Glücksburg ist ein kleiner Ort 10 Kilometer östlich von Seyda, an dem August der Starke ein Jagdschloß bauen ließ, von dem aber nur noch Ruinen erhalten sind. Die Glücksburger Heide erstreckt sich auf einem Gebiet von ca. 140 Quadratkilometern zwischen Mügeln und Seyda, Oehna und Jessen. Viele Tiere sind dort beheimatet, so gibt es auch viele Jagdmöglichkeiten.
Über viele Jahre war die Glücksburger Heide gesperrt, schon unter Hitler wurden in ihr Bombenabwurf und Schießen geübt. Die Rote Armee hielt sie bis 1990 besetzt. Ständig bedrohten Waldbrände auch umliegende Orte. Die furchtbaren Zerstörungen der Natur sind noch teilweise zu erkennen. Die Heide wurde von Munitionsresten fast vollständig befreit. In der Mitte steht die alte Heimateiche, die an die Zeit der militärischen Nutzung erinnert: ein Baum, ganz von Granatsplitern bestückt, aber doch lebend.
In der Glückburger Heide kann man heute herrlich wandern, zu Fuß oder auch mit dem Fahrrad. Die Wege sind gut ausgeschildert und auch erschlossen.
Besondere Punkte sind neben der Heimateiche: der Buchhorst, das Denkmal der Waldeisenbahn (bis 1938), die "Kalte Küche", wo August der Starke frühstückte; das Denkmal für den Forstgehilfen Sterz; das "Mügelener Forsthaus", der Ententeich sowie das Sterz-Denkmal.
Etwas nachlesen über die Heide kann man hier (erschienen November 2006):
Wenn
ich, o Schöpfer, deine Macht, die Weisheit deiner Wege,
die
Liebe, die für alle wacht, anbetend überlege: so weiß ich,
von
Bewundrung voll, nicht, wie ich dich erheben soll,
mein
Gott, mein Herr und Vater.
Mein
Auge sieht, wohin es blickt, die Wunder deiner Werke;
der
Himmel, prächtig ausgeschmückt,
preist
dich, du Gott der Stärke. Wer hat die Sonn an ihm erhöht? Wer kleidet sie mit
Majestät? Wer ruft dem Heer der Sterne?
Wer
misst dem Winde seinen Lauf? Wer heißt die Himmel regnen?
Wer
schließt den Schoß der Erde auf, mit Vorrat uns zu segnen?
O
Gott der Macht und Herrlichkeit, Gott, deine Güte reicht so weit,
so
weit die Wolken reichen.
Dich
predigt Sonnenschein und Sturm, dich preist der Sand am Meere. Bringt, ruft auch
der geringste Wurm, bringt meinem Schöpfer Ehre! Mich, ruft der Baum in seiner
Pracht, mich, ruft die Saat, hat Gott gemacht; bringt unserm Schöpfer Ehre!
Der
Mensch, ein Leib, den deine Hand so wunderbar bereitet,
der
Mensch, ein Geist, den sein Verstand dich zu erkennen leitet:
der
Mensch, der Schöpfung Ruhm und Preis, ist sich ein täglicher Beweis von deiner
Güt und Größe.
Erheb
ihn ewig, o mein Geist, erhebe seinen Namen; Gott unser Vater sei gepreist, und
alle Welt sag Amen, und alle Welt fürcht ihren Herrn und hoff auf ihn und dien
ihm gern. Wer wollte Gott nicht dienen?
Christian Fürchtegott
Gellert 1757, Evangelisches Gesangbuch Nr. 506
13.
Wilddieberei und Förstermörder
Seite
95
14. Von
Bomben und Flugzeugen
Seite
101
15.
Russen in der Heide
Seite
109
16. Eine
blieb stehen
Seite
118
17. Der
große Schatz
Seite
122
Eine
Karte befindet sich in der Mitte, auf den Seiten 66 und 67.
In
der Freude und dem Staunen über den großen Schatz, den wir in unserer Gegend
mit der Heide haben, sind diese Seiten zusammengetragen worden. Was verbergen
sich doch dort für Naturreichtümer, was für spannende Geschichten sind mit
der Heide verbunden! Es ist unsere Heimat, die uns zu allen Jahreszeiten einlädt,
über die Wunder der Schöpfung zu staunen. Nicht nur die gute Luft und die
Ruhe, auch die Betrachtung der Naturschönheiten, der Langsamkeit des Wachsens,
des Werdens und Vergehens haben heilsame Wirkung.
Schließlich
zeigt sich in der Geschichte unserer Heide, im Heilen auch von tiefen Wunden,
die ihr von Menschenhand zugefügt wurden, Gottes Treue.
Herzlichen
Dank allen, die mir über die Heide berichtet und erzählt haben: Herrn Steffen
Elstermann aus Schweinitz für die Einsicht in seine Diplomarbeit über die
Forstgeschichte der Glücksburger Heide und seine gute Beratung; Herrn Bürgermeister
Motl für die Hinweise auf manche Naturschönheit; Frau Stadtchronistin Bärbel
Schiepel für historische Beiträge; Herrn Karl-Heinz Niendorf aus Oehna/Jüterbog
für seine Beobachtungen; Herrn Ralf Giermann vom Schloss Moritzburg und den
freundlichen Bibliothekarinnen im Sächsischen Haupt-Staatsarchiv und in der Sächsischen
Landes- und Universitätsbibliothek Dresden; Frauen und Männern aus den
Gemeindenachmittagen in Seyda, Gadegast, Naundorf, Ruhlsdorf und Morxdorf; Herrn
Förster Hilse, der mir mit Adressen und Hinweisen weiterhalf; Herrn Walter
Hesse aus Gentha, der mit einer alten Karte der Heide und einer Fahrt in das
Brachholz mein Interesse an der Heide neu weckte.
Vielen
Dank auch dem Pfarramt in Schönewalde und dem EEA-Heimatverlag Jessen für die
Unterstützung beim Druck und Herrn Bernd Reimann aus Seyda für das Foto auf
der Umschlagseite.
Meine
Hochachtung möchte ich an dieser Stelle ausdrücken für alle, die sich um die
Bewahrung und den Schutz der Heide bemüht haben und weiter bemühen; an erster
Stelle steht da der Heimatverein Glücksburger Heide e.V.
mit seinem Vorsitzenden, Herrn Heinz Berger. Wenn ich hier als Überschrift
„Seydaer Heide“ gewählt habe, dann deshalb, weil mir bewusst ist, dass ich
dieses weite Feld niemals erschöpfend beschreiben kann, und natürlich aus der
Perspektive Seydas schreibe, weil mir von hier die meisten Quellen und Berichte
vorliegen.
Thomas
Meinhof, 27. November 2006
Es
ist ein recht karger Boden, auf dem die Heide steht: Die beherrschende Bodenart
ist der Sand, an einigen Punkten gibt es Lehmböden und Ton.
Diese und viele
andere fachliche Informationen verdanke ich der Einsicht in: Elstermann,
Steffen: Zur Forstgeschichte der Glücksburger Heide seit dem 16. Jahrhundert
mit dem Schwerpunkt auf der Bestockungsentwicklung unter dem Einfluss des
Menschen (Diplomarbeit an der FHS für Forstwirtschaft in Schwarzburg i.G.).
Schwarzburg 1992, 5f. Lehm kommt vor in den Jagden 142, 145, 150, 160 und 161,
meist in ein bis zwei Metern Tiefe als schwach lehmige, auch tonige Bänder und
Schichten.
Die
Landschaft wurde im Pleistozän in mehreren Eiszeiten geprägt, in den warmen
Zwischenzeiten gab es dann schon Höhlenbär und Mammut, Wisent und Rentier,
Schneehase, Eisfuchs und Hirsch.
Die
eigentliche Heidelandschaft ist ein Resultat menschlicher Nutzung. Voraussetzung
ist eine Rodung des Urwaldes, danach erfolgte auch bei uns die Nutzung durch
Hutung, vor allem Schafe weideten auf den Flächen. Daran erinnert zum Beispiel
die „Alte Schäferei“, sie befand sich zwischen der alten Stadt Seyda und
dem Beginn der Heide; auf der Mark Zwuschener Flur stand über Jahrhunderte nur
ein Haus für einen Schäfer.
Die
neuen Heideflächen sind im letzten Jahrhundert durch Brandrodung entstanden:
durch die militärische Nutzung kam es vielfach zu mächtigen Feuern und zur
Vernichtung von großen Waldbeständen. Wollte man die Heide mit ihren
Heidekrautflächen erhalten, müssten regelmäßig die nachwachsenden Bäume
herausgeschnitten werden. Dies geschieht zum Teil, besonders dort, wo das
Heidekraut heute wirtschaftlich genutzt wird.
Die Lüneburger
Heide ist beispielsweise auch künstlich entstanden, weil plötzlich viel
Bauholz für den Schiffbau in den Hansestädten gebraucht wurde.
Der
größte Teil der alten landesherrlichen Seydaer Heide aber war immer mit Wald
bedeckt. Die ältesten forstwirtschaftlichen Aufzeichnungen stammen aus dem 16.
Jahrhundert. Darin kann man lesen, dass die „Hohe Seydaer Heide“ mit „Kiefern
und Eichen zu Bau- und Brennholz ziemlich gut bestockt“ war, die „Nonnenheide“
„mit reinem Kiefernholz..., an einem Ort auch mit etlicher Eiche“,
und das „Brachholz“ (Seydaer und Genthaer Bruch) „mit Erlen,
Masteichen und anderen Eichen“. (Reinhold, Fritz: Die Bestockung der kursächsischen Wälder
im 16. Jahrhundert: Eine kritische Quellenzusammenfassung. Dresden ca. 1942,
116. In: Elstermann aaO 6f.).
Es
ist wohl ein relativ naturnaher Mischwald gewesen, dominiert von Kiefern und
Eichen auf den trockeneren Flächen und Erlen, Eichen und Birken in den
Niederungen. Er wurde schon kräftig genutzt, auch die Felder natürlich rings
um die Heide. Das änderte sich im 17. Jahrhundert: Der Dreißigjährige Krieg
hinterließ in unserem Gebiet tiefe Spuren, viele Orte verschwanden, und einige
waren nur noch sehr schwach besiedelt. Der Wald konnte sogar auf die verödeten
Äcker und Wiesen vordringen. „So musste man um 1654 den Seydaer Oberförster
Paul Hoffmann und dessen Forstknecht Anthon Vogel bei der Neubestimmung der
Genthaer Dorfflur zu Rate ziehen.“ - „Damals wurde die Grenze des
Forstes durch Steine, Grenzhügel, Gräben, Pfähle und Bäume kenntlich
gemacht.“ (Elstermann aaO 8, nach Brachwitz, Oskar:
Geschichtliche Bilder vom Südfläming und aus der Elbe-Elster-Gegend. Jessen
1928.).
Ein
geübter Blick erkennt noch heute die alte Grenze des königlichen Forstes: ein
kleiner Graben, und an jeder Abbiegung ein kleiner Hügel, so groß wie ein
Ameisenhaufen.
So
umfasste die alte landesherrliche Seydaer Heide ein Gebiet von 2200 Hektar, sie
lag zwischen Seyda und Mügeln, wobei die nördliche Grenze etwa zwischen Mark
Zwuschen und Blumberg und die südliche zwischen Gentha und Mügeln verlief. Die
angrenzenden Waldflächen nach Norden und Süden sind meist erst zum Ende des
19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufgeforstet worden.
Den
Begriff „Glücksburger Heide“ habe ich zuerst 1932 bei Brachwitz gefunden,
davor ist immer von der Seydaer (und der Lindaer) Heide die Rede; freilich
wechselte die Oberförsterei schon Mitte des 19. Jahrhunderts ihren Sitz von
Seyda nach Glücksburg.
„Für
den Übungsplatz“
(der Sowjetarmee) „setzte sich der Name Glücksburger Heide durch.“ (Elstermann
aaO 38.).
„Das
zusammenhängende Waldgebiet, beginnend an den Arnsdorfer Bergen bis hin zur
Landesgrenze Brandenburg in nördlicher Richtung, hat ganz einfach das Recht,
„Glücksburger Heide“ genannt zu werden.“ (Berger,
Heinz: Chronik der Glücksburger Heide. In: Papieren über die Glücksburg,
gesammelt im Museum Schloss Moritzburg.).
Die
Alten sprechen noch heute von der „Seyd´schen Hede“; für die mittlere
Generation war es in den siebziger und achtziger Jahren einfach „das
Sperrgebiet“.
Der
Naturraum der Heide wird in einem Standardwerk, dem „Meynen“, beschrieben.
Ein Mann diesen Namens war Mitherausgeber eines „Handbuches der naturräumlichen
Gliederung Deutschlands“, 1953 bis 1962 (2 Bände, 1339 Seiten).
„Das
Südliche Fläminghügelland, zu dem die Heide gehört, stellt nach Meynen ein
sandig-kiesiges Flachhügelland mit einzelnen mittelsteilen kiesigen Hügeln
dar. Im südöstlichen Teil ist es ein Endmoränengebiet mit vorgelagerten
Sanderflächen. Im westlichen Teil sind Sanderflächen, die teilweise allmählich
in von Muldentälern zerschnittene Talsandflächen übergehen, ausgebildet. Das
Relief des Untersuchungsgebietes in der Glücksburger Heide ist weitgehend eben
(Höhenlage ca. 80-90m über NN). In den Niederungen des Naturraumes befinden
sich z.T. Flachmoorböden. Auf den Sanden entwickelten sich schwach bis mäßig
gebleichte, rostfarbene Waldböden.
Der
Fläming gehört nach Meynen der Übergangszone zwischen der westlichen, mehr
atlantisch geprägten und der östlichen, mehr kontinental beeinflussten
Klimazone Deutschlands an. Charakterisiert wird dies durch warme Sommer und mäßig
kalte Winter. Das Jahresmittel der Lufttemperatur im Südlichen Fläminghügelland
wird von Meynen mit 8,5 Grad Celsius angegeben. Die mittlere Jahressumme des
Niederschlags beträgt danach im Westteil des Südlichen Fläminghügellandes
515-550 mm, im Ostteil 550-675 mm. Im Gebiet versickern Niederschläge zumeist
schnell in den Sandschichten. Stellenweise ist Staunässe zu beobachten. Die
Entwässerung des Südlichen Fläminghügellandes erfolgt in Richtung Elbe und
Schwarze Elster (Glücksburger Heide: Morgengraben-Wiesenbach, Zuflüsse des
Schweinitzer Fließes).
Die Wasserscheide
zwischen den Einzugsgebieten von Elbe und Elster nach Süden und der Havel nach
Norden verläuft von Welsickendorf, Zellendorf, Blumberg herkommend etwas südlich
zur Gemarkungsgrenze Oehna quasi unmittelbar gleichlaufend mit dieser, dann
vorbei an Mark Zwuschen und nördlich der „Gölsdorfer Beeke“ weiter nach
Mellnitz/Seehausen. (Niendorf, November 2006.).
Natürliche
Vegetation im Fläming sind vorwiegend Traubeneichenwälder (Meynen). Neben
diesen traten der Kiefernmischwald auf Sandstandorten, der
Traubeneichen-Lindenwald auf lehmbeeinflussten Standorten bei subkontinentalem
Klimaeinschlag und der Buchen-Traubeneichenwald auf lehmbeeinflussten und
besseren Sandstandorten bei höheren Niederschlägen auf. Der heutige
Waldbestand des Fläming ist hauptsächlich durch Kiefernforsten
charakterisiert. Im Untersuchungsraum in der Glücksburger Heide ist die militärische
Nutzung in diesem Jahrhundert (bis 1990) für die Waldfreiheit großer Flächen
verantwortlich.
(Wallaschek,
Michael: Beitrag zur Heuschreckenfauna (Salatoria) der Glücksburger Heide im Südlichen
Fläminghügelland. In: Entomologische Mitteilungen Sachsen-Anhalt, Band 5, Heft
1, 1997, hrsg. von der Entomologen-Vereinigung Sachsen-Anhalt e.V., 3f.). Der
letzte „Urwald“ findet sich im Erlenbruch in den Marcolinischen Wiesen.
Ein
großer Teil der mittleren und südlichen Heide wird als „Nonnenheide“
bezeichnet; bei Gentha gibt es Flurstücke, die „Kleine und Große
Nonnenwiese“ heißen. Auf einer alten Karte von 1862 gar gibt es eine
handschriftliche Eintragung an dieser Stelle, dass dort noch die Grundmauern
eines alten Klosters zu sehen wären.
Sie ist zu
finden im Museum für Ur- und Frühgeschichte Halle, B V
67/1/123, 1: 25000, 2318/217
Messtischblatt Seyda Bd. IX, Blatt
4. Auf dieser Karte ist handschriftlich vermerkt: „Königl. Forst Seyda. Im
Jagen No. 70 hat nach dem Abschätz- u. Vermessungsstab der Kgl. Reg. (Akt.. für
Forst... de 1862 ein Nonnenkloster gelegen, wovon die Grundmauern noch jetzt
vorhanden sind? Es würde dies mit dem von mir nordöst. (unleserlicher
Einschub) angedeuteten Wüstung (Einschub F u G Splittgarten) in den
Marcolinischen Wiesen zusammenfallen. Die angrenzenden Ländereien sind hiernach
Nonnenstück benannt.“ Auf der Karte findet man: Nonnenwiese, Nördlich:
kleine Nonnenwiese, Südlich: große Nonnenwiese, Östlich (weitflächig):
Nonnenheide.
Kurt Klausnitzer,
anerkannter Bodendenkmalpfleger seit den 50iger Jahren in Jessen, hat dort 2003
Scherben gefunden: Tonscherben, weiß-grau, nach seiner Schätzung aus dem späten
Mittelalter, 15./16. Jh.; dazu ein Trockenfundament, 4 alte Buchen im Rechteck
gepflanzt. Die von ihm gefundenen Mauerreste sind aber Lausitzer Granit
(schwarz-weiß), also aus der Ferne herangefahren, deshalb bestimmt erst
neuzeitlich (wegen der weiten Entfernung), er vermutet Baracken aus dem 2.
Weltkrieg für einen Militärflugplatz.
Tatsächlich
sind mit diesem Ort die ältesten schriftlichen Zeugnisse der Geschichte der
Heide verbunden. „Die Schenken von Seyda“ traten im 15. Jahrhundert „einen
Theil ihrer Haide, das sogenannte Brachholz unweit Genta, erst wiederkäuflich,
dann erblich“ ab, „worauf das Kloster dort theils Holz schlug, theils
Wiesen auf Erbzins ausgab“. (Heffter,
Carl Christian: Urkundliche Chronik der alten Kreisstadt Jüterbock und ihrer
Umgebungen, Jüterbock 1851, 131.).
Bei
dem Kloster handelt es sich um das Zisterzienserinnenkloster in Jüterbog. Es
wurde um das Jahr 1280 gegründet. Im Jahre 1435 wurden „Dorfstätte und
Feldmark Brachholz bei Seyda“ auf „Wiederkauf“ erworben, 1448
erfolgte die definitive Übereignung, 1457 die kurfürstliche Bestätigung, 1558
die Grenzziehung.
Da sage noch
einer, dass es mit den Ämtern heute lange dauert... (Quelle: Germania Sacra,
hrsg. vom Kaiser-Wilhelm-Institut für Deutsche Geschichte, Erste Abteilung,
Dritter Band, Zweiter Teil: Das Bistum Brandenburg, von Fritz Bünger und
Gottfried Wentz; 8. Das Zisterziensernonnenkloster in Jüterbog, 346.).
Die
Nonnenheide wurde erst 1520 erworben; es sind dann Holzverkäufe bis 1543
registriert, eine Grenzregulierung „gegenüber der Seydaschen Heide“
erfolgte 1521/22; Streit über die Holzlieferung an das Kloster gab es 1553,
1560,1562, 1569, 1573... (Germania
Sacra, aaO, 347.). Die
Einkünfte aus dem Brachholz betrugen 1546 5 Taler und 8 Groschen.
Zum Vergleich:
Gesamteinnahme des Klosters: 172 Taler (Germania Sacra, aaO, 348.).
In
wieweit es noch andere Verbindungen zwischen Seyda und diesem Nonnenkloster
gibt, konnte noch nicht geklärt werden. Jedenfalls waren Äbtissinnen (das sind
die Vorsteherinnen im Kloster) aus der Familie derer von Quitzow, die auch
einmal auf der Burg Sydow zu Hause waren. Die erste Klosterkirche war eine „Zum
Heiligen Kreuz“, so, wie auch die erste Seydaer (und Klödener) Kirche
benannt war.
„Die
Tracht der Jüterboger Nonnen entsprach der Ordenstracht: ein weißes Gewand mit
einem schwarzen Überwurf. Auf dem Kopf trugen sie einen weißen Schleier und
darüber einen schwarzen Flor mit vier roten Kreuzen, die auf ihre Herkunft von
den Magdeburger Nonnenklöstern hinweisen.“
(Bilang, Karla: Die
Frauenklöster der Zisterzienser im Land Brandenburg, Berlin 1998, 159. Leider ist es trotz mancher Bemühungen nicht gelungen,
ein Bildnis einer Zisterziensernonne aus dem Magdeburger Bereich zu erhalten. In
Jüterbog ist durch Um- und Neubauten nicht eine alte Grabplatte mit solchem
Bild erhalten; eine Anfrage in Magdeburg brachte bisher kein Ergebnis.).
Was
liegt näher, als dass der „Rote Kreuz Weg“, seinen Namen von diesen Nonnen
hat! Er führt mitten durch die Heide und schafft eine Verbindung zwischen dem
Kloster und den Dörfern, die es besaß, mit den genutzten Flächen in der
Heide.
(Der erste, der das so
aufgeschrieben hat, war Karl-Heinz Niendorf 2006.).
Auf
einer ganz alten Karte (um 1600) ist allerdings auch ein rotes Kreuz an einer
Weggabelung eingetragen. Wegekreuze gab es in dieser Zeit öfter: Auch mit dem
„Sitz im Leben“, davor um die rechte Wegweisung zu beten.
Jedenfalls
hat der „Rote Kreuz Weg“ nichts mit der Genfer Konvention von 1863 zu tun,
bei dem das Rote Kreuz die Bedeutung erhielt, die uns heute geläufig ist. Die
alten Mauerreste, die tatsächlich vorhanden sind, weisen auf Unterstände oder
kleinere Bauten hin, die vielleicht das Kloster, vielleicht auch die Bewohner
des nahegelegenen Dorfes Marcolin genutzt haben. „Wegen der Entfernung Jüterbog
– Brachholz, ca. 25 km, wird es kaum möglich gewesen sein, sowohl für die
visitierenden Nonnen als auch für die Holzfuhrleute, den Hin- und Rückweg an
einem Tag zu bewältigen. Es liegt deshalb nahe, dass dort vor Ort eine Übernachtungsmöglichkeit
bzw. Ausspannung entstanden ist, die auch der Unterbringung der Holzfäller
gedient haben könnte. Eine weiter nicht unwichtige Textpassage bei Heffter, S.
133, weist auf den Holztransport vom „Brachholz“ zum Jüterboger Kloster
hin: „Das nöthige Feuerholz wurde theils im Kappan und an den Gräben
geschlagen, theils zugekauft, späterhin jedoch aus dem zuerworbenen Brachholze
erholt, wozu die Nonnendörfer (Lindow, Dalichow, Kaltenborn, Höfgen)
Fronfuhren übernehmen mussten, obwohl sie sonst nur Handdienste in den Gärten
geleistet hatten.“ (Niendorf,
Brief vom 7.8.06.).
Vermutlich
ist der Weg dann erst nach 1520 so benannt worden, denn erst da wurde die
Nonnenheide dazugekauft: jetzt „lohnte“ es sich richtig; auch die Wegführung
erscheint so sinnvoller.
Ein
Kloster hat immer einen ganz bestimmten Grundriss: der findet sich dort nicht;
auch sind Klöster immer miteinander verbunden, denn sie entstehen, wenn ein
bestehendes Kloster sich teilt und eine „Tochter“ hervorbringt. Für eine
Klostergründung in unserem Gebiet kommen nur die Zisterzienser in Frage, denn
nur sie haben sich abseits von größeren Siedlungen und Wegen niedergelassen
und das Land urbar gemacht. In den Zisterzienserklöstern in der Nähe (Männer
in Kloster Zinna, Frauen in Jüterbog) gibt es dafür jedoch keinerlei Hinweise,
aber jene Nachrichten über die Nutzung von Brachholz und Nonnenheide.
Über
die alten Straßen und Wege hat der Heimatforscher Otto Brachwitz 1932
geschrieben:
„Die
größte Straße, die die Glücksburger Heide von Westen nach Osten durchquert,
ist die Dahmsche Straße. Sie bildete früher einen Teil der alten Handelsstraße
Leipzig-Wittenberg-Frankfurt an der Oder. Bei Seyda heißt sie die Dahmsche Straße
und in den Dörfern um Dahme die Seydsche Straße.
Während
des Mittelalters war der Weg durch die Heide gefürchtet, denn hier fanden die
Straßenräuber gute Verstecke, konnten auch leicht über
die nahe märkische Grenze entweichen. Dafür zwei Beispiele. Im Jahre
1480 überfielen vier solche Gesellen den Leipziger Fuhrmann Zarmer in der
"Sydowschen Heide", erschlugen ihn, nahmen seine Habe und Ware und
fuhren damit nach Wittenberg. Dort verkauften sie einen Teil der Hechte, die
Zarmer geladen hatte, dann fuhren sie weiter nach Zerbst und hielten ebenfalls
in dieser Stadt mit dem Raube feil. Doch hier wurden sie von ihrem Schicksal
ereilt. Sie hatten noch den Jungen des Fuhrmannes bei sich, der meldete den Überfall,
so dass zwei ins Gefängnis gebracht wurden, nämlich Hans Decker
und Caspar Tynemann. Dem Rat zu Leipzig wurde die Sache gemeldet, er schickte
zwei Geschworene nach Zerbst, vor denen die Übeltäter ihre Missetat bekannten.
Von den Geschworenen der Räte zu Leipzig und Zerbst wurden sie zum Tode
verurteilt. Man hat sie "mit Teer gestraft, aus der Stadt geschleift und
mit dem Rad gestoßen, so ihr Verdienst geheischet
hat". - Mehrere Jahre später, nämlich 1505, wurde ein anderer Straßenräuber
in Zerbst gehängt, mit Namen Hans Korßemann. Er hatte so mancherlei auf dem
Kerbholz. Auch er hatte in der "Sydowschen Heide" auf der Lauer
gelegen, aber da sich zufällig keine Gelegenheit zum Straßenraub bot, stahl er
dortselbst einem Mann, anscheinend einem Holzhauer, eine Joppe, einen Rock,
einen Durchschlag und ein Beil. - So manche Übeltat aber blieb ungesühnt, die
Unsicherheit auf den Straßen war gerade am Ausgang des Mittelalters besonders
groß.
Doch
hatte Seyda von der Lage an der Handesstrasse auch Vorteile. Aus dem alten
Amtbuch von 1506 wissen wir, dass alle Fuhrleute, die Krebse brachten, dieselben
im Städtlein feil halten mussten, "alter Gewohnheit nach". Und andere, die Knoblauch
geladen hatten, mussten eine Reihe Knoblauch im Amt abliefern, ebenfalls alter
Gewohnheit nach. Hechte, Krebse, Knoblauch
- heute kaum denkbar, dass man damals solche Handelsartikel von weit her
holte.
Eine
andere alte Heer- und Handelsstraße durchzog die Seydaer Heide von Norden nach
Süden und verband Jüterbog mit Jessen. Das erste Dorf am Rande der Heide war
Oehna. Der Verkehr war hier sehr lebhaft, sodass dem Richter und Krüger Simon
Dalicho 1586 gestattet wird, für die 3 Bier, die er jährlich auf seiner
Schenke zu brauen befugt ist, 6 Bier, also die doppelte Menge zu brauen. Wegen
der Landstraße reichen die 3 Bier eben nicht aus. Schon zu jener Zeit muß übrigens
der "Rote-Kreuz-Weg" vorhanden gewesen sein, denn in dem alten Amtbuch
wird das rote Kreuz erwähnt.
Noch
eine alte Handelsstraße berührte das große Waldgebiet und zwar im Südwesten,
sie führte von den früher sächsischen Städten Belzig und Niemegk nach
Schweinitz, heute als Schweinitzer Straße bekannt. Eine Strecke unweit der
Marcolini-Wiesen überquert sie etwa 500 Meter ein Sumpfgebiet. Während des 30jährigen
Krieges war die Straße hier unpassierbar geworden. Aus sämtlichen 12 Amtsdörfern
und aus der Stadt Seyda mussten die Untertanen 1653 erscheinen und die Stelle,
damals Märkischer, heute Schweinitzer Damm genannt, in Stand setzen. Das Holz
dazu lieferte das Amt. Aber das Holz musste gehauen, eingelegt und mit Schutt
befahren werden. Und dazu gehörten viel Arbeitskräfte. Im Oktober desselben
Jahres wurde der Damm endlich ausgebessert.
Noch
andere alte Wege ziehen kreuz und quer durch die Heide, sie tragen oft merkwürdige
Namen, wie Schallweg, der Bankweg, der Zipplersche Damm, die "Seite".
Nach Mügeln zu gab es vor Zeiten auch noch einen Wolfsweg, wieder andere Namen
sind im Laufe der Zeit in Vergessenheit geraten.
Geblieben
ist allen Wegen die Einsamkeit und die Ruhe und der Frieden des Waldes."
(Otto Brachwitz, Heimatkalender für den
Kreis Schweinitz 1932, 42.).
Wölfe
galten wie Bären als Raubtiere, per Jagdedikt zur Ausrottung vorgesehen. Sie
waren eine Gefahr für das Weidevieh und sicher auch für die Hirten. Vielleicht
spielte auch der „Jagdneid“ eine Rolle: schließlich war auch der Wolf auf
der Pirsch unterwegs nach Hirsch und Reh. In ganz Sachsen erlegte man zwischen
1611 und 1717 6937 Wölfe. Wie selten das war (auf die lange Zeit und die große
Fläche), belegen die „Wolfsdenkmale“: einen Wolf zu erlegen, wurde etwas
ganz Besonderes und gab den Anlass, einen Weg oder einen Ort zu benennen:
Wolfsweg bei Mügeln, Wolfswinkel bei Zemnick. Ein Mandat von 1717 „Was vor
Wildpret eigentlich zur Hohen-, Mittel und Nieder-Jagd gerechnet wird, und wer Wölffe
zu fällen befugt sein soll“ untersagte sogar bei Strafe von sechzig
Talern die unbefugte Tötung eines Wolfes. (Hensel, Margitta: Die gebräuchlichsten
Jagdmethoden des 16. bis 18. Jahrhunderts. In: Vom Jagen, Begleitband zur
Ausstellung auf Schloss Moritzburg 1992, 40. Sie verweist auf: Wolfsdenkmäler
in Sachsen, in: Mitteilungen des Landesvereins für Sächsischen Heimatschutz,
1920.).
An
alte Siedlungsstätten in bzw. am Rande der Heide erinnern einige
Flurbezeichnungen: Blumberg, Jänickendorf,
Marcolin.
Der
Heimatforscher Otto Brachwitz aus Seyda war vor dem Krieg selbst in der Heide
unterwegs, suchte Scherben und Spuren der Orte und stöberte in den alten Amtsbüchern.
Er schreibt:
„Ueber
die Wüstung Blumberg sind so gut wie gar keine Urkunden vorhanden, so dass die
älteste Geschichte des Dorfes in vollständiges Dunkel gehüllt ist. Einen
Hinweis auf die Zeit der Entstehung gibt uns lediglich der Ortsname. Darüber
sagt ein bedeutender Forscher (Curschmann, Die deutschen Ortsnamen im
nordostdeutschen Kolonialgebiet, Seite 138): „Blumberg gibt es bei Berlin, in
der Neumark, in Vorpommern und zweimal in Ostpreußen. Diese Namen sind
bezeichnend für die zweite Hälfte des Mittelalters und damit
auch für die Ortsgründungen. In älterer Zeit war der Sinn und die Freude
an der Natur bei den Deutschen noch nicht genug erwacht, um in derartigen Namen
Ausdruck zu suchen.“ Während die meisten Dörfer unserer Heimat zwischen 1160
und 1200 entstanden, muss nach dieser Ansicht Blumberg nach 1200 oder vielleicht
später gegründet worden sein. Auch Scherbenfunde konnten bisher noch keine
Auskunft geben, denn bei einer Besichtigung der Dorfstelle durch mich Ostern
1932 waren fast keine Scherben aufzufinden, da die ehemalige Dorfstätte heute
mit Wald bedeckt ist und die Untersuchung sehr erschwert. Hinzu kommt, dass dort
zahlreiche Gruben vorhanden sind, man hat dort bis vor nicht allzu langer Zeit
Ton gegraben. So sollen auch die Seydaer Töpfer hier früher ihren Ton geholt
haben. Die Dorfstelle liegt hart an der heutigen Waldgrenze, ein Zeichen, dass
der Wald, der hier weiter gerodet war, wieder vorgedrungen ist. – Die Dorfflur
von Blumberg umfasste 11 Hufen, war also verhältnismäßig klein. Auch das kann
als Beweis für eine späte Gründung angesehen werden, denn die ersten
Kolonisten erhielten größeren Besitz. Um 1500 war das Dorf wüst, damals war
die Wüstung vom Amt Seyda den Einwohnern des Dorfes Mügeln als sogenanntes
Lockgut gegeben. Das war eine Zeitpacht, die jede der beiden Parteien jederzeit
kündigen konnte. Als Pacht wurden jährlich 76 Scheffel Hafer verlangt, die am
Martinitag (10. Nov.) (11.! – T. M.) abgeliefert werden mussten. Hafer
scheint die einzige Frucht gewesen zu sein, für die sich der Acker eignete. Im
ganzen hatten 19 Einwohner aus Mügeln hier Acker gepachtet. Zuweilen ließ man
aber auch Stücke ungenutzt liegen, so dass der Pachtertrag fiel, dann aber
wieder stieg, wenn mehr unter den Pflug genommen wurde.
Interessant
ist die Bemerkung, dass das Gericht über die wüste Mark Blumberg zwischen dem
Amt Seyda und dem Nonnenkloster zu Jüterbog streitig war. Warum das
Nonnenkloster hier Besitzrechte geltend machen konnte, entzieht sich unserer
Kenntnis. Vielleicht ist Blumberg erst gegründet worden, als das Dorf Ellen,
das dem Nonnenkloster gehörte, eingegangen war. Und das Nonnenkloster hatte
Blumberg als Ersatz betrachtet, denn die Dorfstelle liegt nur einen Kilometer
von Ellen entfernt. Das sind aber nur Vermutungen.
Die
Grenzen waren in früheren Jahrhunderten oft umstritten. – Am 3. Mai 1688 soll
dann die Gemeinde Mügeln die Mark Blumberg von dem Kurfürsten von Sachsen
erhalten haben.
Die
Größe der Feldmark beträgt 1122 Morgen. Die Flurnamen sind alle neueren
Ursprungs, vermögen uns also keinen Anhalt für das einstige Dorf zu geben. Sie
kennzeichnen allenfalls die Form der Flurstücke („Die Schmalen, die
Langen“) oder ihre Lage zu Mügeln („Die Vordersten, die Mittelsten“) oder
die Beschaffenheit des Bodens („Kloten“ – klumpiger Boden durch den
lehmigen Untergrund). Der letzte Flurname findet sich dreimal an der Nordseite,
da gibt es die Oehnaischen, die mittelsten und die Lipsdorfer Kloten. Der
nordwestliche Teil in Größe von 7 Morgen führt die Bezeichnung Kirchenbreite.
Wahrscheinlich gehörte dieses Flurstück der Kirche zu Mügeln.
So
erinnert heute nur noch der Name Blumberg an das untergegangene Dorf. Wir wissen
nichts von dem Schicksal der einstigen Bewohner. Und doch können wir uns
ausmalen, wie schwer es ihnen geworden ist, ihr Heimatdorf für immer zu
verlassen und in die ungewisse Fremde zu ziehen. Es ist still und einsam
geworden, wo vor Jahrhunderten Geschlechter kamen und gingen, arbeiteten und mit
dem Boden rangen, wo Feste gefeiert wurden und man die Toten zur ewigen Ruhe
bettete.“
(Die Wüstung
Blumberg bei Zellendorf. Von O. Brachwitz, Treuenbrietzen. In: Heimatbote vom
22. März 1935, mit einer handgemalten Karte, die die Lage der Wüstung Jähnickendorf,
der Wüstung Kähnsdorf und die „Wüste Mark Blumberg“ vermerkt. Vgl. auch
in der gleichen Zeitschrift vom 8. März 1935 den Artikel über die Wüstung
Ellen bei Zellendorf. Dazu ist zu ergänzen, dass ein alter Bauer dort noch die
Flurbezeichnung „Ellensche Höfe“ kennt. -
Kurt Klausnitzer hat eine alte Karte, auf der in Blumberg eine Kirche
eingezeichnet ist, die mit Nonnen etwas zu tun hatte. (Besuch am 6.6.06.). Der
Name „Blumberg“ muss nicht unbedingt auf Blumen zurückgehen, „Blum“
soll auch für die Schweinemast im Wald stehen. (Hinweis von Steffen Elstermann
am 23.11.06.).
Das
Dorf Jänickendorf südwestlich von Oehna hat bis zum Jahr 1280 Bestand gehabt.
Gründe für den Untergang eines Dorfes gab es viele: Krankheiten, wie die Pest
(der „schwarze Tod“); Kriegswirren, Feuerbrünste, mangelnde Ertragsfähigkeit
der Äcker.
Viele
Siedlungen sind aus wirtschaftlichen Gründen untergegangen. In der deutschen
Ostkolonisation hat es bestimmt – neben genialer Planung – auch manche
„Fehlgriffe“ in der Siedlungswahl gegeben; hier ein Hochwasser, dort
Trockenheit und karge Böden.
Die
Flächen von Jänickendorf wurden 1837 vom Amt Seyda nach Oehna verkauft: wer
konnte ahnen, dass sich aus dieser Verschiebung einmal eine Landesgrenze
entwickelt? Damals gab es dort eine Schäferei und ein Vorwerk, die von Seyda
aus bewirtschaftet worden sind. Es waren Ackerflächen. Ein
Mann aus Oehna berichtet, dass sein Vater, der dort nach 1900 als Junge
zum Schafehüten war, noch deutlich das Abheben der Lehmfundamente vom alten
Dorf durch den unterschiedlichen Wuchs des Windhalms („Schmielen“) erkennen
konnte. Von 1920 bis 1930 wurden auf der Gemarkung Jänickendorf eine Million
Kiefernpflanzen gesetzt, auf ca. 35 Hektar. Aber noch heute sind an dieser
Stelle Ziegeln und Siedlungsreste nachweisbar. Erst im Laufe der 30 Jahre des
20. Jahrhunderts verschwanden die auf den Fluren von Jänickendorf und Wendemark
vorhandenen Waldteiche. Sie trockneten aus. Der Jänickendorfer Puhl behielt
gerade so viel, dass es noch zu einer Hirschsuhle reichte. Ursache dafür wird
eine neu installierte Beregnungsanlage des Gutes Mark Zwuschen gewesen sein, die
das oberflächennahe Schichten- oder Grundwasser abpumpte. (Niendorf, November 2006.).
Eine
besondere Tragik der Geschichte: Die Flächen von Jänickendorf wurden an Bauern
in Oehna verkauft. Diese kamen damit zu größerem Land- und Waldbesitz. Das
hatte zur Folge, dass 7 Bauernfamilien aus Oehna 1945 von Haus und Hof
vertrieben worden sind, da sie ein paar Hektar mehr als 100 Hektar Land besaßen,
damit als „Großgrundbesitzer“ galten und mit der Bodenreform enteignet
wurden. Weitere 5 traf dieses Schicksal 1952. Im alten Kreis Schweinitz sind mit
der Bodenreform nicht nur Gutsbesitzer, sondern zahlenmäßig weit mehr solche
„Großbauern“ aus ihrer Heimat vertrieben worden.
An
das Dorf Marcolin erinnert die
Flurbezeichnung „Marcolinische Wiesen“, bei Gentha. 1945 soll noch
der Dorfbrunnen zu sehen gewesen
sein, er wurde von den Bauern zur Tränke für das Vieh auf den umliegenden
Wiesen genutzt. Da es zu Zeiten von August dem Starken einen Grafen Marcolin
gab, hat mancher schon eine Verbindung dorthin vermutet. Für ein Schloss aber
oder ähnliches gibt es keine Hinweise.
In
der Nähe dieser Wüstung befinden sich die „Backensberge“, sie könnten
ihren Namen daher haben, dass sich die umliegenden Orte dort von den alten
Backsteinen bedient haben, die in dem verlassenen Dorf zur Verfügung standen.
Es könnte aber auch sein, dass der Boden
dort besonders gut für das Backen von „Backsteinen“ geeignet war.
Im
Seydaer Kirchenbuch von 1848 ist ein „Torfaufseher auf den Marcolinischen
Wiesen in der Seydaer Heide“, Friedrich Homann, vermerkt.
„Mark Zwuschen ist
nicht etwa vor dem Dreißigjährigen Kriege verheeret worden, wie ein Schriftstück
behauptet, sondern in einem anderen blutigen Kriege, der im Churkreis große
Verwüstungen angerichtet hat. Vielleicht ist aber Mark Zwuschen unter der großen
Pest, die zu Zeiten Ludwig des V. 1346 Deutschland verödet hat, ein wüster Ort
geworden. 1542 wird Zwuschen bereits eine wüste Mark genannt. Im Jahre 1591
waren erst 16 Hufen urbar gemacht, die übrigen Hufen waren noch mit Holz
bewachsen. (unter
Act. de. 19. Jun.
1787)“. (Seydaer Kirchenarchiv, Findbuch 277.).
Flurnamen
der wüsten Mark Zwuschen: Morlbreite, Heidefeldschmalle, Heidefeldbreite,
Mittelfeldschmalle, Puhlstück (vgl. englisch „pool“, auf den Flämingdörfern
für den Dorfteich), Neuefeldbreite, Mittelfeldbreite, Neuefeldschmalle, Heidestücke,
Morlschmalle. (Seydaer
Kirchenarchiv, Findbuch 235; vgl. auch Findbuch 278 .).
Ein
„Morl“ ist ein sumpfiges Gelände, eine nasse Niederung. So gibt es auch ein
Seehausener und ein Naundorfer Morl. „Marzahna“ kommt wohl von Morl- bzw.
Marlzahna (= „Zahna am Sumpf“), am Bach Zahna liegend. In Wergzahna nimmt
der Bach seinen Anfang, „vrch“ = „Berg“, also „Zahna auf der Höhe“
bzw. „auf dem Berg“. (Niendorf, November 2006.).-
Mark
Zwuschen, Marcolin, Jänickendorf, Blumberg, Ellen - dies werden nicht alle
verlassenen Orte sein, die es auf dem Gebiet der Heide gibt: „Seit der
Steinzeit hat der Mensch geackert und deshalb Teile des Waldes gerodet, nur
waren seine Siedlungen nicht von Dauer, irgendwann musste er sie aufgeben (kein
Dünger, hölzerne Ackergeräte, der Wald wuchs immer wieder und erfolgreicher
in die Felder; aber stärkeres Nutz- und Brennholz war im näheren Umfeld des
Dorfes erschöpft). Man siedelte dann eben ein paar Kilometer weiter erneut. Die
alte Dorfstelle wurde nun wieder langsam zu Wald, aber des Menschen Tätigkeit
blieb sichtbar: Eichen als Mastbäume hat er gefördert, auf seinen nährstoffreichen
Abfallgruben wuchs Holunder, der ausgelaugte Acker wurde von der Kiefer erobert
usw.; nach 2 bis 300 Jahren kamen vielleicht genau hier wieder Siedler an,
rodeten usw. So hat der Mensch seit 10000 Jahren auch den Wald massiv
beeinflusst. Die Ablösung der nacheiszeitlichen Kiefern-Birkenwälder durch
Hasel und später Eiche so etwa ab 8000 vor Christus ist nach Meinung einiger
Botaniker sehr wahrscheinlich vom Menschen mitgestaltet worden, der diese
nahrhaften Früchte unbewusst oder schon gezielt verbreitete.“ (Steffen
Elstermann, Anmerkungen November 2006.).
Sachsen
war groß zur Zeit August des Starken, die polnische Königskrone war zu seiner
Macht dazugekommen, und der Fürst hatte viele Vergnügungen und auch Jagdschlösser,
die man zum Teil heute noch besichtigen kann: im Erzgebirge: Augustusburg
(1567-75) und das Jagdhaus Rehefeld (16. Jahrhundert); im Tharandter Wald das
Jagdschloss Grillenburg (1554); der Friedewald nahe Dresden mit der Moritzburg
(1542-46; in jetziger Gestalt 1723-76) und dem Hellhaus (1780); der Jägerhof
Dresden (1567-68) in der Dresdner Heide; die Seydaer, Liebenwerdaer und
Annaburger Heide mit der Glücksburg und der Annaburg (erbaut 1572-75); der
Wermsdorfer Forst mit Schloss Wermsdorf (Jagdhaus 1574, Schloss 1608/17) und der
Hubertusburg (1721/24); das Fasanenschlösschen (1769); Schloss Hartenfels in
Torgau (1517 begonnen). Und das sind noch längst nicht alle!
(Vgl.
Hobusch, Erich: Sächsische Jagdordnungen und Jagdchroniken. In: Vom Jagen.
Hrsg. vom Schloss Moritzburg als Begleitband zur Ausstellung „Vom Jagen“
1992, 64. Und: Hensel, Margitta: Die gebräuchlichsten Jagdmethoden in der Zeit
vom 16. bis zum 18. Jahrhundert. Ebenda, 30.).
Wegen des
enormen Materialbedarfs für den Bau der Annaburg wurden u.a. große Teile des
alten Schweinitzer Schlosses abgetragen; auf der realistischen Zeichnung von
Dillich 1626 sind noch einige Reste zu sehen. (Elstermann, November 2006.).
Die
Glücksburg – gebaut 1576 bis 1580 – war also eines von etlichen Jagdschlössern.
August
I., Kurfürst von Sachsen (1526-1586) ließ die Glücksburg bauen, ein dreistöckiges
Jagdschloss mit einem Turm. Zum Schloss gehörten ein Wohnhaus, ein Forsthaus,
ein Reitstall mit Reithaus (Einsiedelberg genannt), ein Schatzhaus mit
Silberkammer, eine Haftstube und eine Kornkammer. Umgeben war das Schloss von
einem großen Fasanen- und Tiergarten, der von einer sechs Ellen hohen Mauer
eingehegt war.
Der
Tiergarten diente auch zum Einfangen von Schwarzwild, um es anschließend
lebendig nach Dresden zu transportieren.
(Elstermann aaO
10f, aus: Taxations-Revisions-Werk der Oberförsterei Glücksburg-Seyda 1862-53,
Archiv des Forstamtes Annaburg.).
Eine
schöne Zeichnung der Glücksburg gibt es aus dem Jahre 1626, von Dillich.
Der
kurfürstliche Rat Wolf von Kanitz beaufsichtigte den Bau; er bat den Kurfürsten
um ein Gut bei Meltendorf. Für den Bau wurden vorwiegend die Bauern aus den
umliegenden Dörfern Mügeln, Linda, Neuerstadt und Dixförda herangezogen;
Steine sollen von der alten Burg Sydow gekommen sein.
Einen
Hauch großer Weltpolitik erlebte die Glücksburg in den Jahren 1610 und 1611.
Die Erbfolge um den Besitz der Grafschaften Cleve und Jülich war zwischen
Brandenburg-Preußen und Sachsen umstritten. So trafen sich 1610 kurfürstliche
Räte von Brandenburg und der sächsische Kurfürst Christian II. (verheiratet
mit Hedwig von Dänemark, die 1632 die Genthaer Kirche stiftete). Der Kurfürst
kam auch – wohl zum letzten Mal, nach vielen großen Jagden – am 1. Februar
1611 „mit großem Gefolge“ zur Glücksburg. 6 kurfürstliche Räte
befanden sich in seiner Begleitung, 312 Pferde mussten untergebracht werden. Am „Gründonnerstag
1611“ kam die Gegenseite des Streites mit dem Markgrafen Sigmund von
Brandenburg und dessen Schwager, Ludwig, Landgraf von Thüringen, „durch
das schwarze Tor am Ausgange des zum Schlosse gehörenden Tiergartens (ca.
400 m ostwärts der heutigen Försterei) geritten, um Christian II. zum Fürstentag
nach Jüterbog allweil zu geleiten“.
Christian
kehrte mit seinen Räten verbittert und ohne jeden Erfolg vom Fürstentag in Jüterbog
zurück und verließ am 31. März die Glücksburg. Kurz darauf verstarb er, am
23. Juni 1611, mit 28 Jahren in Dresden.
(Akten aus dem
Staatsarchiv Weimar, eingesehen von August Freidank aus Mügeln am 4. Juni 1913;
aus Papieren zur Glücksburg im Museum Schloss Moritzburg.).
Seine
Witwe Hedwig, einst dänische Prinzessin und gleichzeitig Nichte der Kurfürstin
Anna, die die Annaburg erbaute, bekam in einem Vertrag zu ihrer Mitgift (75000
Speziestaler, außerdem Schmuck, Silber und Geschirr) das Schloss Lichtenburg
mit den Städten und Dörfern der Ämter Lichtenburg, Annaburg, Schweinitz,
Schlieben und Seyda übertragen. In der Geschichte deutscher Fürstenhäuser war
das eine Besonderheit, dass sie nicht nur das Besitztum am Schloss hatte,
sondern dass sie wirkliche, selbständige Herrscherin – freilich unter dem
Schutz des Landesherren – war. Zu ihrem Hofstaat gehörten ein Schwadron
Dragoner, eine Kompanie Infanterie, ein Schlosshauptmann, zahlreiche Beamte und
Diener und – ein Oberjägermeister.
(Claus Rummert
in der Elbe-Elster-Rundschau vom 28.8.1991, aus Papieren zur Glücksburg im
Schloss Moritzburg, aaO.).
Nicht
nur die Kirche in Gentha hat die Kurfürstin Hedwig gestiftet – in der Zeit
des Dreißigjährigen Krieges, wo es dort noch 2 Witwen und 2 Witwer gab; sie
gab Ackergeräte und Vieh – und die Kirche zum Trost und zur Freude. Sie ließ
auch in der Glücksburg eine Kapelle errichten, die am 8. September 1622
eingeweiht wurde, wohl nordwestlich am Schloss. Laut Inventarverzeichnis (Staatsarchiv
Dresden, Nr. 155/32563)
war diese Kapelle ausgestattet mit drei großen Gemälden mit den Darstellungen
der Heiligen Drei Könige, der Beschneidung Christi und dem Erzengel Gabriel,
dazu mit einer Empore, auf der sich mit Samt bezogene Bänke befanden.
(Nach Papieren
zur Glücksburg aus dem Schloss Moritzburg, aaO.).
Kurfürst
Johann Georg I. von Sachsen (1611-1656) brachte
insgesamt 101603 Stück Wildpret, davon 43395 Stück Rotwild - darunter
14676 Hirsche, 9970 Stück Rehwild - und 27551 Stück Schwarzwild zur Strecke. „Die
Zahlen sind das Ergebnis nahezu wöchentlich veranstalteter Jagden, bei denen
der Kurfürst selbst aber nicht ständig zugegen sein musste... Dass am sächsischen
Hof mit Unkosten nicht gespart wurde, beweisen auch die enormen Ausgaben zur
Unterhaltung der zahlreichen Berufsjägerschaft, großen Hundemeuten und
Jagdutensilien... Die Glanzeit des Jägerhofes fällt in die erste Hälfte des
18. Jahrhunderts, als über 250 Mann Jagdpersonal für die Organisation der höfischen
Jagd sorgten. Da die großen Hauptjagden in einem Revier nur in großen Abständen
abgehalten werden konnten, damit die Wildbestände sich erholten, wurden als
„alltäglichere“ Formen die „Kleinen bestätigten Jagden“ durchgeführt.
Dabei erhielten die „Besuchsjäger“ mit ihren Leithunden Vorsuche in einem
kleineren Waldstück, das bei Bestätigung eines Hirsches mit Lappen, Tüchern
oder Netzen umstellt wurde. Ohne großen Aufwand konnte nun das Wild dem
Jagdherren oder dem Schießstand zugetrieben werden. Der erfolgreiche Ablauf
eines solchen Jagens galt übrigens als Abschluss der Ausbildung eines Jägerburschen,
der nun mit dem Tragen des Hirschfängers als „vollkommener“ Jäger
anerkannt wurde.“
(Hensel,
Margitta: Die gebräuchlichsten Jagdmethoden, aaO 32f.).
Das
Jagdschloss Glücksburg lud zum Jagen und Feiern ein. Die Jagd diente der Repräsentation
und dem Vergnügen, natürlich auch der Versorgung der kurfürstlichen Küche.
In
der Sächsischen Staats- und Universitätsbibliothek kann man – mit weißen
Handschuhen und unter strenger Aufsicht - Einblick nehmen in ein kostbares
Jagdregister des Johann Georg I. von Sachsen. Von 1611 bis 1650 sind darin alle
seine Jagden verzeichnet – auch jene Zusammenfassung der sagenhaften Anzahl
von gejagten Tieren. Es ist ein prachtvolles Buch, mit goldfarbenen Beschlägen,
handgemalten Bildern von Wildtieren und der Jagd. Alle Eintragungen wurden in
kunstvoller Schrift vorgenommen. Am Ende eines Jagdjahres wurde aufgezählt, wo
der größte Hirsch, das schwerste Schwein oder sonst ein besonderes Tier erlegt
worden war.
Man
bekommt eine Vorstellung über das große sächsische Reich mit den vielen Wäldern
und Jagdgebieten, im Erzgebirge, im Thüringer Wald, im Harz, in der Lausitz,
ja, bis nach Cleve hin. Und man findet dort auch die Glücksburg und unsere Orte
wieder! Blättern wir einmal darin:
„Vorzeichnis
was der Duchlauchtigste Hochgeborene Fürst und Herr Johann Georg Hertzog zu
Sachsen Jülich Cleve und Berg, des Heiligen Römischen Reiches Ertzmarschalch
und Kurfürst, Landgraff in Thüringen, Markgraf zu Meissen, auch Ober- und
Niederlausitz, Burggraff zu Magdeburg, Graff zu der Marsch und Ravensberg, Herr
zu Ravenstein, in viertzig Jahren als von Anno 1611 bis Anno 1650 an Hohen und
Niedrigem Wildpret in Jagen, Pirschen, Streiffen und Hetzen geschossen, gefangen
und gejatzt.“
Häufig
wird die Annaburg erwähnt, so in den Jahren 1613 und 1614, und da: 1614 -
entdecken wir plötzlich zum ersten Mal unsere Heide:
„Glücksburg
Sontag den 29. Maij auff der Seydischen Heyden gepürscht – 1 Rehe.“
Im
folgenden Jahr, 1615, dann:
„Seida.
Montag den 8. Maij als sie von Belzig andro gereiset im Niemicher Gehege gehazt
7 Hasen.“.
Und
im selben Jahr:
„Lichtenburg.
Montag den 25. Septembris als die von der Glücksburgk anhere gereiset auff der
Seydischen Heyden geprüscht
3
Hirsche als 1 an 16 Enden, 2 an 14 Enden; haben gewogen 2 über
4, 1 über 3½ Zentner. An dieser Stelle steht ein Zeichen,
es sieht aus wie ein kleines o mit einem l und einem Doppelpunkt; es könnte die
Bezeichnung eines sächsischen Zentners sein und damit vom Gewicht her fast
einem heutigen Zentner entsprechen, = 51,381
kg; ein Hirsch mit 200 kg Lebendgewicht erscheint freilich ein sehr großes
Gewicht zu haben; im Vergleich zu heute wurde ein Hirsch aber damals komplett
(mit Eingeweiden) gewogen; vielleicht kann jemand noch eine bessere Erklärung
beisteuern.
Mehr
auf der Nonnen Heyden gepürscht
3
Hirsche Als 1 an 16 Enden, 2 an 10 Enden, haben gewogen 2 über 4 und 1 über 3½
Zentner.“
Im
Jahr 1618:
„Glücksburg.
Sontag
den 19. July im Stoltzenhainischen ein Jagen gehalten darinnen gefangen 3
Hirsche als 2 an 12, 1 an 8 Enden, es alle 3 in der über 4 Zentner gewogen.
Montag
den 20. July in beysein dero Gemahlin und beyder churfürstlichen Fräulein, am
Buchhorster Tham Ein Jagen gehalten darinnen gefangen
8
Hirsche als 1 an 14, 2 an 12, 3 an 10, 1 an 8 Enden, darunter 3 ider über 4
Zentner gewogen, 1 Spießhirsch; 5 Stückwildt (das sind
weibliche
Hirsche), 8 Rehe, 2
Rehekälber, 1 Keyler, 1 Bachen, 3 Frischlinge, 2 Hasen, 2 Füchse; 32 Stück.
Dienstag
den 21. July drey Jagen gehalten, darinnen gefangen im Ersten Jagen auf
Seydischer Heyden am Doppelhorster Tham
7
Hirsche als 1 an 14, 2 an 12, 3 an 10, 1 an 8 Enden, darunter 6
gewogen, 5 über 4, 1 über 3 ½ Zentner, 1 Spießhirsch, 2 Stückwildt,
1 Wildkalb (weiblicher
junger Hirsch), 1
Rehe; 11 Stück.
Im
andern Jagen im Seydischen Busche
3
Hirsche als 1 an 14, 2 an 6 Enden, der 1 über 4 Zentner gewogen; 1 Stückwildt,
1 angehend Schwein, 1 Hasen; 6 Stück.
Im
dritten Jagen im Gadegaster Bruche
6
Hirsche als 2 an 14 , 3 an 12, 1 an 10 Enden, davon 5 über 4 Zentner gewogen.
Donnerstag,
den 23. July in beysein dero Gemahlin und beyden churfürstlichen Fräulein am
Brehmer Horst Ein Jagen gehalten darinnen gefangen
9
Hirsche 1 an 14, 3 an 12, 2 an 10, 3 an 8 Enden, davon 1 mehr als 5 Zentner, 6
mehr als 4; 1 Stückwildt, 1 Rehe, 1 Rehekalb; 12 Stück.
Freytag,
den 24. July in beysein dero Gemahlin und beyden churfürstlichen Fräulein auff
der Seydischen Heyden bey der Handt Ein Jagen gehalten darinnen gefangen 10
Hirsche als 2 an 14,1 an 12, 1 an 8, 2 an 6 Enden, davon 7 gewogen: 5 mehr als 4
Zentner, 2 mehr als 3 ½ Zentner; 1 Stückwildt, 3 Rehe, 1 Rehekalb, 4 Keyler, 2
Bachen, 1 Hasen; 22 Stück.“
Am
Mittwoch darauf war dann Jagd „auffm Himmelsberge“, was allerdings zu
der „Annaburgischen Heyden“ gezählt wurde und von Annaburg aus
„bejagt“ worden ist.
1630,
also schon mitten im Dreißigjährigen Krieg, taucht dann unser Gebiet zum
letzten Mal auf; am 8. November jagt der Fürst bei Zahna, am 26. November bei
Annaburg; und dann ist er bei uns:
„Mittwoch
den 8. Decembris in beysein des Fürsten zu Anhalt, auff der Seydanischen Heyden
Ein Streiffjagen gehalten, darinnen gefangen 19 hawende Schweine, haben gewogen
4 über 3 und 15 über 2 ½ Zentner; 3 angehende Schweine, 6 Keyler, 47 Bachen,
darunter 3 gewogen: 1 mehr als 3 Zentner, 2 mehr als 2 ½ Zentner; 114
Frischlinge, 4 Stückwildt, 18 Rehe, 1 Hasen, 4 Füchse; 216 Stück.“ (Sächsische Landes- und Universitäts- Bibliothek,
Sonderschriftensammlung, Mss R 7 b.).
Hier
spiegeln sich die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges wider: Der Kurfürst
muss gar ein Jahr ganz mit dem Jagen aussetzen, weil er sich beim Militär
befindet; erst 1647 kommt er wieder in unsere Gegend: aber nur bis zur
Lichtenburg. Es ist wirklich sehr wahrscheinlich, dass die Glücksburg geplündert
worden war und als Jagdschloss nicht mehr zu gebrauchen gewesen ist.
Da
passte es, einige Jahrzehnte später den Alchimisten Kunckel mit seiner
Experimentierwerkstatt dort unterzubringen.
An
der Straße zwischen Mügeln und Oehna, 700 Meter hinter der Abzweigung der
Dahmschen Straße, befindet sich eine Senke ähnlich eines Grabens von ca. 4 bis
5 Meter Tiefe, die sich „Schwedenschanze“ nennt. Es gibt nur eine Zeit, in
der Schweden in unserem Gebiet Geschichte machten: Das war der Dreißigjährige
Krieg, als sich die Truppen unter Gustav Adolf´s und seiner Nachfolger Führung
durch unsere Orte nach Süden bewegten, in der Schlacht bei Lützen fiel der
Schwedenkönig am 6. November 1632. Ich stelle mir vor, dass sich die
schwedischen Soldaten dort in Erdwällen Unterkünfte bauten. Jedenfalls ist der
Name ein Indiz, dass sie hier waren – und sicher das in der Nähe liegende
Jagdschloss nicht „übersehen“ haben. In den Chroniken sind diese
furchtbaren Jahre für unsere Orte beschrieben. Viele Orte verschwanden ganz von
der Landkarte.
Im Jahre 1635
zog Wallenstein mit seinen Truppen durch unser Gebiet. Alte Handschriften, die
in der Mellnitzer Turmkugel verborgen waren, berichten davon. In den „Heimatgrüßen“
(Evangelisches Monatsblatt) ist davon zu lesen:
„Was
sich nicht in unwegsame Sümpfe und Wälder flüchten konnte, das ging verloren;
und was von der Geisel des Krieges und den wilden Lüsten entmenschter
Kriegshorden verschont geblieben war, das fiel der Hungersnot und der Pest zum
Opfer.
In den Jahren 1635 und 1636 müssen die Kriegsnöte
nach den Schilderungen eines Augenzeugen, des damaligen Superintendenten Mühlig,
die furchtbarste Höhe erreicht haben. Heerhaufen um Heerhaufen zogen kreuz und
quer von Ort zu Ort, und jeder stellte seine unerfüllbaren Forderungen. Die
Leute, die doch nichts mehr hatten und herbeischaffen konnten, wurden gemißhandelt
und zu Tode gequält und gefoltert. Frauenschändung war an der Tagesordnung.
Keine wurde geschont, der man habhaft werden konnte, auch Kinder und Greisinnen
nicht. Den Männern reichte man den Schwedentrunk und füllte ihnen Mistjauche
ein, bis sie starben, nur weil die Menschen kein Geld mehr hatten und keine
Lebensmittel und Vieh, das man von ihnen haben wollte. Alles, was noch fliehen
konnte, floh.“
Die Kirche in
Mellnitz war nach dem Dreißigjährigen Krieg eine Ruine, genauso wie viele
Wirtschaften des Dorfes. Noch 1671, Jahrzehnte später, lagen von acht Gütern
in Mellnitz sechs wüst.
(Aus: Die
Geschichte der Kirche in Mellnitz, Pfarramt Seyda 1997.).
Die
sächsischen Kurfürsten haben also in der Seydaer Heide gejagt und waren
(jedenfalls bis 1630) auf der Glücksburg zu Gast; jedoch wohl nicht so häufig,
denn sie hatten – wie wir gleich bei „August dem Starken“, fast 100 Jahre
später - sehen werden, einen
vollen Kalender.
In
der Akte des Oberhofmarschallamtes, welches eine Art Tagebuch über die
Geschehnisse am Hofe führte, finden sich neben zahlreichen Amtsgeschäften,
Audienzen, Kabinettsbesprechungen, noch mehr französischen und italienischen
Komödien, Bällen, Militärübungen und Reisen auch Jagden, jedoch nur in
kurzer Zusammenfassung. Die Glücksburg selbst ist dort nicht mehr erwähnt,
selbst in einer Auflistung zur Instandhaltung der kurfürstlichen Schlösser
kommt sie nicht vor.
Ein
Ausschnitt, vom August 1718: „(6. August)
Frühmorgens um 7 Uhr begaben sich Ihre Königliche Majestät mit einigen
dero hohen Ministri und der neuen Chalouppe zu Wasser nacher Lichtenburg und
sind in Torgau abends um 6 Uhr glücklich angelanget und ausgestiegen und dann
ferner von Torgau, selbigen Abend wieder abgegangen, nach Lichtenburg aber zu
umb 8 Uhr zu Lande angekommen. Lichtenburg. (7.
August) Gelangete
Ihre Exzellenzen die Fr. Gräfin von Dänhoffin, die holdselige Poceij, und der
junge Prinz von Teschen von Mittags allhier. (8. August, Sonntag),
wurde die Trauer wegen Ihrer Hoheit der Königlichen Frau Mutter Annen Gorbien
gebohrene königlich-dänische ErbPrinzessin zu Dannemark und Norwegen, ...
verwitwete Churfürstin zu Sachsen, unserer allergnädigsten Frauen, sowohl von
denen Dames, Ministre, Cavalliers, Subalternen (= Untergebenen), Laccaien und anderen Ordinaten bey Hofe angelanget,
wurdet dem Läuten, welches bis von 10 bis 11 contin. (andauerte)
der Beschluß gemachet.
(= Trauerzeit für
die Mutter Augusts beendet; 9. August:)
Frühmorgens nach 4 Uhr begaben sich Königliche Majestät nach dem Jagen bey
der Annaburger Heyde und kamen mittags umb 11 Uhr wieder hier an,
Vormittags
langeten Ihre Excellenz der Herr Oberhofmarschall, alhier an, weiterhin
desgleichen der Päbstliche Nuntius Grimaldi. Abends begaben Ihre Excellenz der
Oberhofmarschall sich wieder nacher Torgau.
(10. August:)Frühmorgens
begaben sich Königliche Majestät mit den Dames und Cavalliers auf die Jagdt
glock 8 Uhr und schossen die Dames und Cavalliers nach dem Los, so in 36 Nummern
bestanden, wurde in diesen Ausschießungen Zahl 713 Stück, worunter etliche
Schweine, etliche Füchse und viele Haasen, gestellet, nach dem Schießen
begaben sich Königliche Majestät zur Tafel, und war das Tafel Oval auch mit 36
Personen besetzet, und wurde in dem neuerbauten Hauße sowie .. ist
ausgeschossen, und auch allda gespeiset, und ging alles magnifice („auf das Beste“)
zu. Nach der Tafel begaben sich Königliche Majestät wieder nacher Lichtenburg.
(11. August:)
Früh nach 9 Uhr begaben sich Königliche Majestät mit dem Hofstaat von
Lichtenburg nachher Torgau, und langet mittags umb 12 Uhr alda an, nachdem zu
nachher die Auderey so bey Torgau liegen besichtigen hatten.
12.
August Fünf Uhr begaben sich Königliche Majestät von Torgau nach Dresden,
alwo sie nachmittags umb 1 Uhr angelangeten und speiseten bey den Ex.
TrabantenHauptmann von Seyffertiz.“
Sächsisches
Haupt-Staatsarchiv Dresden, OHMA O 498 (1717).
August
der Starke ist deshalb als Jäger in unserer Heide so bekannt, weil es davon ein
Denkmal gibt: Die „Schöne Säule“ in der Mitte der Heide, an der Kreuzung
Mellnitzer Weg/Roter-Kreuz-Weg, erinnert daran, dass er dort 1719 einen
„kapitalen Hirsch“ (also mindestens einen 18-Ender) erlegt hat; an dieser
Stelle musste dann – was für ein willkürlicher Akt! – extra eine ganz alte
Eiche gefällt werden, um eine große Tischplatte für das Jagdmahl zu haben.
„Ringsum
lagerte die Jagdgesellschaft an der Seite des Kurfürsten, die waren: Heinrich
von Erdmannsdorf, Oberjägermeister in Sachsen und Oberhauptmann von Polen;
Seydas Oberförster Friedrich Matthias Strese; Amtmann Backbusch, Forstmann
Leopold Jungfang.“
(Akten
des Staatsarchivs Weimar, aaO; die Namen standen und stehen auf der Säule.).
Aus
dem Stamm wurde die „Schöne Säule“ gebaut; 1957 war sie noch da,
galt aber als verfallen; im Zuge der militärischen Nutzung verschwand sie ganz.
Auf Initiative des Heimatvereins Glücksburger Heide wurde in den 90iger Jahren
wieder eine „Schöne Säule“ von Holzbildhauer Kuhrmann aus Jessen
gefertigt und dort aufgestellt.
Für
die Bewohner der um die Heide liegenden Orte sah das Jagdvergnügen sehr anders
aus als für die hohen Herren. Sie hatten kein Recht zur Jagd, gerade einige
Gutsbesitzer durften die „niedere Jagd“, also auf Rebhühner, Hasen
und Rehe, ausüben; die „hohe Jagd“ aber stand allein dem Adel zu. „Wilddieberei“
wurde streng bestraft, auch konnten sich die Bauern kaum wehren, wenn das Wild
die Ernte auf ihren Feldern zerstörte. “Nur in ausnehmend seltenen Fällen
durften sie es von den Äckern scheuchen, so im Jahre 1545 nach anhaltenden
Klagen.“ (Elstermann
aaO 10, aus: Stoy, Fritz: Die Seydaer Ackerleute dürfen das Wild von ihren
Fluren scheuchen. Heimatbote 1930 Nr. 22.).
Hatten
die Herrschaften in Dresden eine Jagd geplant, so kam einige Tage vorher die
Nachricht an den Amtsmann in Seyda. Im Seydaer Amtsbuch hieß es kurz „Jagdfrohnde
nach Ermessen.“ (Elstermann aaO 11, aus: Die Land-
und Erbbücher des Amtes Seyda von 1506 und 1550, abgedruckt in „Monatliche
Unerhaltungs-Beilage, Gratisbeilage zum Schweinitzer Kreisblatt“ Nr. 2/1905.).
So
wurden alle Bauern und Knechte zusammengerufen, um eine „Lapp(en)jagd“
zu veranstalten. Sie mussten alles – selbst in Zeiten der Ernte! – stehen
und liegen lassen, und sich um die Heide versammeln. Von außen wurde das Wild
nun langsam – das konnte Tage dauern – nach innen getrieben. Dort
verhinderten an Seilen befestigte Tücher („Lappen“), oft geschmückt mit
dem Wappen des Landesherren, ein Ausbrechen des Wildes. Zur Orientierung nutzte
man die Jagdflügel: Sechs Wege waren so angelegt, dass sie sich sternenförmig
in der Mitte (in der Nähe der Schönen Säule) trafen, an einer Lichtung. Auf
diese Weise wurde das Wild dort konzentriert. Es kam darauf an, dass nichts
„durch die Lappen geht“. War der Kurfürst und sein Gefolge dann auf Schloss
Glücksburg eingetroffen, begann die Jagd, und es war ein leichtes, eine
lange Strecke zu erlegen. Zwischendurch wurde dann ein Frühstück, wie etwa an
der „Kalten Küche“, eingenommen. „Die hohen Herren saßen auf
vorgefertigten Bänken und an Tischen, die Treiber lagen am Waldrand und ließen
sich als „Ergötzlichkeit“ die vom Jagdherren spendierte Flasche Braunbier
munden.“ (Tafel an der „Kalten Küche“,
aufgestellt vom Heimatverein Glücksburger Heide.).
„Gleichgültig
zu welcher Jahreszeit, hatten Fronbauern diese Dienste zu übernehmen. Dazu zählte
der Transport des umfangreichen Jagdzeuges zum Umstellen der Flügel, die
Verpflegung der Jagdherren und die Aufzucht der Hunde. Das eigentliche Jagen
wurde vom bediensteten und ausgebildeten Jagdpersonal des Hofes geleitet. Von
den Flügeln her wurde das Wild zunächst in das „Zwangstreiben“ des Jagens
eingetrieben, wo sich bald auf engstem Raum hunderte Tiere zusammendrängten.
Von dort aus gelangte das zum Abschuss vorgesehene Wild in die „Kammer“, ein
durch hohe Tücher umfriedetes Gatter, aus dem es nach Heraufziehen von Rolltüchern
in den „Lauf“ vor die Flinten der Herrschaften sprengte, die sich im
sicheren Schießstand aufhielten. Nun wurde es von Hunden und Jägern solange am
Schirm oder Stand vorbeigetrieben, bis das letzte Tier erlegt war. Wie solche
Jagdanlagen einzurichten waren, beschreiben die zeitgenössischen Jagdautoren,
wie Hanns Friedrich von Flemming in seiner umfangreichen Abhandlung „Der
vollkommene teutsche Jäger“ von 1719.“
(Hensel, Margitta: Die gebräuchlichsten Jagdmethoden, aaO 31f.).
Der „Einsweg“,
noch heute als Weg zwischen Leipa und Seyda zu erkennen, stellte den 1. Flügel
dieser Treibjagd dar. „Ebenso verhält es sich mit der Bezeichnung „Alte
Fünf“.“ (Elstermann aaO 11, mit Verweis auf Wotte,
Herbert: Jagd im Zwielicht. Von Jagdherren, Jägern und Wilderern. 3. Auflage,
Berlin 1988.).
Die
Richter der Dörfer (vergleichbar dem „Bürgermeister“) hatten die Aufgabe,
das Wildbret abzufahren. Auch außerhalb der eigentlichen Jagden waren Dienste
zu leisten, „es galt die Tränken, Jagdflügel und Netze zu unterhalten“;
in Seyda gab es ein Gestüt, um die Pferde bereit zu haben.
Neben
der „Lappjagd“ gab es andere Formen der Jagd.
Im
16. Jahrhundert waren noch die herkömmliche Fang- und die freie Hetzjagd, aber
auch die Pirschjagd verbreitet. „Hetzjagden erfolgten ohne Jagdzeug wie
Netze und Tücher durch Wald und Flur, bis das Tier erschöpft war und sich der
Hundemeute zum Kampf stellte. Mit Sauspieß oder Schwert wurde es vom Jäger
abgefangen. Aus dieser Jagdform entwickelte sich später die aufwendige
Parforcejagd. Bei den Hetzjagden über freie Feldfluren benutzte man gern natürliche
oder künstlich angelegte Wildzäune (Hecken, Zäune und Reisiggeflechte), deren
freibleibende Lücken das Wild hindurchzwang, um auf der anderen Seite von den Jägern
abgefangen zu werden...
Die
Pirschjagd bestand dagegen im Anschleichen an das Wild, um es mit Armbrust,
beziehungsweise später mit dem Gewehr zu erbeuten. Dafür wurden spezielle
Pirschsteige angelegt, die sich nahe an Wildwechseln und Äsungsplätzen
befanden. 1560 wurde in der „Kurfürstlich Sächsischen Hofordnung“ unter
August das Anlegen und die gewissenhafte Pflege von Pirschsteigen angeordnet.“
(Hensel, Margitta: Die gebräuchlichsten
Jagdmethoden... aaO.).
Schon
1718 jedoch bekam Matthäus Daniel Pöppelmann den Auftrag von „Kurfürst
Friedrich August I. von Sachsen und König August II. von Polen, genannt August
der Starke“, die Moritzburg zu einem repräsentativen Jagdaufenthalt zu
verwandeln. Damit hatten die Kurfürsten das Jagdvergnügen „vor der Tür“. (Möbius,
Inge: Moritzburg und die Jagd. Eine Einführung. In: Vom Jagen, aaO 9.).
Die
Glücksburg kommt in den Aufstellungen zu Instandhaltungsmaßnahmen des
Oberhofmarschallamtes für die verschiedenen Schlösser danach nicht mehr vor.
Mit
der Freude am Jagen kamen die sächsischen Kurfürsten auch dazu, sich um den
Erhalt des Waldes zu kümmern. Nur in großen Wäldern gab es noch Rot- und
Schwarzwild, ohne Wald wären derartige Jagden nicht möglich gewesen. Das
sternförmige Wegenetz findet sich in vielen landes-herrlichen Waldungen. Es
diente aber nicht nur der Jagd, sondern auch als erste planmäßige Aufteilung
der Wälder.
An
großen Bäumen wurden „Forstzeichen“ angebracht, also Ortszeichen zur
Orientierung, meist mit großen Buchstaben.
Freilich
gab es noch keine Forstwirtschaft im heutigen Sinne. Die verantwortlichen
Forstknechte teilten „Gehaue“ ein, in denen Holz geschlagen werden
durfte, und bezeichneten „Masteichen“, die stehen bleiben mussten.
Eine der älteren Forstordnungen ist die aus dem Jahre 1560, von Kurfürst
August erlassen. Sie entstand auch aus der Sorge um eine Holznot durch Raubbau
und enthielt recht umfassende Schutzbestimmungen für den Wald. „Die
Forstknechte hatten für die Einhaltung der Schläge, für die Nachzucht des
Holzes und allgemein für den Waldschutz zu sorgen. Das Bruchgelände war damals
sehr versumpft und nur bei starkem Frost zu betreten. So war eine regelmäßige
Nutzung vermutlich gar nicht möglich.
Die
Kiefern-Eichen-Bestände hat man damals schon schlagweise benutzt und zumindest
auch teilweise künstlich begründet. Jedenfalls gab es die Verpflichtung der
Bevölkerung, in Mastjahren Eicheln zu lesen (I). Die Forstknechte hatten auch
auf eine richtige Abgabe des Holzes an die Berechtigten zu achten. Dabei hatten
sie manchmal einen schweren Stand gegenüber der Bevölkerung. So lag um 1537
der „Holzforster“ Gregor Schultz in Seyda mit den dortigen Bürgern im
Streit. Das von diesen beanspruchte Leseholz sei nicht vorhanden, doch das ihnen
gebotene Klafterholz wollten sie nicht bezahlen. Erst der Schweinitzer Amtmann
konnte den Streit beenden.“
(Elstermann
aaO 9, I = aus dem Archiv des Forstamtes Annaburg: Abschätzung und Einrichtung
der Oberförsterei Seyda im Regierungs-Bezirk Merseburg 1837; er verweist auch
auf Kienitz, Erwin: Wandlungen des Holzartenbildes im sächsischen Staatswalde
seit dem 16. Jahrhundert. Tharandter Forstliches Jahrbuch 1936; sowie Stoy,
Fritz: Die Bürger von Seyda und der Amtswald, Heimatbote Nr. 10, 1935.).
Die
erste Nachricht über ein „Forst- und Jägerhaus“ in Seyda datiert
aus dem Jahre 1592, ebenso gab es ein Forsthaus in Glücksburg. „Bis zum
Jahre 1568 wurde der gesamte sächsische Staatswald in Forstmeistereien
eingeteilt, die Seydaer Heide unterstand der Oberforst- und Wildmeisterei in
Annaburg.“ (Elstermann
aaO 10; Erläuterungsband zur Standortskarte StFB Jessen, 1956.).
Ein
Nachfahre eines „Königlich Polnischen und Kursächsischen Hegemeisters“
unter August dem Starken wohnt seit kurzem wieder in der Heide: Kantor
Genterczewsky, am Rande von Mügeln. Jedoch ist er wohl nicht hier eingesetzt
gewesen. Das Reich des Sachsenfürsten war ja groß: es reichte bis nach Thüringen
und in den Harz hinein, und im Osten in die Weiten des alten Polens. Die Wappen
in unserer Kirche und am Portal von Schloss Moritzburg gleichen sich ebenso wie
die Farbgebung etwa am Haus Kirchplatz 2: alles ist aus der selben Zeit! Die
Wappen zeigen neben dem sächsischen Wappen den polnischen weißen Adler für
Kleinpolen und den Reiter für Großpolen und Litauen – es steht für die sächsisch-polnische
Allianz. So hatte der Herrscher ein weites Feld, auch für seine Reisen und
Jagden.
Den
Hauptraum der Eintragungen nehmen in diesen Jahren Komödien ein: italienische
und französische Lustspiele, Ballette, große Feste am Hofe, mit denen repräsentiert
wurde. Dazu und dabei gab es natürlich Staatsgeschäfte zu erledigen,
„Audienzen“, Anhörungen des Kabinetts, Prüfung von Gesetzesvorlagen. Es
ist vermerkt, welche Gottesdienste Seine Majestät besuchte, und – besonders
wichtig – wann wer am Hofe das Abendmahl nach evangelischem oder katholischen
Ritus feierte – schließlich war zum Erhalt der polnischen Krone der Übertritt
zum Katholizismus notwendig. Das Militär musste begutachtet werden, und der
Herrscher musste sich sehen lassen, auf der Messe in Leipzig wie regelmäßig in
Polen. So blieb wenig Zeit für die Glücksburg, die ihre Blütezeit wohl 100
Jahre vorher gehabt hat. Immerhin war er da, davon zeugt die Schöne Säule. Und
der Oberhofmarschall hat ja aus seiner Perspektive aus Dresden geschrieben.
Die
Seydaer Kirchenbücher geben Auskunft über die Familien der Seydaer Oberförster
und Forstgehilfen, leider erst seit 1708, da in diesem Jahr ein großer
Stadtbrand die Kirche und auch das Pfarrarchiv vernichtete.
Bemerkenswert
ist, dass die Oberförster neben den Amtsmännern und Superintendenten das Recht
auf eine Bestattung in einer Gruft innerhalb oder außerhalb der Kirche hatten.
So ist der Oberförster Carl Heinrich Müller, der 1740 in Seyda heiratete und
hier 1785 starb, „in der Gruft der Kirche beigesetzt“. Er war „Hofjäger
und Oberförster“.
In
der „Oberschicht“ gab es auch einige verwandtschaftliche Beziehungen: Der
Oberförster Friedrich Wilhelm Neese war mit einer Tochter des Superintendenten
Gormann verheiratet, wie ein Taufeintrag zu einer Tochter 1711 kund tut. Der
Oberförster Christian Francke heiratet 1735 die 17jährige Tochter des „Königlichen
Actuarias invatus“ und stirbt 1739 mit 66 Jahren. Der „Förster in
Seyda“ Johann Wilhelm Abesser heiratet 1807 in Seyda die Arzttochter, er
stirbt 1852 mit 77 Jahren, seine Schwiegerstiefmutter war
Superintendententochter, 1843 wird er als „königlicher Förster“
bezeichnet.
Im
16. Jahrhundert entstanden auf direkte Veranlassung des Kurfürsten die ersten
genauen Karten der kursächsischen Wälder. Sie ermöglichten erstmals einen
genauen Überblick über deren Lage und die wichtigsten forstlichen Verhältnisse.
Sie wurden somit Grundlage für eine planmäßigere Landesentwicklung und sind
noch heute hochinteressant zu lesen. Einige Wege haben sich über die
Jahrhunderte kaum verändert! Eine der ältesten Karten ist wohl aus der Zeit um
1560, von dem Mathematikprofessor Humelius in Leipzig angefertigt. Es ist eine
Rundkarte, also aus zentraler Perspektive: Der Mittelpunkt ist der Wald, wo von
oben auf den Globus geschaut wird.
(Im Flur der Außenstelle
der Stadtverwaltung in Seyda ist diese Karte zu sehen. Bürgermeister Motl hat
sie in Dresden entdeckt und eine Kopie mitgebracht.).
Die
erste sächsische Landesaufnahme geschah zwischen 1586 und 1607. In dem
Kartenausschnitt erscheint die „Seydische Heyde“ zwischen dem „Stedlein
Seyda“, der Glücksburg, Morxdorf und Gentha kleiner als heute; Leipa und
Oehna liegen weiter ab.
Zwischen
Seyda und dem Beginn des Waldes liegt die „Schaeferey“. Die
Kartographen vermerken, dass ihr Werk ein schwieriges war; hätten sie nicht
einen alten Mann gefunden, der ihnen die alten Grenzen an der wüsten Mark Jänickendorf
zeigte, wäre es ihnen nicht möglich gewesen, diese detaillierte Karte zu
zeichnen. Viele Orte im Forst sind mit ihren Namen vermerkt und erzählen alle
eine eigene Geschichte: „An der alten Hirschtränke“ oder „An der toten
Magd“. Daneben finden sich die Wegezeichen, die auch in die Rinde der Bäume
geschnitten und mit roter Farbe hervorgehoben waren, damit niemand vom rechten
Weg abkam.
Vergleicht
man nun dieses Kartenwerk mit neueren Karten, so wird deutlich, dass die Grenzen
der alten „Seydischen Heyde“ teilweise bis heute als Eigentumsgrenze im Wald
und als Landesgrenze zu Brandenburg erhalten ist. Es ist der Staatswald, heute
Bundes- und Landesbesitz. Damals war fast kein Bauernwald vorhanden! Die
Rodungen der Siedlungszeit ließen nicht viel übrig, außer den Bannforsten der
Landesherren. „Bann“ heißt hier – „Schutz“. -
Deshalb waren Bauern, Müller, Gutsbesitzer, Beamte und Kirchengemeinden so auf
die kurfürstlichen Berechtigungen für Brenn- und Bauholz angewiesen: Sie
hatten nicht genügend eigenen Wald!
(Informationen von Herrn Elstermann Oktober und November 2006).
Der
Bedarf an Holz in den umliegenden Dörfern war groß, wenn es auch in unserem
Gebiet nicht zu Holzmangel kam. Der Landesherr verstand es, sich über
Berechtigungsscheine dauerhafte Einkünfte aus dem Wald zu sichern. Diese
bestanden schon vor dem Jahr 1501, also bevor der sächsische Kurfürst das Land
und die Orte erwarb. Sie wurden übertragen. (Elstermann
aaO 13.). Der Wald
wurde auch als Futterquelle für die Tiere genutzt. In einer Nachricht aus dem
16. Jahrhundert heißt es über die Bürger Seydas: „Sie haben auch mit
ihrem Vieh die Hutung im Prachholz und hinder der Schefferey nach der Heyden biß
an das gebrannte steinchen und den saum lang byß abn die fuchsgruben, weiter dürfen
sie noch andere mit ihrem Vyhe auf der Heyden nicht hüten, ...“
(Elstermann aaO
14 aus: Stoy, Fritz: Die Bürger Seydas, aaO, 39.).
„Für
jede berechtigte Gemeinde gab es im Wald bestimmte Gebiete, auf denen das Vieh
unter Aufsicht spezieller Hirten gehütet wurde. Weit verbreitet war auch die
Schweinemast... Mit Eicheln gemästete Schweine waren sehr geschätzt, da ihr
Fleisch dadurch einen angenehmen Geschmack erhielt.“
(Elstermann aaO
14 aus: Hasel, Karl: Forstgeschichte. Ein Grundriss für Studium und Praxis.
Hamburg und Berlin, 1985.).
„Den Gemeinden Seyda, Mellnitz und Morxdorf stand außerdem das Recht zu,
das Gras auf ihren Hutungsdistrikten im Bruch zu sicheln.“ (Elstermann
aaO 14.).
Für
die Berechtigungen waren Gegenleistungen zu erbringen, Geld- und Naturalabgaben,
Jagddienste, Wegeunterhaltung im Forst. Freilich war die Heide groß gegenüber
der geringen Bevölkerungszahl der umliegenden Orte: Seyda hatte 1697 gerade 300
Einwohner. (Elstermann aaO 14.).
Die
Geschichte der Glasmacherei in Glücksburg begann im Jahre 1677. Nach einer
Eintragung im Mügelner Kirchenbuch hatte Johann Friedrich Kunckel dort eine
Experimentierwerkstatt. Er stammte aus Rendsburg, aus dem Herzogtum Hannover,
und gehörte zu den herausragendsten Alchimisten seiner Zeit. Durch die
Umwandlung unedler Metalle in Gold sollte der die sächsische Staatskasse füllen.
Dabei machte er Entdeckungen auf dem Gebiet der Glastechnologie, die bis heute
genutzt werden. „Außerdem hat der den Stein der Weisen gesucht, eine
Tinktur, die das Leben verlängern sollte; und er hat dabei den Phosphor
entdeckt. Kunkel war zunächst in der Zeit von 1669 bis 1673 auf der Annaburg tätig.
Auch hier bestand seine Hauptaufgabe darin, Gold zu produzieren. Er erhielt für
die damalige Zeit ein außerordentlich hohes Gehalt von 1000 Talern, nebst Vergütung
für alle Materialien, Instrumente, Gläser und Kohlen. 1677 setzte er seine Tätigkeit
auf der Glücksburg fort. Dicht bei der Glücksburg legte er eine Glasfabrik an.
Hier wurden Tafel- und Hohlglas (Flaschen und Fensterscheiben) hergestellt, die
von besonderer Güte waren. Kunkel war nun hier mehrere Jahre tätig, aber da
man ihm sein Gehalt nicht mehr auszahlte, beschwerte er sich. Daraufhin erhielt
er folgenden Bescheid: „Kann Kunkel Gold machen, so bedarf er kein Geld;
kann er solches aber nicht, warum sollte man ihm Gold geben?“ 1679
verfasste er hier eine Schrift über die Vervollkommnung der Glasmacherkunst.
Weitere Aufzeichnungen im Archiv sprechen von dem „Kunkel´schen Bleiglas für
die sächsische Königstafel“ . Johann Georg II. wollte jedoch Gold, und da
dies ausblieb, drohte er Kunkel „ein finsteres Loch auf dem Königsstein“
an. Das mag die Ursache dafür gewesen sein, dass Kunkel aus Furcht vor der
Verwirklichung dieser Androhung die Glücksburg bei Nacht und Nebel verließ,
zum nahem Kurfürstentum Brandenburg überwechselte und vom Kurfürsten von
Brandenburg mit offenen Armen aufgenommen wurde. Dieser Kurfürst erkannte die
Geldquelle „Glas“. Kunkel erhielt ein Jahresgehalt von 500 Talern. In der Nähe
von Potsdam nahm er eine Glashütte in Pacht und erfand hier das Rubinglas, das
zu schönen Pokalen verarbeitet wurde.
Unter
Friedrich III. von Brandenburg fiel Kunkel jedoch dann in Ungnade, desertierte
nach Schweden, wurde dort königlicher Bergrat und zugleich in den Adelsstand
erhoben. Fortan führte er den Namen „Kunkel von Löwenstein“. Berühmt
geworden, verstarb er 1703.“
(Papiere zur Glücksburg
aus dem Schloss Moritzburg, dabei steht: „So ist dies aus den Akten des
Staatsarchivs Weimar zu entnehmen, eingesehen von A. Freidank/Mügeln.
Vermutungen nach könnte das Rubinglas auch in Glücksburg erfunden worden sein,
da man bei Grabungen schon dicht an der Oberfläche nicht nur grüne und weiße
Scherben, sondern auch braune und rötliche Glasscherben gefunden hat.“ –
Nach Illing, Gerhard: Zur Glücksburg (unveröffentlichtes Manuskript), 1987,
was bei Elstermann aaO 16 verwendet wird, heißt er „Kunckel von Löwenstjern“.).
August
der Starke erteilte am 2. März 1700 die Order zum Wiederaufbau einer „Glasmühle“
und einer Schleiferei in Glücksburg.
Dies
geschah trotz des Einspruchs vom Oberförster Th. Eberwein zu Mügeln (sein Sohn
ist für den Ausbruch des großen Stadtbrandes in Seyda 1708 verantwortlich).
Der
Oberförster schrieb am 10. Juni und am 17. Juli 1699 an den Kurfürsten, dass
das Betreiben einer solchen Glasmühle hier unmöglich sei, wegen der
Feuergefahr durch einen solchen Glasofen im Jagdgebiet. Doch schon am 12.12.1699
wurden erste Baumaßnahmen für die in der Nähe des „Jagdhauses“ Glücksburg
gelegene Hütte abgerechnet.
„Die
Bauausführung wurde für 3000 Taler an „Constantin Grohmole und Consorten“
übertragen (32). Zur Wahl Glücksburgs mag neben dem Waldreichtum sicherlich
auch Kunckels früheres Wirken geführt haben. Der Landjägermeister und
Oberforstmeister Carlowitz in Annaburg erhielt am 28. Mai 1700 die Anweisung zur
Genehmigung des
Glashüttenbaues in Glücksburg. Den Pächtern der Glashütte wurden die Gebäude
für einen Zins von 60 Talern übertragen, das Holz sei aus den Forsten Seyda
und Glücksburg zu entnehmen und an das Amt Seyda zum Taxpreis zu bezahlen (32).
(Elstermann aaO
16; 32 = Illing, Gerhard: Zur Glücksburg (unveröffentlichtes Manuskript) 1987.
– „Vermutungen lassen den Schluss zu, dass die Glashütte
unmittelbar hinter dem Park der Glücksburg stand. Bei Grabungen an dieser
Stelle findet man schon in einer Spatenstichtiefe unzählige Glasscherben.“
(Papiere über die Glücksburg im Schloss Moritzburg.).
Im
Jahr 1700 setzte sich Tschirnhaus für diese Glashütte ein, die mit dem
Dresdener Unternehmen bis 1717 gemeinsam geleitet wurde, zunächst von den Gebrüdern
Fremel, die am 15. Juni 1701 an Tschirnhaus schrieben, dass die Hütte wegen
Holzmangel, Brandgefahr und Jagden schlecht ginge. Der Buchhalter Meyer
dahingegen berichtete in seinem Gutachten vom 1.7.1701, dass die Glücksburger Hütte
sehr gut arbeitet. Am 8.9.1701 wurde Meyer „Faktor“ (=“Macher“), und
1709 Pächter der Hütten zu Dresden und Glücksburg. Er berichtete, dass er mit
zehn Glasmachergesellen und einem Lehrling erfolgreich arbeitete. (Haase, Gisela:
Sächsisches Glas. 1988, 150).
Glasmacher
Konstantin Fremel wird im Mügelner Kirchenbuch 1701 als „Glasherr zu Glücksburg“
erwähnt.
„Insgesamt
sind in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts Glasmacher, Schürer,
Schraubenmacher u.a. aus folgenden Familien in Glücksburg nachweisbar: Bartel
(Barthel), Bayer (Beyer), Böhme (Böm), Chambitzky, David, Dietze, Dürringer,
Eibenstein, Friedrich, Gelsdorf (Gölsdorf), Greiner, Gundlach (Kundlach),
Heintze (Hintze), Heinrich, Heucke, Herschel, Höhne (Höne), Karig, Kunckel
(Junckel), Michel, Müglitz, Müller, Opitz, Pfläumer (Pfleimer, Pliemer),
Pietz (Biltz), Pohle, Rebisch, Rüdiger, Schadler, Schallaster, Schlägel
(Schlegel), Schott (Scott), Schüttig, Sergis, Terriges, Wander, Zänker, Zeitz
(Seitz).“
Haase, Gisela: Sächsisches
Glas, Leipzig 1988, 284; sie schreibt dort weiter: „Für die Auszüge aus den
Kirchenbüchern Mügeln und andere Hinweise danke ich Herrn Adolf Ladiges in
Wedel. Er vermutet, dass die Hütte bereits 1677 durch Johann Kunkkel gegründet
worden ist oder als Experimentierlabor von ihm genutzt wurde (lt. schriftlicher
Notiz im Kirchenbuch Mügeln).“.
Die
Spezialisten für die Glasherstellung wurden offensichtlich aus der Ferne
geholt. Im Seydaer Kirchenbuch von 1738 ist eine Heirat von Heinrich Griesbrich
mit der einheimischen Anna Elisabeth Eichelbaum vermerkt. Er war Witwer,
Glasmacher aus Glücksburg, und katholisch – was sehr selten war in dieser
Gegend!
„Glas
aus Glücksburg war sehr gefragt. 1728 berichtete der Pächter der Potsdamer Hütte,
G.E. Krieger, auf der sächsisch-preußischen Handelskonferenz in Leipzig, dass
die Hütte es fast nicht schaffe, was bestellt würde. Im gleichen Jahr wurde
Glas im Wert von 21500 Talern erzeugt.
Glas
aus Glücksburg ertrag z.B. der Saalfelder Glashändler Johann Peter Korn 1744
auf der Leipziger Messe im Gasthof „Zum roten Ochsen“ auf dem Brühl. Um
1750 wurden „vorzüglich Flaschen und Fensterscheiben“ produziert.
Holz
in Glücksburg zu verbrennen, war auch nach der Jahrhundertmitte noch immer
preiswerter als Steinkohle, die wegen des Transports auf der Elbe zu teuer
war.“
(Haase, Gisela:
Sächsisches Glas. Leipzig 1988, 284.).
Weingläser
mit geschnittener Zeichnung, Korbbecher, Karaffinen, Schalen, dünne Flöden,
kleine Gesundheitsgläser, auch Rahmen, Wandleuchter und Scheiben wurden in der
Glashütte produziert. Zwischen 1739 und 1743 lieferte der Betrieb einen Überschuss
von 3633 Talern an die Rentkammer ab.
Glücksburg
sollte bei der Gründung für den Dresdener Hof, aber auch „publico“, also für
den weniger vermögenden Teil der Bevölkerung, produzieren: den Kleinadel, das
Bürgertum und für die Handwerker, sowie auch stark für den Export.
So
arbeitete die Glashütte neben anderen sächsischen Hütten in Dresden, Jugel
(bis 1726), Steindibra (bis 1727), Trützschler (bis 1735), Rauscha (ab 1706),
Baruth (1b 1716), Heidelbach, Weiter vor allem für „Gebrauchsglas“. (Haase, Gisela aaO 150).
„Diese
Zielsetzung in der Produktion hatte vermutlich Glücksburg ein wesentlich längeres
Bestehen als die Luxusglashütte in Dresden beschert. In der (Moritzburger)
Ausstellung steht ein schönes, wohl aus Glücksburg stammendes Glas, auf dem
sich eine Parforcegesellschaft mit Reitern, Jägern, Hunden und verschiedenem
Getier auf einem baumbestandenen Weg spiralig auf der Kuppa nach oben bewegt.
Mit dieser Komposition wird nicht nur die konische Erweiterung der Kuppa betont,
sondern – wohl völlig ungewollt – auf eine künstlerische Anordnung zurückgegriffen,
die schon am Ende des 16. Jahrhunderts einmal für die Übersichtlichkeit und
zum andern für die spannende Steigerung eines sehr lebendigen Jagdgeschehens
gern benutzt worden ist.“ (Hasse, Gisela: Jagddarstellungen
auf Glasgefäßen, in: Vom Jagen, aaO 82.). Sie erwähnt an anderer Stelle, dass
die Veredelung der Gläser auch in Dresden oder im Ausland, so in Kopenhagen,
erfolgt sei (Haase, Gisela: Sächsisches Glas, Leipzig 11988, 151. Darin sind
auch sehr schöne Darstellungen über Gläser aus Glücksburg!).
„Die
häufig grünlich, gelblich oder violett schimmernde Glücksburger Glasmasse ist
blasig und dick. Kennzeichnend für die Pokalformen sind ein flacher oder leicht
gewölbter Fuß mit umgeschlagenem Rand, ein kräftiger ein- oder mehrteiliger
Balusterschaft und eine konische Kuppa mit dem meist ausgebauten Ansatz. De gewölbte
Deckel wird von einem relativ großen Knauf bekrönt.“
(Haase,
Gisela: Sächisches Glas, Leipzig 1988, 151.).
„Die
Anfangsjahre im Bestehen der Glashütte waren von wirtschaftlichen Problemen
geprägt. Durch das Monopol des Dresdner Hofes auf ihre Erzeugnisse war die
Glashütte völlig abhängig. Gesuche um Zuschüsse und Arbeitsverweigerungen
wegen schleppender Lohnzahlungen zeichnen ein Bild wirtschaftlichen Mangels,
zumal sich die lokalen Forstbehörden gegen die Lieferung der großen benötigten
Holzmengen sträubten (32). Trotzdem gelangte die Glücksburger Glashütte bald
zu Ansehen, sie lieferte eine „beträchtliche Menge Bouteillen und
Fensterscheiben von vorzüglicher Güte“ (3, S. 11).“ (Elstermann aaO 16f; 32 =Illing, Gerhard aaO; 3 = Leonhardt,
M.F.G.: Der Kreis Schweinitz im alten Kurkreis. Heimatbote Nr. 3/1928.).
In den Akten in Dresden und Weimar
kann man lesen, dass August der Starke immer mehr Tafel- und Hohlglas für die königliche
Tafel und vor allem Geld herauspresste, was schließlich dazu führte, dass die
Gebrüder Frehmel, um fortbestehen zu können, königliches Tafelglas unter der
Hand verkauften. Das kam heraus, sie wurden eingesperrt; es gibt Bittbriefe der
Frau an den Kurfürsten.
Der
Zweite Schlesische Krieg 1744/45 nahm Sachsen sehr in Mitleidenschaft, das wird
sich auch negativ auf die Glashütte ausgewirkt haben (Haase, Gisela: Sächsisches Glas. Leipzig 1988, 150.).
„Im
Jahre 1751 ist sie wegen ihres hohen Holzbedarfs eingegangen (III). Eine
Waldverwüstung, wie sie in vielen anderen Gegenden durch Glashütten verursacht
worden ist, scheint hier ausgeblieben zu sein.
Nach
der Bestockungsbeschreibung von 1779 überwogen sowohl bei den Eichen als auch
bei den Kiefern die jungen und mittleren Altersklassen; insbesondere das
Kiefernaltholz war stark benutzt worden (18). Daraus kann man auf frühere
Holznutzungen von beträchtlichem Umfang schließen, die sicherlich wesentlich
durch die Glashütte verursacht worden sind. Man war damals aber in der Lage,
diese Flächen neu zu begründen.
Die
Gebäude der Glashütte sind 1756 unter dem Einfluss des Siebenjährigen Krieges
zerstört worden. Die Glashütte befand sich unweit des Schlosses, noch heute sind im Nordosten
der Abteilung 5115 Mulden sichtbar. Dort finden sich bereits dicht unter der
Humusschicht zahlreiche Glasabfälle. Auf dem später an Stelle des Schlosses
entstandenen Forsthof soll noch bis 1835 ein sogenanntes „Glasmacherhäuschen“
gestanden haben (III). Der mündlichen Überlieferung nach hat der tiefe Graben
links der Straße in Richtung Oehna der Quarzsandentnahme gedient.“
(Elstermann aaO 16f; III = Taxations-Revisions-Werk der Oberförsterei Glücksburg-Seyda
geführt vom 1. October 1863 ab; 18 = Grundlagensammlung der Oberförsterei Glücksburg des
StFB Jessen (unveröffentlicht), 1966.).
In den Papieren
zur Glücksburg auf Schloss Moritzburg heißt es: „Von dieser Zeit an
(Siebenjähriger Krieg 1756-63) konnten bisher keine weiteren Aufzeichnungn
entdeckt werden, die Glücksburg betreffend. 1880 wurde in Glücksburg eine Löffelfabrik
eingerichtet. Über die Dauer des Bestehens ist nichts bekannt. Bei neueren
Restaurierungsarbeiten (Anfang 1900) wurde lediglich eine Ringmauer entdeckt,
die Reste des ehemaligen Schlossturmes sein könnten. (Quelle: Akten des
Staatsarchivs
Weimar, eingesehen von August Freidank/Mügeln, 4.6.1913; „Nachrichtenblatt
der Landelektrizität G.m.b.H. Überlandwerk Liebenwerda“).“
Vgl. zur Lage der Sandentnahme das vorangegangen Kapitel, zum Dreißigjährigen
Krieg.
Eine
Pechhütte bestand um 1700 in der heutigen Abteilung 5113, also bereits in der
Lindaer Heide. „Durch Verschwelen von Kiefernstöcken in speziellen Öfen
gewann man Teer, lange Zeit ein wichtiges Produkt. So hatten bis 1850 die
meisten Wagen hölzerne Achsen, die sich schnell heiß liefen. Sie mussten ständig
geschmiert werden, wozu man den Teer verwendete. Weitere Produkte waren das Pech
zu Dichtungszwecken, das Kienöl zur Beleuchtung sowie Terpentin und Holzkohle
(10). Nach einem Zeitpachtvertrag von 1833 erfolgte die Rodung der Kiefernstöcke
auf jährlich wechselnden, angewiesenen Distrikten (I). Die Rodung erfolgte nach
„Bränden“, also nach dem Fassungsvermögen der Öfen. Zu dieser Zeit
standen in der Mügelner Pechhütte 2 Öfen, die 13,5 bzw. 7,75 Klafter fassten.
Im Etat der Oberförsterei Seyda für den Zeitraum von 1838 bis 1841 waren jährlich
300 Klafter Kiefernstöcke geplant (I), das sind gerundet 371 qm (24). Es zeigt
sich also, dass der Jahresbedarf der Mügelner Pechhütte zu jener Zeit nicht
allein aus der Seydaer Heide gedeckt werden konnte.“
Die Hütte
wurde von der Familie Schlobach betrieben, bis 1867. 1873 wurde sie an den Forst
verkauft. An dieser Stelle wurde die Försterei Linda eingerichtet, an einem
noch heute malerischen Ort, der von den Jägern „bei Ziemann“ genannt wird.
Förster Ziemann war der letzte Förster dort, 1945 beim Einmarsch der Russen
wurde er mit seiner Familie umgebracht, das Forsthaus niedergebrannt. (Elstermann
aaO 18f und Ergänzung im November 2006.).
Im
18. Jahrhundert muss es einen großen Raubbau an Eichen gegeben haben, denn noch
1779 beschreibt die Oberforstmeisterei Annaburg einen großen Eichenbestand, der
aber zu Beginn des 19. Jahrhunderts verschwunden war: „Die im Amt Seyda
situirte Seydaische Heyde und hierzu gehörige Holzungen enthalten an Eichen
eine ziemliche Anzahl, jedoch wenig starke, desto mehr aber mittlere und junge,
welche insgesamt von besserer Güte und Beschaffenheit als die auf Annaburger
und Schweinitzer Heyden, und also hoffentlich zu dem vorgeschlagenen Behufe mehr
als jene zu benutzen sind, obschon sich hier und da auch einige trockene allda
befinden.“ (Elstermann aaO 19,
er benutzt die “Grundlagensammlung der Oberförsterei Glücksburg des
StFB Jessen (unveröffentlicht) III 16 a.).
Das
Verschwinden der Eichen wirkte sich stark auf einen großen Windbruch 1817 aus.
Nur alte Eichen waren stehen gelassen worden.
Steffen
Elstermann erklärt dies so: „Bekanntlich wurde Sachsen im Siebenjährigen
Krieg besonders stark geplündert, die durch Preußen auferlegten Kriegslasten
verursachten einen enormen Geldmangel. In diesem Zusammenhang ist vermutlich
auch die Abholzung der vielen Eichen zu sehen, denn die in der obigen
Beschreibung erwähnte Benutzung lag in der Verwertung als Schiffsbauholz und
anderer Nutzhölzer. Scheinbar ist man den gemachten Vorschlägen mit ziemlicher
Radikalität gefolgt. Auch die Schonung der alten Eichen ist zu erklären. Im
Jahre 1873 schätzte man ihr Alter auf 150 bis 200 Jahre. Diese Eichen
entstammten also etwa aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, vermutlich
sind sie als sperrige, breitkronige Masteichen genutzt worden. Damit waren sie
aber für die vorgeschlagenen Zwecke kaum brauchbar.“ -
„Nach
der Plünderung der Eichenbestände ist diese Baumart nie wieder als
bestandsbildend in Erscheinung getreten. Doch dieser Raubbau ist nicht als
Ursache für das Verschwinden der Eichen anzusehen, er war allenfalls der Auslöser.“
(Elstermann aaO
19f.).
Neben
der Plünderung waren Streunutzung und Weidehaltung Gründe für das
Verschwinden der Eichen.
„Die
Streunutzung ist im wesentlichen
erst nach dem Dreißigjährigen Krieg aufgekommen, um den damaligen Mangel an Dünger
und Einstreu ausgleichen zu können. Allgemein verbreitet hat sie sich erst ab
etwa 1750. Steigende Viehzahl und der allmähliche Übergang zur Stallfütterung
ließen den Bedarf an Einstreu weiter ansteigen. Dieser Bedarf war bei der
geringen Produktivität der Landwirtschaft nur durch Nutzung der Waldstreu zu
decken. Auch in der Oberförsterei Seyda, die nach Übernahme der gesamten
Region durch Preußen in Anlehnung an die letzte sächsische Forstorganisation
entstanden war, existierten umfangreiche Streuberechtigungen. Im Jahre 1837
waren 24 Berechtigte vorhanden (Anlage 7). Schon in sächsischer Zeit war
versucht worden, diese Berechtigungen einzuschränken. Nach einem Reskript von
1811 mussten nun bei der Forstkasse Zettel gelöst werden, die Streu war also zu
bezahlen. Bis dahin hatten die Streunutzer lediglich sogenannte
„Neujahrsgeschenke“ an die Forstbediensteten zu entrichten (I). Durch diese
Regelung hatte man die Berechtigungen faktisch ausgehöhlt. Der Streubedarf
blieb natürlich trotzdem bestehen. Die Gemeinden wehrten sich mit aller Kraft,
wenn in irgendeiner Form die Streunutzung eingeschränkt werden sollte. So hatte
man nach dem erneuten Windbruch von 1833 versucht, diejenigen Gemeinden von der
Streunutzung abzuhalten, die am ehesten ohne Streu bestehen könnten. Doch auch
diese Gemeinden hätten sofort bei „höheren Behörden“ um ihre Rechte gekämpft
(I). Und in anderen Revieren sei es den dortigen Berechtigten gelungen, die
Streunutzung für Bezahlung in Höhe der früheren „Neujahrsgeschenke“ zu
erstreiten (I). Die 1811 eingeführten Sätze für die Streuzettel blieben auch
in preußischer Zeit bestehen, sie wurden lediglich 1830 erhöht (Anlage 7).“
(Elstermann, aao
20.).
Der
Umfang der Streuentnahme war beträchtlich. Im Etat der Oberförsterei Seyda für
den Zeitraum von 1838 bis 1841 waren jährliche Einnahmen aus der
„Waldmiethe“ in Höhe von 443 Talern geplant (I). Zur „Waldmiethe“ zählten
Einnahmen aus der Streunutzung und für Leseholz. Die Einnahmen für das
Leseholz sind leider nicht aufgeschlüsselt worden, allerdings stand diese
Berechtigung 1837 nur den Gemeinden Mellnitz, Morxdorf und Seyda zu. Diese Orte
spielen überhaupt eine Sonderrolle, wie sich auch in den wegen ihrer
„Armut“ eingeräumten niedrigen Streusätzen zeigt (Anlage 7). Bei der „Königlichen
Regierung“ beanspruchten allerdings auch die Gemeinden Gölsdorf,
Kurzlipsdorf, Naundorf und Seehausen verschiedene Berechtigungen, darunter auch
auf Leseholz. Darüber war 1837 noch nicht entschieden.
Die
Einnahmen aus der Streunutzung sind so nicht genau ermittelbar, trotzdem soll an
dieser Stelle eine kleine Rechnung zur Verdeutlichung des Problems angestellt
werden. Nimmt man nur 200 Taler jährliche Einnahmen an und teilt sie durch den
Preis für einen zweispännigen Wagen von 1 Taler und 2 Silbergroschen (Anlage
7), so erhält man die beachtliche Anzahl von rund 187 solcher Fuhrwerke (1
Taler hatte 30 Silbergroschen). Die Verwendung dieses Satzes erscheint durchaus
legitim, da die höheren Sätze für Gentha und Ruhlsdorf durch die niedrigeren
Sätze für Mellnitz, Morxdorf und Seyda mehr als ausgeglichen werden; außerdem
gilt der angenommene Satz ohnehin für die überwiegende Zahl der Berechtigten.
Als Maß für die Ladung eines zweispännigen Wagens galt in Sachsen das Fuder,
welches umgerechnet einem Volumen von 10,4 Kubikmeter entspricht. Aus dieser
sehr vorsichtigen Rechnung ergibt sich eine jährlich entnommene Streumenge von
etwa 1950 Kubikmetern!
Die
damalige Oberförsterei umfasste nicht mehr die gesamte Seydaer Heide. Deren östlicher
Teil wurde während der preußischen Neuorganisation des Forstwesens der Oberförsterei
Glücksburg zugeteilt (X). Das Gebiet hatte eine Fläche von 1725 Morgen (ca.
440 ha). Somit verblieb der Oberförsterei Seyda der Hauptteil der Seydaer
Heide, der 12961 Morgen (ca. 3305 ha) zur Holzzucht nutzbare Fläche umfasste.
Diese Fläche war jahrzehntelang einem oben angedeuteten Streuentzug ausgesetzt.
Dieser erfolgte vor 1811 vermutlich noch uneingeschränkter und unkontrollierter
als in späterer Zeit. Dabei kommt hinzu, dass der damals noch etwa 460 ha
umfassende Erlenbruch bis Anfang des 19. Jahrhunderts nur schwer passierbar war
und damit kaum zur Streunutzung genutzt werden konnte; die Belastung
konzentrierte sich dadurch aber noch mehr auf die Hochwaldbestände.
(Elstermann aaO,
X = Aus dem Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt Magdeburg, Nachweisung über die
allerhöchst genehm. Organisation in dem Forst-Inspectionsbezirke Annaburg,
District 2 Glücksburg, Repl. 65 Glücksburg.).
Die
Streunutzung gehörte fest zu den bäuerlichen Tätigkeiten und war aus der
Wirtschaft kaum wegzudenken. In Seyda war es beispielsweise üblich, an zwei
bestimmten Tagen in der Woche Streu zu holen (25). Die damaligen Verhältnisse
in der Landwirtschaft ließen ein Verbot der Streunutzung noch nicht zu, obwohl
die Forstleute jener Zeit schon die Schädlichkeit dieser Nutzung erkannt
hatten. So wird 1837 vermerkt, der Boden in den Unterforsten Glücksburg und
Seyda sei „in Folge der früheren Streuerholung aus allen jungen Beständen,
von Damm Erde fast ganz entblößt, woher es denn kommt, dass derselbe, ..., größtentheils
nur als mittelmäßiger und zum Theil als sehr mittelmäßiger und schlechter
Kiefernboden hat angesprochen werden können... (I, Kapitel 1)“. Die überall
noch eingesprengten alten Eichen zeugten aber von der früheren Kraft der
Vegetation (I).
Die
dem heutigen Forstwesen hinreichend bekannten negativen Folgen der
Waldstreunutzung haben auch in der Seydaer Heide entscheidend zur Verdrängung
der Laubhölzer beigetragen. Die Böden, die bisher wüchsige Mischbestände ernähren
konnten, sind durch den anhaltenden Nährstoffentzug zu kargen Kiefernböden
verkommen. Dabei war 1873 noch kein Ende der Streunutzung abzusehen, ja der
Streubedarf stieg sogar noch an (I). So ist die Streunutzung wohl als Hauptgrund
für die Verdrängung der Eichen aus der Seydaer Heide anzusehen.“ (Elstermann aaO 21-23; 25 = Gerhardt, Hermann: Seyda einst
und jetzt. Heimatbote 1927; I = Aus dem Archiv des Forstamtes Annaburg: Abschätzung
und Einrichtung der Oberförsterei Seyda im Regierungs-Bezirk Merseburg 1837.).
Bis
nach dem Zweiten Weltkrieg gab es diese Art der Streunutzung. Damals hatten
insbesondere die „Umsiedler“, die durch den Krieg ihre Heimat verloren
hatten und hier neu anfingen, kaum genug Stroh für die Tierhaltung.
An
manchen Beständen kann man es heute noch sehen: Die jüngeren Kiefernbestände
sind zum Teil größer als die älteren, denen die Nährstoffe entzogen wurden.
Noch
heute sind bisweilen Kühe auf den Wiesen am Rande der Heide zu sehen. Früher
jedoch wurde die Heide dafür sehr viel stärker genutzt.
Die
Hütejungen zogen früh durch die Dörfer und bliesen in ihr Horn, die Bauern öffneten
ihre Tore und trieben die Schweine heraus, die dann in der Heide eine (sehr
gesunde) Ernährung fanden. Die Jungen passten auf, dass sie nicht verloren
gingen, und brachten sie abends wieder nach Hause.
Im
Wald wurde darauf geachtet, genug „Masteichen“ stehen zu lassen, also
Eichen, die man nicht für die Holzgewinnung vorsah, sondern die möglichst
viele Früchte bringen sollten: mit einer freistehenden großen Krone, damit sie
genug Sonne zum Blühen bekam, möglichst einzeln stehend. Diese Eicheln waren
vor allem für die Hausschweine bestimmt, die man in die Heide brachte (das war
einfacher, als die Eicheln in den Stall zu bringen); das alles in Zeiten, in der
die Landwirtschaft noch nicht so stark war, um ausreichend Futter für die
Tierhaltung zu produzieren.
(Vgl. Brachwitz,
Geschichtliche Bilder, Jessen 1928, 102.).
Die
Vieh- und Hutungsordnung für Seyda von 1787 legt die jedem Einwohner zu halten
erlaubte Anzahl Vieh fest:
Ein
„Großerbe“ durfte 6 Stück Anspannvieh (Pferde oder Ochsen), 4 Kühe, 4 Stück
Gelte-Vieh, 4 Schweine (mit Zuchtsau), 3 Zuchtgänse, 1 Gentzsch halten.
Ein
„Einspänner“: 4 Stück Anspannvieh, 3 Kühe, 2 Stück Gelte-Vieh, 3
Schweine mit Zuchtsau, 2 Zuchtgänse, 1 Gentzsch.
Ein
„Kleinerbe“: 1 Kuh, 1 Stück Jungvieh zur Aufzucht, 2 Schweine, 1 Zuchtgans.
Ein
„Hausgenosse“: 1 Schwein.
(Elstermann aaO,
Anlage 3, nach: Brachwitz, Oskar: Geschichtliche Bilder vom Südfläming und aus
der Elbe-Elster-Gegend. Jessen 1928.).
„Die
Viehzahl war somit direkt an die Bevölkerungsentwicklung gebunden.“
Von 300 Einwohnern im Jahr 1697 stieg die Bevölkerung auf 800 im Jahre
1806, 1000 im Jahre 1825, 1700 im Jahre 1840 und 1510 im Jahre 1850 an.
„Das
Vieh wurde nicht nur im Wald gehütet. Aber nach der Hutungsordnung mussten die
Wiesen vom 11. Mai bis zur Heueinbringung völlig geschont werden; die Felder
konnten als Futterquelle ohnehin nur zur Brache genutzt werden. Somit bildete
der Wald zwangsläufig eine wesentliche Weidegrundlage.
Im
Jahre 1837 waren in der Oberförsterei Seyda 7 Gemeinden und 1 Rittergut zur
Waldweide berechtigt. Die Hutungsreviere beanspruchten dabei etwa 80% der Waldfläche!“
Die
Hutungsberechtigungen: Stadtkommune Seyda für Rinder, Pferde, Schweine und Gänse
in unbestimmter Zahl; Gemeinde Gentha: Rinder und Pferde; Rittergut Gentha:
Rinder und Pferde, bis Johannis (24.6.) auch Schafe; Gemeinde Lüttchenseyda:
Rinder und Pferde in unbestimmter Zahl; Gemeinden Morxdorf und Mellnitz: Pferde
bis zur Erntezeit; Gemeinde Mügeln: Rinder und Schafe in unbestimmter Größe;
Gemeinde Oehna: Pferde in unbestimmter Zahl.
Das
Hutungsrevier Seyda (mit Mellnitz, Morxdorf und teilweise Lüttchenseyda) hatte
eine Größe von ca. 1660 ha, im Teil nördlich des Seydaer Bruches war die
Hutung auf Rinder beschränkt; Gentha mit dem Rittergut 133 ha, Mügeln 504 ha,
Oehna 356 ha.
Allein
eine „Wildbahn“ von 652 ha war hutungsfrei.
(Elstermann aaO,
Anlage 4.).
Um
die Hutungsflächen hat es immer wieder Streit gegeben, so 1718 zwischen Seyda
und Lüttchenseyda (27).
(Elstermann aaO,
27 = Brachwitz, Oskar: Streit zwischen Seyda und Lüttchenseyda wegen der Hutung
auf der Brandspitze. Heimatbote Nr. 3, 1941.).
Noch
1873 stritten sich Seyda und Mellnitz um die Grenze des Mellnitzer
Hutungsrevieres; beide Seiten gaben als Grenze zwei Jagdflügel an.
Da sie jedoch unterschiedliche Flügel meinten, entstand eine Differenz von etwa
25 ha.
Die
1830 verkaufte Domäne Seyda hatte bis dahin ebenfalls ein Hutungsrecht mit
Rindern und Schafen (I). Diese Hutung wurde gemeinsam mit der Stadt Seyda ausgeübt,
es bestanden jedoch getrennte Herden.
(Elstermann aaO,
verwendet aus dem Archiv des Forstamtes Annaburg: Abschätzung und Einrichtung
der Oberförsterei Seyda im Regierungs-Bezirk Merseburg 1837.).
Gerade
Schafe können große Schäden an den jungen Hölzern anrichten (16). Bis 1838
war es nicht gelungen, eine zahlenmäßige Erfassung der in der Heide gehüteten
Nutztiere durchzuführen. Doch die Klagen, das Weidevieh beschädige die Wurzeln
und lasse keine Verjüngung aufkommen, machen eine hohe Belastung deutlich. Zum
Schutz der Jungwüchse wurden diese in Schonung gelegt,
während dieser Zeit durfte keine Beweidung erfolgen. Diese Maßnahme betraf
1837 eine Fläche von 2900 Morgen (ca. 740 ha), dabei betrug die Schonungsdauer
bei den Kiefern 20 Jahre und bei den Erlen 10 Jahre. Die zehnjährige Schonzeit
der Erlen wurde als unzureichend erachtet, überhaupt beziehen sich die Klagen
über das Weidevieh nur auf die Verhältnisse im Erlenbruch. Dagegen erachtete
man eine teilweise Freigabe der „hutungsfreien Wildbahn“ als möglich, falls
es wegen der vielen in Schonung liegenden Kiefernjungwüchse zu Klagen der
Berechtigten kommen sollte. Die Erklärung dafür liegt einfach in der Tatsache,
dass zu diesem Zeitpunkt die Eichen bereits der Vergangenheit angehörten und
die Forstleute für die künftige Bestockung nur noch die Kiefer vorsahen. Als
die Eichen noch vorhanden waren, haben sie sicher ebenso unter den Verbiss- und
Trittschäden gelitten wie die Erlen. Falls sich nach dem Aushieb der meisten
Eichen überhaupt Naturverjüngung gezeigt hat, so ist sie wohl bald
Opfer der Weidetiere und des Wildes geworden. Dessen Bestand war noch Anfang des
(19.) Jahrhunderts bedeutend. Eine umfassende Kontrolle über die Einhaltung der
Hutungsreviere war kaum möglich; schon gar nicht im Kriegsjahr 1813, als die
Bauern ihr Vieh in der Seydaer Heide versteckten (17). Auch die Beendigung der
Waldweide war 1837 noch nicht in Sicht, es kamen sogar noch Berechtigte hinzu.
Die im Etat für 1838 bis 1841 geplanten Einkünfte aus der Waldweide betrugen jährlich
22 Silbergroschen und 2 Pfennige (I), ein wahrhaft symbolischer Preis!“
(Elstermann
aaO 23; 17 = Brachwitz, Oskar: Geschichtliche Bilder aaO.).
„Die
Amtswaldungen waren heruntergekommen, aufgelichtet und glichen oftmals locker
bestockten Viehweiden. Auch die Seydaer Heide bot um 1800 ein ähnliches Bild.
Nach dem radikalen Aushieb der Eichen ist diese Baumart nie wieder in Bestand
gebracht worden.“
(Elstermann aaO
25.).
Junge
Eichen konnten nicht nachwachsen, wegen der intensiven Beweidung. „Eine großflächige
Anpflanzung der Eichen war allein schon aus Mangel an Jungpflanzen unmöglich.
Die großen lückigen Flächen wurden nun natürlich verjüngt, wobei sich die
Kiefer unter den gegebenen Umständen als einzige Baumart durchsetzen konnte.
Die
Windbrüche von 1817 und 1833 (ca. 40300 Kubikmeter Schadholz!) sowie ein
Raupenfraß von 1810/11 führten zu großen Kahlhieben (I). „Zur Aufforstung
aller dieser Flächen war einzig die Kiefer geeignet. Die Eiche aber gehörte
seit dieser Zeit der Vergangenheit an.“
Die
Flächenanteile der Baumarten 1837 in der Oberförsterei Seyda sprechen eine
deutliche Sprache:: Kiefer 83,5%, Erle 8,1%, Birke 0,3%, Laubholz/Niederholz
gemischt 1%, Räumden 2,8%, Blößen 4,3%.
(Elstermann aaO 26.).
Die
Waldweide wurde in so großem Umfange wurde erst mit den „Ablösungen“ und
Separationen um 1860 eingestellt.
So
bekam beispielsweise die Gemeinde Oehna 1863 als Ablösung für ihre
Hutungsberechtigung 800 Taler. Der Superintendent in Seyda erhielt 1867 als Ablösung 100 Taler Rente, der
Kantor in Seyda 26 Taler; der 3. Schullehrer in Seyda 9 Taler Rente. Es gab auch
Land als Ersatz.
Streuberechtigungen
bestanden im November 1862 schon nicht mehr. Die Ablösung war eine große Tat
des preußischen Staates, ein „Aufatmen“ für den Wald!
(Elstermann aaO
Anlage 8.).
Spannend
hat Hermann Gülicher aus Zahna 1920 beschrieben, was sich damals zugetragen
haben soll. Seine Erzählung soll hier ihren Platz haben:
„Der Raubmord in
der Seydaer Heide. - Eine wahre Begebenheit.
Ein eisiger
Schneesturm tobte. Die Schneeflocken fielen dicht zur Erde nieder. Obgleich am
Morgen schöner heller Sonnenschein war, so hatte sich das Wetter nachmittags
ins Gegenteil verändert, als ein Greis mit weißen Haaren gegen Abend in einem
Gasthof in Seyda einkehrte. Das schöne Wetter am Morgen hatte ihn dazu verlockt
eine Reise zu unternehmen, die er innerhalb acht Tagen antreten musste. Er
selbst, ein alter Invalide aus dem siebenjährigen Kriege, in dem er in mancher
Schlacht unter den Fahnen Friedrichs des Großen mitgekämpft hatte, war einst
in der Schlacht bei Prag verwundet worden. Sein Weib ruhte bereits seit Jahren
unter dem grünen Rasen. Nachkommen hatte er nicht. Zu wiederholten Malen hatte
er bei den Militärbehörden um eine Unterstützung auf Grund seiner im Feldzuge
erhaltenen Verwundung angehalten, auch zugleich auf seine Bedürftigkeit
hingewiesen. Jedoch ohne Erfolg. Groß war nun seine Freude, als er den Bescheid
erhielt, dass ihm nach langen Jahren eine einmalige Unterstützung von 250
Thalern zuerkannt wäre und er diese persönlich gegen Ausweis seiner Militärpapiere
auf dem Landratsamt in Wittenberg in Empfang nehmen könne. Dieses müsste aber
noch vor dem Weihnachtsfeste geschehen, was bereits in acht Tagen fällig war.
Die Dämmerung war
bereits eingetreten, als er in Seyda eintraf. Den Abend über hatte sich in dem
Gasthof, in den er eingekehrt war, weiter kein Gast eingefunden als ein in der Nähe
wohnender Schmied. Freudig erzählte er diesem und auch zugleich dem Gastwirt
den Grund seiner Reise, betonte auch noch, dass er, wenn es sich tun ließe,
morgen Abend wieder hier einkehren würde.
Des nächsten Tages,
am Abend, war er dann auch wieder zur Stelle. Auch an diesem Abend war der
Schmied wieder anwesend, und fragte den Alten, ob er das Geld erhalten hätte,
was dieser vertrauensvoll bejahte. Am andern Morgen trat er die Heimreise wieder
durch die Heide an. Kaum war er eine Stunde einsam dahin gewandert, als ihm ein
donnerndes Halt! zugerufen wurde. Aber zugleich sauste auch ein schwerer
Schmiedehammer auf seinen Kopf nieder, weitere Schläge folgten, und entseelt
sank der Greis zur Erde nieder! Dann raubte sein Mörder ihm alle Taschen aus,
zuerst das viele Geld, nahm aber auch sämtliche Papiere an sich, die zu einem
Ausweis seines Opfers führen konnten, schleifte den Leichnam dann zu einem in
der Nähe befindlichen Reisighaufen und bedeckte ihn mit diesem, so dass nichts
von ihm zu sehen war.
Der Winter war
vergangen; es ist wieder Frühling. Der Schäfer vom Rittergut Gentha hütet am
Rande der Seydaer Heide seine Herde. Bald wurde er durch das eigentümliche
Benehmen seines alten Hundes aufmerksam. Dieser streckte die Nase in die Höhe
und lief dann schnell in den Wald hinein. Bald hörte er, dass dieser kläglich
heulte. Gleich darauf kam derselbe zurückgesprungen, und stellte sich laut
bellend vor dem Schäfer hin, als wollte er sagen: komm mit, ich habe was
gefunden! Dieses war schon einmal der Fall gewesen, als er einmal ein Stück
erlegtes Hochwild gefunden hatte. Nun glaubte der Schäfer, dass dieses wieder
der Fall wäre, und folgte seinem Hunde, welcher laut bellend vor ihm hersprang.
In einiger Entfernung erblickte er nun einen Reisighaufen, vor welchem der Hund
stehen blieb, erst die Nase darunter hielt, dann diese in die Höhe streckte und
wieder ein klägliches Geheul anstimmte. Als der Hirte in die Nähe des Haufens
kam, wurde er starken Leichengeruch gewahr. Er warf schnell die Zacken
auseinander und erblickte dann einen alten Mann mit weißen Haaren, die aber größtenteils
mit Blut durchtränkt waren. Der Schädel war zertrümmert, auch das Gesicht war
mit Blut übergossen. Entsetzt über den grausigen Fund ging er mit seinem Hunde
zur Herde zurück, denn es war ihm klar, dass der Alte das Opfer eines Mörders
geworden war. Als das Mittagessen ihm von seinem Sohn gebracht wurde, setzte er
diesen von seinem Erlebnis in Kenntnis. Die Neugierde trieb diesen auch hin;
aber dann eilte er, so schnell er konnte, dem Gutshofe zu und meldete es dem
Amtmann von Gentha. Dieser ließ sofort sein Reitpferd satteln und sprengte
hinaus zu dem Schäfer, und ging mit diesem zur Mordstelle. Als er den Leichnam
eingehend besichtigt hatte, ritt er sofort nach Seyda und meldete die Tat bei
dem damals in Seyda befindlichen Amtsgericht an, desgleichen bei dem Magistrat.
Bald darauf gingen die Gerichtsbeamten sowie der Magistrat und
Stadtverordnetenkollegium, zu denen auch der Gastwirt und jener Schmied gehörten,
nach der Heide hinaus, geführt von dem Genthaer Amtmann. Als nun der Gastwirt
den Leichnam erblickte, rief er sofort entsetzt aus: „Das ist ja der alte
Invalide, der kurz vor Weihnachten zweimal bei mir übernachtet hat!“ Dann
trat er aber gleich an den Schmied heran und rief mit bebender Stimme, indem er
sich vor die Brust schlug: Mensch! entweder ich oder du, einer von uns beiden
hat den alten Mann totgeschlagen, keiner weiter als wir beide wussten es, dass
er so viel Geld bei sich hatte. Du hast am andern Morgen aufgepasst, wie der von
uns abreiste, und bist dann hintenrum über die Wiesen ihm nachgelaufen!
Obgleich das
Kainszeichen des schuldbeladenen Gewissens sich in dem Gesicht des Schmiedes
abspiegelte über die so unerwartete Herausforderung, so hatte er dennoch die
Frechheit, dem Gastwirt Beleidigungen ins Gesicht zu werfen, dass dieser den
Mord begangen hätte während der Nacht, wo der Alte wieder auf der Rückreise
war. Darüber geriet der Gastwirt so in Wut, dass er sich gleich auf den
Verleumder stürzen wollte. Aber dieser kam ihm zuvor und lief so schnell er
konnte davon. Gleich an Ort und Stelle wurde nun über die Sache beraten und der
Beschluss gefasst, den Schmied zu verhaften. Als aber die Polizeibeamten in
dessen Behausung kamen, war dieser nicht mehr zu finden, er hatte den Vorsprung
zur Flucht benutzt. Ausgesandte Boten konnten nichts über ihn ermitteln,
Eisenbahnen, Telegraphen und Fernrufleitungen gab es damals noch nicht. Es war
mithin sehr schwer, einen Verbrecher ausfindig zu machen und zu ergreifen. Eine
ganze Anzahl von Jahren war bereits verflossen. Die Macht des großen Korsen
Napoleon wurde in der großen Völkerschlacht bei Leipzig gebrochen. Auch die
Sachsen, welche mit Napoleon gekämpft hatten, traten zu den verbündeten Preußen,
Russen und Oesterreichern bei Leipzig über, und zogen mit allen diesen über
den Rhein nach Elsass-Lothringen hinein. Ein sächsisches Dragoner-Regiment kam
in Schlettstatt ins Quartier. Bei diesem dienten auch mehrere, die aus Seyda und
den nahe liegenden Ortschaften stammten. Einer von denen musste sein Pferd neu
beschlagen lassen. In der Schmiede traf er einen alten Schmiedegesellen an, in
welchem er den Flüchtling aus Seyda zu erkennen glaubte. Vorsichtig ließ er
sich mit diesem in ein Gespräch ein. Nach Beendigung desselben hatte er die
volle Gewissheit, dass dieser Geselle der steckbrieflich gesuchte Schmied aus
Seyda war. Er meldete die Sache ganz ausführlich seinem Vorgesetzten. Dieser
wieder meldete es dem Rittmeister. Der Dragoner wurde dann noch einmal ganz ausführlich
verhört. Die Folge davon war, dass der Schmiedegeselle ebenfalls verhört
wurde. Nach
anfänglichem Leugnen musste er eingestehen, dass er der Gesuchte sei. Darauf
wurde er gleich festgenommen und von zwei Dragonern nach der Heimat zurücktransportiert.
In Seyda angelangt
wurde dem Mörder der Prozess gemacht und zum Tode durch den Strang verurteilt.
Am Tage seiner Hinrichtung wurde er von den Gehilfen des Scharfrichters aus
Schweinitz als Zeichen des Abscheus auf einer Ochsenhaut über das Pflaster von
Seyda geschleift. Vor seinem Hause angelangt wurde es ihm gestattet, sich zu
erheben und noch einmal hinein zu gehen, um Abschied zu nehmen. Aber die Türen
waren verschlossen, die Fenster dicht verhängt. Unversöhnt ist er von den
Seinen geschieden. Als das Pflaster aufhörte, ließ man ihn aufstehen und den
Weg bis zur Richtstätte zu Fuß zurücklegen. Nach der Hinrichtung hat sein
Leichnam noch acht Tage zur Schau am Galgen gehangen. Dies ist die
letzte Hinrichtung in Seyda gewesen.“
(Heimatgrüße
7/1920, Evangelisches Monatsblatt im Kirchenkreis Zahna. Wer noch genauere
Einzelheiten wissen möchte, der erkundige sich in der „Geschichte der Kirche
in Seyda, Band 3“, Seyda 2000.).
Doch
ist so ein Raubmord in der Heide natürlich ein ganz besonderer Fall, viel mehr
gab es den normalen Handelsverkehr, und auch manchen Samariterdienst. So wird
von polnischen Juden berichtet, die regelmäßig durch unsere Orte kamen, um
Sachen zu verkaufen, dass sie zu Napoleons Zeiten einen Soldaten, der aus Lüttchenseyda
stammte und weit im Osten an den Beinen verwundet worden war, auf ihrem Wagen
bis nach Hause brachten.
Im
Jahre 1806 siegte Napoleon bei Jena und Auerstedt, und die Landkarte Europas veränderte
sich. Sachsen stand auf der Seite Napoleons, wurde dadurch zum Königreich. Im
Jahr 1812 aber, vor Moskau, begann sich das Blatt zu wenden. In unserer Gegend
fand die berühmte „Schlacht bei Dennewitz“ statt, am 6. September 1813;
einen Tag vorher das „Treffen bei Gadegast“. Das waren die Vorentscheidungen
zur großen Völkerschlacht bei Leipzig. In Seyda waren im September 1813 7000
französische Soldaten einquartiert; man mag sich vorstellen, was das für so
ein kleines Städtchen bedeutete! Nahrungsmittel wurden knapp, und die Heide
diente – wie oft in Kriegszeiten – als Versteck für Mensch und Vieh.
Bis
heute wird erzählt, dass Napoleon auf seinem Rückzug zwischen Dahme und Seyda
einen Schatz vergraben haben soll; besonders beim Bau neuer Häuser, beim Aushub
der Baugrube, wird daran erinnert. Die Straße führt ja durch die Heide!
Es
wurde auch bereits angedeutet, was die Anarchie in Kriegszeiten für den Wald
bedeutete: Es gab keinen Schutz für die Baumbestände und das Wild, die
Regelungen, die sonst für die Hutung und die Entnahme von Holz und Streu
galten, waren außer Kraft gesetzt; die Heide war der Willkür der Menschen
ausgesetzt; und bei Bränden waren aufgrund der fehlenden Ordnungsmächte Löscharbeiten
erschwert oder unmöglich.
Die
schon als „Schwedenschanze“ erwähnte Vertiefung westlich der Straße
Oehna-Mügeln, 700 Meter nördlich vom Abzweig nach Glücksburg, wurde noch
Mitte des 20. Jahrhunderts auch als „Franzosenloch“ bezeichnet; vielleicht
hatten auch die Franzosen dort notdürftige Unterkünfte aufgestellt.
Beim
Wiener Kongress 1814/15 musste Sachsen nun große Gebiete abtreten, darunter
auch unsere Gegend, die einst kursächsisches Kernland war (die kirchliche
Propstei heißt bis heute „Kurkreis“). Die preußische Provinz Sachsen
entstand, dazu gehörte auch Seyda. Der älteste Baum weit und breit soll die
Linde sein, die auf dem Kirchplatz vor dem Pfarrhaus steht: Es ist eine
kaukasische Linde, die an die Waffenbrüderschaft von Russen und Preußen (den
Siegern) gegen die Franzosen (und Sachsen) erinnert, mit ihren „schiefen“ Blättern.
Für
die Heide bedeutete dieser Machtwechsel nach den Wirren der Kriegszeit den
Einzug des preußischen Forstwesens. Es gab eine Einteilung in Jagen: auf der „Bestandskarte
von der Oberförsterei Seyda, Forstinspection Annaburg, Regierungsbezirk
Merseburg, gezeichnet im Herbste 1837“, sind sie zu sehen: also zunächst
quadratische Felder, die wie ein Netz über die Heide gelegt sind, wenn ich
recht sehe, 75 an der Zahl. Ein Jagen hatte damals 56 Hektar. Später wurden sie
geteilt, bis heute bilden sie die Grundeinteilung der ehemals preußischen Wälder.
Die Dahmsche Straße wurde dazu begradigt, ebenso der Rote Kreuz Weg: Sie
bildeten die Ausgangspunkte für das „Netz“, was wie überall nach Nordosten
ausgerichtet war, vielleicht wegen der Hauptwindrichtung.
„Man nennt
diese Einteilung heute „Abteilung“. Für den Privatwald wurde ebenfalls eine
forstliche Kartografie, Standortserkundung und Bestandsbeschreibung
hervorgebracht, alles Grundvoraussetzungen für eine planmäßige, großflächige
Forstwirtschaft. Heute unbezahlbar! Übrigens war man clever und hat die
Abteilungen im Privatwald nicht nur stur rechteckig gelegt, sondern immer durch
vorhandene Wege und Gegebenheiten abgegrenzt. Noch heute kann man also aus einer
scheinbar nur aus merkwürdigen geometrischen Figuren, Linien und
Zahlenkombinationen bestehenden Forstkarte noch recht gut Staatswald von
Kleinprivatwald unterscheiden.“ (Elstermann,
Anmerkungen).
Nun
wurde also planmäßig dafür gesorgt, dass der Wald gepflegt und gehegt wurde:
Nur ein genau festgelegter Teil durfte geschlagen werden, und es musste auch
ebensoviel Jahr für Jahr aufgeforstet, verjüngt werden. Ein ausgewogenes
Altersklassenverhältnis wurde angestrebt, um jedes Jahr etwa gleich viel Holz
ernten zu können. So konnte der Wald kontinuierlich wachsen und einen regelmäßigen
Ertrag bringen. Alte Leute berichten noch heute von diesem preußischen
Forstwesen, das in unserer Heide bis in das Jahr 1936 hinein wirkte: Aller
Holzbedarf der Sägewerke (zwei in Seyda, eins in Morxdorf, eins in Mügeln),
der über diesen Hiebssatz hinaus ging, musste durch Zukäufe, zum Beispiel aus
Polen, gedeckt werden.
Aber
selbst die Sägewerke in Zahna bezogen ihr Holz zu 80% aus der Seydaer Heide (zu
20% aus dem Kropstädter Wald). Die leeren Pferdefuhrwerke fuhren den
„Holzweg“, also jenen Weg vom Ortsausgang Gadegast Richtung Mellnitz östlich
direkt in die Heide (heute auch noch „Panzerweg“ genannt), beladen fuhren
sie dann die gepflasterte Straße durch Seyda zurück nach Zahna. Sie war mit
groben Feldsteinen gepflastert, die „feinen“ Steine in der Jüterboger Straße
kamen erst 1928 hinein.
Das
Mügelner Sägewerk wurde von der Familie Bamm betrieben; in Seyda war von dem
einen der Inhaber Götze; länger hat das andere bestanden, es wechselte von
Schulze zu Zierold (1921 heiratete Architekt Zierold die Witwe Schulze) und zu
Ohls (der später auch von 1934 bis 1945 das Bürgermeisteramt hatte). Zierold hatte wohl nicht so gut
gewirtschaftet und musste an Ohls verkaufen. Die letzte Rate wurde kurz vor
Kriegsende bezahlt! 1949 war dieses Sägewerk der erste Volkseigene Betrieb
(VEB) in Seyda, mit ca. 30 Arbeitern und Angestellten, zwei Vertikal- und einem
Horizontalgatter und verschiedenen Holzbearbeitungsmaschinen. „1956 wurde das
Gatter demontiert und die Produktion umgestellt. Man stellte nun Betonsteine,
Hohlblocksteine, Gipsplatten, Kabelabdeckplatten, Dachsteine und Siloplatten
her. Drei Jahre später schloss sich der Betrieb dem VEB Betonwerk Elster an.“
(Schiepel, aaO 118.). Auf dem Gelände ist seit der Wende eine Baumschule tätig.
In
der Karte von 1837 sind zwei „Königliche Förster-Wohnungen eingezeichnet;
eine in Glücksburg und eine in Seyda; beide Häuser stehen noch; in Seyda ist
es das Haus westlich der Gaststätte „Schützenhaus“.
Das
Personal wurde vom preußischen Staat übernommen, jedenfalls sind in den
Seydaer Kirchenbüchern Förster vermerkt, die vor und nach dem Machtwechsel
Dienst taten. Lediglich der Titel änderte sich, er nannte sich zum Beispiel
„Königlich Preußischer Oberförster“ Gustav Friedrich Lüdecke 1822 bis
1830; oder „Förster auf der Seydaer Heide in Glücksburg“ Georg Adam Bohl
1822. Langsam findet die Verschiebung der Oberförsterei Seyda vom Ort weg hin
nach Glücksburg statt! Georg Sigismund Otto Paschke ist 1857 der letzte
„Oberförster in Seyda“, der in einem Seydaer Kirchenbuch vermerkt worden
ist; danach gibt es „nur“ noch „Königliche Förster in Seyda“ – die
Oberförster werden nun in Glücksburg gewohnt haben und zur Kirche in Mügeln
zugehörig gewesen sein. Tatsächlich wurden „Um 1862/63... die beiden
Oberförstereien Glücksburg und Seyda zur Oberförsterei Glücksburg
vereinigt.“ (Elstermann aaO
28 nach Taxations-Revisions-Werk der Oberförsterei Glücksburg-Seyda 1862-63
aus dem Forstamt Annaburg.).
Die
preußische Forstwirtschaft kann man an der exakten Analyse, die auch mit
genannter Karte dokumentiert wird, erkennen. Nach Jagen und Abteilungen gab es
eine „Spezielle Beschreibung“ des Bestandes. „Bereits 1828 war eine
Abschätzung der Oberförsterei Seyda erfolgt, das Gebiet wurde in den Jahren
1827 bis 1829 durch den „Conducteur“ Herbst vermessen (I). Zwei begradigte
Wege, der „Rothekreutzweg“ und der „M-Weg“ (= Dahmsche Straße),
bildeten die Basis für die erste Jageneinteilung. Bis 1862 erfolgte durch
Einlegung einer Linie die Halbierung dieser Jagen, die so entstandenen Formen
bilden bis heute die Einteilung des Waldes (III). Durch diese Maßnahmen wurde
die Erschließung wesentlich verbessert, zumal auch im Bruch einige Gestelle
befahrbar gemacht wurden (IV). Mit den Jagen verloren die alten Forstortsnamen
ihre eigentliche Funktion als Ortsbezeichnungen.“ (Elstermann
aaO 25 und 28, Aus dem Archiv des Forstamtes Annaburg: I = Abschätzung und
Einrichtung der Oberförsterei Seyda im Regierungs-Bezirk Merseburg 1837; III =
Taxations-Revisions-Werk der Oberförsterei Glücksburg-Seyda 1862/63; IV =
Taxations-Notizbuch der Oberförsterei Glücksburg-Seyda geführt vom 1. October 1863 ab.).
Bei
der preußischen Bestandsaufnahme wurde eingeschätzt, dass eine Verjüngung der
Eichen nicht mehr möglich war. Durch die intensive Beweidung und fehlende
Einschonung der Gehaue waren die Jungpflanzen nicht nachgekommen, die alten
Masteichen waren 1837 kaum noch masttragend. Auch aufgrund der eingetretenen
Bodenverhältnisse betrachtete man die Eiche als nicht mehr anbaubar, nur im Außenrevier,
auf dem „Zahnaer Kienberg“, war sie noch vertreten. (Elstermann aaO 25 und 27.).
Für
die Verjüngung setzte man auf die natürlich vorkommenden Baumarten, auf
vorwiegend natürlichem Wege. Da blieb für den Hochwald nur die Kiefer, mit
einer Dauer bis zur „Ernte“ von 120 Jahren. Erste Erfolge der Einschonung
zeigten sich hier schon.
„Als
vorrangig erachtete man außerdem die Herstellung der Betriebssicherheit gegenüber
Sturm, eine konsequente Hiebsführung von Ost nach West wurde angestrebt.“ -
„Die Erle und die Birke wurden mit sechzigjähriger Umtriebszeit
bewirtschaftet.“
(Elstermann
aaO 27.).
Nach
und nach setzten sich in der Bestandsbegründung Saat und Pflanzung durch. „Auf
dem Gebiet der Bestandspflege gewann die Durchforstung an Bedeutung.“
„Um
die Mitte des Jahrhunderts begann die Ablösung der vielen Berechtigungen.
Dadurch wurde der Wald nicht nur von den Belastungen der Streunutzung und
Waldweide befreit; in der forstlichen Bewirtschaftung brauchte man nun nicht
mehr Rücksicht auf die Interessen der Berechtigten zu nehmen. Sorgen, ob denn
nach einer Durchforstung nicht ein Mangel an Raff- und Leseholz eintreten würde,
brauchte man sich nun nicht mehr zu machen (I).
Auch
der Holzabsatz veränderte sich. Da die Nachfrage in der Umgebung recht stark
war, blieb er auch weiterhin lokal begrenzt. So wurde nicht einmal die neue
Bahnlinie Berlin-Dresden zum Abtransport genutzt (III).
(Elstermann aaO 28., nach Akten aus dem
Archiv des Forstamtes Annaburg: I = Abschätzung und Einrichtung der Oberförsterei
Seyda im Regierungs-Bezirk Merseburg 1837; III = Taxations-Revisions-Werk der
Oberförsterei Glücksburg-Seyda 1862/63.).
Einschneidende
Veränderungen gab es jedoch bei der Art und Weise des Holzverkaufs. Sehr
anschaulich wurde dieser Wandel vom damaligen Seydaer Bürgermeister Ruperti
dargestellt. In seinem Bericht über die Lage in der Turmkugel 1830 klagt er
bitter über die neue Zugehörigkeit zu Preußen: „Ich
kann als patriotischer Sachse nicht unterlassen, den Wunsch und auch die feste
Überzeugung auszusprechen, dass die so höchst
ungerechter Weise
erfolgte Zerstückelung des gesegneten Königreiches Sachsen über lang oder
kurz einen Rächer finden, Sachsen wieder in seinem alten Umfang hergestellt und
vielleicht, Gott gebe es, noch mehr abgerundet und ergänzt glorreich fortblühen
wird! Möchten wenigstens meine Söhne dieses herrliche Ereignis erleben und möchte
es ohne zu großes Blutvergießen herbeigeführt werden können! ...
Dahin gehört das übertriebene
Wuchern mit dem in Staatswaldungen geschlagenen Holze. Ehedem wurde von der Sächsischen
Regierung in jedem deshalb erlassenen Schrieben befohlen, dass vor allem, ...
auf das Bedürfnis der Untertanen Rücksicht genommen werde. Dieselben erhielten
es für eine billige Taxe und wie sie solches bedürfen, besonders das Bauholz.
Dagegen wird jetzt alles Holz nur in Auktionen verkauft.“ (Aus dem Seydaer Pfarrarchiv. 1854, als der Turm
wieder erneuert wurde, heißt es dann aber: „Schriftliche
Nachrichten des vormaligen Bürgermeisters Ruperti vom Jahre 1830 sind nicht
wieder mit eingelegt, sondern ins Archiv genommen worden, da sie unwahres
Raisonnement über Preußen enthalten.“).
„Auch
die Sortimente änderten sich. Brennholz wurde im Verlauf des Jahrhunderts immer
weniger abgesetzt, der Bedarf an insbesondere stärkeren Nutzholz stieg dagegen
ständig an.“ (Elstermann
aaO 29.).
„Im
Gegensatz zu früheren Zeiten spielte die Jagd eine weitaus geringere Rolle.
Wegen der Aufhebung der Schonzeit war Schwarzwild schon 1837 nicht mehr
vorhanden. Insbesondere die im Zuge der Revolution von 1848 verkündete
„Jagdfreiheit“ verursachte einen drastischen Rückgang des Wildbestandes,
der sich erst wieder nach dem „Jagdpolizeigesetz“ von 1850 erholen konnte
(III).
Mit
der Romantik eines verfallenden Jagdschlosses hatte man nichts im Sinn; es soll
1817 oder 1818 verkauft und abgetragen worden sein (III).
Dieser
Wandel im lokalen Forstwesen war nichts anderes als eine Anpassung an sich verändernde
gesellschaftliche Bedingungen. Aus der Amtsheide war ein Forst entstanden, der
den steigenden Ansprüchen einer aufstrebenden Wirtschaft gerecht werden musste.
Seit 1864 war Deutschland auf Holzimporte angewiesen (16).
Die
nun an den Wald gestellten Forderungen unterschieden sich gründlich von denen
früherer Zeiten. Die Landwirtschaft war immer mehr in der Lage, ohne
Streunutzung und Waldweide zu bestehen. Die Kohle verdrängte mehr und mehr das
Brennholz. Dagegen stieg der Bedarf an Nutzholz stetig an. Das Forstwesen musste
sich dieser Entwicklung anpassen, in der Bewirtschaftung des Waldes ebenso wie
in der Wahl der Bestockung. So verwundert es nicht, dass die Kiefer unter den
hiesigen Bedingungen zur dominierenden Baumart des Hochwalds wurde. Erst nach
Ablösung der meisten Berechtigungen, also etwa ab 1865, gab es auch kleinflächige
Beimischungen anderer Baumarten.
Einen
größeren Umfang erlangten dabei nur die Eichensaaten von 1866. Im Sommer 1864
wurden große Teile der „Nonnenheide“ durch Raupen des Kiefernspinners
kahlgefressen (Anlage 9). Nur mit Hilfe von auswärtigen Arbeitskräften konnte
man den Schadholzanfall bewältigen; im Jagen 88 wurde eine Dampfschneidemühle
errichtet (31). Nach dem Fraß mussten 425,2 ha neu aufgeforstet werden (V). Auf
dem Großteil dieser Fläche wurden 1866 streifenweise Eichensaaten angelegt,
insgesamt 105 Morgen (ca. 27 ha). Sie waren vor allem als Feuerschutz gedacht
(IV). Doch der Erfolg blieb aus. Die Saaten gingen zwar auf, doch wurden sie im
folgenden Frühjahr von Spätfrösten vernichtet. Die wieder ausgeschlagenen
Pflanzen litten auch in den Folgejahren unter Spätfrösten, im Winter wurden
sie vom Wild verbissen (IV). Diese Streifensaaten sind völlig misslungen; 1891
wurden in den betreffenden Jagen keine Eichen mehr erwähnt (VI). Allerdings hätte
auch ein Gelingen wenig an der Vorherrschaft der Kiefer ändern können. Denn
nur mit der Kiefer konnte man unter den gegebenen Bodenverhältnissen das
Wirtschaftsziel erreichen.“
(Elstermann aaO
28 bis 30; Anlage 9 ist eine handgezeichnete Karte über „Fraß und Bekämpfung
des Kiefernspinners in der Oberförsterei Glücksburg 1864/68“; 16 = Hasel,
Karl: Forstgeschichte aaO; 31 =
Zippel, Heinz: Zur Chronik von Glücksburg (unveröffentlichtes Manuskript)
1985, 4 Seiten; IV, V und VI sind Akten aus dem Archiv des Forstamtes Annaburg:
Taxations-Notizbuch der Oberförsterei Glücksburg-Seyda geführt vom 1. October
1863 an; Original-Taxations-Revisions-Werk der Oberförsterei Glücksburg für
den Arealzustand vom 1ten October 1871; Abschrift von dem
Original-Taxations-Revisions-Werke der Oberförsterei Glücksburg für den
Areal-Zustand vom 1ten October 1891.).
Zum
preußischen Forstwesen gehörten auch genaue Klimabeobachtungen: So wissen wir,
dass von 1881 bis 1903 die mittlere Lufttemperatur 8,4 Grad Celsius betragen
hat; im Januar war das Monatsmittel minus 0,8 Grad, im Juli 18,1 Grad Celsius.
Extremwerte gab es am 2. Mai 1869 mit minus 3 Grad Celsius, 1934 gab es noch am
7. Juni Spätfrost. 1881 bis 1930 wurden im Durchschnitt jährlich 522 mm
Niederschlag gemessen, diese als „niederschlagsarm“ zu bezeichnenden Werte
werden sich später durch die Entwaldung im Zuge der militärischen Nutzung noch
gesenkt haben.
(Elstermann aaO
5.).
Früher
waren im Umfeld der Heide auch mindestens 20% Wiesen – durch die Entwässerung
sind auch diese nicht mehr so feucht, wie sie einmal waren, was Rückwirkung auf
das Klima hat.
„Aus
dem Waldleben. Bilder aus dem Leben im Forsthause.“ – unter diesem Titel
erschienen 1883 in der „Saale-Zeitung“ Naturbeschreibungen, geschrieben von
Ottilie Ludwig aus Seyda. In einer Zeit, als sich Mitteldeutschland zu einem der
bedeutendsten Industriegebiete Europas entwickelte und die „Entfremdung“ der
Menschen vom Leben auf dem Lande und mit der Natur immer mehr Gestalt annahm,
sehnte man sich nach der „guten alten Zeit“ und las mit Interesse derartige
Darstellungen. So wurden die einzelnen Artikel 1884 als ein Buch herausgegeben;
in der „Vorrede“ stellt die Dichterin sich selbst und ihr Werk vor:
„Wenn
diese Bilder aus dem Waldleben nicht nur den Angehörigen der grünen Farbe und
ihren Familien, sondern auch andern Kreisen einige heitere Stunden bereiten, so
wird mir das eine große Freude sein. Nicht wissenschaftliche Belehrungen, nicht
romanhafte Schilderungen konnte und wollte ich geben, keine Ueberschwänglichkeiten,
keine unmöglichen Menschen: aber Natürliches, Wahres, Selbsterlebtes aus dem
Walde und Forsthause, das durch Einreihung einzelner Nebenfiguren zu einem
Ganzen verbunden worden ist.
Es
ist eine weibliche Hand, lieber Leser, welche diese Bilder gezeichnet hat. Ein
langes Leben hindurch, unter Erfahrungen aller Art, reihte sich ihre Erinnerung
an Erinnerung und sie wurden zu einem reichen fort und fort fließenden Quell.
Nicht unpassend dürfte es daher gefunden werden, wenn sie an dieser Stelle
einige kurze Worte über ihren Lebensgang einfügt.
Im
April der ereignisvollen Jahres 1813 wurde ich im Forsthause zu Söllichau bei Düben
geboren, als erstes Kind des damaligen Oberforst- und Wildmeisters von Pflugk.
Die väterliche Liebe des Jägers begrüßte mich im Leben, Waldluft war es, die
zuerst meine Brust hob. Nicht lange aber durfte sich mein Vater seines
Familienglückes freuen, schon im Jahre 1816 raffte ihn der Tod dahin. Im Jahre
1818 vermählte sich meine Mutter zum zweiten Male mit dem Oberförster Perl,
der mir ein ungemein liebender Stiefvater wurde. Oft begleitete ich ihn auf
seinen Waldgängen und Waldfahrten, wobei er mich auf alles aufmerksam machte,
und so mein Interesse an der Natur und meine Liebe zum Waldleben weckte. Die
Oberförstereien Zöckeritz, Heldrungen und Seyda wurden nach einander von ihm
verwaltet.
Während
meiner langjährigen Ehe mit dem Hegemeister Ludwig hatte ich noch mehr
Gelegenheit, den Wald und das forstliche Leben kennen zu lernen; bei der
aufopfernden Thätigkeit meines Gatten aber namentlich auch die Gefahren und die
Schattenseiten desselben. Auch ihn entriss mir der unerbittliche Tod vor nun
fast zwei Jahren und seine nachgelassenen Manuscripte erst waren es, die mich
auf den Weg wiesen, den ich als Verfasserin dieser Waldbilder betreten habe. Die
wohlwollende Beurtheilung aber, welche dies von den Lesern der
„Saale-Zeitung“ erfuhren, ist es hinwieder, welche mich und meinen Freund,
den Verleger der genannten Zeitung, bestimmte, den ersten Cyklus derselben
nunmehr in Buchform erscheinen zu lassen.
Seyda,
Februar 1884.
Ottilie Ludwig.“
(Ludwig,
Ottilie: Aus dem Waldleben. Bilder aus dem Leben im Forsthause. Erster Theil,
Halle 1884.).
So
beschreibt sie nun das Leben im Forsthaus, die Jagd, Holz- und Wilddiebjagd,
Hochzeiten und Spaziergänge. Schauen wir doch einmal herein, und erleben wir
einmal mit, wie es im Wald zuging vor 150 Jahren:
„Ein
Holztag.
Mit
ungezügelter Wuth brausten die Aequinoktialstürme über die Erde hin, hier Dächer
abdeckend, dort Bäume entwurzelnd, Windmühlen zerbrechend.
Die
Nacht wich kaum dem anbrechenden Tage, als schon der Förster Schulz den Wald
durchstreifte, um nachzusehen, ob irgendwo ein niedergeworfener Stamm die
Kommunikationswege gesperrt habe.
Mit
übergehangener Axt kam ihm von Alberg her, von gleicher Sorge erfüllt, der
alte Hinz entgegen und rief schon aus einiger Entfernung: „Die große Kiefer!
Herr Förster, die alte Kiefer mit dem Wegzeichen! ´s ist wahr! Wenn die nicht
faul wäre, die gäbe eine Mühlruthe! Aber so – morsch – überall
Starnester drin – Jammerschade! - ´s ist wahr!“
Der
Förster ging mit dem Alten zu dem Windbruche, der quer über die Straße
liegende Baum hemmte jede Passage.
„Gehen
Sie gleich zurück,“ befahlt er dem alten Hinz, „und holen Sie Holzhauer mit
der Schrotsäge herbei, wir müssen den Weg frei machen. Schade um den alten
Burschen, der hier liegt, er mag sich wohl 150 Jahre mit frischem Maiwuchs
geschmückt haben!“ Bei diesen Worten klopfte er mit dem Stocke an
verschiedene Stellen des Stammes und brummte dabei: „Der Hinz hat Recht.
Schade um den Baum, er ist durch und durch faul!“
Weiterhin
hatte der Sturm eine andere Kiefer entwurzelt, sie aber nur schräg an die
nebenstehenden gelehnt, ohne dass sie ganz gefallen war. Ueberall aber lagen
trockne und grüne Aeste vom Sturm herabgeschleudert am Boden, als eine köstliche
Bescherung für die armen Leute, die heute in Scharen mit Karren herbeieilten,
um sich das „Leseholz“ zu holen, was ihnen, nachdem sie Zettel gelöst,
gestattet war. Durch Vorzeigen dieser Zettel mussten sie sich vor den
Forstbeamten legitimieren.
Heute
hatte der Sturmwind den Armen einen reichen Segen herabgeschüttelt. Knackend
brachen die Weiber die dürren Zanken vor den Knien, um sie bequemer auf ihre
Karre laden zu können, während die Männer mit ihrer größeren Kraft die stärksten
Aeste handlich zu machen vermochten. Dann ging es mit der schweren Last in
fiebernder Hast der Heimath zu, um nochmals zu gleichem Werke zurückzukehren.
Am
Nachmittage jedoch war der Fund viel geringer als am Morgen. Der Fleiß und die
Menge der Holzholer hatten schon tüchtig aufgeräumt und so mancher hatte in
dieser Voraussicht Beil und Säge mitgenommen, um das Fehlende zu ergänzen. Die
Anwendung dieser Instrumente ist aber streng verboten. Die Forstbeamten müssen
stets ein wachsames Auge darauf richten, dass durch schneidende Instrumente kein
Missbrauch in der Leseholzvergünstigung einreiße, und sind verpflichtet, bei
Uebertretungen diese Werkzeuge zu konfiszieren. Mehrere solche Fälle traten
heute ein. Das weiche, theilnehmende Herz des Försters gönnte den Armen die
reiche Ernte, die sie heute gehalten, als sein geschärftes Ohr den
unverkennbaren Ton einer Säge vernahm, die in der Nähe arbeitete. Der Beamte
folgte dem Tone kam heran und frug den überraschten Frevler nach der Säge...
Der Dieb erbleichte. Denn auf seiner breiten Brust fand sich unter der Jacke
eine scharfe Handsäge, die ihm der Förster ohne Umstände abnahm und als
Pfandstück zurückbehielt. „Im Forstgericht sehen wir uns wieder!“ sprach
er und ging fort, ohne weiter auf die Worte des Ertappten zu achten.
Dort
am kleinen Raupengraben lag eine umgeworfene Karre mit dürren, dünnen Reisern,
mit deren Wiederaufrichtung sich eine alte abgezehrte Frau vergeblich abmühte.
Sie trocknete mit ihrer Schürze den Schweiß, der ihr trotz des kalten Tages
von der Stirn rollte, und die Thränen, die ihren Augen entquollen.
Sie
erschrak, als sie den Förster dicht neben sich hinter einer dicken Kiefer
hervortreten sah.
„Ach
lieber Herr Förster,“ bat sie, „pfänden Sie mich nicht!“ – „Weshalb
soll ich Sie pfänden?“ fragte dieser, „Sie haben ja nichts als dürre
Reiser, das reine Storchnest.“ – „Ja, aber-_“ „Was denn aber?“
„Ich – ich habe meinen Holzzettel nicht bei mir,“ sprach sie ängstlich.
„Er liegt zu Hause in meiner Lade und bezahlt ist er auch, das können Sie
glauben.“ – „Ich glaube es,“ lächelte Schulz, indem er der Frau die
Karre aus dem Graben hob. „Wie gut Sie doch sind!“ sprach die Alte und sah
in freundlich an... „Schon gut!“ rief dieser zurück und ging weiter in den
Wald hinein, wo sich fröhliches Lachen hören ließ. Es waren muntere Mädchen,
die scherzend ihr Holz zusammentrugen...“
(Ludwig aaO,
316-322.).
Ottilie
Ludwig hat 1851 in der Seydaer Kirche geheiratet, sie wohnte also über 30 Jahre
im alten Forsthaus in Seyda, was heute noch steht und als Wohnhaus genutzt wird,
westlich der Gaststätte „Schützenhaus“, das barocke Dach verrät sein
Alter. Früher stand es noch recht allein, die „Seydaer Vorstadt“ wurde erst
in den letzten Jahrzehnten gebaut; früher war die „Neue Straße“ die
Stadtgrenze.
„Wenn
du einmal von Wendisch-Linda oder Mügeln nach Seyda wanderst und du nach
stundenlangem Marsch aus dem Walde heraustrittst, so grüßen dich rechts am
Wege die ersten Häuser Seydas, die Arbeiterkolonie, zwei Sägemühlen und das
Schützenhaus. Und dahinter wirst du ein Häuschen finden, lauschig versteckt
unter einer mächtigen Linde. Eine Lärche steckt schützend wie ein Pförtner
ihre Zweige über den Eingang zum Garten, Lebensbäume stehen als treue Wächter
an der Seite des Fußsteiges, und dahinter duftet es von zahlreichen
Blumenbeeten. Dies Häuschen ist wahrlich eine Stätte des Friedens, so recht
geschaffen zum Dichten, Träumen und Sinnen. Darum, du eilender Wanderer, raste
hier einen Augenblick und gedenke dabei der Schriftstellerin Ottilie Ludwig, die
lange Zeit in diesem Hause ein Heim gefunden hatte.“
(Oskar Brachwitz
im Heimatkalender 1924, Schiepel aaO 87.).
Das
stelle man sich heute einmal vor: Da kommen plötzlich Hunderte von Obdachlosen
nach Seyda, um hier zu wohnen und zu bleiben! Wer würde da nicht Sorge um seine
Äpfel im Garten, um sein Haus und Hof, um seine Kinder haben? Und doch ist es
so geschehen, im Jahre 1883. Nach dem Vorbild der Arbeiterkolonie von Pastor
Bodelschwingh in Bethel wurde auch in Seyda ein Jahr später eine solche
Arbeiterkolonie für die „Brüder von der Landstraße“ errichtet. Die
Initiative dazu hatte der Regierungsrat Gustav von Diest übernommen, ein
Verwandter Bodelschwinghs. Brotlosen Landarbeitern, die zur Zeit des „Gründerkrachs“
die Landstraßen überschwemmten, weil sie – wegen fehlender sozialer
Absicherung und sozialer Entwurzelung – weder Haus noch Hof und auch keine
Arbeit hatten, sollten ein Dach über dem Kopf und Arbeit bekommen. Der Mut und
die Tatkraft für solch großes Liebeswerk erwuchsen aus dem christlichen
Glauben. „Was Ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das
habt Ihr mir getan.“ sagt Jesus Christus (Matthäusevangelium Kapitel 25).
Davon sprechen auch die Dokumente jener Zeit; etwa, wenn Gustav von Diest in
seiner Rede zur Eröffnung der Arbeiterkolonie bekennt, er wisse nicht, wie die
Finanzierung in den nächsten Monaten vonstatten gehen könne, aber im Vertrauen
auf den Herrn Jesus Christus sei das Werk begonnen worden, und dieser würde
gewiss auch weiter helfen.
Nach
einem damals modernen Verfahren wurden Teile der Heide durch Ziehen von Gräben
trockengelegt. Sie waren bis dahin nur im Winter, bei Frost, begehbar und damit
nutzbar gewesen. Nun gewann man wertvolles Wiesen- und Ackerland. Es wurde
landwirtschaftlich genutzt und auch verkauft, und mit diesen Einnahmequellen
konnten die „Kolonisten“ versorgt und auch mit einem kleinen Taschengeld
versehen werden, wenn sie dann nach einigen Monaten die Arbeiterkolonie wieder
verließen.
Das
Trockenlegen geschah nach der Methode der Rimpauschen Moordammkulturen. Landwirt
Rimpau aus der Altmark, geboren 1822, hat sie entwickelt. „Moordammkulturen
sind Grünflächen, die in regelmäßigen Abständen von ca. 20 bis 40 Metern
durch eine Vielzahl, heute oft zugewachsener, mit den verschiedensten Baum- und
Strauchgehölzen bewachsenen Gräben unterteilt und durchzogen sind.“ (Informationstafel
des Heimatvereins Glücksburger Heide an der Dahmschen Straße.).
Die
alten Bauern erzählen noch heute vom Heuholen auf den Wiesen: Oft versanken
Wagen und Pferde in dem Morast; Bretter mussten gelegt werden, auf denen die
Wagen fuhren. Erst später, in LPG-Zeiten, wurden noch einmal tiefere Gräben
gezogen, die die Wiesen noch trockener legten. Den Beginn aber legte in Seyda
das soziale Projekt „Arbeiterkolonie“.
Ein
Jahr zuvor hatte es bereits in Bethel bei Bielefeld die erste Arbeiterkolonie
auf Betreiben von Pastor Friedrich von Bodelschwingh gegeben; Gustav von Diest,
Regierungsrat in Merseburg, folgte diesem Beispiel.
„In der zweiten Hälfte
des vergangenen Jahrhunderts war es aufgrund einer wirtschaftlichen Rezession zu
Massenentlassungen gekommen. Die Arbeits- und Obdachlosen erhielten keine
staatliche Unterstützung und vagabundierten auf der Suche nach Arbeit durch das
Land. Aber es gab auch viele, die überlegten, wie diese Not zu lindern sei.
Einer davon war der Pastor Friedrich von Bodelschwingh, der „seinen Brüdern
von der Landstraße“ durch „Arbeit statt Almosen“ zu helfen versuchte. Er
gründete am 22. März 1882 die erste ländliche Heimstätte für wandernde
Arbeitslose, die Ackerbaukolonie „Wilhelmshof“ (Westfalen - T.M.) und machte
dort in kurzer Zeit beste Erfahrungen...
Auch in der Provinz
Sachsen und im Herzogtum Anhalt schlossen sich Männer zusammen, um im Sinne und
Geiste Bodelschwinghs zu wirken. Auf Einladung des damaligen Regierungspräsidenten
v. Diest - Merseburg fanden sie sich am 9. November 1882 in Halle zu einer
ersten Beratung zusammen, an der auch Pastor v. Bodelschwingh teilnahm. Am 13.
Februar 1883 fand in Halle die Gründung des Vereins für die Provinz Sachsen
und das Herzogtum Anhalt zur Beschäftigung brotloser Arbeiter mit Sitz in Halle
statt. Das Vereinsstatut wurde beraten und ebenso die pachtweise Erwerbung eines
400 Morgen großen moorigen Geländes im Revier der Oberförsterei Glücksburg.
Nachdem am 3. März eine eingehende Lokalbesichtigung stattgefunden hatte, wurde
in der Vorstandssitzung am 15. März „die Anlegung der Kolonie Seyda
beschlossen“. Der Grundstein wurde am 10. August gelegt. Maurermeister Zierold
aus Seyda führte die Bauten zur größten Zufriedenheit aus. Nicht jeder
Seydaer war mit der Gründung der „Kolonie“ anfangs einverstanden. Im
Schweinitzer Kreisblatt ist nachzulesen: „... zu keiner anderen Zeit ist der
Ort von einer solchen Anzahl arbeitsloser, vagabundierender Menschen
heimgesucht...“, oder: „fast täglich nächtigen in der dortigen Herberge 15
bis 20 solcher Kunden“. Aber schon ein Jahr später heißt es: „..., dass
hier wirklich unglücklichen... Menschen wieder soweit aufgeholfen wird, dass
sie in die menschliche Gesellschaft wieder als nützliche Glieder eintreten können“.
Die Kolonisten
machten die mit Erlengestrüpp und saurem Gras bewachsenen Moorländereien um
Seyda nach und nach urbar. Durch Ausheben von zwei Meter breiten Gräben wurden
Beete von 800 bis 1.000 m Länge und 25 m Breite gebildet. Die Gräben leiteten
das Grundwasser
in den zentralen „Morgengraben“, wodurch sich der Grundwasserspiegel
erheblich senkte. Die Beete wurden dann planiert und mit 13 cm Sand bedeckt. In
der ersten Zeit wurde der Sand mit Schubkarren, später mit der Feldeisenbahn
angefahren. Es gab 2 km Schienen und 36 Kipploren. Obwohl die Anstalt für 100
Kolonisten gedacht war, musste sie bald erweitert werden, denn manchmal waren es
200 und mehr. Waren die Ernten in den ersten Jahren auch noch mäßig, so wogten
doch bald goldgelbe schwere Getreidefelder in der Seydaer Flur. Die Regulierung
des Hauptgrabens führte zu einem Ernteertrag von 18 Zentner Gerste pro Morgen.
Auf den Wiesen wuchsen saftige Gräser, und das Heu wurde im Frühling gleich an
Ort und Stelle versteigert.“
(Lange, Michael:
Vergangenheit
und Gegenwart des Diest-Hofes. In: Das Heimatbuch für den Kreis Jessen, Jessen
1993. Michael Lange leitete den Diest-Hof von 1984 bis 2000.).
Durch
diese Arbeiterkolonie wurde Seyda erneut über die Grenzen des Landes bekannt:
„Am südlichen
Abhange des Flämings liegt im Kreise Schweinitz das kleine Landstädtchen Seyda
mit 1.500 Einwohnern, welches wegen seiner von jeglichem Verkehr abgeschlossenen
Lage vor 1883 selbst manchem Kreiseingesessenen wohl nur dem Namen nach bekannt
war, seit dieser Zeit aber in allen Teilen der Provinz genannt wird als eine Stätte
christlicher Nächstenliebe.“
(Die Provinz Sachsen in Wort und Bild, 295).
Nach dem Muster der Arbeiterkolonie Seyda sind in Deutschland noch 30 solcher
Anstalten entstanden, darunter noch eine in der Provinz Sachsen, in Magdeburg. (ebenda, 295).
Für
die „Brüder von der Landstraße“
wurden Fachwerkhäuser errichtet, die auch heute noch zu sehen sind: ein
Anstaltsgebäude, ein Kolonistenhaus, ein Wirtschafts- und Waschhaus. Am Giebel
des ersten Gebäude zur Straße war auf einem Schild der alte hilfreiche Mönchsspruch
zu lesen: „Bete und arbeite!“
Unter der Aufsicht von „frommen Brüdern
der Neinstedter Anstalten“ wurde hier vielen geholfen.
„Obwohl die Anstalt für 100 Kolonisten gedacht war, mußte
sie bald erweitert werden. Manchmal mußten mehr als 200 Männer untergebracht
werden. Für die Arbeitsleistung erhielt der Kolonist Verpflegung, Obdach, Wäschereinigung,
Licht und Heizung, außerdem eine tägliche Arbeitsvergütung von 20 bis 50
Pfennigen.“ (Die Provinz Sachsen in Wort und Bild,
295).
Lassen
wir uns hineinnehmen in das Leben in der „Arbeiterkolonie“ am Beginn unseres
Jahrhunderts in einer zeitgenössischen Beschreibung:
„Rings von
Kiefernwald umgeben steht das einfache, schmucklos gehaltene Gebäude inmitten
der Wirtschaftsgebäude da, den Vorübergehenden durch seine in großen Lettern
angebrachte Inschrift „Bete und arbeite!“ den Zweck unseres Daseins
predigend. Manchem Besucher, der vielleicht nur aus Neugier die Anstalt einer
Besichtigung unterzog, mag dieselbe wohl wie ein Johannes in der Wüste
erschienen und ein stummer Bußprediger geworden sein. - Mit einem geheimen
Schauer betreten wir den Hof. Dort unter dem Portal des Gebäudes auf einer Bank
sitzt ein Greis von 70 Jahren, neben ihm ein Jüngling, der kaum die
Kinderschuhe ausgezogen hat; beide sind in tiefe Gedanken versunken. Vielleicht
steigt jetzt vor ihren
geistigen Augen jenes Gebäude mit den
undurchdringlichen Mauern und den Gitterfenstern auf, welches sie vor kurzem
noch gefangen hielt. Der freudige Blick des Greises bei unserem Nahen zeigt uns,
dass er sich hier unter dem Zwange der Hausordnung glücklicher fühlt, als in
jener Zeit, da der Ordnungszwang zugleich als Strafe auf ihm lastete. Doch unter
den „Kolonisten“ befindet sich auch mancher, der unverschuldet in Not
geraten ist und Seyda aufsuchte, um nicht noch tiefer zu fallen. Zwar gehört
hierzu eine Selbstüberwindung, zu der nicht jeder fähig ist, die aber für der
Kolonisten späteres Leben nicht ohne Einfluss bleibt. Unter den 1898
aufgenommenen 196 Personen befanden sich 158 bestrafte und 38 unbestrafte.
Zu den beiden
Kolonisten gesellen sich in kurzer Zeit noch etwa 70 andere, welche von dem
Felde heimgekehrt, den Ton der Glocke erwarten, der sie zur Mahlzeit ruft. Der
größte Teil der Kolonisten wird nämlich auf dem etwa 100 ha umfassenden
„Koloniefelde“ mit Landarbeit beschäftigt. - Einer der drei dienenden Brüder
bietet sich uns auf unsre Meldung bereitwilligst als Führer an, und wir
betreten zunächst den im Erdgeschoss gelegenen Betsaal, in welchem die Morgen-
und Abendandachten, sowie die patriotischen Festfeiern abgehalten werden.
Einfach, aber würdig ausgeschmückt bietet dieser Betsaal mit seinen Wandsprüchen,
die uns zwar aus der Bibel bekannt sind, deren tiefe Bedeutung wir aber hier
erst recht erkennen, einen freundlichen Anblick.
Während wir die
zahlreichen Inschriften lesen, hat der „Bruder“ vor dem Harmonium
Platz genommen, und die unerwartet unser Ohr berührenden Akkorde des Chorals
„Aus tiefer Not schrei ich zu Dir“ verfehlen ihre Wirkung nicht. - Doch
jetzt verkündet die Glocke, dass der Tisch gedeckt ist, und wir begeben uns
unter Führung des Bruders in den geräumigen Speisesaal, in welchem die
dampfenden Schüsseln auf langen Tischen zur Mahlzeit einladen. Wenn auch die
Kost einfach ist, denn es können für Beköstigung pro Tag und Kopf nur 50
Pfennige verwendet werden, so sind die Speisen doch unter der Leitung einer tüchtigen
Hausfrau außerordentlich schmackhaft und sauber zubereitet. Diese „große
Familie“ muss in einem noch nicht ganz
verdorbenen verlorenen Sohne (Lukasevangelium
Kapitel 15)
die Sehnsucht nach dem trauten Heim erwecken, wo die sorgende Mutter der Suppe
die schönste Würze, die Liebe beigab. Und in der Tat kehrt ein guter
Prozentsatz der Kolonisten nach ihrer Entlassung zur Familie, zum Heim zurück.
Der Gedanke, dass wir uns zwischen zum größten Teil heruntergekommenen
Menschen befinden, schwindet fast gänzlich, und wir lassen uns auf Einladung
des Bruders hier für einige Augenblicke nieder und hören den Ausführungen
desselben über Einrichtung und Hausordnung der Anstalt zu.
Die Kolonie zu Seyda
hat 100 Plätze. Bis Ende Februar 1900 wurden insgesamt 6.049 Personen
aufgenommen und 5.963 entlassen. Der höchste Personenbestand von 97 Personen
war im Januar 1899 zu verzeichnen. Wegen Überfüllung brauchte bisher also
keinem Bittenden die Aufnahme verweigert werden. Aufgenommen werden arbeitslose
Leute aller Art, ohne Unterschied der Konfession und des Standes, auch erlittene
Strafen schließen
von der Aufnahme nicht aus; jedoch werden absolut arbeitsscheue Personen wieder
entlassen. Der Eintritt geschieht durchaus freiwillig, denn die Anstalt ist kein
Zwangshaus. Der Aufenthalt dauert gewöhnlich 4 Monate, auf Wunsch aber noch länger.
Fügung unter die Hausordnung ist unbedingtes Erfordernis. Branntweingenuss ist
streng verboten, weil viele der Insassen gerade durch Trunksucht ins Elend
gekommen sind.
Die Hauptbeschäftigung
der Kolonisten besteht in landwirtschaftlichen Arbeiten, Moorkultur nach
Rimpauschem System; Gebäude, Hof und Garten sind Eigentum des „Vereins zur
Beschäftigung brotloser Arbeiter für die Provinz Sachsen und das Herzogtum
Anhalt“. Die Kosten der Kolonie werden gedeckt durch Provinzialzuschüsse,
durch Kollektengelder und durch den Ertrag der Landwirtschaft, welcher sich im
Jahre 1899 auf rund 38.000 Mark belief. Leiter der Anstalt ist der zweite
Geistliche in Seyda. In der Kolonie wohnt als Aufsichtsbeamter ein Hausvater,
dem 3 Gehilfen („Brüder“)
zur Seite stehen, welche dem Bruderhause des Lindenhofes in Neinstedt angehören.
Unter den Kolonisten sind viele, welche die Anstalt schon öfter als Zufluchtstätte
aufsuchten. An Arbeitslohn erhält jeder Kolonist außer freier Station täglich
50 Pfennig; das verdiente Geld wird bei der Entlassung gezahlt.
Doch nun müssen wir
unsere Schritte beschleunigen, um noch den Schlafsaal mit seinen sauberen
Betten, die Küche mit ihren blanken Kesseln und Geschirren, die Badeanstalt mit
ihren praktischen Einrichtungen und zuletzt noch die Scheunen mit ihren
Maschinen und die Ställe mit ihren glatten Rindern einer Besichtigung zu
unterziehen.
Man kann die Anstalt
nur hochbefriedigt mit dem Wunsche verlassen, dass sie und ihr christlicher
Liebesdienst auch fernerhin in Segen wirken möge.“
(Hermann Würzberg,
Blönsdorf, in: Die Provinz Sachsen in Wort und Bild, 295-297; zur
Arbeiterkolonie vgl. auch „Heimatgrüße“ 12/1913 und 5/1931. (Gemeindeblatt für den Kirchenkreis Zahna).).
„Brich dem Hungrigen
dein Brot.
Die im Elend
wandern, führe in dein Haus hinein!
Trag die Last der
andern.
Brich dem Hungrigen
dein Brot,
du hast´s
auch empfangen.
Denen, die in Angst
und Not, stille Angst und Bangen.
Der da ist des Lebens
Brot, will sich täglich geben,
tritt hinein in unsre
Not, wird des Lebens Leben.
Dank sei dir, Herr
Jesu Christ, dass wir dich noch haben
und dass du gekommen
bist, Leib und Seel zu laben.
Brich uns Hungrigen
dein Brot, Sündern wie den Frommen,
und hilf, dass an
deinen Tisch wir einst alle kommen.“
(Evangelisches
Gesangbuch Nr. 418).
So
hat einer gedichtet, der in Seyda in diesen Jahren aufgewachsen ist und das
Leben der Arbeiterkolonie miterlebt hat. Sein Vater war „der zweite Geistliche
in Seyda“ und mit der Betreuung der Arbeiterkolonie beauftragt. Gleichzeitig
hat er in seiner Kinder- und Jugendzeit Sonntag für Sonntag vor unserem Altar
gesessen, in dessen Mitte der Abendmahlstisch dargestellt ist: Sehr schön
geschnitzt, Jesus mit seinen Jüngern beim Mahl. Und im Vordergrund ist auch
schon alles hingelegt: Brot und Kelch, für den, der noch herzukommt. All das
spiegelt sich in dem Lied wieder, was Martin Jentzsch 1951 gedichtet hat. Er
wurde nach Auskunft unseres Gesang-buches (Nr. 957) 1879 in Seyda geboren.
Bis
in unsere Tage hinein ist in Seyda eine „Kolonistenstulle“ sprichwörtlich für
ein daumendick geschnittenes und geschmiertes Pausenbrot, was die Kolonisten mit
auf die Arbeit nahmen.
Was
genau geschah in der Heide? Der Hauptteil der Arbeiten geschah im Erlenbruch.
Wollen wir dazu wieder den Forstmann zu Wort kommen lassen.
„Der
im Südwesten der Seydaer Heide gelegene Bruch umfasste 1837 noch 1802 Morgen
(ca. 460 ha) zur Holzzucht nutzbare Fläche. Ein Wiesenband teilte das Gebiet in
den nördlichen „Seydaer Bruch“ und den südlichen „Genthaer
Bruch“(Anlage 2). Neben den dominierenden Erlen kamen im Bruch auch Birken
vor. Der Zustand der Bestockung war überwiegend schlecht. Mit 566 Morgen nahmen
die Blößen und Räumden fast ein Drittel der Fläche ein. Ein Grossteil der
Erlenstöcke war entweder eingegangen oder brachte nur noch einen spärlichen
Ausschlag. Schon 1779 wurde dazu bemerkt, dass die Erlen wegen fehlender
Nachfrage überständig seien und deshalb die Fähigkeit zum Stockausschlag
leide (18,III 19h). Um 1837 verjüngte man die Erlen bereits durch Saat und
Pflanzung (I). Die Umtriebszeit der Erle betrug 60 Jahre.
Bereits
vor 1837 durchgeführte Entwässerungsmaßnahmen sollten eine Steigerung der
Bodenfruchtbarkeit bewirken. Davon erhoffte man sich, künftig auch im Bruch
eine Hochwaldwirtschaft betreiben zu können. Die erhoffte
Fruchtbarkeitssteigerung war 1837 jedoch noch nicht eingetreten (I). Die
intensive Beweidung stellte das Haupthindernis für eine Verbesserung der
Bestockung dar. Jede Verjüngung und die damit verbundene Einschonung schränkte
zwangsläufig die Weidemöglichkeit ein. Aber gerade im Bruch bestanden viele
derartige Berechtigungen. So rechnete man mit dem Widerstand der Berechtigten,
da „...dieselben seither bei der Mangelhaftigkeit der Bestände einen größeren
Weidegenuss gehabt haben, als in eingerichteten Forsten stattfinden kann...“
(I, Abschnitt 6 Punkt 14). Es vergingen noch etwa 30 Jahre, bis diese
Berechtigungen vollständig abgelöst waren. Als Entschädigung für die Aufgabe
der Berechtigungen wurden neben Geldleistungen auch erhebliche Landabtretungen
vorgenommen (Anlage 8). Diese Abtretungen betrafen vorrangig den „Genthaer
Bruch“. Dieser wurde vollständig aus der Holzzucht ausgegliedert und überwiegend
als Abfindungsfläche abgetreten; der verbliebene Teil wurde künftig als Wiese
genutzt.
So
blieb 1862 nur noch der „Seydaer Bruch“ übrig, der nach einigen Abtretungen
noch 820 Morgen umfasste (III). Fast die Hälfte dieser Fläche war licht oder
unbestockt, eine Verbesserung der Verhältnisse war nicht eingetreten. Nun verkürzte
man die Umtriebszeit auf 30 Jahre. Die Verjüngung sollte durch natürlich
Ansamung erfolgen, man ließ also nach einem Hieb eine bestimmte Anzahl Samenbäume
stehen (III). Strenggenommen war es also kein Niederwald, auch wenn er so
bezeichnet wurde.
Auch
diese Maßnahme brachte nicht den gewünschten Erfolg, sie wurde wenige Jahre später
wieder verworfen (V). Ebensowenig wurde die angestrebte Aufforstung der Räumden
in die Tat umgesetzt. Die Räumden wurden weiterhin als Wiesen verpachtet. In
der Schlussverhandlung von 1875 erörterte man die Frage, ob die Wiesennutzung
nicht ohnehin günstiger sei (V). Die Einnahmen aus der Verpachtung galten
jedoch als recht mager.“
(Ertrag aus Wiesenverpachtung im Seydaer
Bruch: 1870 672,25 Taler; 1871 704,15 Taler, 1872 605,20 Taler, bei 136 bis 132
ha Fläche; Tab. 4 Elstermann aaO 32. – In der Anlage 2 bringt Elstermann eine
schöne Karte. – 18 = Grundlagensammlung der Oberförsterei Glücksburg des
StFB Jessen (unveröffentlicht) – 1966. I = Aus dem Archiv des Forstamtes
Annaburg: Abschätzung und Einrichtung der Oberförsterei Seyda im
Regierungs-Bezirk Merseburg 1837; Anlage 8: abgedruckt im Kapitel „Die
Waldweide“; III und V aus dem Archiv des Forstamtes Annaburg:
Taxations-Revisions-Werk der Oberförsterei Glücksburg-Seyda 1862/63 und
Original-Taxations-Revisions-Werk der Oberförsterei Glücksburg für den
Arealzustand vom 1ten October 1871.).
„Außerdem
seien die Verhältnisse im „Seydaer Bruch“ besser als auf den
Erlenstandorten der Lindaer Heide. Positiv wurde die vorhandene Schleuse
eingeschätzt, da mit ihrer Hilfe der Feuchtigkeitsentzug des Bruches begrenzt
werden konnte. So sprach man sich für eine Beibehaltung der Erlenwirtschaft
aus. Die Verjüngung sollte nun durch Pflanzung von Erlenlohden erfolgen. Ebenso
wie die alten Stöcke entfernte man auch die Samenbäume, trockene Stellen
wurden mit Kiefern begründet. Trotzdem hatte der Bruch und mit ihm die Erle
keine Zukunft.“ (Elstermann aaO
31 bis 33).
In
dieser Situation wurden 1883 große Teile des Bruches an den „Verein zur Beschäftigung
brotloser Arbeiter“, der die „Arbeiterkolonie“ betrieb, verpachtet.
„Aller
25 Meter wurden Abzugsgräben angelegt, die das Grundwasser systematisch zum
Morgengraben ableiteten und dadurch den Grundwasserstand des Gebietes deutlich
senkten. Nach einer Übersandung wurden die Flächen durch den Verein
landwirtschaftlich genutzt. (25) Im Jahre 1891 waren 148,222 ha an den Verein
verpachtet (VI, 7). Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Bruch schon völlig in
landwirtschaftlicher Nutzung. Die Tätigkeit der „Arbeiterkolonie“ hatte
daran einen bedeutenden Anteil.
Die
Entwässerungen waren dabei nur Teil einer allgemeinen Entwicklung, so wurden
zwischen 1855 und 1925 im damaligen Kreis Schweinitz 20.537 ha Land melioriert
(7). Dadurch kam es sicher zu vielen negativen Auswirkungen auf die Natur; auf
der anderen Seite ermöglichten diese Maßnahmen erst die Steigerung der
landwirtschaftlichen Produktivität, die letztendlich auch die Beseitigung der
Streunutzung und der Waldweide ermöglichte.
Neben
der Entwässerung hat aber vor allem die Absatzentwicklung zum Ende des Bruchs
geführt. Schwaches Brennholz, wie es der Niederwald nun einmal erbrachte, war
am Ende des 19. Jahrhunderts immer weniger gefragt. Der Aufwand stand in keinem
Verhältnis mehr zum Nutzen. Deshalb hat man der Wiesennutzung den Vorzug
gegeben.
Mit
der Erle verschwand nun auch die zweite natürliche Laubbaumart, die einmal
einen bedeutenden Flächenanteil hatte. Im hier behandelten Gebiet waren 1891
noch ganze 4,6 ha überwiegend von Erlen bestockt. Davon abgesehen fanden sie
sich nur noch als Einmischung im Randbereich des ehemaligen Bruches (VI).“ (Elstermann aaO 31 bis 33; 25 = Gerhardt,
Hermann: Seyda einst und jetzt. „Heimatbote Nr. 12 bis 19/1927; VI Aus dem
Archiv des Forstamtes Annaburg: Abschrift von dem
Original-Taxations-Revisions-Werke der Oberförsterei Glücksburg für den
Areal-Zustand vom 1ten October 1891.; 7 = Stein, Constantin: Die deutschen
Landkreise Band 2. Berlin-Friedenau 1926, 114.).
„Nach
der Umwandlung des Bruches in Wiesen und Äcker war der Bestockungswandel
abgeschlossen. Als bestandsbildende Baumart trat nur noch die Kiefer auf.“ 1891
gab es 98,53% Flächenanteil Kiefern in der Oberförsterei Glücksburg auf dem
Gebiet westlich der Oehnaer Straße, also ehemaliges Hauptrevier der Oberförsterei
Seyda.
(Elstermann aaO
34, Tabelle 5.).
„Die
alte Seydaer Heide hatte sich zum reinen Kieferngebiet gewandelt. Diese
Entwicklung stellte schon damals nicht das Ideal der Forstleute dar. Gerade um
die Jahrhundertwende gab es wieder mehr Beimischungen mit Fichten, Eichen und
auch Erlen (VII). Diese Maßnahmen beschränkten sich jedoch auf die
Randbereiche des ehemaligen Bruches, einmal abgesehen von den Eichen im
ehemaligen Tiergarten (VII).
Das
Altersklassenverhältnis der großflächigen Kiefernreinbestände war immer noch
verschoben. Daran hatte der Spinnenfraß von 1864 einen bedeutenden Anteil.
Trotzdem hatte man eine Verbesserung gegenüber dem Zustand von 1837
erreicht.“
(32,34 % des
Bestandes zwischen 41 und 60 Jahren; Idealfall wäre, wenn aus jeder
Altersklasse gleich viel Bestand wäre, also ca. 17%. Vgl. Abb. 4 Elstermann aaO
34.).
Die
Arbeiterkolonie hatte bis zum Ersten Weltkrieg Bestand, danach war sie
Landwirtschaftliche Lehranstalt, bis sie nach dem Zweiten Weltkrieg mit der
Aufnahme vieler Umsiedler, insbesondere solcher, die versehrt und allein da
standen, eine kirchliche Einrichtung und nach und nach ein Wohnheim für
Menschen mit geistiger Behinderung wurde. Heute sind auf dem Diest-Hof, wie er
seit der Wende heißt, 70 Menschen zu Hause. In den drei alten und den zwei
neuen Gebäuden am Rande der Heide können sie sich wohl fühlen. Mit mancherlei
Veranstaltungen tragen sie auch zum sozialen und kulturellen Leben der Stadt
bei, so mit dem Sommerfest und dem Adventsmarkt, einer Kleiderkammer,
Ausstellungen und Theateraufführungen.
11. Die Waldbahn
(Aus
einem Bericht vom Jahre 1886)
„Die
Waldbahn, welche augenblicklich in der Seyda´schen Heide erbaut und am
Sonnabend, den 15. Mai vollendet werden sollte, illustriert dem Beschauer wieder
einmal so recht die sogenannte preußische affenartige Geschwindigkeit. Herr
Oberförster Hense auf Glücksburg hat mit seinen 60 Holzhauern den 11 Kilometer
langen Bahnkörper in 14 Tagen planiert, dabei in zwei Tagen einen zwei
Kilometer langen Damm bei 1 ½ Meter Wasserstand durch Moorboden geführt. Am
Dienstag früh kam der in 36 Stunden von Bochum aus bis nach Linda mit 6000 Mark
frankierte Sonderzug mit dem Baumaterial und gleich darauf ein aus 56 Mann, 9
Unteroffizieren und 3 Offizieren bestehendes Detachement des Eisenbahn-Regiments
unter Führung des Herrn Hauptmann Gerding in Linda an, und es entwickelte sich
auf dem sonst so stillen Bahnhof Linda ein ungewöhnlich reges Leben. Die
Eisenbahner haben die gegen 6600 Zentner schwere Ladung des Sonderzuges trotz
der auf Bahnhof Linda vorhandenen Terrainschwierigkeiten in etwas 7 Stunden gelöscht.
Die ganze Bahn, die sich durch Sauberkeit und große Solidität auszeichnet, ist
eine Lieferung des Herrn Bernhard Baare in Berlin, der das Material von dem
Bochumer Verein für Bergbau und Guss-Stahlfabrikation herstellen ließ. Neben
allen sonstigen dem Fachmann in die Augen fallenden Vorteilen der Bahn muss
deren enorme Billigkeit, eine Folge der ungünstigen Eisenkonjunkturen,
auffallen. Das Werk hat geliefert 15.000 Meter Gleise von Guss-Stahl, je 6 Meter
auf getriebene Guss- Stahlschwellen montiert, dazu das ebenfalls durchaus aus
Guss-Stahl gearbeitete rollende Material, Wagen für Lang- und Scheitholz,
Personenwagen und Draisine für 60.000 Mark. Interessant ist das Legen der Bahn,
das mit einer verblüffenden Geschwindigkeit aufgeführt wird und etwa den
Eindruck eines in trockenes Gras laufenden Feuers macht. Die, wie gesagt, fertig
montierten Schienenpaare werden flach auf den Bahnkörper gelegt, mit
Schraubbolzen, durch in Schablonen gebohrte Schienen und Laschen verbunden und
gleich darauf, oft noch vor der Verbindung, fahren die neues Material heranführenden
Wagen darüber hin. Einige kurze, halblaute Kommandos, ein wenig Knirschen der
abgeladenen Stahlteile, einige Hammerschläge, und es sind wieder 100 Meter
Geleise in den Wald vorgeschoben. Es geht das Verlegen viel schneller, als das
Herbeischaffen des Materials, das umso schwieriger wird, je weiter sich der Bau
vom Bahnhof Linda entfernt. Die Mannschaften, die ihr Mittagessen und ihren
Kaffee im Walde kochen,
sind in dem Dorfe Mügeln einquartiert. Es gewährt ein freundliches Bild, die
Mannschaft um die noch dampfenden Kessel gelagert zu sehen, und ihre frischen,
fröhlichen Lieder durch die Säulen des Waldes-Domes hallen zu hören.
Die
Waldbahn Linda-Seyda ist ein neues Verdienst des um die Forstkultur und
Melioration so hoch verdienten Oberforstmeisters Müller in Merseburg, dessen
Initiative u.a. auch die Arbeiterkolonie Seyda ihr Dasein verdankt. Auf seine
Veranlassung hat auch der Staat neuerdings 3.000 Morgen Oedland von den
Gemeinden Arnsdorf und Cöpernick billig erworben, und diese ganzen 3.000
Morgen, die erst im März diesen Jahres in den Besitz des Staates übergegangen,
sind, ein Forstkulturstück ohne gleichen, bereits jetzt durch Herrn Oberförster
Hense vollständig aufgeforstet und mit mehr als einer Million Bäumchen
bepflanzt. Die Waldbahn
durchschneidet nun den 25.000 Morgen großen Forst 11 ½ Kilometer lang so,
dass sämtliche Beläufe desselben an der Bahn münden und die Holzschläge in
den Beläufen leicht mit den vorhandenen 3 ½ Kilometer beweglichen Schienen mit
der Hauptbahn verbunden werden können.
Die
Bahn beginnt auf dem Bahnhof Linda, geht unmittelbar an der Oberförsterei Glücksburg
vorbei und mündet auf einem Lagerplatz in unmittelbarer Nachbarschaft der
Arbeiterkolonie Seyda.
Durch
die Bahn müssen die enormen Holzsätze des kolossalen Forstes außerordentlich
an Wert gewinnen, und wie befruchtend sie in ihrem Entstehen schon auf die
Industrie wirkt, dürfte die Tatsache beweisen, dass in Linda zu der dort
bereits bestehenden Dampfschneidemühle der Bau einer zweiten geplant ist. Zwei
dicht an der Mündung der Bahn in Seyda stehende Dampfschneidemühlen werden
durch dieselbe gleichfalls einen neuen frischen Aufschwung nehmen, und damit
zahlreichen Arbeitern Gelegenheit zu lohnendem Verdienst geben.“
(Die Waldbahn in
der Seydaer Heide und das Dampfsägewerk, In: Heimatbote vom 10. Juni 1927, In:
Seyda und Umgebung: Heimatgeschichte(n)
aufgeschrieben von Bärbel Schiepel, Seyda 2001, 115-119.).
Der
Oberförster zu Glücksburg hatte nach mündlicher Überlieferung auch eine
Draisine, auf der man sich mittels Muskelkraft auf den Schienen gut und schnell
fortbewegen konnte. So kam er des öfteren von Glücksburg am Sonntagnachmittag
zum Kaffee nach Seyda. In dieser Zeit durften dann die Seydaer Jungförster mit
dieser Draisine fahren...
Die
Waldbahn war bis zur Errichtung eines Bombenplatzes in der Mitte der Heide ab
1936 intakt. Sie wurde nach und nach bis zum Dezember 1938 demontiert. Heute
erinnert ein 1999 durch den Heimatverein „Glücksburger Heide“ aufgestelltes
Denkmal an der Dahmschen Straße an die alte Waldbahn, die von Pferden gezogen
wurde. Der Jessener Holzbildhauer Klaus Kuhrmann gestaltete dazu Holzpferde aus
Eiche.
(Schiepel, aaO
119.).
„Schmückt
das Fest mit Maien“ –
so wird es Jahr für Jahr zu Pfingsten in den Kirchen gesungen (Evangelisches
Gesangbuch Nr. 135).
Martin Luther, der ja auch in unserer Gegend zu Hause war, übersetzte den
dazugehörigen Vers aus dem Psalm 118 so: „Schmückt das Fest mit Maien bis
an die Hörner des Altars!“.
Und
so geschieht es denn auch nach alter Tradition: Maien sind Birken, und die waren
und sind immer reichlich in der Heide zu finden gewesen, aber wohl nie so
zahlreich wie heute. Auch an die Tore und Hoftüren in den Dörfern ringsherum
wurden Birken angebracht; besonders kräftig ist diese Tradition noch heute in
Morxdorf, aber sie ist auch in den alten Bauerndörfern Naundorf und Gadegast zu
finden. In Seyda ist sie ein wenig auf das Heimatfest im Juni übergegangen,
wohl, weil die Stadt dann mit Lieferungen von Birken nachhilft.
Erst
seit einigen Jahren gibt es in Seyda die Tradition, einen Maibaum aufzustellen,
mit einer Birke an der Spitze.
In
den 90iger Jahren entwickelte sich eine besondere ökumenische Beziehung: die
katholische Kuratie in Elster bekam zu Fronleichnam vom Pfarrer in Seyda Birken
aus der Heide, und die Seydaer evangelische Gemeinde im Gegenzug dafür
Weihnachtsbäume aus dem Gelände der katholischen Kirche in Elster.
Wie
intensiv die Heide über die Brauchtumspflege hinaus genutzt wurde und wird, ist
bereits angedeutet worden: Nicht nur in Linda
und Seyda, sondern auch in Morxdorf und Mügeln arbeiteten Sägewerke. Es galt
– preußisch – über ein Jahrhundert die strenge Regel, dass nur soviel
abgeholzt werden durfte, wie auch wieder aufgeforstet wurde. Dies ist eine Art
des Wirtschaftens, die einen sehr langen Atem braucht und nur durch eine
zentralistische Staatsmacht realisiert werden kann. Aber sie hat dem Wald sicher
gut getan. Wurde mehr Holz gebraucht, so kaufte man es schon damals in Polen
oder auf anderen Märkten.
Verschiedene
Institutionen wie auch die Kirchen und die Schulen wurden in früherer Zeit
durch den kursächsischen wie auch den preußischen Staat durch zugeteilte
Nutzungsrechte für Brennholz, Wiesen usw. erhalten. Damit war der Pfarrer oder
Lehrer selbst damit beschäftigt, für die Kassierung entsprechender Pachten
Sorge zu tragen, denn sie gehörten zum Lebensunterhalt.
So
kann man in den Akten der ehemaligen Oberförsterei Seyda 1837 die
„Berechtigten“ lesen:
„Frei
zum Selbsthieb“:
Bürgerschaft in Seyda (ein altes Recht zum Beispiel seit 1704, „zur
Erhaltung der Gehege und Ausbesserung der Dämme, Wege und Stege“;
Elstermühle in Jessen (seit 1697, „zur Unterhaltung der Mühlenwerke“);
Mühle in Mühlberg.
„Gegen
Zahlung des Schlägerlohnes“:
Superintendent Camenz in Seyda (seit 1730), Superintendent in Jessen (seit
1794), Diaconus in Jessen (seit 1794), Loesersche Vorwerk in Schweinitz (1684),
Rent- und Domänenbeamter Oberamtmann Markwordt in Schweinitz, Elstermühle.
„Zum
Selbsthieb gegen Zahlung von Accidentien und Stammgeld“:
Naundorf, Kurzlipsdorf, Seehausen, Gölsdorf (alle seit 1787), Oehna,
Kanzleilehngut in Oehna, Prediger in Gadegast (seit 1575), Prediger in
Seehausen, in Kurzlipsdorf, in Oehna, in Eckmannsdorf (seit 1575), in Blönsdorf,
in Mügeln, Schullehrer in Mügeln.
„Gegen
Zahlung des Schlägerlohnes und von Accidentien“:
Kantor
in Seyda („seit 1830 statt der früheren vier Gnadenbäume“),
Oberpfarrer in Schweinitz („seit 1823 statt der früheren zwei
Gnadenbäume“), Diaconus in Seyda („seit 1835 statt der früheren 3
Gnadenbäume“).
„Abgabe
auf unbestimmte Quantität“: Elstermühle
(seit 1667), für königliche Bauten (Außenrevier Elbeheger); Seyda, Mellnitz
und Morxdorf („Raff- und Leseholz, Seyda auch Kienholz zu Leuchtzwecken;
Leseholz darf nicht während der Brunft- und Setzzeit geholt werden“);
Gadegast, Gentha, Görsdorf, Mellnitz, Morxdorf, Schadewalde, Oehna, Seyda,
Zemnick („das zur Erhaltung der Brücken und Stege in ihren Fluren nötige
Bauholz“), Oberförster Lüdecke, Förster Schneider in Glücksburg, Förster
Abeßer in Seyda, Hilfsförster Rösler in Seyda. „Der jährliche Verlust
gegenüber der Taxe betrug wegen dieser Abgaben 1663 Taler, 24 Silbergroschen
und 2 Pfennige (nach dem Etat 1838
– 1841).“ (Elstermann aaO, Anlage 6.).
Eigentum
der Oberpfarre Seyda war einmal ganz Mark Zwuschen. Wie man aus den alten Akten,
die in Merseburg liegen, ersehen kann, wurde am Beginn des 19. Jahrhunderts dort
eine Abholzung – vielleicht auch infolge von Windbruch – vorgenommen, das
Holz verkauft und neues Acker- und Weideland gewonnen. Ein „Zwuschenrichter“
wurde eingesetzt, der jährlich die Verpachtung auszuhandeln hatte. Dies geschah
im „Roten Hirsch“ in Seyda, auf dem Markt, bei einem Glas Rotwein. Es gab
jedoch große Probleme, denn die Pächter waren oft nicht willig, den Pachtpreis
auch tatsächlich zu bezahlen. Sie begründeten das mit dem großen Aufwand, den
der Weg von Seyda bis zur Mark Zwuschen für sie bedeutete. Es blieb dem
Superintendenten nicht viel anderes übrig, als gegen diese Pächter (seine
eigenen Gemeindeglieder) zu prozessieren. Wenn er auch einen großen Prozess
gewann, so gab es doch immer wieder Schwierigkeiten. Dies führte dazu, dass die
gesamte Mark Zwuschen 1908 für 108.000 Reichsmark verkauft wurde. Seitdem haben
in Mark Zwuschen verschiedene Gutsbesitzer gewohnt und gearbeitet, der letzte
(und die längste Zeit anwesende) war Herr Norte, der dann 1945 von den Russen
bei Schlieben erschossen sein soll, nach anderen Berichten ist er in einem
sowjetischen Internierungslager in Ketschendorf, Lieberose oder Mühlberg
umgekommen.
Die
Kirchengemeinde legte das viele Geld von dem Verkauf der Mark Zwuschen in
Wertpapieren an. Sie sind alle in der Inflationszeit wertlos geworden. Seitdem
mussten direkte Beiträge von den Gemeindegliedern zur Erhaltung der Kirche und
der Bezahlung der kirchlichen Mitarbeiter erbeten werden. Das war bisher nicht
üblich gewesen. So kommt es in den zwanziger Jahren zu den ersten
Kirchenaustritten in Seyda.
Mehr
als abgeholzt wurde aber im 19. Jahrhundert durch die planmäßige preußische
Forstwirtschaft aufgeforstet, neu angepflanzt. So wurde um 1880 der Wald
deutlich vergrößert durch die Aufforstung der Flächen Richtung Jessen. Früher
war die Grenze der Heide etwa auf einer Linie in der Höhe Gentha – Mügeln.
Nun wurde die Diest-Höhe und das umliegende Gebiet bepflanzt. (Ein älterer
Mann, aus Jessen gebürtig, erinnert sich, dass seine Großmutter daran
mitgewirkt hat.)
Auch
in Richtung Linda gab es um 1900 Aufforstungen, die „Lindaer Heide“, die
sich im Osten anschließt, vergrößerte sich. (Vgl.: „Kleine
Geschichte der Kirche in Linda und Neuerstadt“, Seyda 2000, 24.).
Einen
großen Reichtum hat die Heide auch an Beeren und Pilzen. Heute wie damals sind
Scharen von Sammlern zu gegebener Zeit unterwegs. Noch viel größer war ihre
Zahl in Zeiten, in denen es größere Not gerade bei der Versorgung mit
Lebensmitteln gab. Alte Leute können sich erinnern, wie sich noch in den 30iger
Jahren im Sommer früh bei Sonnenaufgang – gegen 4 Uhr – viele Sammler, von
Zahna und Elster kommend, mit ihren Blechkannen am Fahrrad oder am Wagen
klappernd, in die Heide aufmachten.
Auch
für die Schulkinder war es selbstverständlich, sich nach der Schule ein paar
Pfennige durch das Sammeln von Beeren zu verdienen – mit einem kleinen Topf,
barfuss, zog man los, für 2 Pfund gab´s dann 40 Pfennig, ein Kapital, was man
bei den vielen Geschäften, die es damals in Seyda gab (Kolonialwarenläden,
Drogerien, Tankstellen...), gut umsetzen konnte. Eine Banane zum Beispiel –
die man vor dem Krieg in Seyda durchaus kaufen konnte, kostete einen Groschen
(10 Pfennig).
Zum
Sammeln der Beeren musste man freilich einen Bezugsschein vom Förster haben,
und eine „Reffel“ war nicht erlaubt – also ein schaufelförmiger Holzkamm
mit großen Zinken – denn er trug den Pflanzen Schaden zu, insbesondere reißt
er auch die grünen Beeren ab.
Noch
in DDR-Zeiten konnte man für einen Wassereimer Heidelbeeren 80 Mark erhalten;
auch russische Soldatenfrauen suchten fleißig, im Sperrgebiet, und manche
Heidelbeere ist bis nach West-Berlin gekommen, da wurde sie zu West-Geld
gemacht.
Die
Heide brachte natürlich wie auch heute noch viele Pilze, und Brennholz.
„Kawel“ nannte man das Reisigpaket für den Backofen, vielleicht von
„kawal“ polnisch/wendisch „das Stück“ ; alte Leute kennen noch die
Kunst des Besenbindens aus Reisig; auch Kienäppel und Nadeln wurden verheizt
und gaben gute Wärme.
Die
Verbindungen quer durch die Heide wurden natürlich früher rege genutzt. Viele
familiäre Bindungen gab es zwischen
Mügeln, Seyda und Morxdorf – bis das „Sperrgebiet“ dann trennte und einen
großen Umweg notwendig machte.
So
war viel Verkehr in der Heide: Der Bankweg ist beispielsweise eine beliebte Abkürzung
nach Mügeln gewesen (von der Dahmschen Straße, wenn man aus dem Wald kommt
nach rechts). Auf ihm waren viele Hundewagen aus Mügeln unterwegs nach Seyda,
um hier Kälber und andere Tiere einzukaufen.
Noch
in den 50iger Jahren war rechts neben der Dahmschen Straße – jedenfalls bis
zum Wachtposten – ein Radweg für zwei Räder. Nur der Oberförster aus Mügeln
durfte vor dem Krieg durch die Heide mit seiner Kutsche fahren. Er kam auch
manchmal mit der Draisine, doch darüber wurde schon berichtet.
Kein
geringerer als der Kriminaldirektor Otto Busdorf, der 1928 das Standardwerk zu
diesem Thema unter diesem Titel geschrieben hat, was durch die Jahrzehnte immer
wieder aufgelegt und ergänzt worden ist – dieser Kriminaldirektor hat sich
auch mit einem spektakulären Mord an einem Forstgehilfen in der Seydaer Heide
beschäftigt. Allerdings ist seine Beschreibung nur in der 1. Auflage seines
Werkes zu lesen:
„Der
Forstgehilfe Sterz hatte sich am 8. Mai 1921, vormittags 2 Uhr, auf
Wilddiebpatrouille begeben und war nicht zurückgekehrt. Man fand ihn erst
anderen Tags erschossen auf einem Gestell. Unweit von ihm lagen seine
Tabakspfeife, sein Hut und sein Karabiner, in welchem 3 scharfe Patronen und
eine abgeschossene Hülse vorgefunden wurde. Eine abgeschossene Hülse lag auf
der Erde. Der Beamte hatte also zweimal aus dem Gewehr geschossen. Er lag quer
über dem Gestell, mit den Füßen an den Wagenspuren, mit dem Kopf nach dem
Bestand zu. In der rechten Hand lag die Dreysepistole (Kaliber 7,65 mm) des
Toten. Die Pistole war ausgeschossen, die letzte abgeschossene Hülse hatte sich
als Ladehemmung festgeklemmt. Wie oft der Tote geschossen hatte, war nicht
festgestellt worden, weil Patronenhülsen am Tatort nicht gefunden worden waren;
aus welchem Grunde entzieht sich meiner Kenntnis. Eine seiner abgeschossenen
Kugeln hatte einige Meter vor ihm drei Kiefernstangen angeschlagen. Der tödliche
Schuss war in die linke Schläfe eingedrungen. Die Ärzte fanden eine
Pistolenkugel, Kaliber 7,65 mm, mit 4 Zugeindrücken, stark demoliert, in dem
linken Schläfenbein als Steckschuss vor.
Als
ich vier Wochen nach dem Tode des Beamten auf Anforderung der Staatsanwaltschaft
die Bearbeitung der Sache übernahm, entdeckte ich auf der Tatortphotographie
mit der Lupe unter den Füßen des Toten kurze Schleifspuren. Die Spuren waren
am Tatort selbst nicht bemerkt worden. Die bei tiefstehender Sonne aufgenommene
Photographie zeigte diese Spuren aber ziemlich deutlich. Ebenso war auf dem
Bilde zu sehen, dass die Pistole eigentümlich in der Hand des Toten lag.
Letzteres klärte sich bald auf. Ein Kollege des Erschossenen hatte die Pistole
gesichert, damit beim Abtransport der Leiche und Sicherstellung seiner Sachen
sich niemand mit der Pistole verletzte. Dann hatte er dem Toten die Pistole
wieder in die Hand gelegt. Allerdings nicht so, wie sie ursprünglich gelegen
hatte! Der Tatort war also nicht unverändert geblieben, und die Photographie
bewies das. Meine Nachforschungen ergaben ferner, dass die Leiche beraubt worden
war. Man hatte dem Toten unter die Arme
gefasst, wie die Rockfalten auf dem Lichtbild zeigten, und an den Bestand
herangezogen, damit auf dem übersichtlichen Gestell das Berauben der Leiche
nicht beobachtet werden konnte. Der Wert der Lichtbildaufnahme des veränderten
Tatortes wird wohl durch diese beiden, lediglich an Hand des vorhandenen
Lichtbildes gemachten wichtigen Feststellungen genügend beleuchtet, zumal es
bei dieser Sache von vornherein darauf ankam, festzustellen, ob Mord oder
Selbstmord vorlag. Zur Aufklärung dieses eigenartigen Mordfalles wurden schließlich
auch zwei bekannte „Hellseherinnen“ herangezogen. Obwohl die Frauen von den
Vorfällen nicht die geringste Kenntnisse haben konnten, beschrieben sie sowohl
den Ermordeten mit allen seinen körperlichen Eigenheiten usw. auf das
genaueste, beschrieben den Weg, den er bis zur Mordstelle genommen hatte,
nannten die Inschrift des Wegweisers, an dem er vorbeigehen musste und die
Nummern der Jagensteine, die in der Nähe der Mordstelle standen. Den Vorgang
bei Erschießung des Forstgehilfen schilderten sie ebenfalls glaubhaft, sowohl
vom Standpunkt des Ermordeten, als auch von der Stelle aus, wo die beiden
Wilddiebe in der Deckung gestanden, auf den Beamten geschossen und ihn dann
beraubt hatten. Außer der Brieftasche sollten sie dem Toten einen goldenen
Kettenring geraubt haben.
Als
ich später zwei bekannte Wilderer festnahm, gestand die 13jährige Tochter des
einen, kurz nach der Ermordung des Forstbeamten vom Vater einen derartigen Ring
geschenkt erhalten zu haben. Bei der Durchsuchung der Wohnung fanden wir im
Vertiko zwischen der Wäsche versteckt eine Pistole 7,65 mm, in deren Magazin
sich noch 3 Patronen befanden, die die gleichen messingfarbenen Kugeln hatten,
wie die im Kopf des Toten vorgefundene. Die Kriminaltechnik war damals leider
noch nicht so weit entwickelt, dass der Nachweis geführt werden konnte, dass
die tödliche Kugel aus dieser Waffe abgefeuert worden war...
Der
erwähnte Kettenring war nicht mehr im Besitz der Tochter des Verdächtigen. Über
seinen Verbleib konnte weder sie noch eine der beiden „Hellseherinnen“
Angaben machen. Und damit fiel die ganze Sache. Die Angaben der
„Hellseherinnen“ waren für das Gericht wertlos, und andere Beweismittel
waren nicht vorhanden. So mussten die beiden Festgenommenen vom
Untersuchungsrichter wieder entlassen werden, und der Mord an dem Forstgehilfen
Sterz blieb ungesühnt.“
(Busdorf, Otto:
Wilddieberei und Förstermörder, 1928; In: Schiepel, aaO, 63-65.).
„Wilddieberei“
ist freilich ein Kapitel für sich. Wie wir schon gehört haben, war den
einfachen Bürgern die Jagd über lange Zeit verwehrt gewesen. Die Herrschaften
durften sie ausüben, Bauern und Bürger durften höchstens als Treiber
mitwirken. Immer wieder wurde das als Unrecht und Unfreiheit, die Jagd als
„altes Recht“ empfunden! So ist es ja sogar im „Sachsenspiegel“
verankert gewesen. „Doch mit dem Erstarken der fürstlichen Stände
beanspruchten diese das Recht zur Jagdausübung mehr und mehr für sich. Wie in
anderen Staaten galt die Jagd auch in Sachsen spätestens seit dem beginnenden
16. Jahrhundert als Privileg des Adels und erfreute sich in dessen Kreisen höchster
Beliebtheit. Dabei spielte der Faktor der wehrtüchtigen Erziehung und
sportlichen Übung eine nicht unwesentliche Rolle.“ (Hensel,
Margitta: Die gebräuchlichsten Jagdmethoden in der Zeit vom 16. bis zum 18.
Jahrhundert. In: Vom Jagen, aaO 29f.).
So
gehörte zu den Forderungen der Revolution von 1848 die „freie Jagd“.
Sie wurde natürlich immer wieder eingeschränkt: Wem der Wald gehörte, der
bestimmte auch, wer Jagen darf. Die Förster hatten auch die Aufgabe, diese
Besitzrechte zu bewahren und durchzusetzen. Deshalb kam es immer wieder zu
solchen tragischen Ereignissen wie dem des Todes des Forstgehilfen Sterz.
Im
Seydaer Kirchenbuch ist 1830 vermerkt, dass ein dreißigjähriger Maurerpolier
aus Jüterbog in der Heide erschossen wurde – vermutlich war auch hier der
Grund „Wilddieberei“.
Nach
dem Ende des Ersten Weltkrieges war die Not auch in der Versorgung mit
Lebensmitteln besonders groß. Deshalb wuchs das Verlangen, sich im Wald selbst
zu „versorgen“. Das Schießen waren die Männer noch aus dem Krieg gewöhnt.
Außerdem hatte der Krieg auch zu einer großen Verrohung beigetragen: Was galt
dort ein Menschenleben? All diese Aspekte sind bei diesem Fall auch
mitzubedenken.
In
Seyda wurde mündlich überliefert, dass sich ein Kriminalbeamter – nämlich
Busdorf – als Förster getarnt im Schützenhaus einquartierte, jedoch bald
auffiel durch seine Nachforschungen, vielleicht auch durch seinen Lebenswandel:
denn welcher Förster kann sich auf Dauer schon eine solche Unterkunft leisten!
Außerdem gab es familiäre Kontakte der Besitzer des Schützenhauses nach
Berlin, die „zufällig“ mit Busdorf privat Karten spielten: So kam es rasch
heraus, wer er wirklich war. Es wurde so gemacht, dass „aus Platzgründen“
ein junger Förster mit ihm auf einem Zimmer schlafen musste, der wohl auch in
den Fall verwickelt war. So hoffte Busdorf auf Informationen, wenn er im Traum
reden würde.
Es
wird auch von den Hellseherinnen berichtet – ein Zeichen für den Zustand der
Verhältnisse nach dem Krieg, dass man zu solchen Mitteln griff! Eine soll
„gefaselt“ haben, eine hat dasselbe dann „gedeutet“. Diese
Hellseherinnen stiegen in Linda aus dem Zug und ließen sich mit der Kutsche an
die Stelle fahren, wo der Mord geschehen war. Dann bestimmten sie dem Kutscher
die Richtung, in welche er fahren sollte, und ließen die Kutsche genau vor dem
Haus halten, in dem einer der Verdächtigen wohnte. Dies galt vor Gericht natürlich
(glücklicherweise!) nicht als Beweis. Die Hellseherinnen sollen freilich
manches genau beschrieben haben: Das Fabrikat und die Klingel eines Fahrrades
eines Verdächtigen, einen Mann mit Strohhut am Gartenzaun – das traf auch auf
einen zu. Es konnte jedoch keinem – wie Busdorf ja schreibt – direkt etwas
nachgewiesen werden, die Gruppe der Verdächtigen „hielt dicht“, so kam es
zu keiner Verurteilung. Kurze Zeit später aber wanderte einer von ihnen nach
Amerika aus – alle gingen nun davon aus, er sei es gewesen, und er wolle sich
nun aus dem Staube machen. 1956 aber soll der Täter, vor dessen Haus tatsächlich
damals die Kutsche mit der Hellseherin gehalten hatte, auf dem Sterbebett nach
seinem Nachbarn verlangt haben, um ihm zu beichten, dass er es gewesen sei.
Was sagt man als
Pfarrer zu dieser Geschichte? So sehr Skepsis gegenüber jemandem, der sich als
Hellseherin ausgibt, angebracht ist, so ist es doch wohl so, dass es Dinge
zwischen Himmel und Erde gibt, die wir nicht erklären können. Auch das Böse
hat eine große Macht. In der Bibel wird vor dem Umgang mit Hellseherei und
dergleichen Dingen gewarnt aus der Erfahrung, dass dahinter tatsächlich Mächte
stecken, die uns beherrschen wollen. „Wir
sollen Gott über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen.“ mit diesen
Worten legte Martin Luther das 1. Gebot aus.
Die Geschichte
zeigt, wie drückend Schuld sein kann, und wie heilsam eine Beichte ist. Dazu
ist die Kirche auch da: Dass man dort solche Lasten loswerden kann. Dafür starb
Jesus am Kreuz.
Das
Sterz-Denkmal befindet sich ca. 6 Kilometer vom Ortseingang Seyda entfernt. Den
letzten Weg links vor der Heimateiche muss man einbiegen, dann sind es noch ca.
750 Meter. Es ist der „Jagen“ 129.
In
den Zeiten, als die Sowjetarmee in der Heide übte, wurde auch das Denkmal zerstört.
Der Stein jedoch ragte noch an einer Straße hervor, von Panzern angefahren. Der
Förster Hilse nutzte den Beginn
einer längeren Feuerpause, von der er erfahren hatte, um keck mit seinem
schweren Gerät in das abgesperrte Gebiet hineinzufahren und den Stein
herauszuholen. Auch Förster Hübner war an der Rettung des Sterz-Denkmals
beteiligt. Der Stein wurde nach der Wende durch
den Heimatverein restauriert und
steht heute
fast
wieder an seinem alten Platz. Früher soll der Stein näher am Roten-Kreuz-Weg
mit der Inschrift Richtung Westen gestanden haben.
Wo
wurde Sterz eigentlich begraben? In den Kirchenbüchern von Seyda findet sich
kein Eintrag.
1936
begann die militärische Nutzung der Heide.
„Auf
Befehl des Reichsluftfahrtministeriums wurde der Kahlschlag von ca. 220 Hektar
Wald angeordnet. Dies war das Startzeichen zum Bau eines Bombenabwurfplatzes.
Unter der Leitung der Firma Zucker aus Hohenleipisch wurden die Arbeiten von
Forstarbeitern, Bauern und Angehörigen des Reichsarbeitsdienstes vorgenommen.
Das eingeschlagene Holz wurde mit der im Jahre 1886 gebauten Waldbahn zum
Bahnhof Linda transportiert und dort verladen. Am Rand des Kahlschlages baute
man zwei Beobachtungstürme, die stark armiert waren und im November 1936
fertiggestellt wurden. Sie waren mit Telefonanschluß versehen und mit der
Funkstelle der Försterei Mügeln verbunden. Im Dezember des Jahres 1936 begann
die deutsche Luftwaffe mit ersten Bombenabwurfübungen auf dem hergerichteten
Areal. Es wurde vorwiegend mit Betonbomben geübt. In einigen Bomben waren Glasröhrchen
eingebracht, die mit einer Flüssigkeit gefüllt waren, welche in Verbindung
mit Sauerstoff unterschiedliche Farben freigaben. Diese Farbzeichen sollten den
Beobachtern auf den Türmen die Treffergenauigkeit signalisieren. Jahrelang, bis
1944, fielen tonnenweise Bomben auf die Glücksburger Heide. Ein Bordwaffenübungsplatz
diente der Luftwaffe zur Bekämpfung von Bodenzielen.“ (Die Glücksburger Heide, aaO 8f.).
„Der
gesamte Westteil des Forstamtes wurde zur Sperrzone erklärt, deren Betretung
nur an übungsfreien Tagen gestattet war.“ (Elstermann aaO 36; Grundlagensammlung der
Oberförsterei Glücksburg des StFB Jessen (unveröffentlicht), 1966.).
„Die zwei
Beobachtungstürme am Bombenabwurfplatz waren im Aufbau gleichmäßig
zylindrisch und hatten einen Durchmesser etwa von 5 m; 12 m waren sie hoch. Nur
oberhalb der Beobachtungsschlitze war die Spitze entsprechend ihrer Neigung
schirmend um etwa ein Meter vorgezogen. Der Turmfuß lief in etwa ein Meter Höhe
über dem Umgehungsniveau unter 45 Grad abgeschrägt in das
Fundament über,
was ringartig einen 2 Meter größeren Radius als der Turm hatte. Die Wanddicke
des Turmes möge fast einen Meter gewesen sein... Der Beobachtungsraum hatte
einen zur Platzseite gerichteten Beobachtungsschlitz von etwa 30 cm Höhe mit
etwa 2,5 m Bogenlänge. An der Oberkante des Schlitzes lief eine Bogenschiene
mit Gradeinteilung. Sonst war in dem Raum nur ein Telefon. Wenn ich mich recht
erinnere, wurde im Stehen beobachtet. In der Regel war der Turm von zwei
Beobachtern besetzt. Zur genaueren Trefferfeststellung der Bomben waren die
beiden Türme an den Enden von sich zwei kreuzenden Koordinaten an der
Peripherie des Platzes aufgestellt, einer am nördlichen Eintritt des
Roten-Kreuz-Weges, der andere am östlichen Eintritt der Dahmschen Straße auf
den Platz. Unter Angaben der Winkel zum Bombeneinschlag von beiden Türmen
konnte man im Befehlsstand (wahrscheinlich Flugplatz Altes Lager) die
Trefferlage ermitteln... Das Fundament des östlichen Turmes findet man noch
jetzt einige hundert Meter zur Platzmitte hin (Kreuzung Roter-Kreuz-Weg/Dahmsche
Straße).“ (Niendorf,
Anmerkungen November 2006.).
Eine
Anekdote aus den dreißiger Jahren, als die ersten Soldaten in die Heide einrückten,
gehört bei einem Gemeindenachmittag in Ruhlsdorf 2006:
„Es
war 1938. Soldaten waren in die Heide gekommen, übten schießen und warfen
Bomben.
Ein
Tischlerlehrling sollte einen Sarg durch die Heide in ein Dorf auf unserer Seite
hier bringen. Als er mitten in der Heide war, kam ein starkes Gewitter, mit
Blitz und Donner und starkem Regen. Der Junge, der nichts weiter zu seinem
Schutze mit hatte, wusste sich zu helfen. Er öffnete den Sargdeckel und stieg
in den Sarg. Es machte ihm nicht viel, er hatte ihn ja selbst mit gebaut und
tagtäglich mit Särgen zu tun. Da lag er trocken und wollte abwarten, bis der
Regen aufhörte.
Ein
Melder vom Militär kam an die Stelle, wo der Sarg stand: mitten auf dem Roten
Kreuz Weg, weil links und rechts dichte Schonung war. Er traute seinen Augen
nicht, es war ja auch ein starkes Unwetter im Gange mit Blitz und Donner: und plötzlich:
Ein Sarg, mitten auf dem Weg. Der Mann rannte zu seiner Meldestelle und erstatte
seinem Vorgesetzten Meldung: „Ein Sarg, mitten auf dem Weg!“ Der nahm ihn
nicht ernst und drohte ihm, er solle die Scherze lassen, aber der Mann blieb bei
seiner Meinung. „Ich gehe selbst hin und schaue nach, aber wehe, wenn es nicht
stimmt, dann bekommst Du eine harte Strafe!“ So machte sich der Vorgesetzte
auf den Weg. Das Gewitter hatte inzwischen etwas nachgelassen. Der Schreck fuhr
ihm in die Glieder: tatsächlich, ein Sarg! Er trat näher heran.
Der
Junge im Inneren merkte wohl, dass der Regen begann, aufzuhören. So hob sich
der Sargdeckel. Der Mann blieb versteinert stehen. Eine Hand kam heraus, und
eine hohe Stimme fragte: „Regnet es noch?“ (Mündlich
erzählt von Manfred Börner, Ruhlsdorf.).
Viele
Folgen hatte der Einzug der Armee in die Heide: Die Verkehrswege wurden
unterbrochen, Familien getrennt, Handels- und Geschäftsbeziehungen erschwert;
die landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Nutzung stark eingeschränkt.
Die Alten berichten auch, dass vor 1936 kein Gewitter über die Heide gekommen
sei, wegen der großen, mächtigen Bäume.
1937
wurde zuerst das Zielpunktabwerfen von Zementbomben geübt, dazu soll es einen
spitzen Bunker an der Heimateiche gegeben haben. Dort saß einer drin und
meldete die Treffer nach Jüterbog zum großen Flugplatz, wo die Maschinen
starteten. Für Notfälle gab es zunächst eine kleine Landebahn in der Heide.
Die
Stukas („Sturzkampfflieger“) waren von den Wiesen ringsherum gut zu sehen;
sie sollen immer 12 Bomben abgeworfen haben.
An
anderer Stelle wurde das Maschinengewehrschießen auf Scheiben vom Flugzeug aus
geübt.
Die
deutschen Armeen überfielen fast ganz Europa und brachten unsägliches Leid über
viele Völker. In unserer Heide wurde der Bombenkrieg geübt, der so viel Leid
brachte.
Auch
die Landung der Fallschirmspringer auf Kreta soll bei uns vorbereitet worden
sein. Die Flugzeuge kamen damals vom Flughafen Lennewitz bei Falkenberg; die
Bewohner der umliegenden Orte konnten das „Schauspiel“ mit ansehen – und
erinnerten sich wenige Tage später daran, als wieder ein Land überfallen
worden war.
„Im
Jahre 1944 wurde der Feldflugplatz Glücksburg hergerichtet. Er hatte die Form
eines „T“.“ Es
gab eine Nord-Süd und eine Ost-West Start- und Landebahn, die dafür benötigten
Flächen wurden einplaniert. „Nach Fertigstellung des Platzes schlug man
Schneisen in den Wald, in denen anschließend Kampf- und Jagdflugzeuge
abgestellt wurden.
Am
12. April 1945 nahm das Jagdgeschwader 4 den Flugplatz in Besitz. Von hier aus
starteten die Piloten zu Kampfeinsätzen in Richtung Ost- und Westfront.“ Die
Nutzung des Platzes erfolgte bis zu ihrem Abzug im April 1945 durch
Jagdgeschwader (Kamikaze-Flieger). (Die Glücksburger
Heide, aaO 8f. Einschub aus Schulze, Martin u.a. (RANA – Büro für Ökologie
und Naturschutz Frank Meyer, Halle): Endbericht 2005 zum Forschungsbericht
Erhaltung und Schutz von Zwergstrauchheiden auf ehemaligen Truppenübungsplätzen
in Sachsen-Anhalt vor dem Hintergrund euroäischer Naturschutzbestimmungen
(NATURA 2000). 12.).
In
Mark Zwuschen wurde ein Feldflugplatz errichtet. Er bestand nordöstlich des
heutigen Ortes aus einem Flugfeld, Baracken und Boxen für die Flugzeuge standen
im Wald. Ganz in der Nähe gab es ja den großen Flughafen bei Jüterbog, mit 25
Kilometer Rollbahnen. Mark Zwuschen war ein Ausweichpunkt. Zum Beispiel wurden
zeitweise Attrappen auf den großen Flugplatz gestellt, und die „echten“
Flieger kamen nach Mark Zwuschen und in andere kleinere Flugplätze – so
sollten die feindlichen Bomber getäuscht werden.
In
der Heide gibt es mehrere Absturzstellen von Flugzeugen, zwei davon sind
besonders gekennzeichnet.
Ein
viermotoriger englischer Bomber stürzte durch Abschuss im Juni 1944 südlich
von Mark Zwuschen ab. Ein Augenzeuge berichtet: „Der Absturz war unweit des
Flugplatzes zwischen dem am Südende des Flugplatzes vorbeiführenden Weges
Oehna-Seyda und dem in einigen hundert Metern Entfernung südlich liegenden
Waldrand, etwas auf Morxdorf zu. Als wir Jungens nach der Schule dorthin kamen,
war von der Besatzung, ob tot oder gefangen genommen, nichts mehr zu sehen. Das
Flugzeug war zertrümmert. Einige Neugierige wie wir waren noch zugegen. Was wir
lediglich noch an Interessantem vorfanden, war MG (Maschinengewehr-) Munition
und einige beheizbare Handschuhe der Besatzung, ansonsten weder Waffen noch
andere für uns Jungen verlockende und brauchbare Gegenstände. Entweder war
solches schon beräumt, oder schon von anderen mitgehen geheißen. Solches
Flugzeug hatte sieben Mann Besatzung. Das Wrack lag in einem Roggenfeld, dessen
Getreide schon am Reife-Erbleichen war, deshalb so Ende Juni (?).“ (Niendorf, 23. November 2006.).
Alle
sieben Besatzungsmitglieder wurden beim Absturz getötet, danach in Morxdorf
beigesetzt und nach dem Krieg 1947 von den Engländern exhumiert und heimgeholt.
Im
März 1945 wurde von Morxdorf aus ein deutscher Jagdflieger beobachtet, der sich
einem alliierten Bomberverband mit ca. 800 Flugzeugen allein entgegenstellte.
Diese Bomberverbände waren unterwegs nach Berlin. Der einzelne Flieger hatte
keine Chance, er wurde sofort abgeschossen. Sein Flugzeug ging in der Heide
nieder. An der Einsturzstelle wurde ein Krater aufgerissen. Das Gelände wurde
abgesperrt und „oberflächenberäumt“, aber es blieb nicht viel Zeit: die
Front drängte heran.
Den
Morxdorfern war der Ort in der Heide durch die Zeiten bekannt, wenn er auch
zuwuchs. Erst nach der Wende wurde eine Ausgrabung vorgenommen. Man fand die
Reste des Flugzeuges, eine Me 109 – und darin den Piloten. Er wurde auf dem
Friedhof in Morxdorf 2002 beerdigt. Am 1. September 2006 wurde ihm ein Kreuz
gesetzt. In der Heide erinnert ein Gedenkstein an den Absturz, dort fand im Jahr
2002 eine Andacht statt, in der aller Gefallenen und Kriegsopfer der Gemeinde
Morxdorf gedacht wurde.
Der Gedenkstein
befindet sich östlich von Morxdorf, wenn man den Ort am Pool Richtung Wald verlässt,
immer gerade aus geht über den Weg Seyda – Mark Zwuschen, dann noch 400 Meter
links sind zwei Hinweisschilder, denen man ca. 100 Meter folgen muss. – Nach
neusten Recherchen könnte es sich bei den Flieger um Heinz Otto handeln,
geboren am 6.1.1920 in Lützkewitz bei Profen. Ein damals 11jähriger Gadegaster
erlebte die Einquartierung eines Jagdfliegers in diesen Tagen, der an dem Tag
nicht zurückkehrte, als das Unglück geschah. Sein Name war Otto Heinz oder
Heinz Otto aus Erfurt. Im Oktober 2006 wurden 79 Briefe nach Erfurt geschickt,
an alle Familien Heinz und Otto. Die Suche ergab, dass es nur einen Heinz Otto
gibt, der seit 1937 in Erfurt lebte und sich dann zur Wehrmacht abmeldete. Nach
einem Schreiben der Gemeindekirchenratsvorsitzenden aus Profen mit dem Ortsteil
Lützkewitz galt der einzige Sohn seiner Eltern als vermisst. „Die Mutter
hatte wohl zu seinem Gedächtnis ein kleines Grab zu Hause angelegt.“
Der Heimatverein „Glücksburger Heide“ brachte eine Gedenktafel an, auf der ein „Luftkampf“ über Mark Zwuschen beschrieben ist: „Am 17. April 1945 rettete mir Oberfeldwebel Fritz Zarske das Leben. Das geschah in Mark Zwuschen beim Landeanflug. Ich hatte schon das Fahrwerk ausgefahren, als sich eine Thunderbolt hinter mich setzte und schoss. Oberfeldwebel Zarske schoss den Ami ab. Eine P 47 kam hinter Zarske und schoss ihn ab. Er versuchte noch einen Fallschirmabsprung, aber der Fallschirm öffnete sich nicht mehr, so dass Zarske tödlich verletzt wurde.“ (Hauptmann Günther Schwanecke im Buch „Sturmjäger J 64“ von Eric Mombeck, Tafel des Heimatvereins Glücksburger Heide.). Eine „Thunderbolt“ P-47 hatte ein Maschinengewehr mit 8 x 12,7 mm Geschossen und eine Bombenlast von 900 kg.
Fritz
Zarske ist mit anderen, auch unbekannten Soldaten, auf dem Friedhof in Seyda
beerdigt worden. An seinem Grab findet jedes Jahr zum Volkstrauertag ein
Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft statt, gemeinsam
verantwortet von Stadt und Kirche.
„Max
Miller, ein junger Unteroffizier vom Tegernsee, stationiert auf dem Flugplatz
Mark Zwuschen, kam bei einem Kampfeinsatz am 15. April 1945 über der Glücksburger
Heide durch einen Aufschlagbrand um´s Leben. Damals galt er als vermisst. Am 1.
Dezember 1993 stieß man bei Entmunitionierungsarbeiten, welche eine
Spezialfirma durchführte, auf Wrackteile eines
abgestürzten Flugzeuges und auf die noch sehr gut erhaltene Erkennungsmarke
eines Luftwaffenangehörigen...“: Max Miller. Er wurde auf dem Friedhof in Mügeln
beigesetzt. Ein Grabstein dort und eine Stele an dem Unglücksort in der Heide
wurden aufgestellt. Intensive Suche führte zu einem Stiefbruder Max Millers,
der bis dahin keine Nachricht hatte und dann im Jahr 2000 zu Besuch kam.“
(Die Glücksburger
Heide – ein Kleinod inmitten der Natur. Ein wunderbares Areal mit historischer
Vergangenheit. Ein Wanderführer, herausgegeben vom Heimatverein Glücksburger
Heide e.V. Jessen, o.J.).
„Ab
12. April 1945 kam unsere Gegend in den Aktionsradius amerikanischer Jagdbomber,
von den Deutschen „Jabos“ genannt. An diesem Tag, so gegen 12.30 Uhr am
Mittag, erlangten sie mit einem verheerenden Angriff von 12 Jagdbombern
„Thunderbolt“, Typ P-47, auf den Flugplatz Jüterbog-Damm die Luftherrschaft
über unsere Gegend. Bei diesem Angriff wurde auch ein Eisenbahn-Militärtransport
angegriffen, wobei beide ziehenden Loks zerschossen worden sind. Auf dem
Flugplatz Damm wurden viele abgestellte Flugzeuge zerschossen und ein
Munitionszug, der auf den Flugplatzgleisen stand, zur Explosion gebracht (wie
auch in Elster – T.M.). Die P-47 war mit sechs überschweren
Maschinengewehren, Kaliber 12,7 mm, als Regel bewaffnet, sie konnte auch mehrere
leichte Bomben zuladen. In den Tagen vom 12. bis zum 20. April, dem
Russeneinmarsch in Jüterbog, waren die „Jabos“ tagsüber am Himmel nicht
wegzudenken, griffen Flugplätze und Bahnlinien an, hielten so die
„Wehrmacht“ nieder und ebneten den Russen den Weg. Selbst am Abend des 20.
April gegen 17.30 Uhr wurde der Flugplatz Mark-Zwuschen noch sechs
„Thunderbolts“ P-47 angegriffen. Durch Bombenangriffe wurden am 17. April
der Bahnhofknotenpunkt Falkenberg und am 18. April der von Jüterbog zerstört.
Auf den Bahnhof Jüterbog mit den Kasernen „Fuchsberge“ fielen 288 Bomben a
500 kg.“ - „In den Tagen der
Jabo-Luftherrschaft, es könnte der 15. oder 16. April gewesen sein, gab es bei
Glücksburg einen großen Waldbrand, den ersten großen, den ich gesehen und
erlebt habe. Um Haaresbreite fielen diesem fast die Häuser von Glücksburg zum
Opfer. Er entstand wohl dadurch, dass die Amerikaner deutsche Militäransammlungen
im dortigen Wald vermuteten und die Jabos dort mit Leuchtspur- und Brandmunition
hineingeschossen haben. Der Brand war östlich der Straße Oehna-Mügeln. Auf
der Heimfahrt mit dem Fahrrad mit mehreren Gleichaltrigen sahen wir im Waldstück
hinter der jetzigen Blumberg-Kiesgrube ebenfalls Rauch aufsteigen. Wir löschten
dort einen Entstehungsbrand, in dessen Mitte wir ein ausgebranntes Geschoss
fanden, allerdings so Kaliber 30 mm, also kein typisches Bordwaffengeschoss,
vielleicht aus einer Sonderbewaffnung der Jabos.“
(Niendorf, Anmerkungen November 2006.). Bestätigend dazu: „Während
des Krieges war das Gebiet auch Ziel alliierter Luftangriffe, wie Funde von
Fragmentstücken entsprechender Bomben belegen.“ (Schulze,
Endbericht aaO 12.).
Die
Zivilbevölkerung der umliegenden Orte erlebte -
auch durch die Militärstützpunkte in der Heide – Fliegerangriffe,
nicht erst in den letzten Kriegstagen. Schon vorher mussten die Schulkinder oft
in die Kellerräume des Amtshauses fliehen. Angloamerikanische Bomberverbände
waren zu sehen, sie flogen Einsätze nach Wittenberg, Berlin und Dresden.
Am
15. April 1945 fuhr ein deutsches Militärauto durch ein offenes Hoftor in ein
Gehöft in Leipa, um feindlichen Fliegern zu entkommen. Daraufhin wurden in
Leipa vier große Bauerngehöfte beschossen und etliche Gebäude zerstört, weil
man wohl vermutete, dass dort deutsches Militär einquartiert wäre.
Es gibt noch ein
weiteres deutsches Soldatengrab in der Heide, das liebevoll gepflegt wird, zum
Beispiel am Totensonntag. Der Soldat wurde erst mehrere Wochen nach seinem Tod
im Sommer 1945 gefunden, schon skelettiert und ohne Erkennungsmarke. Er ist an
Ort und Stelle begraben worden; über seinen Tod gibt es nur Vermutungen:
entweder wurde er von deutschen Einheiten ohne Papiere angetroffen und
erschossen, oder er traf auf russische Soldaten.
So
kam der Krieg in die Heide: Erst wurde er „geübt“, dann brachten die Bomben
furchtbares Leid in ganz Europa, und am Ende wurde der Krieg grausame Realität
für die Menschen hier. Auch für den Wald war die Zeit zwischen den Weltkriegen
eine schlimme Zeit:
„Bereits
während des 1. Weltkrieges kam es zu einer deutlichen Erhöhung des
Holzeinschlages in der Oberförsterei Glücksburg. Dieser Trend setzte sich auch
in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen fort; gerade die Notjahre nach dem
1. Weltkrieg führten zu einer verstärkten Nutzung von Stock- und Reisholz
(VIII).
Trotzdem
konnte die Qualität der Bestände gehoben werden. Im Jahre 1933 wurden von den
Kiefern 2.114,8 ha als anerkanntes Saatgutbestände eingestuft (21). Diese Bestände
nahmen etwa 40% der damaligen Holzbodenfläche der Oberförsterei Glücksburg
ein... Wegen der nationalsozialistischen Rüstungspolitik stieg der
Holzeinschlag erneut an... Der Einschlagsrückgang ab 1940 ist auf die sinkende
Zahl der Arbeitskräfte zurückzuführen (VIII).“
(Elstermann aaO
35; VIII = Aus dem Archiv des Forstamtes Annaburg: Hauptmerkbuch Teil 1 Oberförsterei
Glücksburg.).
Am
22. April 1945 zog die Rote Armee in Seyda ein. Eine Augenzeugin berichtet:
„Um
6 Uhr kamen 6 Motorräder mit je 3 Mann Besatzung. Mit freundlichen Mienen lächelnden
Blicks sausten sie durch Seyda, ohne auf Widerstand zu stoßen...
Um
halb 12 aßen wir Mittag – noch nicht fertig, kamen die Russen mit Pferden,
Autos und Wagen immer im Galopp, was die Pferde laufen konnten... Seyda wurde
von den Russen förmlich überschwemmt. Wir wusste nicht mehr ein noch aus. Die
Vorstadt rückte schon in die Stadt ein. Die Russen hatten die Leute alle aus
ihren Wohnungen geworfen. Auf einmal hieß es, wir müssen auch raus.... Ich
dachte und sagte: „Wir ziehen nach den Hedecken!“ Gesagt, getan. Auf dem
Wege dorthin musste ich feststellen, dass schon viele Leute mit den Handwagen
den Weg dort eingeschlagen hatten.
Inzwischen
war es schon ganz dunkel. Dort angekommen, die Kinder schliefen warm in den
Betten. Wir legten uns auf den blanken Waldboden. An Schlaf war natürlich nicht
zu denken, es war zu kalt. Um 4 Uhr standen wir auf. Um 5 Uhr begann irgendwo
ein Kampf. Man hörte Schießen, allerlei Geschütze,
ganz schwere Artillerie, sodass die Erde zitterte. Es war unheimlich, denn es
war nicht weit, vielleicht Elster, Wittenberg.
Die Vögel
sangen wie im tiefsten Frieden, an die raue Wirklichkeit durfte man gar nicht
denken. Dann kochte ich Kaffee in der Jagdhütte, der Tag war herrlich warm.
Gegen Abend kam ein Gerücht, wir müssen den Wald verlassen, er wird
beschossen...“
(Unser
friedliches kleines Seyda in Kriegsnot, Tagebuchaufzeichnung von Alma Heinitz,
in: Schiepel, aaO 40-42.).
So
wurde auch im letzten Krieg die Heide ein Zufluchtsort, wie sie das immer war,
wenn Kriegshandlungen in unmittelbarer Nähe stattfanden: auch im Dreißigjährigen
Krieg und im Befreiungskrieg etwa.
In
diesen Tagen sah die Heide schon sehr verwüstet aus: neben den Bombenkratern
von den Übungen der deutschen Wehrmacht nun viel zerschossenes Militärmaterial,
Autos, Panzer; tote Pferde mit aufgedunsenen Leibern, und natürlich menschliche
Leichen, Soldaten und Zivilisten. Viele Flüchtlinge durchquerten die Heide, in
verschiedenen Richtungen. Eine schlimme Zeit!
Zum
Kriegsende 1945 hatten sich etwa 90 deutsche Soldaten im Wald bei Linda
versteckt. Einer hatte wohl so großen Hunger, dass er am Abend auf Linda
zulief. Das wurde gemeldet, alle wurden durch die Rote Armee aufgespürt und
erschossen. Man hat sie in der Stille auf dem Friedhof in Linda begraben. Bis in
die Heimat waren sie noch gekommen! Viele Frauen und Angehörige besuchten die
Gräber, die Kirchengemeinde stellte später einen kleinen Gedenkstein an dieser
Stelle auf, im Südosten des Friedhofs.
„Am
20. April 1945 verließ das Jagdgeschwader den Feldflugplatz Glücksburg. Bevor
am 22. April 1945 die Sowjetarmee das Gelände übernahm, entwickelte sich auf
dem Flugplatz ein großer Waldbrand. Es ging von den Besetzern der Heide der
Befehl an alle umliegenden Gemeinden, den Großbrand mit allen Mitteln zu löschen,
welches nach vier Monaten auch gelang. Danach forstete man die Brandfläche, ca.
800 Hektar, wieder auf.“
(Die Glücksburger
Heide, aaO 9.). „Ca. im Jahr 1947 fanden in der Südheide
Wiederaufforstungen mit Kiefern statt.“ (Schulze, Endbericht aaO 12.).
Ein
Augenzeuge sagt, 1945 konnte man deshalb von der Mügelner Straße fast bis nach
Seyda durchschauen, weil so viel Baumbestand durch Brand vernichtet war.
Der
Wald wurde wieder verstärkt genutzt, einfach, um den Hunger zu stillen, um sich
Brennmaterial zu beschaffen, um Streu für die Tiere zu haben. Mehrere tausend
entwurzelte Menschen waren in Seyda und den umliegenden Orten eingetroffen, am
11. August 1945 sind allein einhundert Menschen im Lager in der Jüterboger Straße
registriert worden. Sie hatten die Heimat verloren, wurden nun, so gut es ging,
„einquartiert“ in den Häusern, im Lager, in Notunterkünften, und
versuchten sich und die ihren durchzuschlagen, zu überleben.
(Vgl. Neue
Heimat Seyda. Eine Erinnerung an die Menschen, die durch den Krieg ihre Heimat
verloren. Seyda 2006.).
Mancher,
der nun Großvater ist, wird als Junge in der Heide und auf den alten Flugplätzen
gespielt haben. Es gab dort viel zu entdecken! Mit den Zusatz-Tanks, die der Erhöhung
der Flugdauer durch mehr Treibstoffmitnahme dienten und nun als Schrott
herumlagen, konnte man auf dem „Puhl“ oder bei Hochwasser wunderbar Kahn
fahren, auch aus den alten Flugzeugscheiben ließ sich viel machen...
Zu
einem tragischen Unglück in der Heide kam es 1946. Ein 40jähriger Mann aus
Morxdorf ist bei Waldarbeiten auf eine Miene getreten und wurde getötet.
Die
48 Neubauern von Oehna bekamen Waldflächen im Norden der Heide zugewiesen (die
gesamt Oehnaer Waldflur, dabei das alte Jänickendorf), die sie jedoch bald
nicht mehr nutzen konnten, denn die Sowjetarmee übernahm das Gelände als Übungsgebiet.
„Etwa
in den Jahren 1948/49 erfolgte die Übernahme des Platzes durch die Westgruppe
der Truppe (WGT), d.h. der sowjetischen Armee. Zunächst wurde der Platz
weiterhin als Bombenabwurfplatz genutzt, in den 1950er Jahren fanden schließlich
erste unregelmäßige Übungen (Infanterie, Schießübungen, Einsatz von LKW)
statt. In dieser Zeit wurden auch erste unregelmäßige Panzerübungen
(Panzerdivision Wittenberg, Jüterbog) durchgeführt, die stets nur wenige Tage
dauerten. Vor Ort wurden keine Panzer stationiert. Erste Gebäude am Südrand
der Heide wurden Ende der 1950er Jahre errichtet.
Eine
stärkere Nutzung als Artillerieschießplatz mit Panzerbetrieb erfolgte wohl ab
Mitte der 1960er Jahre. Davon künden noch heute sichtbare Panzerfahrtrassen und
Schießbahnen. Zum Zweck der Panzer-Schießübungen wurden auch Beobachtungstürme
aus Metall an der Peripherie des Platzes errichtet, zusätzlich kleine Bunker.
Bewegliche Ziele wurden mit Seilwinden in der Süd- und Nordheide installiert,
daneben waren auch fest verankerte Ziele vorhanden.
Die
Schussweite der Panzer reichte – entsprechend der Munitionsfunde – bis
2...2,5 km nach Norden. Die Ausgangsschießlinie befand sich südlich der
Dahmschen Straße, Hauptschießrichtung war der Norden, weshalb die
Kampfmittelbelastung im nördlichen Teil höher als im südlichen sein dürfte.
Insgesamt dehnte die sowjetische Armee den Übungsbetrieb flächenmäßig weit
aus. Die Nordgrenze des ehemaligen Übungsplatzes befand sich auf heutigem
Brandenburger Territorium.“
(Schulze,
Endbericht aaO 12.).
Die
Rote Armee – später „Sowjetarmee“ - hatte zuerst nur den
Bombenabwurfplatz weiter genutzt. Das Rollfeld wurde zunächst wieder
aufgeforstet. „Mitte der sechziger Jahre“ wurde er „zu einem
Panzer- und Infanterie-Übungsplatz umgewandelt. Er erreichte zum Ende eine Fläche
von ca. 2.900 Hektar.“
Zum Vergleich:
die alte landesherrliche Seydaer Heide hatte 2.200 Hektar. (Elstermann aaO 36;
Die Glücksburger Heide aaO 8f.).
Der
Flurname „Russenwinkel“ erinnert an diese Zeit. Dort steht jetzt eine
Schutzhütte, die in „typisch russischer Bauweise“ gemauert worden ist:
Stein auf Stein, ohne den aufgesetzten Stein ein Stück zu verschieben. Es ist
ein original russisches Wachhäuschen; die große Heidefläche in der
„Nordheide“ wurde als Hubschrauberlandeplatz genutzt, heute ist er das größte
zusammenhängende Heidegebiet mit ganz viel Heidekraut.
Früher
aber hatte dieser Ort einmal einen anderen Namen! Er hieß
„Drei-Herren-Spitze“, denn an dieser Stelle unweit der Straße Mügeln –
Oehna trafen sich die Flächen von Oehna, Mügeln (Blumberg) und des Königlichen
bzw. Staats-Forstes. Die Landesgrenze zwischen Brandenburg und Sachsen-Anhalt
formt deutlich dieses besonders nach Süden spitze Dreieck nach.
Ein
Förster hat über seine Erlebnisse mit der Sowjetarmee in den Jahrzehnten
seiner Dienstzeit in der Heide ein Buch mit seinen Erlebnissen geschrieben. Das
militärische Übungsgebiet weitete sich immer weiter aus, es umfasste am Ende
das Panzerübungsgebiet mit großem Schießplatz für Scharfschießübungen,
einen Schießstand für Handfeuerwaffen und ein ausgedehnten Fahrschulrundkurs für
Schwimmpanzer der Sowjetarmee.
Hentschel,
Wilfried: Wald im Schatten einer Armee. Eine erschreckende Bilanz.
Frankfurt/Main 1995. – Er berichtet auch aus einer Begehung mit russischen
Offizieren und staatlichen Stellen, als es zur Errichtung einer Panzerübungsstrecke
kommen sollte. „Wir hofften auf den Elbe-Elster-Biber als letzten
stechenden Trumpf, dachte doch von den hohen Herren unserer Meinung nach keiner
an das Naturschutzgebiet... Unserer diesbezüglichen Argumentation begegneten
sie mit einer polemischen Gegenfrage: „Was ist wichtiger, die Erhaltung des
Weltfriedens oder die paar Biber?“ Punkt, Schluss, Ende der Debatte!“
(aaO 45).
Immer
wieder brachen Brände auf, da die russischen Soldaten oft Feuer machten und es
nicht richtig löschten, und auch bei den militärischen Übungen leicht Waldbrände
entstanden. Die deutsche Feuerwehr war dabei oft hilflos. Sie musste warten, bis
die Flammen über die Grenze des Sperrgebietes loderten oder sie eine Erlaubnis
bekamen, den Brand zu löschen.
Ein
besonders schwerer Brand wütete 1982. Er erfasste eine Fläche von 350 ha.
Durch den Funkenflug griff das Feuer rasch immer weiter um sich, von Baumkrone
zu Baumkrone. Morxdorf stand kurz vor der Evakuierung. Glühende Nadeln flogen
bis in das Dorf hinein! Jeder, der konnte, musste bei den Löscharbeiten
zupacken. Mit großen Zweigen und mit Spaten sollte das Feuer „erschlagen“
werden.
Noch
heute kann man am Morxdorfer Waldrand sehen, dass dort nur einzelne große Bäume
stehen: Bis dahin ist das Feuer vorgedrungen. Der übrige Wald brannte ab, dort
sind heute „Kuscheln“ („kuschi“ heißt auf wendisch „kurz“, eine
Erinnerung an die Sprache der Menschen hier vor vielen hundert Jahren!). - Bis
Naundorf sollen die Funken geflogen sein!
Im
Revier Seyda gab es seit 1950 9 Katastrophenbrände. „Hinzu kamen unzählige
Stellungen und Splitterschäden am Sperrgebietsrand.“
(Vgl. Elstermann
aaO 38; Berger, Heinz:
Dokumentation zur Glücksburger Heide (unveröffentlichtes Manuskript), 1991.).
In
Erinnerung sind noch die großen Explosionen, die aus der Heide bei größeren
Manövern zu hören waren. Nicht selten krachte es besonders stark am Heiligen
Abend, und die Heide war blutrot gefärbt von den Flammen – die Russen haben
ja ihr Weihnachtsfest vierzehn Tage später. Der Seydaer Pfarrer Schaeper wagte
es in den 80iger Jahren, eine Eingabe wegen des andauernden Fluglärms an den
Rat des Kreises zu schreiben. Er bekam auch Antwort! Er solle doch die Nummern
der Flugzeuge aufschreiben, man wolle der Sache nachgehen...
12
Millionen Liter Treibstoff sollen in der Heide gelagert worden sein. Es gab eine
Pipeline von der Bahnstation in Elster nach Arnsdorf.
Über
Jahrzehnte durfte die Heide (abgesehen von einigen Randflächen) nicht von
„Unbefugten“, Nicht-Militärangehörigen betreten werden. Wachposten standen
an den Zufahrtswegen. Auch ringsherum durch die Orte gingen Panzerwege und
Panzerstraßen. Nicht selten konnten die Soldaten durch ihren schmalen
Sehschlitz und manchmal auch durch beeinträchtigte Fahrtauglichkeit den Weg
nicht gut erkennen; manche Mülltonne, mancher Gartenzaun wurde plattgemacht;
von der Zerstörung der Wege ganz zu schweigen. Bisweilen auch fuhr ein Panzer
jemandem direkt ins Schlafzimmer – schließlich hatte ein Panzerfahrer selbst
bei geöffneter Luke nicht mehr als 15 Grad Sichtwinkel, hinzu kam Staub und
Dreck der vorausfahrenden Panzer. Eine Dokumentation über die Schäden aber
ahndete man schwer, in kürzester Zeit wurde repariert, und niemand durfte darüber
sprechen. Die sowjetischen Soldaten galten als die „Freunde“, sie waren die
Verbündeten, in der offiziellen politischen Sprache das „Brudervolk“.
Jedoch waren persönliche Verbindungen zu den Soldaten kaum erwünscht. Freilich
gab es – auch in der Morxdorfer Gaststätte – als Auszeichnung für
besonders gute Russisch-Schüler geordnete Begegnungen mit sowjetischen
„Komsomolzen“ – so hieß die kommunistische Jugendorganisation der
Sowjetunion. Doch die einfachen Soldaten hatten keinen freien Ausgang, oft auch
unzureichende Ernährung, so dass sie immer wieder
Mitleid erregten und ihnen heimlich etwas zugesteckt wurde. Besonders
gegen Ende in den 80iger Jahren entwickelte sich aber auch ein reger
Tauschhandel mit Benzin und mit Kohlen und anderen Waren, die in der DDR schwer
zu haben waren.
Im
„Russenmagazin“ („magasin“ heißt auf russisch „Laden“) in Jüterbog
konnte man manches Besondere kaufen. Ein Mann von hier machte einmal einen
besonderen Kauf: Einen echten orientalischen Teppich, zu einem Schnäppchenpreis.
Er nahm ihn, ohne lange zu überlegen, sofort mit, um damit seine Frau zu überraschen.
Als er ihn zu Hause ausrollte, war in der Mitte – ein Bildnis von Lenin.
Seit
1947 lernten die Seydaer Schüler Russisch in der Schule, mit wechselndem
Erfolg. Wohl kaum jemand konnte sich richtig gut mit den sowjetischen Soldaten
verständigen, wohl am ehesten noch diejenigen, die an der Ostfront bzw. in
russischer Gefangenschaft gewesen waren. Die Seydaer Schule trägt den Namen
eines sowjetischen Offiziers: Juri Gagarin, der freilich eine welthistorische
Leistung vollbrachte.
An
manchem Baum in der Heide, zum Beispiel im Buchhorst, kann man noch heute
russische Monogramme und Herzen erkennen, die die meist sehr jungen Soldaten
dort hineingeschnitzt haben. Auch einzelne russische Kreuze (erkennbar an den
drei Querbalken: oben für die Aufschrift „Iesus Nazarenus Rex Iuedeorum“,
unten als Symbol für die Auferstehung die geöffnete Grabplatte) sind Spuren
russischen Soldatenlebens; allerdings wohl nicht für Verstorbene, sondern, wie
Revierförster Hentschel schreibt, als Zeichen für „Entlassungskandidaten“:
Name, Jahreszahl, Herkunftsort sind angefügt, auch Utensilien.
(Hentschel, aaO
133.).
Immerhin:
Man konnte mit den Russen leben. Es konnte einem passieren, dass sie einen im
„Sperrgebiet“, wie man die Heide weithin nannte, beim Pilzesuchen
festnahmen. Das kostete dann oft einige Stunden Zeit. Aber es gab in den 80iger
Jahren keine Bedrohung an Leib und Leben mehr.
Auf Menschen
geschossen wurde nach dem Krieg nur noch sehr selten. Mir sind zwei Ereignisse
bekannt:
Nach dem 17.
Juni 1953 war Ausnahmezustand, der Leiter der Arbeiterkolonie, Gerhard Bloch,
war mit seiner Frau zu einer Feier
bei Förster Richter (gegenüber) eingeladen. Sie überschritten die Sperrzeit,
schlichen sich durch das Kartoffelfeld nach Hause. Die Russen entdeckten sie und
schossen auf sie. (Einer muss uns aufnehmen – das hat Jesus gesagt: Der 17.
Juni 1953 im Seydaer Pfarrhaus. Eine Recherche nach 50 Jahren; Seyda 2003.).
1970 war ein
sowjetischer Soldat ausgebrochen, er erschoss in Seehausen zwei Frauen und wurde
dann selbst erschossen. (Beschrieben in: Neugebauer, Fritz: Gott, der Mensch und
das System. Erinnerungen eines Landpfarrers an die DDR-Zeit, Holzgerlingen 1999,
127f.).
Herr Niendorf
ergänzt: „Solche Vorfälle gab es bei jedem größeren Manöver. Meistens
waren es junge Soldaten, die wegen Heimweh und Schikanen ausbrachen. So auch in
Marzahna, dort wurde ein LKW-Fahrer von solchen erschossen. Sie verkrochen sich
danach in einer Strohmiete, die dann umstellt und von Schützenpanzern in Brand
geschossen wurde. In Petkus hatte sich ein solche im Kühlraum einer gerade neu
errichteten Kaufhalle verschanzt, nachdem er einen „Parlamentär“ erschossen
hatte. Die Kaufhalle, mitten im Dorf gelegen, wurde ebenfalls von Schützenpanzern
in Brand geschossen und zerstört. Bei Riesdorf wurde auch einer gefasst. Er
hielt sich eine Handgranate vor die Brust... Die Ausgebrochenen und Gefassten
wurden zumeist kurzerhand an Ort und Stelle erschossen. Wenn Deutsche in der Nähe
waren, geschah das auf dem Kasernenhof.“
Am
22. November 1990 wurde die Heide von der Sowjetarmee geräumt. (Elstermann
aaO 36; aus einer Dokumentation von Heinz Berger (unveröffentlichtes
Manuskript), 1991.).
16. Eine blieb
stehen
Die
Wende 1990 kam für die meisten Menschen hier sehr überraschend. Es war nicht
zu träumen gewesen, dass die große sowjetische Militärmacht ganz friedlich
abziehen würde, nachdem durch Seyda 1945, aber auch 1953 (beim Arbeiteraufstand
vom 17. Juni) und zuletzt 1968 (Prager Frühling) russische Militärwagen und
Panzer zum Kampfeinsatz gerollt und ihre ganze Stärke gezeigt hatten. Für
viele war es auch nicht vorstellbar, dass der „Sozialismus“, dem die Zukunft
gehören sollte – „wissenschaftlich“ bewiesen – einfach so verschwinden
könnte. Und fast undenkbar schien es, den Machtapparat des Staates, der alles
fest in der Hand zu haben meinte, mit friedlichen Mitteln aufzulösen. Die
meisten hatten sich in den Verhältnissen eingerichtet – auch mit den Russen
in der Heide – jeder hatte ja genug zu essen, ein Dach über dem Kopf, und
manche Annehmlichkeit gab es auch, wenn man sich nicht direkt mit der
Staatsmacht anlegte.
Vermutlich
wird weniger der Mut von Menschen in ihrem Streben nach Freiheit, sondern mehr
der wirtschaftliche Zusammenbruch des Ostblocks zu den Veränderungen geführt
haben. Dazu sehr beigetragen haben wird die militärische Aufrüstung, die
enormen Kosten, die in Armeen und Panzer und Bomben und Raketen und
Grenzsicherungen gesteckt worden waren. Das ganze Land war abgeriegelt, niemand
sollte es illegal verlassen können: Das hatte seinen Preis.
Die
Spuren der militärischen Nutzung durch die deutsche und die Sowjet-Armee sind
bis heute in der Heide sichtbar. Weite Flächen waren 1990 verbrannt und öde.
Hauptsächlich Birken und Krüppelkiefern versuchten zu überleben, wurden aber
bis dahin sofort wieder durch Panzer niedergewalzt oder mit Bomben und Feuer
vernichtet.
„Direkte
Manövereinwirkungen, illegale Holznutzungen und die regelmäßig auftretenden
Brände vernichteten die vorhandenen Bestände. Die als Sichtschutz belassenen
Randjagen befinden sich in einem überwiegend schlechten Zustand (1992). An
verschiedenen Stellen ist dem ehemaligen Kiefernbestand eine Vegetation aus
Birken und Ginster gefolgt. Große Flächen wurden völlig entwaldet.“
(Elstermann aaO 37.).
Es
ist tatsächlich ein Wunder, dass ein Baum inmitten des Infernos stehen
geblieben ist, eine alte Eiche, etwa 200 Jahre alt, gespickt von
Granatsplittern, verwundet im Stamm: aber im Sommer mit einer schönen grünen
Krone. Um diesen Baum in der Mitte der Heide wurde ein schönes Areal
geschaffen, zu Beginn der 90iger Jahre, ein umzäuntes Gebiet mit Ruheplätzen
und der Markierung von Sträuchern und Bäumen.
Dieser
„Heimatgarten“, etwa zwei Hektar groß, ist durch eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme
der Öko-Tour-Sanierungsgesellschaft Seyda unter Leitung von Herrn Willy Richter
aus Zemnick angelegt worden. (Schon seine Vorfahren hatten über viele
Generationen in der Heide zu tun, so mussten sie das Wildbret nach den Jagden
der Kurfürsten abtransportieren.)
Die
„Heimateiche“ ist Symbol des Heimatvereins „Glücksburger Heide“. Jedes
Jahr zum Fest Christi Himmelfahrt findet dort eine Andacht statt, zu der
zahlreiche Menschen aus Nah und Fern kommen. Der Heimatvereinsvorsitzende eröffnet
mit einer kurzen Ansprache, dann hält ein Vertreter der Kirche, meist der
Propst zu Wittenberg, die Andacht. Der Schweinitz-Jessener Posaunenchor sorgt für
die musikalische Begleitung.
Der
Ort an sich ist schon sehr symbolträchtig. Jahr für Jahr kann man mit Freude
sehen, wie grün die Heide wieder geworden ist, und das dort aufgestellte Bild,
was an die Zeit um 1990 erinnert, erscheint immer unwirklicher. So wurde an
dieser Stelle über Gottes Treue gepredigt, die dort handgreiflich vor Augen
ist: Nach so viel Verwüstung und Gewalt, Brandschatzung und todbringenden
Bomben ist nun doch die Heide wieder grün und friedlich.
Es
kann wieder heil werden, was ganz zerstört war. Und es wird natürlich über
den Himmel gesprochen, passend zum Feiertag. Propst Kasparick erinnerte an einen
ähnlichen Baum, den er in dem früheren Stalingrad gesehen hat, und daran, dass
der Himmel unteilbar ist. Superintendent Beuchel griff das Schicksal Juri
Gagarins auf, der das Erlebnis, den blauen Planeten aus dem Weltall zu sehen,
nicht verkraftet hat. Propst Hamel erzählte nach Sartre von Himmel und Hölle:
dass der Himmel dort ist, wo Menschen einander beistehen und Hilfe erfahren.
Zu
Beginn der 90iger Jahre begann mit dem Einsatz vieler Bundes- und Landesmittel
die Entmunitionierung der Heide. Auf zehn Meter wurden die Bomben und ihre
Fragmente ausgegraben, eine mühsame Arbeit, die noch lange nicht zu Ende ist,
sondern aus Kostengründen eingestellt werden musste. So sind zwar die Hauptwege
beräumt, aber für große Flächen ist das Betreten weiter lebensgefährlich
und deshalb verboten. Zu größeren Unglücksfällen ist es jedoch nach der
Wende - Gott sei Dank! – nicht gekommen.
„Infolge
der Munitionsbelastung des Gebietes besteht ein noch heute allgemein gültiges
Betretungsverbot. Die Fläche der Glücksburger Heide befindet sich im
Ressortvermögen des Bundesministeriums für Finanzen als sog. „Allgemeines
Grundvermögen (AGV)“. Die örtliche Liegenschaftsverwaltung oblag bisher dem
Bundesvermögensamt Halle, jetzt Bundesanstalt für Immobilienaufgaben.
Eine
Munitionsberäumung (Tiefenberäumung) erfolgte zwischen 12.10.1992 und
22.04.1994 im Auftrag des Bundesvermögensamtes unter anderem durch die Heinrich
Luthe GmbH (Luckenwalde). Tiefenberäumt (6 m Tiefe) wurden jedoch nur wenige Flächen
und Hauptwege, so z.B. der Fahrweg um den Hubschrauberlandeplatz und die
Dahmsche Straße (Verbindungsweg Seyda-Mügeln). Auch der Bereich des
Heimatgartens um die Heimateiche wurde vollständig munitionsberäumt. Die
meisten übrigen Flächen des Bearbeitungsgebietes wurden bis Ende 1995 visuell oberflächlich abgesucht, Teilflächen
östlich des EU-SPA auch bis in 30 cm Tiefe (Herr Ey, Bundesanstalt für
Immobilienaufgaben; Herr Bräse, Ordnungsamt Wittenberg; schriftl..; vgl. Abb.
2.4). Bis auf die Flächen, welche tiefenberäumt wurden, ist die
Gesamtfläche des Untersuchungsgebietes weiterhin als kampfmittelbelastet
einzustufen (Dr. Waldow, Technisches Polizeiamt des Landes Sachsen-Anhalt
Magdeburg, schriftl.). Für große Teile der Fläche besteht daher nach der
Gefahrenabwehrverordnung zur Verhütung von Schäden durch Kampfmittel
(KampfM-GAVO vom 27. April 2005) ein Betretungsverbot und auch forstliche Maßnahmen
sind, soweit sie mit Eingriffen in die Bodenschicht verbunden sind (z.B.
Pflanzung), gleichfalls untersagt.
Infolge
der natürlichen Sukzession werden zur Zeit große Teile der während der Zeit
des Übungsbetriebes entstandenen Rohboden- und Offenlandbereiche heute von
Pionierwäldern (Birke, Espe) eingenommen, welche im Unterwuchs jedoch vielfach
Besenheide (Calluna vulgaris) aufweisen. Im Nordteil existieren daneben auch
Kiefernforste jüngerer und mittlerer Altersstufen. Größere Offenflächen
werden aber auch noch von Calluna-Reinbeständen eingenommen, seltener auch
Besenginster (Sarothamnus scoparius), so am
Nordrand und im südlichen Teil des EU-SPA. Offene Sandflächen, Silbergras- und
Moosfluren werden zunehmend zurückgedrängt. (Schulze, Endbericht aaO 13.; EU-SPA =
European Special Protection Area; Europäisches Spezial-Schutzgebiet.).
Im
Flur der ehemaligen Seydaer Stadtverwaltung ist eine – an den Rändern
symbolisch rußgeschwärzte – Urkunde zu finden, mit folgendem Text:
„Symbolische
Freiheitsurkunde
9.5.1991
Es grüne
und blühe die Heide
für
immer ungestört
zwischen
Mügeln und Seyde!“
17. Der große
Schatz
Die
Heide hat ihr Gesicht über die Jahrhunderte sehr verändert!
Aus
den Eichenwäldern wurden nach 1800 überwiegend Kiefernbestände, der
Erlenbruch wurde zur Wiese - bis schließlich durch das Militär eine große
Zerstörung einsetzte. Nun, nach fast zwei Jahrzehnten, zeigt sich die Kraft der
Vegetation, wenn sie nur „in Ruhe“ gelassen wird: Sie ist wieder schön,
unsere Heide!
Und
durch ihre Fläche, aber gerade auch wegen der ehemaligen militärischen Nutzung
haben sich in ihren Randstreifen, die deshalb für Menschen kaum zugänglich
waren, manche Pflanzen- und Tierarten besonders entwickeln können.
Wer
weiß schon, dass es in unserer Heide 25 verschiedene Heuschreckenarten gibt?
Dass sich zur Zeit drei Seeadler hier aufhalten? Dass es wissenschaftliche
Forschungen über die Ameisen in der Heide gibt? Dass bei uns die einzige
Giftspinne Mitteleuropas zu Hause ist?
In
den 90iger Jahren wurde darum gerungen, die Heide oder wenigstens einen Teil
davon zum Naturschutzgebiet zu erklären. Dazu gab es verschiedene
Untersuchungen. Heute ist ein zentraler Teil der Heide Naturschutzgebiet und
besitzt den Status eines „FFH-Gebietes“, weil hier Arten und Lebensräume
vorkommen, deren Erhaltung durch die europäische
„Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie“ rechtlich verbindlich geworden ist. Damit
besteht die Chance, das Wald und offene Heidelandschaft künftig das Bild
unserer „Heide“ prägen werden.
Die
Heide ist auch „EU-SPA“, European Special Protection Area,
EU-Vogelschutzgebiet.
„Am
12. September 2002 erfolgte die naturschutzrechtliche Sicherstellung der
„Mittleren Glücksburger Heide“ in den Gemarkungen Mügeln, Leipa und
Arnsdorf als Naturschutzgebiet. Dieses umfasst wesentliche Teile des EU-SPA und
hat eine Flächengröße von 1247 ha. Die Schutzgebietsverordnung beinhaltet
auch eine flächenhafte Pflege- und Nutzungszonierung des Gebietes...
Per
Kabinettsbeschluss, den das Land Sachsen-Anhalt am 28./29.2.2000 und 9.9.2003
fasste, wurde zudem das aktuell 1803 ha große FFH-Gebiet und flächenidentische
EU-Vogelschutzgebiet „Glücksburger Heide“ ausgewiesen. Dieses umfasst sämtliche
Flächen des NSG, geht jedoch auch weit darüber hinaus und schließt bspw. auch
die am Südwestrand gelegenen offenen und halboffenen Heideflächen ein. Im Zuge
der Meldetranche vom September 2003 wurden kleinere Teilflächen am Südrand der
Heide in das SCI integriert, welche u.a. Habitatflächen der an saure Kleingewässer
gebundenen Großen Moosjungfer (Leucorrhinia pectoralis) beinhalten.“ (Schulze,
Endbericht aaO 22.).
„FFH“ ist die Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.5.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, Abl. EG Nr. L 206 vom 22.7.1992, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) NR. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.9.2003 (Abl. EU Nr. L 284, 1). Vgl. Schulze, Endbericht aaO 7. Dort kann man auch lesen, dass unsere Heide die drittgrößte und von den fünf größten die einzige von militärischer Nutzung freie Heidefläche in Sachsen-Anhalt ist:
„Die Glücksburger
Heide gehört zu den großen deutschen Heidegebieten. Das FFH-Gebiet ist mit 500
ha Zwergstrauchheide gemeldet. Mit dieser gegenüber dem derzeitigen Zustand
deutlich geringeren LRT-Fläche steht es bundesweit an 16. und landesweit an 3.
Stelle (vgl. Tab. 7.1 und 7.2). Unter Berücksichtigung von aktuell kartierten
870 ha LRT-Fläche würde die Glücksburger Heide sogar den 12. Platz bundesweit
einnehmen.“ (Schulze, Endbericht aaO
126.).
„In der „Glücksburger
Heide“ sind nach Ende des militärischen Übungsbetriebes ausgedehnte
Zwergstrauchheiden aufgewachsen, die gegenwärtig ihre maximale Ausdehnung
erreicht haben. Die Großflächigkeit der Heide und das Mosaik unterschiedlicher
Entwicklungsstadien verleihen dem Gebiet eine herausragende naturschutzfachliche
Bedeutung. Calluna
vulgaris kommt neben den eigentlichen Heideflächen
(870 ha) mit geringerer Deckung auch in Pionierwäldern und Grasfluren vor, so
dass im FFH-Gebiet derzeit eine Gesamtfläche von 1046 ha mehr oder weniger
stark von heidetypischer Vegetation geprägt ist (Deckung von Calluna ≥ 20 %).
Herauszustreichen ist auch die enge Vernetzung der Zwergstrauchheide mit
unterschiedlich dichten Pionierwäldern sowie mit trockenen Grasfluren und
Sandmagerrasen, die in den reinen Flächenangaben nicht zum Ausdruck kommt.“
(Ebenda.).
Nach
der Wende wurden in der Heide auch Probebohrungen für Wasser durchgeführt. In
Jessen gibt es mehrere Mineralwasserbetriebe, die zeigen: Das lohnt sich!
Am Schallweg
sollen drei Tiefbrunnen angelegt worden sein, um Wittenberg und Halle mit
Trinkwasser zu versorgen, dazu wurden Rohre im Durchmesser von 35 cm verlegt.
Mit
viel Mühe wurden Ruhehäuser und Informationstafeln, Wegweiser, Vogelhäuschen,
ein Naturlehrpfad und vieles andere in die Heide gebracht; das meiste auf
Initiative des Heimatvereins „Glücksburger Heide“, vieles mit Unterstützung
der Öko-Tour-Sanierungsgesellschaft Seyda, fast alles mit Fördermitteln aus
Bund, Land, Landkreis und Kommunen. Die Wege wurden nach der Entmunitionierung
befestigt. Nicht alles hat Bestand gehabt.
Schon
in DDR-Zeiten gab es große Bemühungen, den Naturreichtum der Heide –
wenigstens in den Randbereichen – zu bewahren. So wurden die Teiche am
Ortsrand von Seyda, der Kolonieteich und der Ententeich, in den sechziger Jahren
in ihrer jetzigen Gestalt auf Initiative des Tierarztes und Naturfreundes Dr.
Wojan angelegt.
1960
ist auf Initiative der Familie Elstermann aus Schweinitz der Grundstein für
einen besonderen Naturpark am Rande der Heide gelegt worden: auf einer Fläche
von 25.000 Quadratmetern entstand ein botanischer Garten mit
zahlreichen Gehölzen, Koniferen, Stauden, Farnen, Gräsern,
Wasserpflanzen, die in ihrer Vielfalt wohl noch den Wörlitzer Park übertreffen.
Aus
DDR-Zeiten wird auch berichtet, dass mancher, der Bauholz brauchte, es auch aus
der Heide bekam; der Förster ließ ihn dafür ein paar Hektar Fichten setzen.
So wurde auch damals auf vielerlei Weise versucht, die Heide zu erhalten.
Das
Zentrum der petrolchemischen Industrie der DDR, vormals auch schon eines der
bedeutendsten Industriezentren Mitteleuropas, befand sich südwestlich unserer
Heide, und im nahen Wittenberg-Piesteritz das Stickstoffwerk, so dass sie wohl
auch viele Abgase „schlucken“ musste, denn es ist oft Wind aus westlicher
Richtung.
„Stickstoff
ist ein notwendiger Nährstoff, doch wenn er permanent in zu großen Mengen vom
Wald verkraftet werden muss, schädigt er diesen erheblich. Der jährliche
Zuwachs steigt zum Preis erhöhter Frostanfälligkeit, der Boden vergrast, diese
Grasdecken werden zur Falle für junge Bäumchen sowie zum ernsten
Wasserkonkurrenten; Pilze sterben ab, wodurch die Symbiose mit den Bäumen ins
Stocken kommt, das Bodenleben leidet.“ (Elstermann, Anmerkungen.).
Auch
heute gibt es starke Umweltbelastungen, besonders durch den Straßenverkehr, die
Entnahme des Grundwassers in großem Stil durch Betriebe, durch
Luftverunreinigungen. Die Heide ist in Gefahr, und die schleichende Klimaveränderung
hat – wie schon gezeigt – die Folge, dass Flora und Fauna sich auch verändern.
Das Staunen und die Freude über die Natur kann eine starke Motivation sein,
sich für ihren Erhalt einzusetzen.
Die
herrliche Blütenpracht des Ginsters lädt im Frühling zu ersten Radtouren in
die Heide ein. Doch in jeder Jahreszeit gibt es dort etwas zu entdecken!
Eine
Freude für das Auge sind besonders im Spätsommer die weiten violetten
Heidekrautflächen.
Sie
werden nun auch wirtschaftlich genutzt, ein Mann erntet sie, sie werden beim
Filteranlagenbau verwendet. Damit wird dafür gesorgt, dass die Heidelandschaft
erhalten bleibt – und nicht allmählich zuwächst.
„Seit
Mitte der 1990er Jahre werden Teilflächen der Heide mit hohem Deckungsgrad der
Besenheide (8-12 Jahre alte Bestände sind besonders günstig) und geringer
Verkusselung (ehem. Hubschrauberlandeplatz, Südostteil der Heide) gemäht.
Diese Nutzung geschieht mit Genehmigung durch das Ordnungsamt Wittenberg sowie
Haftverzichtserklärung gegenüber dem Bundesvermögensamt (jetzt BImA). Die
Mahd bzw. die Flächeninanspruchnahme wird zudem mit dem Bundesforstamt sowie
der Oberen Naturschutzbehörde abgesprochen.
Eine
weitere Voraussetzung ist ein ebenes Gelände, um die Befahrbarkeit mit Mähgeräten
zu gewährleisten. Die Nutzung erfolgt hier unter vorrangig wirtschaftlichen
Gesichtspunkten zur Gewinnung von Material für die Herstellung von Biofiltern
durch Herrn André Oehme (Vertrieb
von Heilpflanzen und Naturprodukten) mit Genehmigung
durch die Bundesforst Hauptstelle Roßlau.
Die
Mäharbeiten erfolgen mittels Mähgerät auf mehr oder weniger ebenen Flächen
und betreffen bislang hauptsächlich Flächen innerhalb der Zone „E“ des NSG
„Mittlere Glücksburger Heide“...
Die
Gesamtpflegefläche betrug bisher insgesamt 110 ha. Nach Angaben von Oehme wird für die Mahd einer Heidefläche von 1 ha in
ebenem Gelände ca. 1 Tag benötigt, in unebenem Gelände ca. 2 Tage. Pro Saison
können 60 bis 70 ha auf diese Weise gepflegt werden.“ (Schulze,
Endbericht aaO 20f.).
Bis
zu 80 Hirsche sind im letzten Jahr wieder in einer großen Gruppe gesehen
worden; wie früher ist auch heute die Heide ein beliebtes Jagdgebiet. Vor dem
Krieg kamen Jagdpächter beispielsweise aus Leipzig (für Lüttchenseyda), heute
sind sie aus dem Münsterland und aus Dänemark. Jagdpächter aus
Westdeutschland haben in den letzten Jahren das Gutshaus in Mark Friedersdorf,
Gebäude und Flächen in Mark Zwuschen und auch Waldflächen erworben. In Mark
Zwuschen ist wieder eine Fasanenzucht entstanden. Auch Unterkunftsmöglichkeiten
gibt es in Mark Zwuschen, Morxdorf, Seyda, Gadegast, Mark Friedersdorf,
Naundorf.
„Die Jagdausübung
erfolgt zur Zeit überwiegend durch Gastjäger, lediglich im Nordteil wurden vor
wenigen Jahren erstmals Begehungsscheine erteilt.“ (Schulze,
Endbericht aaO 19.).
Die
„Durchführung von Gesellschaftsjagden“ findet zur Zeit von Oktober bis
Dezember statt. Die Jagdstatistik zeigt, dass im Jahr ca. 90 Rehe und 30 Hirsche
geschossen werden. Dazu kommt das Schwarzwild, auch einmal Füchse (2002 19 Stück,
2003 15.). Die Jagd ist ein Wirtschaftsfaktor geworden!
Sie
ist auch für die Erhaltung des Waldbestandes notwendig: „Nach 1990/91
vorgenommene Anpflanzungen ohne Zaunschutz hatten aufgrund des gestiegenen
Wilddruckes keine Überlebenschance... Die Wildselektion der Baumarten führt
langfristig zu einer noch stärkeren Förderung der Birke als konkurrenzstärkster
Baumart. Der Wilddruck ist somit waldbaulich nicht tragbar.“ (Schulze,
Endbericht aaO 18.).
Auf
200 wurde die Zahl der Hasen in der Heide 2003 geschätzt! Zählen kann man sie
nicht so einfach! Man leuchtet in der Nacht mit Lampen und zählt die Augen!
In
unserer Heide gibt es über 150 verschieden Schmetterlingsarten! So viele wurden
im Jahr 2004 beobachtet. Es sind 127 von den „Großschmetterlingen“
zuzurechnenden Familien, und 25 Arten „Kleinschmetterlinge“. Außerdem gibt
es 134 verschiedene Nachtfalterarten! (Schulze,
Endbericht aaO 84.).
Die
Dornfingerspinne (Cheiracanthium punctorium) gilt als die giftigste Spinne
Mitteleuropas. Sie hat ein markantes Gespinst, einen rotbraunen Vorderrücken
und ein grünlichgelben Hinterleib und ist 12 mm (die Männchen) bzw. 16 mm (die
Weibchen) groß.
„Insbesondere
auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Glücksburger Heide und der einbezogenen
„Markolinischen Wiesen“ nördlich von Jessen konnte die Dornfingerspinne in
bemerkenswerter Anzahl festgestellt werden, während es sich im übrigen
vorwiegend um Einzelfunde handelt... Der Lebensraum der Dornfingerspinne sind
Trockenbiotope wie Trockenrasen und Calluna-Heiden oder Feuchtwiesen, in einem
Fall Ufervegetation an einem Graben bei Linda; stets waren jedoch hohe, die übrige
Vegetation überragende Stengelstrukturen, überwiegend Landreitgras, vorhanden,
an denen die Gespinste befestigt waren. (Uwe
Zuppke, Birgit Krummhaar: Beitrag zur Verbreitung der Dornfingerspinne in
Sachsen-Anhalt. In: Entomologische Mitteilungen Sachsen-Anhalt 1997, Bd. 5, Heft
1, S. 17.).
Die
Dornfingerspinne ist in der Lage, die menschliche Haut zu durchbohren, etwa wie
bei einem Wespenstich! Man wird nicht daran sterben, aber drei Tage Schüttelfrost
können es schon werden!
Doch
keine Angst: die Tierchen sind nachtaktiv, und am Tage halten sie sich da auf,
wo es baum- und strauchlos ist, meist in einer Höhe von einem halben Meter in
einem Gespinst, taubeneigroß. Im Juli sind sie am aggressivsten, sonst weniger.
Sie stehen auf der „Roten Liste“.
Die
Einwanderung dieser Spinne in unser Gebiet ist eine Folge des Klimawandels.
Eigentlich ist sie im Mittelmeerraum zu Hause, erst seit wenigen Jahrzehnten
wird sie nördlich des Mains beobachtet.
25
Heuschreckenarten wurden zwischen 1992 und 1996 in der Heide
gezählt (8 Ensifera, 17 Caelifera). Das entspricht 44% der
Heuschreckenarten Sachsen-Anhalts.
„Die
Glücksburger Heide beherbergt zwei gesetzlich „besonders geschützte“, acht
bundesweit und 14 in Sachsen-Anhalt in die Rote Liste eingestufte
Heuschreckenarten.“
(Michael
Wallaschek: Beitrag zur Heuschreckenfauna (Saltatoria) der Glücksburger Heide
im Südlichen Fläminghügelland. In: Entomologische Mitteilungen Sachsen-Anhalt
1997, Bd. 5, Heft 2, 3.).
Auch
über Schabfliegen gibt es eine spezielle Untersuchung für die Heide! Hier
kommen sämtliche Arten vor, die in Sachsen-Anhalt überhaupt existieren:
Waldschaben, Podas Waldschabe, Gemeine Waldschabe, Kleinschabe und Gefleckte
Kleinschabe... Es sind immerhin 38% der in Deutschland freilebenden deutschen
Schabenarten – weltweit allerdings gibt es 4000 Arten, dagegen ist es natürlich
sehr wenig.
„In der Glücksburger
Heide dürfte die durch die langjährige militärische Nutzung bedingte Vielfalt
an Gehölzbiotypen, insbesondere solcher mit reicher vertikaler und horizontaler
Strukturierung sowie guter Durchsonnung, für das Vorkommen, den hohen
Verbreitungsgrad und die Häufigkeit von Phyllodromica maculata verantwortlich
sein.“
(Wallaschek,
Michael: Beitrag zur Schabenfauna (Blattoptera) der Glücksburger Heide im Südlichen
Fläminghügelland. In: Entomologische Mitteilungen Sachsen-Anhalt, Band 5, Heft
2, 1997, hrsg. von der Entomologen-Vereinigung Sachsen-Anhalt e.V., Schönebeck
1997, 23f und 39.). Über Ameisen forschte der pensionierte Revierförster
Herbert Grusa, Jüterbog, gestorben 2005.
Ein
weites Feld ist die Vogelwelt der Heide. Da gibt es Wespenbussard und Rotmilan,
Heidelerche und Brachpieper, Sperbergrasmücke und Ziegenmelker, Neuntöter und
Schwarzspecht (das sind sonst besonders gefährdete Arten), dazu Sperber und
Waldschnepfe, Hohltaube, Wendehals
und Grünspecht, Braunkehlchen und Schwarzkehlchen, Raubwürger, Grauammer... (Schulze,
Endbericht aaO 43.).
Insgesamt
sind es fast 60 Arten, die sicher in der Heide brüten.
„Vier
Arten – Kornweihe (Circus cyaneus), Raufußbussard (Buteo lagopus), Rotdrossel
(Turdus iliacus) und Erlenzeisig (Carduelis spinus) – sind reine Durchzügler
bzw. Wintergäste. Für fünf auch als Brutvögel nachgewiesene Spezies –
Brachpieper (Anthus campestris), Braunkehlchen (Saxicola rubetra), Singdrossel
(Turdus philomelos), Eichelhäher (Garrulus glandarius) sowie Rohrammer
(Emberiza schoeniclus) – konnte ebenfalls Durchzug belegt werden. Graureiher
(Ardea cinerea) und Seeadler (Haliaeetus albicilla) wurden ausschließlich überfliegend
nachgewiesen. Fünf weitere Spezies – Rohrweihe (Circus aeruginosus), Habicht
(Accipiter gentilis), Turmfalke (Falco tinnunculus), Mauersegler (Apus apus) und Rauchschwalbe (Hirundo rustica) - treten
ausschließlich als Nahrungsgäste auf. Brutzeitnachweise, bei denen jedoch eine
Reproduktion in den Grenzen des PG ziemlich sicher auszuschließen ist, liegen
von Baumfalke (Falco subbuteo) und Kranich (Grus grus) vor. Für zwei weitere,
ebenfalls zur Brutzeit im PG beobachtete Arten – Wespenbussard (Pernis
apivorus) und Grauammer (Miliaria calandra) - ist hingegen
ein Brutvorkommen nicht auszuschließen. Brutverdacht
bestand für Stockente (Anas platyrhynchos), Sperber (Accipiter nisus),
Sommergoldhähnchen (Regulus ignicapillus), Kolkrabe (Corvus corax) und
Fichtenkreuzschnabel (Loxia curvirostra).“ (Schulze, Endbericht aaO 45f.). „Unter Berücksichtigung
des Gefährdungsgrades, der aktuellen Bestandsgrößen sowie der Verantwortung
Deutschlands für den Erhalt von Vogelarten nach Anhang I der EU-VSRL kommt man
zu dem Schluss, dass insbesondere der Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus) zu
den Vogelarten des EU-SPA zählt, auf die sich die aktuellen Schutzbemühungen
konzentrieren sollten. Der Erhaltungszustand der Art wird momentan als günstig
eingeschätzt, der Ziegenmelker weist aktuell ein Bestandsmaximum im Gebiet auf
und repräsentiert mit mindestens 147 Paaren ca. 15 % des aktuellen
Landesbestandes. (Schulze,
Endbericht aaO 131.). „Simon
& Simon (1996) stellen
in ihrem Gutachten die überregionale, landesweite Bedeutung der Glücksburger
Heide für den Erhalt folgender Vogelarten fest:Neuntöter (Lanius collurio),
Sperbergrasmücke (Sylvia nisoria), Brachpieper (Anthus campestris),
Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus).“ (Schulze,
Endbericht aaO 120.).
Kreuzottern,
Wiedehopf: die Zahl der Naturbeobachtungen ließe sich noch lange fortsetzen. Am
besten: Sich selbst auf den Weg machen!
Vieles
kann man heute über die Heide erfahren – auch in Bilddokumentationen, die
Herr Berger, Heimatvereins-vorsitzender, selbst zusammengestellt hat, oder im
Heidemuseum in Arnsdorf.
Heidefest,
Radwandertag, Volkswandertag, Kremserfahrten – zahlreiche Ereignisse gibt es,
in denen viele gemeinsam die Schönheit der Heide genießen.
Doch
lädt sie auch immer wieder ein, sich allein oder in einer kleinen Gruppe
aufzumachen und sich selbst darin als Teil der Schöpfung zu erleben.