
glich, aber doch in der hellen und freundlichen Schulküche stattfand,
miteinander an einem großen Tisch, begrüßte uns die Logopädin der Schule zu
gemeinsamen polnischen Lautübungen vor großen Spiegeln und tanzend im Kreis. Es
war lustig!
Dann hieß es, wir gehen jetzt zum Rathaus: Der
Bürgermeister will uns empfangen! Damit hatten wir nicht gerechnet. Der
Bürgermeister der 40.000-Einwohner-Stadt will uns begrüßen! Vor der Rathaustür
drehte ich mich noch einmal um und ermahnte unsere Gruppe: „Denkt dran!“ (ich
hatte es am Morgen schon gesagt), „Wir stehen hier für Deutschland! Wie bei der
Olympiade! Wie Ihr Euch benehmt, so wird gesagt: So sind die Deutschen! Jetzt
gilt es!“ Und so saßen alle „wie eine Eins“ am großen runden Tisch im Festsaal
der Stadt Zary, wo uns nun der Bürgermeister begrüßte. Ich dankte ihm herzlich
für die Einladung und erzählte, dass ich die Entwicklung der Stadt in den
letzten 20 Jahren beobachten konnte und doch sehr beeindruckt bin über die
Infrastruktur und alles, was neu gebaut und renoviert werden konnte; dass wir
heute einen wunderschönen Tag in der Grundschule hatten, die so gut
ausgestattet ist, besonders aber von der Herzlichkeit überwältigt worden seien,
mit der wir hier in der Schule und auch in Polen aufgenommen worden sind. -
Marta übersetzte, und der Bürgermeister hielt eine staatsmännische Rede, dass
es für Polen gerade in diesen Zeiten des Konflikts an seiner Ostgrenze – dabei
lief es uns kalt den Rücken herunter, natürlich: sie waren hier sehr viel näher
dran als wir – dass es für Polen gerade in diesen Zeiten wichtig sei,
Deutschland als Partner und Freund an der Seite zu haben; und dass sie deshalb
alle Brücken, die da geschlagen werden, unterstützen wollten. Deutschland sei
ihnen ein großes Vorbild für den Aufbau ihres Landes.
Es gab dann ein wirkliches Gespräch, 30 Minuten
lang, wie bei einer großen politischen Begegnung, aber der Bürgermeister fragte
die Kinder auch nach ihren Eindrücken in Polen und nach dem, was es in Seyda
gibt, und sie antworteten sehr offen und klar, so dass es eine gegenseitige
Freude war. Von Seyda kamen die sportlichen Möglichkeiten zur Sprache – der
Bürgermeister bedauerte, dass Polen nicht bei der Weltmeisterschaft dabei sei,
und wir trösteten ihn, mit Podolski und Klose würde Polen doch immer bei
Deutschland mitspielen. Von der Tanzgruppe wurde erzählt – wie vom Diest-Hof,
was schließlich zur Frage führte, was für Behinderte hier und dort getan wird.
Das Gespräch hatte also durchaus einen gewissen Tiefgang und verlief in großer
Herzlichkeit. Zum Schluss sangen wir dem Bürgermeister ein Lied mit der Gitarre
vor: „Vom Anfang bis zum Ende hält Gott
seine Hände über mir und über dir. Ja, er hat es versprochen, hat nie sein Wort
gebrochen: Glaube mir, es gilt auch dir! Immer, und überall, immer, und
überall, immer bin ich da!“ Er ließ es sich übersetzen, dankte sehr dafür,
zeigte uns im Flur noch einige Bilder aus der Stadtgeschichte und brachte uns
bis zum Rathausportal, wo ein Gruppenbild die Begegnung abschloss.
Mit unseren Begleitern aus der Schule gingen wir
dann noch auf den „Boulevard“, aßen ein Eis und besprachen die künftige
Zusammenarbeit. Für Anfang Oktober ist eine Begegnung mit deutschen
Grundschülern in Seyda geplant, zwei Tage lang will eine polnische Gruppe
kommen.
Dann wird es wieder heißen: Witamy! Willkommen!
Aus dem Gemeindebrief 1/2015:
Besuch aus Polen
Die Gastfreundschaft ist da in unseren Gemeinden. Die „Werke der Barmherzigkeit“, zu der das „Fremde aufnehmen“ gehört und die am Martinstag – an vier Orten wurde er begangen in unserem Pfarrbereich – sind nicht nur leere Worte. Eine Schulklasse aus dem polnischen Zary, früher Sorau, war zu Besuch, und es hieß, jeweils zwei polnische Kinder bei sich zu Hause aufzunehmen. Zum Schluss „reichten“ die polnischen Gäste gar nicht, um alle möglichen Quartiere zu belegen, aber alle konnten teilhaben an der fröhlichen Begegnung. Sie begann in der Grundschule und war dort bestens vorbereitet. Zuerst standen sich die deutschen und die polnischen Schüler noch mit großen Augen gegenüber – die ganze Schule hatte dafür frei bekommen, doch beim Singen der ersten Lieder zur Begrüßung lockerte sich die Atmosphäre schnell: Es gibt doch viel, was uns verbindet. Nach einer Schulführung und dem Essen war beim Sport schon gar nicht mehr zu merken, wer aus welchem Land kam; und erst recht konnte man es hören, als dann im Musikunterricht ein großes gemeinsames Orchester aus orffschen Instrumenten entstand. Die Begegnung setzte sich dann in der Kirchengemeinde fort: Der Gemeindenachmittag wurde besucht – wo es ganz leckeren selbstgebackenen Kuchen gab, die Tafel war diesmal sehr lang, die deutschen und polnischen Kinder gemeinsam am Tisch mit der älteren Generation der Gemeinde. In Jüterbog wurde dann der Kirchturm erklommen, 217 Stufen ging es hinauf. Bemerkenswert immer wieder war die Ruhe, mit der die polnischen Kinder die Kirchen betraten – waren sie doch vorher genauso ausgelassen wie die deutschen Kinder. Bei der Ankunft in Seyda wurden dann die Quartiere verteilt, und das Abenteuer „Übernachtung“ begann. Überall gab es freundliche Begegnungen. Am nächsten Morgen war schulfrei für alle – und mit einem gemeinsamen großen Frühstück im Pfarrhaus wurde der Tag begonnen. Ein Besuch im Diest-Hof war nicht nur für die polnischen Gäste sehr interessant: Tatkräftige Nächstenliebe, sichtbar und spürbar. In Wittenberg besuchten wir das Lutherhaus – auch dort von einer Mitarbeiterin, die aus Seyda stammt, begrüßt. In der frisch renovierten Stadtkirche erklärte ich das Altarbild: Dass da die Menschen aus Wittenberg am Tisch bei Jesus sitzen und den Reformatoren wichtig war, dass Jesus selbst heute bei uns präsent ist. Die Lehrerin, die übersetzte, war erstaunt, denn sie erwartete wohl eine antikatholische Polemik an diesem Ort, sie sagte: „Das glauben wir doch auch!“ und ich bestätigte: „Deshalb wollte ich es Ihnen sagen!“ Dann kamen zum Weihnachtsmarkt. 30 Jugendliche – was soll man machen, bei den Preisen? Da erspähten wir beim Riesenrad die Schaustellerfamilie Sperlich: Und durften alle mitfahren! Das war ein Erlebnis, hoch über den Dächern der Stadt und wieder hinunter. Nach einer Pizza ging es fröhlich nach Hause. Dort wartete wieder selbstgebackener Kuchen aus der Gemeinde auf uns, der Nachmittag verging im Flug bei gemeinsamen Spielen in den warmen Gemeinderäumen und wahlweise auch draußen auf dem Trampolin. In der Kirche wurde Abschied genommen – im Blick auch auf die gemeinsame Geschichte, wir saßen unter dem sächsisch-polnischen Allianzwappen und unter dem bunten Kirchenfenster, was schon früher einmal polnische und deutsche Jugendliche gestaltet hatten: Die Arche Noah ist darauf zu sehen; bei Gott sitzen wir alle in einem Boot, und wo wir diese Gemeinschaft wagen, erleben wir ein Stück seines Reiches: Erfüllte Zeit.