„Lieber
Herr Pastor!“
Feldpostbriefe
aus
dem
Ersten
Weltkrieg
von
Gadegastern und Zemnickern.
Eine
Mahnung zum Frieden.
Inhaltsübersicht
Zum Geleit
Verzeichnis der Soldaten
Kleine Chronologie des Ersten Weltkrieges
Kriegsbeginn im Westen (Reinhold Richter aus
Zemnick)
Im Schützengraben (Karl Gresse aus Gadegast)
Verwundet im Lazarett, Not in der Heimat (Otto
Danneberg aus Gadegast)
Auf Heimatbesuch (Ernst Geyer aus Gadegast)
Schwer verwundet (Ernst Hecht aus Gadegast)
Im Stellungskrieg (Otto Klebe aus Gadegast und
Reinhold Kynast aus Zemnick)
In Rußland (Wilhelm Kynast aus Zemnick und Richard
Pötzsch aus Gadegast)
Im Granatenhagel (Albert Richter aus Gadegast)
In Elsaß-Lothringen (Otto Rülicke aus Gadegast)
Verschollen (Otto Thiele aus Zemnick)
An wechselnden Fronten fern der Heimat (Albert
Wägener aus Gadegast)
Anmerkungen
Literaturverzeichnis
Zum Geleit
Am 11. November 1918, vor
80 Jahren, ging der Erste Weltkrieg zuende. Es war der erste Krieg, der den
ganzen Erdball überzog und der mit einer vorher nie dagewesenen Brutalität
geführt wurde. Erstmals sind moderne Waffen wie Maschinengewehre und Panzer und
auch Massenvernichtungsmittel eingesetzt worden.
Väter, Brüder und Söhne
aus unseren Dörfern mußten in diesen Krieg ziehen. In den vorliegenden Briefen
spiegelt sich sowohl die Begeisterung des Anfangs als auch die Verarbeitung der
grausamen Realität wider.
Pastor Theodor Voigt, der
seit 1903 in Gadegast tätig war, schrieb monatlich an alle Soldaten. Er
schickte ihnen die „Heimatgrüße“, jenes Evangelische Monatsblatt des
Kirchenkreises, was er selbst herausgab, und fügte mehr oder weniger
persönliche Sätze hinzu. Einen großen Teil der Männer hatte er selber
aufwachsen sehen und dabei über Schule, Konfirmandenunterricht und Jugendabend
begleitet.
So gibt dieses Zeugnis
der Zeitgeschichte auch Auskunft über die Arbeit des Seelsorgers, vor allem
aber über die persönlichen Erlebnisse der Soldaten, ihre Charakterstärken und
-schwächen und ihr Gottvertrauen. Die Briefe werden hier ohne Kürzung wiedergegeben,
es werden jeweils alle von einem Soldaten erhaltenen Schriftstücke im Wortlaut
abgedruckt.
Die Herausgabe dieser
Briefe soll zum Frieden rufen und zeigen, was für ein Geschenk es ist, daß wir
heute mit den meisten der damals feindlichen Länder in Freundschaft, mit allen
aber in Frieden und in gegenseitiger Achtung leben.
Vielen Dank Frau
Grützbach aus dem Pfarrarchiv Seyda für das Abschreiben der Briefe.
Verzeichnis der Soldaten
79 Gadegaster, davon 8 gefallen, einer vermißt, zwei
gefangen, vier schwer und sechs leicht verletzt
21 Zemnicker, davon sieben gefallen, einer vermißt.
Arndt, Friedrich Hermann
(Zemnick)
Arndt, Otto (Zemnick)
Arndt, Paul (Zemnick)
Becker, Franz (Gadegast,
einberufen 18.8.14)
Becker, Paul (Gadegast,
einberufen 5.8.14)
Bernholz, Gottfried
(Gadegast, einberufen 3.8.14)
Bernholz, Otto (Gadegast,
einberufen 2.8.14)
Clemens, Gottlob
(Gadegast, einberufen 1.3.17)
Clemens, Hermann Paul
(Gadegast, gefallen)
Clemens, Paul (Gadegast,
5.6.16, gefallen)
Clemens, Reinhold
(Gadegast, einberufen 3.8.14, schwer verwundet)
Danneberg, Gustav Otto
(Gadegast, einberufen 5.8.14, gefallen)
Danneberg, Reinhold
(Gadegast, einberufen 5.9.16)
Fenske, Eduard (Gadegast,
einberufen 28.2.15, leicht verwundet)
Freydank, Hermann
(Gadegast, einberufen 31.10.14)
Freydank, Otto (Gadegast,
einberufen 23.8.14)
Freydank, Richard
(Gadegast, einberufen 23.2.15)
Freydank, Richard
(Gadegast, einberufen Winter 1917)
Fromm, Paul (Gadegast,
einberufen 20.9.17)
Fromm, Richard (Gadegast,
einberufen 27.3.15)
Fromm, Richard (Gadegast,
einberufen 4.11.15)
Geyer, Ernst (Gadegast,
einberufen 4.12.14, gefallen)
Geyer, Reinhold
(Gadegast, einberufen 4.10.14, gefangen)
Göritz, Hermann
(Gadegast, einberufen 2.8.1914)
Gresse, Ernst (Gadegast, verwundet)
Gresse, Friedrich Otto
(Gadegast, einberufen 3.8.14, gefallen)
Gresse, Gottlieb Reinhold
(Zemnick, gefallen 1.11.14 Warneton)
Gresse, Karl Friedrich
(Gadegast, einberufen Jahreswechsel 1914/15, leicht verwundet)
Gresse, Otto (Zemnick)
Hecht, Ernst (Gadegast,
einberufen 3.8.14, schwer verwundet)
Hecht, Reinhold
(Gadegast, einberufen 4.8.15, leicht verwundet)
Heinrich, Richard
(Gadegast, einberufen 1.1.15, leicht verwundet)
Herler, Gottfried
(Gadegast, einberufen 31. Juli 1914)
Herler, Richard
(Gadegast, einberufen 28.2.15)
Hesse, Karl (Gadegast,
einberufen 2.1.15)
Höhne, Gottfried
(Gadegast, einberufen 12.11.15)
Junkert, Paul (Gadegast,
einberufen Winter 1917)
Klebe, Otto (Gadegast,
einberufen 5.8.14)
Kohl, Max (Gadegast,
einberufen 6.1.17)
Korpien, Alwin (Zemnick)
Krüger, Paul (Gadegast,
einberufen 30.4.15)
Krüger, Otto (Gadegast,
einberufen 1.6.17)
Küver, der Lehrer
(Gadegast, einberufen 6.8.14)
Kynast, Reinhold
(Zemnick)
Kynast, Wilhelm (Zemnick)
Lange, Gustav (Gadegast,
einberufen 5.1.15)
Lange, Gottfried
(Gadegast, einberufen 4.12.15)
Lange, Hermann (Gadegast,
einberufen 5.6.16, gefangen in England)
Lange, Paul (Gadegast,
einberufen 9.9.17, gefallen Aug. 1918)
Letz, Wilhelm (Gadegast,
einberufen 1.11.15)
Löbnitz, Ernst (Gadegast,
einberufen 2.12.14, vermißt)
Löbnitz, Gottlob
(Gadegast, einberufen 7.8.14)
Löbnitz, Richard
(Gadegast, einberufen 2.8.14)
Loos, Bonaventura August
(Zemnick-Wolfwinkel, gefallen in Seamentea/Ukraine am 28.11.18)
Matthies, Otto (Gadegast,
einberufen 4.12.14)
Matthies, Richard
(Gadegast, einberufen 4.3.15, gefallen)
Meister, Albert (Zemnick)
Meister, Reinhold (Zemnick,
gefallen 19.4.18)
Müller, Ernst (Gadegast,
einberufen 3.12.14)
Müller, Hermann
(Gadegast, einberufen 1.8.16)
Müller, Richard
(Gadegast, einberufen 1.5.15, gefallen)
Müller, Richard (Zemnick,
vermißt an der Somme 5.7.16)
Muths, Gustav Hermann
(Zemnick)
Pötzsch, Friedrich
Reinhold (Zemnick, gestorben im Lazarett Bielefeld am 13.10.18)
Pötzsch, Richard
(Gadegast, einberufen 30.1.15)
Richter, Albert II
(Gadegast, einberufen 1913, leicht verwundet)
Richter, Otto (Zemnick)
Richter, Reinhold
(Zemnick)
Rietdorf, Erich
(Gadegast, einberufen 2.8.14, leicht verwundet)
Rietdorf, Franz
(Gadegast, einberufen 14.9.14)
Rietdorf, Gottfried
(Zemnick)
Rietdorf, Otto (Gadegast,
einberufen 20.10.15, schwer verwundet)
Rietdorf, Richard
(Gadegast, einberufen 3.8.14, schwer verwundet)
Rülicke, Gustav
(Gadegast, einberufen 15.6.17)
Rülicke, Hermann
(Gadegast, einberufen 1.8.16)
Rülicke, Otto (Gadegast,
verwundet)
Rülicke, Reinhold
(Gadegast, einberufen 4.12.14)
Schlüter, Gustav
(Gadegast, einberufen 6.9.16)
Schneider, Reinhold
(Gadegast, einberufen 15.6.17)
Schuck, Hermann (Zemnick)
Schuck, Otto (Zemnick,
gefallen 30.11.17 in Cambrai)
Schuck, Otto Reinhold
(Zemnick, gefallen 13.11.16 in Puisieux)
Schuck, Willi (Zemnick)
Schulze, August
(Gadegast, 1917 mit 21 Jahren)
Schulze, Otto (Gadegast,
einberufen 13.4.15)
Strauß, Wilhelm
(Gadegast, einberufen 16.8.15)
Thiele, Friedrich Otto
(Zemnick, gestorben im Kriegsgefangenenlager Montauban am 9.10.14)
Thiele, Reinhold
(Zemnick)
Wäldchen, Richard
(Gadegast, einberufen 2.4.16)
Wäldchen, Paul (Gadegast,
einberufen 1.10.15)
Wägner, Albert (Gadegast,
einberufen 4.8.14, verwundet)
Wegner, Karl (Gadegast,
einberufen 6.9.14)
Wägner, Reinhold (Gadegast)
Wegner, Richard
(Gadegast, einberufen 1.10.15)
Wenzel, Gottfried
(Gadegast, einberufen 17.9.14)
Wucke, Reinhold
(Gadegast, einberufen 15.9.17)
Zuzel, Ernst (Gadegast,
einberufen 3.8.14)
Zuzel, Ernst (Gadegast,
einberufen 5.11.14)
Zuzel, Reinhold
(Gadegast, einberufen 2.1.16)
Zuzel, Richard (Gadegast,
einberufen 1912, gefallen)
Kleine Chronologie des
Ersten Weltkrieges
Auslöser: 28. Juni
Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand in Sarajewo. 28.
Juli 1914 Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien. 29./30. Juli
Mobilmachung Rußlands. Wegen Beistandsverpflichtungen: 1. August 1914:
Deutsche Mobilmachung und Kriegserklärung an Rußland. 3. August 1914:
Kriegserklärung Deutschlands an Frankreich; 3./4. August: Einmarsch deutscher
Truppen in Belgien. Deshalb 4. August Ultimatum Englands = Kriegserklärung.
August: Japan erklärt Deutschland den Krieg. 6. April 1917: Kriegserklärung der
USA an Deutschland.
9. November 1918:
Revolution in Berlin, Bekanntgabe des Thronverzichts Wilhelm II., Ausrufung der
Republik. 11. November 1918: Waffenstillstand.
Der Krieg im Westen
1914 Bewegungskrieg,
französische Offensive gegen Elsaß-Lothringen.
18. August Angriff des
Schwenkungsflügels über Belgien: Sept. 1914: Fünf deutsche Armeen stehen
zwischen Paris und Verdun.
Winter 1914:
Stellungskrieg beginnt.
Febr./März 1917: Rückzug
der Deutschen in die vorbereitete „Siegfriedstellung“.
Der Krieg im Osten
1914 wird Ostpreußen von
Russen teilweise besetzt und dann zurückerobert.
Außerdem: Seekrieg auf
den Meeren, besonders U-Boot-Krieg; (kleiner) Luftkrieg, Kolonialkrieg
(Deutschland verliert die Kolonien), Nebenkriegsschauplätze in der Türkei, auf
dem Balkan, in Italien.
Kriegsbeginn im Westen
Reinhold Richter aus Zemnick
Mit 23 Jahren in den Krieg gezogen.
Gestorben 1950 in Zemnick.
Musketier, Bursche b. Hr. Ltn. Schirmer, Reg. Stab.
4.
Res. Korps
7. Res. Divis.
Res. Inf. Reg. 72
Masch. Gew. Komp.
Gruß aus dem Felde am 25.11.14
Werter Herr Pastor!
Ihren werten Brief vom 6.11. habe ich erhalten und
mich sehr gefreut, das auch in der Heimat auch an uns gedacht wird. Vielen Dank
für die Heimatgrüße und für die Liebesgabe (vgl. Anmerkung 3) auch. Vielen Dank
für die Liebesgaben, die wir sonst erhalten. Es freut mich, daß in meiner
Heimat so viel für uns gegeben wird.
Mit großer Freude habe ich die Heimatgrüße gelesen
und auch meine Kameraden. Wir freuen uns immer, wenn wir mal aus der Heimat was
hören, und ein jeder wartet immer, bis die Post ausgeteilt wird, ob für ihn was
bei ist, und ist was bei, so ist die Freude groß, und wenn es auch nur eine
Karte ist.
Werter Herr Pastor, Ihrem Wunsch entsprechend
nachzukommen, werde ich Ihnen ein paar Zeilen von meinen Kriegserlebnissen
mitteilen. Als wir am 9.8. von Torgau abfuhren, wurden wir mit großer Freude
überall begrüßt. Am 11.8. wurden wir in Düsseldorf ausgeladen. Von hier aus war
nun alle Tage Marsch von früh bis abends spät. Am 15.8. überschritten wird die
belgische Grenze mit einem lauten Hurra. (vgl. Anmerkung 1) Hier hörte man
schon den Kanonendonner von weiter Ferne und so alle Tage. Alle Mann freuten
sich auf das erste Gefecht, jedoch war es hier ein trauriger Anblick, wenn man
durch ein Dorf kam, was vollständig niedergebrannt war, weil die Bewohner aus
dem Hause geschossen hatten. Am 23.8. überschritten wir die französische
Grenze, wo auch dasselbe Leid erschien, nur einige Dörfer und Städte waren
verschont, auch waren hier die meisten Bewohner geflüchtet aus Furcht vor den
französischen und englischen Soldaten und kehrten auch schon wieder zurück und
freuten sich, daß unsere Truppen einwirkten.
Am 26.8. kamen wir zum ersten Mal ins Gefecht mit
Engländern, es war doch anders, wie man sich das gedacht hatte, wenn die Kugeln
immer über den Kopf pfeifen. In der Nacht vom 26. - 27. bezogen wir Quartier in
einem einzelnen Gehöft und am nächsten Morgen ging es weiter. Am nächsten Tag
nahmen wir eine Patrouille von 54 Mann Engländern gefangen, welche sich in
einem Gehöft versteckt und auf unsere Truppen geschossen hatten, und so hatten
wir noch mehrere kleine Gefechte. Am 5.9. kamen wir in ein Gehöft, wo wir 1
Division gegen eine starke Übermacht kämpften. Es sollen 7 Armeekorps gewesen
sein. Wir haben den Feind zurückgeschlagen und noch ein Dorf vom Feinde
geräumt. Am späten Abend zogen wir uns zurück, wo uns das 2. Armeekorps zur
Hilfe kam, denn wir waren bis auf 30 km vor Paris.
Und vom 6.9.-11.9. waren wir 50 km ab, und diese
Stellung hielten wir, bis uns ein anderes Regiment ablöste.
Wir hatten wohl viele Verluste, aber immer siegreich
geschlagen, und jetzt sind wir 100 km von Paris ab. Wir mußten uns
zurückziehen, weil die anderen Armeekorps noch nicht so weit waren. Hoffentlich
geht es bald wieder vorwärts. Ich will nun schließen, weil man Bücher voll
dessen schreiben könnte. Ich bin noch gesund, was ich auch von Ihnen hoffe.
Nochmals besten Dank und viele Grüße sendet Reinhold Richter. In Eile, denn die
Post fährt jetzt ab. Viele Grüße an meine lieben Eltern und an die Gemeinde.
13.12.14
Werter Herr Pastor!
Ihre werte Postsendung vom 25.11. habe ich erhalten
und vielen Dank dafür. Vielen Dank den Zemnicker Kindern für die Strümpfe, sie
passen gut. Auch habe ich aus den paar Zeilen gesehen, daß Sie schon die 4.
Sendung geschickt haben, ich habe aber erst diese als die 2. erhalten, und daß
Sie noch keinen Brief erhalten haben, ich habe auf die erste Sendung
geschrieben. Hoffentlich erhalten Sie meinen Brief. Viele Grüße sendet Reinhold
Richter.
(Feldpostkarte)
29.12.14
Werter Herr Pastor nebst Familie,
sende Ihnen die herzlichsten Grüße zum neuen Jahr.
Ihre werten Briefe habe ich erhalten, und wofür ich Ihnen meinen besten Dank
für mich schreibe. Hier hat man immer massig Zeit zum Lesen, nochmal viele
Grüße sendet R. Richter.
(Karte Herzlichen Glückwunsch zum neuen Jahre)
25.7.15
An Herrn Pastor Voigt
Werter Herr Pastor, Ihre lieben Briefe habe ich
erhalten und mich sehr gefreut, und wofür ich meinen besten Dank dafür
schreibe. Ich bin noch gesund und munter, was ich auch von Ihnen hoffe. Viele
Grüße sendet Reinhold Richter.
(Karte mit Friedhof)
(vgl. Anmerkung 8)
Im Schützengraben
Karl Gresse aus Gadegast, Ersatzreservist
Mit 31 Jahren zum Jahreswechsel 1914/15 eingezogen.
4. Reservekompanie
22. Reserveinvanteriedivision
43. Reserveinfanteriebrigade
Reserveinfanterieregiment 94
Reservelazarett
Offenbach a. Main
Lazarett 14.
Geschrieben am 9. Juli 1915
im Schützengraben b. Morsäin
Geehrter Herr Pastor!
Ihren Brief mit Karte und Zeitungen habe ich am 7.
Juli erhalten. Ich sage hiermit meinen herzlichsten Dank. Wir sind seit dem 22.
März hier in Frankreich und zum 4. Male im Schützengraben. Unsre Stellungen
sind bei Houri und Morsäin. Es liegt
vielleicht 14 Kilometer nach rechts von Soissans. In der Houri Stellung
hatten wir schweres Artilleriefeuer, und zwar am 6. und 8. Juni. Da lagen die
Granatsplitter wie Hagelkörner im Schützengraben herum. Unsere Wohnungen waren
arg zugerichtet. Unsere Kompanie hatte 22 Mann Verluste in der Stellung,
darunter 4 Tote. Ich bin Gott sei Dank mit Gottes Hilfe gesund und munter davon
gekommen. Wir wollen auch hoffen, daß wir, so Gott es will, wieder gesund und
munter in die Heimat zurückkehren können. Es werden jetzt auch viel Minen nach
den Schützengräben geschossen. Die Dinger haben eine Schwere bis zu 2 Zentner
und 40 Pfund, die ganz schweren werden aber nur bei Angriffen verwendet. Am
Tage geht es immer noch, da sieht man sie geflogen kommen und kann sich in
Sicherheit bringen. Aber des nachts, da ist es gefährlich. Es hat schon mancher
durch den Schock Gehör und Sprache verloren. Wir haben jetzt wieder viel Arbeit
mit Unterstände bauen. Die zuerst gebauten sind nicht mehr sicher genug. Es
geht jetzt 3 - 4 Meter tief in den Erdboden hinein. Die Erde muß alle in Säcken
rausgetragen werden, dann das viele Holz, was dazu gehört. Wir haben gestern einen
fertig gemacht, da sind ziemlich 70 zwei Meter lange Stämme eingebaut. Was in
den Schützengräben für eine Unmasse Holz steckt, da kann sich keiner einen
Begriff davon machen. In 50 Jahren wächst nicht wieder so viel Holz heran, was
jetzt hier abgeschlagen wird. Frankreich wird es wohl nachher sehr bereuen, was
sie für eine Dummheit begangen haben, aber zu spät kommt oft die Reue. Wir
wollen hoffen, daß der Männer mordende Krieg bald ein Ende hat. Wir können aber
darüber nicht bestimmen, sondern wollen aushalten, bis es endlich wieder
Frieden wird und der Feind besiegt ist. Wir müssen alles dem lieben Gott
überlassen, wie er unsere Geschicke lenkt. Ich werde nun hiermit schließen und
hoffe, daß Sie, Herr Pastor, die paar Zeilen bei guter Gesundheit antreffen,
wie sie mich verlassen. Viele Grüße sendet aus Frankreich an alle Gadegaster
und an Ihre Familie
Karl Gresse
Auf ein fröhliches und gesundes Wiedersehn.
(Feldpostbrief)
Ansichtskarte aus Trosly-Loire (Aisne)
Kapelle mit Gedenkstein auf dem Militärfriedhof
Gruß aus Frankreich
Feldzug 1914 - 1915?
Geschrieben am 21.Juli 1915
Geehrter Herr Pastor!
Auf Ihre Briefe, die ich erhalten habe, sende ich
zur Antwort eine Ansichtskarte. Ich bin noch gesund und munter, was ich auch
von Ihnen hoffe. Wir sind jetzt in Ruhe. Viele Grüße sendet aus Frankreich Karl
Gresse
Grüßen Sie auch bitte meine Kameraden.
Auf Wiedersehn
Feldpostkarte mit Fahne und Adler
In deinem Fluge deutscher Aar,
Sei Führer uns´rer Völkerschar!
Geehrter Herr Pastor!
Habe den Brief gestern erhalten und sage unsern
besten Dank. Ich bin noch gesund und munter, was ich auch von Ihnen hoffe.
Lieber Herr Pastor, Sie werden verzeihen, wenn die Antwort nicht so pünktlich
erscheint, wir müssen uns nach dem Dienst des Vaterlandes richten.
Viele Grüße sendet aus Frankreich Karl Gresse
Auf Wiedersehen
St. Legern Ferne ?, den 28.9.1915
Geehrter Herr Pastor!
Sämtliche Briefe und Grüße aus der Heimat habe ich
erhalten und sage hierdurch meinen besten Dank. Herzlichen Dank auch für die
Gratulation für meinen jüngsten Sohn. Hoffentlich ist alles gesund und munter.
Wir sind jetzt wieder in Ruhe, wir waren bei Morsäin in Stellung. Die Franzosen
waren wieder ziemlich lebhaft. Wir bekamen alle Tage so etliche 50 Granaten von
ihnen herübergesandt. Aus meiner Gruppe ist auch einer gefallen. Ich bin Gott
sei Dank noch gesund und munter. Ich hoffe, daß in Gadegast noch alles gesund
und munter ist. Urlaub habe ich auch eingereicht, ist auch genehmigt. Aber wann
das ist, weiß ich noch nicht. Ich denke, daß wir uns bald gesund wiedersehen.
Bei uns ist hier in Frankreich herrliches Wetter, ein bißchen warm, wenn man
das ganze Gepäck auf dem Rücken hat. Ich will nun hiermit schließen, hoffe, daß
Sie der Brief bei guter Gesundheit antrifft. Viele Grüße sendet aus Frankreich
Karl Gresse
Auf Wiedersehn
(Feldpostbrief)
Story, den 28. November 1915
Geehrter Herr Pastor!
Den Brief von Ihnen habe ich erhalten. Wir liegen
jetzt in Armeereserve. Am 22. Oktober sind wir von unserer Stellung abgelöst
worden und sind weiter nach links gekommen. Zuerst waren wir 10 Tage in Ruhe,
dann waren wir 10 Tage zur Ablösung in der Champagne bei den 102.. Jetzt liegen
wir zwischen Rehtel und Amange. Ich bin bis jetzt immer gesund und munter
durchgekommen und wollen hoffen, daß wir wieder mit Gottes Hilfe gesund und
munter in die Heimat können zurückkehren. Bei uns hier in Frankreich ist seit
einigen Tagen starker Frost, was bei Euch in der Heimat auch der Fall sein
wird. Die Weihnachtsfeiertage rücken nun auch mit heran. Es wäre besser, wir
könnten sie in der Heimat verleben und der Krieg wäre vorbei. Die Aussichten
sind aber vorläufig noch nicht da, und es wird wohl auch so schnell noch nicht
gehen.
Viele Grüße sendet aus Frankreich an Sie und Ihre
Familie und alle Gadegaster
Karl Gresse
Auf Wiedersehn
(Feldpostbrief)
Geschrieben, den 21.2.1916
Geehrter Herr Pastor!
Die beiden Briefe mit Zeitungen und Heimatgrüßen
habe ich erhalten. Ich sage hiermit meinen besten Dank. Ich bin noch gesund und
munter, was ich auch von Ihnen in der Heimat von allen hoffe und wünsche. Wir
sind jetzt wieder in Ruhe. Meine Verwundung ist wieder geheilt. Viele Grüße an
Sie und Ihre Familie und alle Gadegaster von Karl Gresse aus Frankreich
Auf ein gesundes Wiedersehen in der Heimat
(Feldpostkarte)
Offenbach, den 9. Juli 1916
Geehrter Herr Pastor!
Ihre beiden Briefe mit Zeitung und Sonntagsblättern
habe ich gelesen. Mit dem Urlaub wird es wohl so schnell noch nicht gehen. Der
Arm ist ja ziemlich heil, aber der Kopf noch nicht. Die Ärzte sagen alle:
"Sie haben aber Glück gehabt mit Ihrem Kopf, etwas tiefer und das Leben
wäre alle gewesen". Mir ist immer noch so schwindlig beim Laufen.
Granatensplitter sind ja auch schon herausgeschworen. Wir können unserm Gott
noch danken, daß wir sämtliche Gliedmaßen noch haben.
Viele Grüße sendet aus Offenbach Karl Gresse
Auf ein gesundes Wiedersehen in der Heimat
Die Wunde ist dicht hinter dem rechten Ohr, welches
auch noch gelitten hat.
Bin am 11. Juni bei Sumiers beim Ablösen verwundet
worden.
(Feldpostbrief vom Reservelazarett 16, Offenbach am
Main, Bürgelschule)
Postkarte - Ansichtskarte von Offenbach a. M.,
Schloßvorhalle mit Blick zur Schloßkirche
Offenbach, den 24. Juli 1916
Geehrter Herr Pastor!
Habe den Brief erhalten, meinen besten Dank. Die Verlegung nach einem
Heimatlazarett muß von der Heimat aus eingereicht werden an die Offenbacher
Lazarettverwaltung und vom Arzt aus der Heimat unterschrieben sein, daß man
Aufnahme findet. (vgl. Anmerkung 9)
Viele Grüße sendet aus Offenbach
Karl Gresse
Auf Wiedersehn
Offenbach, den 31. August 1916
Geehrter Herr Pastor!
Ihren Brief mit Zeitungen habe ich erhalten. Das
Verlegungsgesuch ist vorige Woche auch angekommen. Wie es wird kommen, habe ich noch nicht
erfahren. Meinen aufrichtigen Dank für ihre Bemühungen. Meine Wunden sind zugeheilt,
aber habe jetzt am linken Unterarm den zweiten Furunkel mit Hautentzündung, die
ganze Haut geht runter. Wir haben heut wieder Regenwetter. Viele Grüße sendet
aus Offenbach an Sie und Ihre Familie Karl Gresse
Auf ein gesundes Wiedersehen in der Heimat
(Feldpostbrief aus Offenbach)
Wittenberg, den 11. September 1916
Geehrter Herr Pastor!
Ihre Bemühungen mit der Verlegung waren von Erfolg.
Ich bin seit acht Tagen in Wittenberg, bin mit meinem Bruder und Reinhold
Clemens zusammen. Meine Familie war am Sonntag hier zu Besuch. Ich fühle mich
ganz wohl. Meinen besten Dank für Ihre Bemühungen.
Viele Grüße sendet aus Wittenberg
Karl Gresse
Auf Wiedersehen
(Feldpostbrief aus Reservelazarett Muth, Wittenberg)
Quoilli, den 19. August 1918
Geehrter Herr Pastor!
Den Brief von Ihnen habe ich erhalten und sage
hiermit meinen besten Dank. Wir sind jetzt wieder in Ruhe auf 10 Tage. Diesmal
war es in unserer Stellung verhältnismäßig ruhig. Wir waren jetzt wieder in
Huori, wo wir vergangenes Mal viel Artilleriefeuer hatten. Ich bin bis jetzt
mit Gottes Hilfe immer gesund und munter davongekommen. Ich will auch hoffen,
daß ich gesund wieder in die Heimat kann zurückkehren. Mein Bruder Ernst ist
durch einen Granatsplitter am linken Bein verwundet. Er war in Rußland beim
Landwehrregiment Nr. 72 bei der 5. Kompanie. Wo er hingekommen ist, weiß ich
auch nicht. In Rußland geht es ja jetzt erfreulicherweise vorwärts. Aber von
Frieden ist immer noch keine Aussicht. Wenn es in Rußland beendet ist, wird es
wohl bei uns losgehen, da wird aber wohl noch mal Blut fließen müssen. Die
Witterung war hier in Franken sehr unbeständig, fast alle Tage Gewitter, da war
es im Schützengraben wieder ganz hübsch .... Wir sind jetzt wieder beim Sachen
ausbessern und waschen, damit alles wieder in Ordnung ist, wenn es wieder nach
den Schützengräben geht. Diesmal kommen wir wieder nach Marsäin? in Stellung.
In Gadegast wird doch hoffentlich alles noch in schönster Ordnung sein, es wird
ja viel Arbeit geben, aber es geht nun mal nicht anders, der Krieg fordert seine
Kräfte. Ich bin noch gesund und munter, was ich auch von Ihnen und Ihrer
Familie hoffe und wünsche. Wenn Sie, Herr Pastor, meine Familie mal treffen,
können Sie ja mal grüßen von mir. Heut ist mein Sohn sein Geburtstag.
Viele Grüße sendet aus Frankreich Karl Gresse
Auf ein frohes und gesundes Wiedersehen
Verwundet im Lazarett, Not in der Heimat
Otto Danneberg aus Gadegast
Mit 34 Jahren zog er am 5.8.1914 in den Krieg, hatte
vor vier Jahren geheiratet. Er ist gefallen am 11. September 1918 im Alter von
38 Jahren.
Treuenbrietzen d. 7.3.15
Lieber Herr Pastor!
Bin nun schon 8 Tage in Besitz Ihres werten Briefes
und noch nicht zum Schreiben gekommen. Wir hatten gerade Zugänge bekommen, als
ich Ihren Brief bekam, und zwar von August... teils verwundet, teils krank und
das schlechteste dabei sind die erfrorenen Füße, welches fast nicht zum Ansehen
ist. Die Wunden heilen, wenn sie auch noch so schlecht aussehen, doch, wenn´s
einigermaßen ist, aber erfrorene Glieder nicht. Maurers Richard ist also auch
verwundet, ich hatte gedacht, er würde hier mit bei den Zugängen sein, aber sie
kommen nicht von Ostpreußen, wie ich erwartet hatte, hoffentlich ist er auf dem
Wege der Besserung. Mir ist es immer fatal, wenn ich an die Kameraden draußen
denke, und ich bin hier in der Heimat. Aber der Herr Inspektor hat mich immer
noch gehalten mit Erlaubnis des Arztes wegen den alltäglichen Gängen, wegen
denen ich auch nicht nach Gadegast kommen kann. Denn ich bin von früh zeitig
bis abends spät auf den Beinen und hatte mehr Dienst, als das
Landsturmbatt(a)llion, welches bis vor 14 Tagen hier war. Ich tue es aber gern,
wenn ich weiß, das ich meine Pflicht nachkommen kann und die meinen zu Hause
eine Sorge weniger haben.
Paul Becker hat mir jetzt noch nicht wieder
geschrieben, habe ihm noch einmal Cigarren geschickt. Er wird wohl denken, das
ich bald wieder komme. Werde gleich eine Karte an ihn schreiben. Wie steht es
denn mit den Brotkarten, werden die Kinder mit Erwachsenen gleichgerechnet?
(vgl. Anmerkungen 2 und 12) Hier in der Stadt habe ich so gehört. Doch wir
sollen ja nicht sorgen, denn unser Heiland hat es ja selbst gesagt, aber auch
nicht verschwenden und leicht darüber hinwegdenken, wie es beides von Anfang
des Krieges geschah, wo die Bewohner von den Nachbarorten des Wartelagers nicht
so viel wegholen konnten, als weggeworfen wurde. Nun die gerechte Strafe.
Und mancher muß unschuldig darunter leiden. Wie
mancher in der Nacht wird zur einfachen Hausmansskost zurückkehren und ...
meiden müssen. Das alles sind Gottes Fügungen, er möge uns vor Ärgernis
bewahren. Herzliche Grüße, Ihr ergebener Otto Danneberg.
Auf Heimatbesuch
Ernst Geyer aus Gadegast, Armierungssoldat
Am 4.12.1914 einberufen, am 3. Oktober 1915 mit 24
Jahren in Nordfrankreich gefallen.
35. Armierungsbatallion
5. Kompanie
Feldpoststation 6
6. Armee
(Westen)
Frankreich, den 20.7.1915
Liebe Familie Pastor!
Ich teile Ihnen hierdurch mit, daß ich die beiden
Briefe mit der Predigt erhalten habe, worüber ich mich sehr gefreut habe. Und
wie ich aus der Karte las, wollten Sie für mich ein Urlaubsgesuch einreichen,
aber ich will das Beste hoffen, daß ich Urlaub bekommen werde. Ich glaube, daß
Sie jetzt alle feste bei der Ernte sind. (vgl. Anmerkung 11) Bei uns gibt es
nicht viel zu sehen von der Ernte, denn hier ist alles vernichtet. Ich glaube,
bei Euch ist es viel wärmer als bei uns, denn hier hat es bis jetzt fast alle
Tage geregnet. Es ist nicht so wie bei uns in der Heimat, aber wir wollen es
hoffen, daß wir bald wieder in die Heimat einziehen können. Sonst bin ich und
meine Kameraden noch gesund und munter, was ich auch von Ihnen allen hoffe. Bei
uns ist bis jetzt noch kein Unglück vorgekommen, wir wollen es auch nicht
hoffen, denn es will doch ein jeder in seine Heimat gesund und munter
zurückkehren. Ich sage meinen herzlichsten Dank für die Predigt und die Karte.
Und bleiben Sie alle gesund, auf ein baldiges Wiedersehen.
Viele Grüße sendet Ihnen aus der Ferne Ernst Geyer
(Feldpostbrief)
Geschrieben, den 15.8.1915
Liebe Familie Pastor!
Ich teile Ihnen hierdurch mit, daß ich zweimal bei
Ihnen war, aber der Herr Pastor war alle beide Male nicht zu Hause. Am Freitag
um 1/4 10 sind wir von Elster abgefahren und am Sonnabendnachmittag um 9 waren
wir schon wieder in Frankreich. Und am Sonntag hatten wir gleich Kirchgang, da
sind wir alle dort gewesen, denn wir hatten gerade frei, das war ganz schön. Da
haben wir uns können ausruhen von der Reise, denn es war doch ganz schön in der
Heimat. Aber das nutzt alles nichts, man muß doch wieder fort, aber man hat doch
wieder mal die Heimat gesehen. Lieber Herr Pastor, ich sage meinen herzlichsten
Dank für das Urlaubsgesuch, das Sie für mich eingereicht haben. (vgl. Anmerkung
9) Bleiben Sie alle gesund und munter. Auf ein baldiges Wiedersehen
Viele Grüße aus der Ferne sendet Ihnen Ernst Geyer
(Feldpostbrief)
Geschrieben den 9.9.15
Liebe Familie Pastor!
Ich teile Ihnen hierdurch mit, daß ich heute einen
Brief erhalten habe, worüber ich mich sehr gefreut habe, wenn man von der
Heimat etwas bekommt. Es war in dem Brief Schreibpapier und eine Predigt zum
Lesen, und ich sage meinen herzlichsten Dank dafür. Ich glaube, Sie haben schon
lange auf Antwort von mir gewartet, aber ich hatte bis jetzt immer noch keine
Zeit gehabt zum Schreiben, weil wir immer am Tag arbeiten müssen. Und wenn wir
dann des Abends nach Hause kommen, dann sind wir müde. Aber das schad alles
nichts, das muß man gewohne werden. Aber sonst sind wir alle noch gesund und
munter, was wir auch von Ihnen allen hoffen. Bleiben Sie alle gesund und
munter, auf ein gesundes und baldiges Wiedersehen.
Viele Grüße aus der Ferne
sendet Ihnen Ernst Geyer
(Feldpostbrief)(vgl. Anmerkung 12)
Schwer verwundet
Ernst Hecht aus Gadegast, Unteroffizier
Einberufen am 3.8.14.
Eilenburg
Inf. Reg. 72
2.
Rekr. Depot
2. Ers. Batl.
Wesel, d. 13.9.14
Lieber Herr Pastor!
Sage meinen innigsten Dank für erhaltenen lieben
Brief. Wie freut mann sich doch, wenn sogar der Seelsorger an seine Jungens im
Felde denkt. Ich möchte ja so gern etwas mehr schreiben, aber es geht noch
nicht. Der rechte Arm fängt dabei an zu zittern, und mann kann dann nicht mehr
schreiben. Ich hab doch eine Kugel durch den rechten Oberarm, rechte Schulter,
die sich am Rückgrat feste gemacht und von wo sie die Ärzte rausgeschnitten
haben. Und dann hat mir noch ein großes Stück Eisen von einem
Schrappnellgeschoß die rechte Seite ein wenig eingequetscht. Was mir bis jetzt
die meisten Schmerzen verursacht. Aber mann kann Gott nicht genug danken, das
er uns so gnädig gewesen ist. Denn wie viele liegen hier, wo der Arm entzwei
ist, oder gar die ganze Hand ab ist. Auch die Eltern machen sich viel zu viel
Sorgen zu Hause, die können nicht schlafen. Wo uns doch Gott, der Herr, schützt
und führt. Er weiß am besten, was uns fehlt. Wir werden nun bald mit Gottes
Hilfe in unsere Heimat kommen. Es grüßt und bedankt sich vielmals: Euer Ernst
Hecht. Auf Wiedersehen!
Oberhausen, 20.9.14
Lieber Herr Pastor!
Sage hiermit meinen innigsten Dank für erhaltenes
Schreiben, was hier in Oberhausen nicht mehr so rar ist, als in Wesel. Hier ist
es tausendmal besser. Denn hier werden wir behandelt wie im Frieden. Das Essen
ist ganz besonders gut. In Wesel dagegen müssen viele hungern. Trotzdem ein
Kranker nicht so viel braucht, als wie ein gesunder Mensch. Ich liege hier in
einem kath(olischen) Krankenhaus, aber die Ev(angelischen) werden so gut
behandelt als die Kath. Trotzdem die Kath. frommer sein wollen, als die Ev.
Denn die Schwestern, die beten hier um ½ 6 Uhr morgens, um 11 Uhr mittags und
abends 9 Uhr eine ... halbe Stunde lang. Hier steht auch jeden Korridor der
Heiland, ziemlich in Lebensgröße, und den beten sie an. Die Kranken, die nicht
so schwer verwundet sind, können in die Stadt gehen und können da kaufen, was
sie wollen. Auch können sie sich Pakete von zu Hause schicken lassen, wird hier
alles angenommen. In Wesel dagegen war alles verboten. Hoffentlich kommen wir
bald näher, oder ja ganz nach Hause bei den Eltern, denn da ist es doch noch
besser. Aber ich habe Geduld, denn ich tröste mich immer mit den Worten, die
mir ein Feldprediger in Frerennsville vorgelesen hat: Befiehl Du Deine Wege
u.s.w.
Ich wollte aber, ich könnte bald wieder nach
Frankreich. Denn 40 km waren wir bloß noch ab von Paris, und ich hätte doch
gern die Gellen, die Sch.. und die Russen mit helfen lernen Tango tanzen. Denn
bei den Belgiern, Engländern und Franzosen haben wir es meistenteils schon
gemacht. Ich freue mir sehr, daß in Gadegast alles gesund ist und (sie) feste
Muß kochen. Vielleicht bin ich dann beim Essen auch bald dabei. Aber eine Weile
wird wohl noch vergehen. Aber nur immer Geduld. Gott wird schon alles zum
Besten wenden. Ich schließe in der Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen. Es
grüßt vielmals Euer dankbarer Ernst Hecht.
Adr. wie immer: Nur jetzt im kath. Krankenhaus,
Oberhausen, Rheinland. Ich werde auch meinen Eltern noch einen Brief
schreiben... Ich habe Ihnen gestern erst einen geschrieben.
22.9.14
Kön. Preuss. Kriegsminiserium, Heeressache.
An das ev. Pfarramt in Gadegast bei Seyda, Bz.
Halle, Prov. Sachsen.
„Hier liegt bis jetzt keine Meldung vor. Kriegsministerium
Zentral-Nachweise Bureuau. Referat 1.“
(ist ein Stempel)
9.10.14
Lieber Herr Pastor!
Habe Euren lieben Brief gestern erhalten. Habe mich
sehr gefreut, daß Ihr Alle noch gesund und munter seid. Habe auch daraus
gesehen, das meine lieben Eltern schon acht Tage auf Nachricht von mir warten.
Das kann gar nicht stimmen, ich hab doch immer geschrieben, also müssen sie
eine Karte nicht erhalten haben. Anders kann ich mir das nicht denken. Ich
komme auch hoffentlich morgen wieder etwas näher der Heimat zu. Denn meine
Wunden sind jetzt vollständig verheilt, werde nun bald mit Gottes Hilfe wieder
können ins Feld gehen.
Aber vorläufig bin ich nach dem Garnisionslazarett
Torgau überwiesen worden. Denn es ist doch noch nicht alles so, wie zuvor. Die
rechte Hand, die zittert, überhaupt beim Schreiben. Ich fahre aber auf meinem
Rückweg bei meinem Onkel nach Oberröblingen mit vor, werde auch eine Nacht
dableiben, denn es sind doch wenigstens 14-16 Stunden Bahnfahrt bis Torgau. Wir
haben ja mit Gottes Hilfe schon vielmehr ausgehalten. Wir sind in Frankreich
vom Feldlazarett bis Lambrai von abends ½ 7 Uhr bis nachts um 1 Uhr mit einem
Auto gefahren und von da bis Wesel 50 Stunden mit der Bahn. Es war nicht schön,
aber alles zum aushalten, nur immer Geduld. Wenn ich nun erst in Torgau bin,
dann werde ich doch hoffentlich bald mal können nach Gadegast fahren. Es
schließt nun in der Hoffnung auf ein baldiges gesundes Wiedersehen: Euer
dankbarer Ernst Hecht.
Eilenburg d. 29.11.15
Sehr geehrter Herr Pastor!
Sage Ihnen hiermit meinen innigsten Dank für
erhaltene zwei Briefe. War sehr erfreut darüber, mal wieder aus der lieben
Heimat und Umgegend etwas lesen zu dürfen. Ich wollte, ich könnte wieder unter
all den Lieben und Bekannten in der lieben Heimat leben. Hoffentlich geht der
schreckliche Krieg bald zu Ende. Nun ist das liebe Weihnachtsfest schon wieder
mal ran, aber noch ist kein Ende zu ersehn. Es wird wohl wieder ein recht
trauriges Fest werden, denn ein jeder möchte doch Weihnachten gerne mit seinen
Lieben all zusammen sein. Aber wir stellen alles in Gottes Hand. Er muß´s mit
meinen Sachen, nach seinem Willen machen.
In der Hoffnung auf ein baldiges, gesundes
Wiedersehn, verbleibe ich Ihr ergebenster Ernst Hecht.
Die Adresse von meinem Bruder ist folgende: Fahrer
R. Hecht 3. Abt. 8. Battr. Feldartb. Rgt. N. 17. 4. Preuß. Inftr. Div. 2.
Armeekorps. Hoffentlich kehrt Er gesund zurück.
Im Stellungskrieg
Otto Klebe aus Gadegast, Gefreiter
Einberufen am 5.8.14, hatte am 5.7.14 geheiratet!
7. Reservekorps
7. Reservedivision
Reserveinfanterieregiment 72
Soisonns, den 21.10.14
Geehrter Herr Pastor Voigt!
Im Besitz von Ihrer freundlichen Spende, wofür ich
Ihnen sowie allen Gadegastern meinen herzlichsten Dank dafür schreibe. Daß Sie
mich, wo ich in so kurzer Zeit in Eurer Mitte weilte, so beschenkt und sie sich
darum so bemühen, kann ich Ihnen gar nicht Dank genug darüber schreiben. Was
mir noch leid tut, daß Sie verschiedenen Kameraden das Abendmahl gegeben haben,
was ich erst nach dem Kirchgang erfahren habe. Aber Sie legten mir zu meiner
Trauung den schönen Spruch ans Herz und gaben mir mit auf dem Wege: „Siehe, ich
bin bei dir und will dich behüten, wo du hinziehest". Somit habe ich nun
meine liebe Frau, Eltern und alle Angehörigen, mein Heim und mein Vaterland
verlassen. Wer hätte das gedacht, daß es so schnell kommen sollte, denn es
hatte schon immer geheißen, daß der große Weltkrieg uns bevorsteht, trotzdem
unser deutscher Kaiser schon von allem Abstand genommen hatte. (vgl. Anmerkung
10) Aber er war jetzt gezwungen, die falschen hinterlistigen Mächte haben ihn
hintergangen. Sie werden es vielleicht noch mal bereuen. So Gott will, wird er
uns noch helfen weiter zu siegen und uns beschützen. Man hat schon manche
Strapazen mit durchgemacht. Wenn man zurückdenkt, wir wurden am 10. August
Nachmittag um 2 Uhr ausgeladen in Düsseldorf-Gersheim, erhielten Speisen und
Getränke vom Roten Kreuz, hatten dann noch einen anstrengenden Marsch, es war
ziemlich heiß, hatten viele Schlappsein, sind auch 2 man an Hitzschlag gestorben.
Wir machten unterwegs mal halt, bis etwas kühler wurde, kamen dann abends um 9
Uhr abgespannt in Buderrich? an, wurden hier einquartiert. Die Bewohner nahmen
uns alle gut auf, hatten dann jeden Tag Marsch und wurden immer wieder
einquartiert. Die Bewohner verpflegten uns alle gut. Von Tag zu Tag fiel einem
der Marsch schon leichter und schon am 15ten Nachmittag um 2.30 überschritten
wir mit Gottes Hilfe und Stärke die belgische Grenze, marschierten durch Aachen
und Jülich und nahmen in Montzen Unterkunft. Nun hörte es mit den guten
Quartieren auf, wurden nun wieder verpflegt von unserer Feldküche, die immer
bei uns ist. Ehe wir die Grenze überschritten, mußten wir baden, und sicher: es
erging in jedem Mann ein heimliches Gefühl, aber immer noch eine heitere
Kriegsgesinnung. Man bekam hier schon einen ganz anderen Anblick. Der
Bürgermeister wurde verhaftet, es wurden viele Gewehre und Munition bei ihm
gefunden. Über Sonntag hatten wir Ruhe, marschierten dann zum Montag wieder
weiter, überall ein schauriger Anblick, verschiedene Dörfer waren in Trümmern.
Die Bewohner hatten auf unsere vormarschierenden Truppen stets geschossen, und
das war die Folge davon. Einen recht rührenden Anblick machte es einem, eine
armselige Familie stand vor ihrem Häuslein so recht betrübt. Nahmen am 18.
Unterkunft an Tangens?, die Bewohner machten soweit einen netten Eindruck, aber
falsch und hinterlistig, wie man so in ganz Belgien sah. (vgl. Anmerkung 1)
Hatten uns kaum zur Ruhe gelegt, so wurden unsere Truppen auf dem Marktplatz
vom Kirchturm aus beschossen. Es entspann sich nun ein furchtbarer
Straßenkampf, alles eilte zur Waffe. Es dauerte aber nicht lange, so wurden
verschiedene verhaftet, dann war wieder Ruhe. Suchten dann unser Nachtlager in
den Häusern auf dem Marktplatze. Die Bewohner mußten ihr Bett verlassen. Die
Unschuldigen mußten unter den Schuldigen mit leiden. Unsere Kompanie nahm in
einem Bäckerladen Unterkunft. Am andern Morgen marschierten wir wieder weiter.
Unsere vormarschierten Truppen hatten die Belgier bei jedem Gefecht
zurückgeschlagen. Vom Feinde bekamen wir nichts zu sehen. Hatten immer Marsch,
durch Brüssel sind wir auch marschiert, es war alles friedlich. Es gab keine
Ruhe mehr, nun am 24. überschritten wir die französische Grenze, hier sah es
nicht ganz so schaurig aus wie in Belgien, nur einzelne Gebäude waren
niedergebrannt. Dicht vor der Grenze hatte ein alter Greis auf unsere
vorbeimarschierenden Truppen geschossen, lag nun mit seinem Jagdgewehr in der
Hand vor seinem Hause und die ganzen Wirtschaftsgebäude standen in Flammen. Im
allgemeinen kam einem die französische Bevölkerung nicht ganz so falsch vor wie
in Belgien. Dann und wann stellten sie uns Wasser raus, wo wir
durchmarschierten. Auch hatten wir hier genügend Wein zu trinken, etliche Einwohner
waren geflohen. Nun, am 26. August, kam unsere Kompanie schon ins Gefecht bei
Langsar. Abends um 6 Uhr wurde hier eingeschoben, es dauerte schon von
vormittag um 8 Uhr an. Unsere Kompanie entwickelte sich und ich bin als
Krankenträger. Der Hauptmann rief uns, wir mußten die Verwundeten sammeln und
nach dem Verbandsplatz bringen. Die armen Kameraden jammerten, es ging einem
durch Mark und Bein. Die Granaten schlugen rechts und links von uns ein. Die
Kugeln pfiffen über uns weg. Aber Gott hat uns beschützt und beschirmt. Es
wurde Nacht, wir verloren unsere Kompanie, wir schlossen uns den 4. Jägern an
und suchten mit ihnen Nachtquartier. Todmüde, eine Ruhepause gefunden, kamen
wir um 11 Uhr nachts an und hatten Hunger. Es war eine Gastwirtschaft. Der Besitzer
war geflohen. Wir fanden noch eine Büchse mit Waffeln und tranken ein Glas Bier
zu. Wir waren kaum richtig eingeschlafen, da mußten wir wieder mit abrücken, es
war früh 3 Uhr. Wir fanden dann unsere Kompanie wieder. Wir verfolgten den
Feind, hatten auch etliche gefangene Engländer. Sie haben alles im Stich
gelassen, bekamen keinen Feind mehr zu sehen. Unsere Kompanie blieb nun vom 3.
bis 9. September in Albert zur Artillerie-Munitionsbewachung. Wir marschierten
nun auch wieder weiter, kamen am 13. Sept. wieder ins Gefecht, hatten nun 5
Leichtverwundete. Am 14. kamen wir wieder zum Batallion, welches auch schon
schwer gelitten hatte, verschanzten uns bei Nuv... Zum 20. machte unser Korps
einen Angriff, wo es viel Menschenopfer gekostet hat. Wir Krankenträger mußten
nun die Verwundeten wieder sammeln. Es war ein schauriger Anblick, wir konnten
es gar nicht schaffen. Die Granaten schlugen immer dicht vor uns ein. Aber
Gottes Engel hat uns beschirmt, geschützt und geleitet. Unser Batallion hat
furchtbar gelitten, von 1.050 Mann sind wir noch 300 Mann. Wir wurden auf
etliche Tage abgelöst, hatten zweimal Feldgottesdienst, es ist einem gleich
wieder leichter, wenn man wieder von Gottes Wort und Trost hört. Wir liegen nun
hier schon wieder seit 2. Oktober, unsere armen Kameraden kommen nicht sehr aus
den Schützengräben raus. Dann und wann beschießt uns die feindliche Artillerie
wieder mal, hat uns aber noch nichts geschadet. Man merkt von Tag zu Tag, daß
bald die Entscheidung fallen soll.
Nun geehrter Herr Pastor, hätte sonst weiter keine
Wünsche, bedanke mich noch vielmals und hoffe auf ein frohes und gesundes
Wiedersehen.
Unter vielen Grüßen Ihr Otto Klebe
Sende auch Grüße an Ihre Familie, Emma, Vater und
alle Angehörigen
(Feldpostbrief)
Chawigny b. Soissans, den 14.11.14
Geehrter Herr Pastor Voigt!
Erhielt nun gestern das Paket mit Zigarren, wofür
ich Ihnen für Ihre Bemühungen, sowie der Gemeinde meinen herzlichsten Dank für
die freundliche Spende schreibe. Wir saßen so recht gemütlich an unserem
Kameradschaftstisch zusammen, wo es mir ein Kamerad verabreichte. (vgl.
Anmerkung 3)
Reinhold Kynast aus Zemnick, Musketier
Mit 23 Jahren einberufen.
4. A.K.
7. Inf. Div. 14. Brig.
II. Armee, Westen; Inf. Reg. 165
Frankreich, 24.5.15
(Feldpostkarte von Arras, Markt)
Lieber Herr Pastor, den lieben Brief habe ich
erhalten, worüber ich mich sehr gefreut habe. Vor allem aber auch, das Sie hier
in Feindesland an uns dachten, und sage nun für Alles meinen besten Dank. Mir
geht es Gott sei Dank immer noch ganz gut, was ich auch von Ihnen hoffe. Viele
herzliche Grüße R. Kynast.
Lieven, d. 10.7.15
Sehr geehrter Herr Pastor!
Vor allem sage ich dem Herrn Pastor meinen besten
Dank für die gütige Übersendung der beiden Karten sowie der Zeitungen, welches
ich mit großem Interesse gelesen habe. Es kann uns, die wir hier soweit von der
geliebten Heimat entfernt sind, wohl nichts mehr erfreuen, als ein paar liebe
Zeilen aus der Heimat oder Zeitungen, worin man wieder ein Bild von den
Verhältnissen daheim erblickt. Gerade hier in dieser Mattereike sehnt man sich
nach etwas Neues aus der Heimat, und mit Sehnsucht erwartet man das Austeilen
der Postsachen. Ist uns die Post gnädig gewesen, so geht man mit erneuter Lust,
mit den Gedanken an die Lieben zu Hause, in den Schützengraben, um das geliebte
Vaterland vom Feinde frei zu halten. Der Gedanke an unsere Lieben in der Heimat
und das Vertrauen auf Gott ist es auch, welches unseren Truppen die Kraft und
Ausdauer verleiht, diesen bösen männermordenden Krieg ein Ende zu bereiten und
der Welt einen dauerhaften Frieden, den sie so nötig braucht, wieder zu geben.
Hier an der Lorettohöhe wird wohl auch die Entscheidung in diesem Krieg fallen,
denn tagtäglich finden hier mehrere Angriffe unserer Gegner statt. Jedenfalls
wollen sie gern diese für sie wertvolle Industriegegend für sich zurückholen.
Solang aber noch Deutsche hier sind, werden wir mit Gottes Hilfe nicht
zurückgeben, da auch für uns die Bergwerke ihren Wert haben.
Mit den Wunsche, daß Gott uns einen baldigen, für
unser liebes Vaterland günstigen Frieden geben möge, seien Sie und Ihre werte
Familie vielmals gegrüßt von Ihrem dankbaren Reinhold Kynast. Auf gesundes
Wiedersehn, das walte Gott.
Frankreich, den 22.7.15
(Farbpostkarte von Lille)
(Dank und Grüße, schlecht leserlich, da
Bleistiftschrift verwischt)
Hanies, den 3.8.15
(Postkarte von Lille)
Sehr geehrter Herr Pastor.
Ihren werden Brief habe ich erhalten, worüber ich
mich vielmals bedanke, die Freude ist doch immer groß, wenn man was bekommt aus
der lieben Heimat. Es ist immer wenig Zeit zum Schreiben. Sonst geht es Gott
sei Dank gut, was ich auch von Ihnen hoffe. Viele herzliche Grüße, Reinhold
Kynast.
(Postkarte von Santes mit Bild von der Kirche)
Geschrieben den 1.11.15
Sehr geehrter Herr Pastor,
Ihren werten Brief mit Zeitungen habe ich erhalten,
worüber ich mich vielmals bedanke. Sonst bin ich Gott sei Dank gesund und
munter, was ich auch von Ihnen bestens hoffe. Viele herzliche Grüße, Reinhold
Kynast.
Harriens, den 4.11.1915
Sehr geehrter Herr Pastor,
ich will Ihnen mitteilen, daß ich Ihre werte Briefe
erhalten habe, worüber ich mir vielmals bedanke, denn die Freude ist doch immer
groß, wenn man was bekommt aus der lieben Heimat und darinnen steht, daß es den
Lieben immer noch gut geht in der Heimat, was wir auch immer hoffen und worüber
wir nur Gott danken können, das er unser liebes Vaterland soweit vom Feinde
freigehalten hat und woll´ es auch wieder hoffen, bis da, wo er uns seinen ...
Frieden schenkt.
Sonst geht es mir Gott sei Dank gut, was ich auch
von Ihnen bestens hoffe.
Viele herzliche Grüße aus Feindesland, Reinhold
Kynast.
Auf Wiedersehn, das walte Gott!
Geschrieben d. 14.3.16
Feldpost
(Karte mit Eisernem Kreuz und dem Spruch „Doch eines
Mannes Tugend erprobt allein die Stunde der Gefahr.)
Sehr geehrter Herr Pastor,
Ihre werten Briefe habe ich erhalten, dafür sage ich
meinen besten Dank. Mir geht es Gott sei Dank ganz gut, ... herzliche Grüße R.
Kynast.
In Rußland
Wilhelm Kynast aus Zemnick, Armierungssoldat
Ist mit 31 Jahren in den Krieg gezogen.
46. Armierungsbatallion
4. Kompanie
17. Korparalschaft (Osten)
Geschrieben den 24.24.10.15
Geehrter Herr Pastor!
Ihnen zur Nachricht, daß ich nun auch in Rußland
bin, den Ort darf ich nicht schreiben. Es ist eine sehr schlechte Gegend hier,
da wissen Sie und unsere Lieben daheim gar nicht, wie Sie leben in unserer
lieben Heimat. Das Dorf, wo wir hier sind, ist fast ganz niedergebrannt, nur
die Kirche und etliche Häuser stehen noch, es sind aber alles alte Strohhäuser,
solche schlechte Buden sieht man in unserer Gegend nicht mehr. Da sehen die
Schweineställe bedeutend besser aus. Ich bin nun drei Wochen schon hier. Ich
bin nun 3 Wochen schon hier herumgekommen, nun bin ich erst an Ort und Stelle,
wir bauen hier Wege.
Sonst grüßt nun vielmals Euer Ergebener Wilhelm
Kynast
Auf Wiedersehen
(Feldpostkarte mit Stempel K.D. Feldpoststation Nr.
145)
Geschrieben d. 28.11.15
Geehrter Herr Pastor!
Ihnen zur Nachricht, daß ich Ihren Brief mit den
Zeitungen und die Karte erhalten habe, worüber ich mich sehr gefreut habe. Auch
vielmals meinen besten Dank, denn die Freude ist groß, wenn man etwas aus der
lieben Heimat bekommt, Die Sonntägliche Predigt habe ich gleich den selben
Abend noch gelesen, denn einen Gottesdienst gibt es, wie es den Anschein hat,
bei den Armierungssoldaten nicht. Hier heißt es bloß alle Sonntage von früh 6
Uhr bis Mittag arbeiten, um 1 Uhr bekommt man Mittagessen, dann hat man zu tun
mit Sachen reinigen, denn hier gibt es sehr viel Ungeziefer, wenn man da nicht
hinterher ist, dann kann man sich zuletzt nicht mehr retten vor solchem Zeug.
Wer hier noch keine Läuse bekommen hat, lernt sie kennen in Rußland. Dieses
Land müßte anstatt Rußland Läuseland genannt werden. Wanzen und Flöhe fehlen
auch nicht, die gehören mit zur Tagesordnung hier, sind aber nicht so häßlich
wie die Läuse. Unser Herr Feldwebel sagte mal beim Appell, seid nur hinterher
hinter die Läuse, er fragt uns auch, ob wir welche kennen, da kannte sie noch
keiner. Aber jetzt kennen wir sie alle. Es ist aber auch kein Wunder hier in
diesen Buden, wenn bloß die Sache bald wollt ein Ende nehmen, daß man könnte
Rußland den Rücken zudrehen. Diese Sache will ich nun abbrechen. Etwas Neues
kann ich Ihnen auch noch mitteilen. Vor acht Tagen sind in unsrer Nähe zwei
Landsturmleute vom Landsturmbattallion Meißen ermordet aufgefunden worden,
diese sollen von Spionen, die sich hinter unserer Front in Zivil umhertreiben,
ermordet worden sein. Das ist aber traurig sowas, denn dieses Battallion ist
bei Warschau in einem Gefecht mit vorne gewesen, da hat es den Verlust von bloß
zwei Toten gehabt. Nun ist es zur Besatzung nach Kapaki gekommen und sind die
tapferen Kameraden so um ihr Leben gekommen. Vom 34. Armierungsbattallion ist
auch ein Adjutant nicht wieder zurückgekehrt, dieser soll auch auf solche Weise
umgekommen sein. Wir haben auch acht Tage in dieser Nähe gelegen, den einen
Abend hatten wir Kaffee geholt, unser Haus lag nämlich ganz allein etwas ab von
der Küche mitten im Walde, da ist auch ein Schuß gefallen auf zwei meiner
Kameraden, die Kugel haben sie hören zwischen sich durchsausen, da ist auch
Glück und Unglück beisammen gewesen. Jetzt sind wir 18 km nordwestlich
gekommen, in einem Dorfe hier liegen wir etwas sicherer. Hier ist mehr
Freiheit, nicht so viel Wald. Hier ist auch nicht abgebrannt von den Russen.
Diese Gegend ist auch mehr bevölkert hier. Wir bauen hier Wege in einem Sumpf.
Sonst weiß ich nun nichts mehr neues mitzuteilen.
In der Hoffnung, daß Sie diese Zeilen bei bester
Gesundheit antreffen mögen und herzlichen Grüßen verbleibe ich auf ein baldiges
und gesundes Wiedersehen
Euer ergebener Wilhelm Kynast
Mir geht es sonst noch gut, was ich auch von Ihnen
hoffe.
(Feldpostbrief)
Geschrieben den 5.12.15
Geehrter Herr Pastor!
Ihnen zur Nachricht, daß ich Ihren zweiten Brief mit
den Zeitungen erhalten habe, worüber ich mich sehr gefreut habe, denn es ist
immer wieder eine schöne Erinnerung von der lieben Heimat. Sonst geht es mir
noch gut, was ich auch von Ihnen hoffe. Heute haben wir mal einen freien
Sonntag, es ist nämlich der Tag des einjährigen Bestehens der 4. Kompanie des
46. Armierungsbattalions. Um 12 Uhr mußten wir antreten, da hat unser
Kompanieführer, der Herr Leutnant Neumann eine kurze, aber sehr würdige Rede
gehalten. Er erwähnte nämlich, daß es unsere tapferen Heere durch Gottes Hilfe
so weit gebracht haben, daß unsere deutschen Grenzen vom Feinde befreit sind,
und brachte ein dreimaliges Hurra auf unsern obersten Kriegsherrn, Kaiser
Wilhelm den Zweiten, aus. Danach haben wir mit Musik das Lied
"Deutschland, Deutschland über alles" gesungen, denn wir haben auch
eine kleine Musikkapelle in unserer Kompanie. Dann sprach er auch ein Lob aus
über unsere Kompanie, daß sie sich bei allen Arbeiten, die sie bis jetzt
gemacht hat, stets ein hohes Lob von unsern höheren Vorgesetzten erhalten hat,
und wir sollten so weiter machen bis Ende des Krieges. Hoffentlich nimmt die
Sache bald ein Ende, denn sehnt sich wohl ein jeder danach, denn dieser Krieg
hat nun schon Opfer genug gekostet.
Nun wünsche ich Ihnen ein fröhliches und gesundes
Weihnachtsfest, denn ich werd es wohl hier in Rußland feiern. Da macht es ja
keine große Freude, aber man muß sich trösten mit so vielen Kameraden, die
Hauptsache ist, das wir es gesund feiern können.
Sonst weiß ich Ihnen nichts Neues mitzuteilen, in
der Hoffnung, daß Sie diese Zeilen bei bester Gesundheit antreffen mögen.
Sonst nun viele Grüße, auf ein baldiges und gesundes
Wiedersehen
von Wilhelm Kynast
Viele Grüße an alle Freunde und Bekannte in Zemnick
(Feldpostbrief)
Geschrieben d. 1.1.16.
Geehrter Herr Pastor!
Heute zum neuen Jahr erlaubt es mir die Zeit, daß
ich Ihnen ein paar Zeilen von mir wieder mitteilen kann. Vor allem wünsche ich
Ihnen ein recht segenreiches und fröhliches neues Jahr. Nun will ich Ihnen
mitteilen, wie ich das heilige Weihnachtsfest in Rußland verlebt habe. Am
Heiligabend haben wir bis 12 Uhr gearbeitet. Um 4 Uhr war antreten zum
Kirchgang, dann ging es in eine alte Scheune. Da brannte ein Christbaum, wie es
in unsrer lieben Heimat der Fall ist. Dann haben wir das Lied "Stille
Nacht, heilige Nacht" gesungen. Dann hielt unser Herr Baumeister eine
kurze, aber sehr rührende Rede. Da waren die Gedanken nur in der lieben Heimat
und das Herz wurde einem schwer, wenn man das schönste Fest das Jahres in
Feindesland so fern von unsern Lieben daheim feiern muß. Aber man muß sich doch
trösten mit den lieben Kameraden, die nun das zweite Weihnachtsfest in
Feindesland gefeiert haben. Nach dieser Rede haben wir das Lied "Es ist
ein Ros entsprungen" gesungen, zum Schluß folgte das Gebet des Herrn. Nun
folgte die Armee- und Liebesgabenbescherung unsrer Kompanie, das war eine sehr
dankenswerte und reichliche Bescherung. Es war mindestens ein Wert von 6 Mark,
das war ja nun wieder eine große Freude. Nun kam das schönste noch, um 6 Uhr
mußte ich nun mit auf Wache ziehen bis zum ersten Feiertag 6 Uhr abends. Und
dann die schlechte und kalte Witterung noch dazu, nämlich tüchtiger Ostwind und
Schneegestöber an diesem ersten Weihnachtstag, da werde ich wohl manchmal dran
denken, wenn ich wieder sollte gesund nach Hause kommen. Am zweiten Feiertag
waren wir dienstfrei. Nun wollen wir hoffen, daß uns unser lieber Herrgott im
neuen Jahr einen baldigen und ehrenvollen Frieden schenken wird. Sonst nun
viele Grüße, auf ein baldiges und gesundes Wiedersehn
vom Armierungssoldat
Wilhelm Kynast
Schipp Schipp Hurra
im Osten
(Feldpostbrief)
Geschr. d. 23.2.16
Geehrter Herr Pastor!
Ihnen zur Nachricht, daß ich Ihre Briefe mit den
Zeitungen erhalten habe, worüber ich mich nun vielmals bedanke, denn die Freude
ist groß, wenn man etwas aus der lieben Heimat bekommt. Wie ich nun aus Ihren
Zeilen erfahren habe, sind Sie krank gewesen. Da können wir uns nun beide
trösten, denn ich war auch fußkrank, konnte bald nicht mehr laufen, habe 10
Tage keinen Dienst können machen. Jetzt ist es nun wieder besser. Wir sind
jetzt auch wieder gewandert, haben einen Marsch gehabt von 27 Kilometern, das
machte keinen Spaß. Da ist man froh, wenn man an Ort und Stelle ist. Das ist
schlechter, als wenn man zu Hause 2 Tage arbeitet. Jetzt arbeiten wir in einem
Walde, das ist ein schöner Wald. Die Fichten sind 20 bis 25 Meter lang, auch
viele Tannen gibt es hier, die sehen aus wie Weihnachtsbäume. Da macht es Spaß,
drin zu arbeiten. Die Witterung ist hier jetzt so weit ganz schön, fast alle
Tage trocknes Frostwetter. Etwas Schnee liegt auch noch. Es ist immer noch
ziemlich kalt hier. Wie ich von zu Hause erfahren habe, soll es sehr schöne
Witterung gewesen sein. Da sollen sogar die Stachelbeersträucher und
Rosensträucher schon grün geworden sein. Hier ist es fast immer kalt gewesen.
Am 17 Januar hatten wir 17 Grad Kälte, am 18. hatten wir 20 Grad Kälte, auch
mitunter tüchtigen Sturm und Schneetreiben. Da machte es mitunter keinen Spaß
mehr zu arbeiten. Sonst geht es mir nun wieder gut. Bin wieder gesund, was ich
nun auch von Ihnen hoffe. Neues wüßte ich nun nicht mehr mitzuteilen. In der
Hoffnung, daß Sie diese Zeilen bei bestem Wohlsein antreffen, wie sie mich nun
hier verlassen. Und wir wollen nun hoffen, daß der schreckliche Krieg nun bald
eine Ende nimmt, denn es hat ein jeder satt hier. Sonst nun viele Grüße, auf
ein baldiges und gesundes Wiedersehn durch Gottes Wille sendet
Euer ergebener Wilhelm Kynast
Sonst noch viele Grüße an alle Freunde und Bekannte
in Zemnick
(Feldpostbrief)
Feldpostkarte - Ansichtskarte - Gruß aus dem
Soldatenheim Zozienciol (Russland)
Geehrter Herr Pastor!
Ihnen zur Nachricht, daß ich die Zeitungen erhalten
habe, wofür ich meinen innigsten Dank sage.
In diesem Soldatenheim war ich am Sonntag, es ist
eine halbe Stunde von unserm Ort. Sonst geht es mir noch gut, was ich nun auch
von Ihnen hoffe. Sonst nun viele herzliche Grüße, auf ein baldiges und gesundes
Wiedersehen von Wilh. Kynast
(Stempel: K.D. Feldpoststation Nr. 113)
Geschr. d. 3.7.16
Geehrter Herr Pastor!
Teile Ihnen hierdurch mit, daß ich Ihre Briefe mit
Zeitungen erhalten habe, worüber ich mich gefreut habe. Auch meinen innigsten
Dank dafür. Will Ihnen auch mitteilen, daß bei uns in unserer Kompanie gesperrt
war wegen ansteckender Krankheit, es durfte keiner auf Urlaub fahren. Vom 5.
dieses Monats ist nun alles wieder aufgehoben. Sonst geht es mir noch gut, was
ich auch von Ihnen hoffe. Nun noch viele herzliche Grüße von Wilhelm Kynast
Auf Wiedersehen, Wollen auch hoffen, daß uns unser
lieber Herrgott bald Frieden schenkt.
(Feldpostkarte, Stempel: Königlich Preußisches
Landsturm-Infanteriebatallion Glogau, K.D. Feldpoststation Nr. 114, 5.7.16)
Geschr. d. 26.12.16
Geehrter Herr Pastor!
Heute, am 2. Weihnachtsfeiertag, erlaubt es mir die
Zeit, Ihnen auch mal wieder ein Lebenszeichen von mir zuzusenden. Will Ihnen
auch mitteilen, daß ich die Zeitungen mit den schönen Feldgedichten erhalten
habe, wofür ich auch meinen besten Dank sage. Sonst geht es mir noch gut, was
ich auch von Ihnen allen hoffe. Wünsche nun Ihnen und Ihrer Familie ein fröhliches
und gesundes neues Jahr. Wollen auch hoffen, daß uns das neue Jahr recht bald
den lang ersehnten Frieden bringt. Sonst sendet aus fernem Osten die
herzlichsten Grüße Armierungssoldat Wilhelm Kynast
Auf Wiedersehen
Feldpostkarte, vollständiger Absender:
41. Reservearmeekorps
82. Division
46. Armierungsbataillon
4. Kompanie
10. Korporalschaft
im Osten
Richard Pötzsch aus Gadegast, Landsturmmann
Mit 19 Jahren am 30.1.15 einberufen.
1. A.K.
2. Inf. Div.
Füselier Reg. 33.
I/3 (Osten)
Geschrieben d. 11.10.15
Geehrter Herr Pfarrer!
Ihren werten Brief habe ich heute dankend erhalten,
worüber ich mich sehr gefreut habe, erhielt auch zugleich einen von meiner
Frau, die schreibt, sie hätte schon 4 Wochen keine Nachricht von mir, und ich
habe doch regelmäßig von hier abgeschickt, aber hier in Rußland ist es ja auch
kein Wunder, denn wir sind heut hier und morgen dort. Briefsachen erhalten wir
ja so einigermaßen, aber Pakete kommen schwierig her. Die ersten, die ich
erhalten habe, sind gerade 5 Wochen gegangen. Nun werde ich Ihnen unsre Reise
mal schildern, denn von Gefecht haben wir ja noch nicht viel gesehen, aber
desto mehr von Märschen. Wir sind am 9. August in Dessau eingestiegen und sind
gefahren bis Wittenberg in Ostpreußen. Sind da am 11. Aug. ausgestiegen, am
nächsten Tage marschierten wir nun ab, wußten aber anscheinnach nicht recht
wohin, bald dahin, bald dahin, letzt kamen wir dann am 25.7. in Bielsk an. Da
wurden wir abends dem aktiven Füßilier Reg. No. 33 zugeteilt. Unser Reg. lag im
Gefecht 1 km hinter der Stadt, wir konnten aber nach der Stadt schlafen bis
früh um 3 Uhr, dann gings raus zur Kompanie. Als wir dahin kamen, sagten uns
unsre Kameraden, daß der Ruß zurückgegangen wäre und müßten ihn erst suchen,
und als wir nun da lagen, kam Befehl zum fertigmachen. Es ging aber zurück, wir
dachten nun bis zur Stadt, aber es ging durch, bis es dunkel ward, dann kamen
wir ins Quartier. Nun sahen wir erst, daß es unsre ganze Division war und
dachten nun, wir kämen nach Westen. Wir marschierten bis Kolno und wurden da
verladen. Aber anstatt nach Westen fuhren wir nach Ostpreußen rauf nach
Insterburg und dann wieder über die Grenze bis 12 km vor Konono, von da aus
marschierten wir nun dem Feinde entgegen und trafen ihn am 10.9. mittags. Wir
marschierten auch wie alle Tage und dachten, in Quartier zu kommen, aber es kam
anders. Wir lagen vor ´ner Scheune und dauerte nicht lange, da erhielten wir
schon Schrappnelfeuer, da hatte uns der Polack schon bemerkt, wir schwärmten
nun aus, aber war wieder getürmt, nur Artillerie war noch zurückgeblieben. Und
gegen abend, als wir uns sammelten, erhielten wir ein Schrappnelfeuer, daß wir
alle Minuten konnten gewärtig sein, daß wir getroffen wurden. In der 4. Komp.,
welche 100 m von uns lag, schlug ein Schrappnell ein, 5 Mann tot und 3
verwundet, einem von unsern Dessauern wurde ein Arm und Bein abgerissen. Nun
vergingen wieder Tage, ehe wir ihn fanden, bis am 14.9. kamen wir an einen
Fluß, die Wilian, dahinter hatte er sich festgesetzt. Da keine Brücke da war,
mußten wir bis unter die Arme durchbaden. Wir verfolgten ihn nun bis 100 km
östlich Wilna. Da wurden wir wieder abgelöst und sind wieder zurückmarschiert
und liegen nun 20 km vor Dünaburg in Reserve, hoffentlich wird das Marschieren
nun mal aufhören, denn es war eine hübsche Thur mit dem völligen Kriegsgepäck.
Viele Grüße auf ein gesundes Wiedersehen R. Pötzsch
(Brief von der Ostfront)
Geschrieben d. 14.12.15
Geehrter Herr Pfarrer!
Ihre Briefe, bis jetzt 5 an der Zahl, habe ich
dankend erhalten, Hier kann man nicht viel schreiben, denn in unsern Häusern
hat der Maurer die Fenster vergessen, da ist es am Tag so dunkel wie die Nacht
und kein Licht haben wir nicht. P. Becker und O. Danneberg sind weit rechts von
uns, da liegen wir weit nördlich.
Viele Grüße, auf Wiedersehn, Rich. Pötzsch
(Feldpostkarte, Stempel: K.D. Feldpostexped. der 2.
Infanterie-Div.)
Geschr. im Schützengraben d. 13.4.16
Lieber Herr Pastor!
Die gestrige Post brachte mir außer mehreren Briefen
von meinen Lieben auch Ihre lieben Heimatgrüße, die ich regelmäßig erhalte und
mich mit meiner lieben Heimat verbinden! In No. 43 fand ich nun einen recht
lieben Brief meines Heimatortes, welchen ich mit großem Interesse gelesen habe!
Der Verfasser, der Herr Sanitätsunteroffizier R. L. schildert darin in ausführlicher
Weise das Leben hinter der Front, da, wo Gott sei gedankt, keine Flintenkugeln
hinkommen, wo man des nachts ungestört unter Dach und Fach durchschnarchen
kann, auch von Kanonendonner nichts sieht und hört! Ja, wir Fronttruppen sind
uns alle darüber einig, 20 - 40 Jahre alt, verheiratet und nicht verheiratet,
daß das Leben an der Front, mit dem der Etappe gar nicht verglichen werden
kann! Die Mannschaften in der Etappe haben einen Himmel auf Erden! Außer in der
steten Lebensgefahr, in der wir schweben, wenn uns die Kugeln um die Ohren
sausen und die Granaten mit fürchterlicher Gewalt in unsrer Nähe, Gott sei Dank
nur in unmittelbarer Nähe, eingeschlagen sind, daß der ganze Erdball erzittert
und ungeheure Löcher aufwühlt! Wir also, die dem Tode viel eher geweiht sind,
bekommen unsre Nahrungs- und Genußmittel oft erst dann, wenn die Kameraden von
der Etappe ihr Bäuchlein schon vollgeschlagen haben. Wir Fronttruppen haben
auch keinen Regenschirm, wenn uns der Regen um die Ohren peitscht, wenn der
Wind uns den Schnee in die Augen jagt, oft stehen wir mit angehaltenem Atem in
unserm Horchloche, da jede Unachtsamkeit die ganze Kompanie in Gefahr stürzt!
(Wenn) der Pelz einen Eisklumpen bildet, haben wir so manche Nacht und manchen
Tag treue Wacht gehalten, dabei ist es uns gar nicht eingefallen, diesen Dienst
als schwer zu bezeichnen! Wir tun es gern, beschirmen wir doch unsre Lieben
daheim! Wenn die Etappenmannschaften die Front ablösen müßten, dann würden
manchem die Haare zu Berge stehen! Nur zu oft schlagen die die große Pauke, die
am wenigsten davon wissen!
Nun will ich, lieber Herr Pastor, meinen Brief
schließen und hoffe, daß Sie diese meine Zeilen bei bester Gesundheit antreffen
mögen.
Wünsch Euch von Herzen aufs allerbest
ein gesundes und frohes Osterfest.
Ich hoffe auf ein Wohlergehn
und auf ein baldig Wiedersehn.
Den Namen werde ich nicht nennen.
Ich geb mich heut nicht zu erkennen.
Schreib lieber dann, weil´s grade paßt.
Ein Landsturmmann aus Gadegast.
Geschrieben d. 14.8.1916
Lieber Herr Pastor!
Gesund und munter bin ich hier wieder angekommen.
Ihren Brief vom 2.8. habe ich mit Freuden dankend erhalten. Nun sind wir bald
an dem prophezeiten Friedensdatum, aber unsre Freude wird wohl vergebens sein.
Hoffentlich dauert es aber nicht mehr lange, denn was einen Anfang hat, muß
doch auch mal ein Ende haben.
Viele Grüße, Auf Wiedersehen sendet Ldstr. Pötzsch
(Feldpostkarte, Poststempel: K.D. Feldpostexped. der
2. Infanterie-Div.)
Geschrieben d. 22.12.1916
Lieber Herr Pastor!
Ihren lieben Brief vom 15.12. habe ich mit Freuden
dankend erhalten, auch die Weihnachtsliebesgabe in Zigarren und sage hiermit
Ihnen und den treuen Gebern meinen besten Dank. Eben habe ich den Brief vom
18.12. erhalten mit dem schönen Weihnachtsbüchlein, da habe ich nun Weihnachten
zu lesen.
Nochmals vielen Dank und herzliche Grüße
Landsturmmann Rich. Pötzsch
Im Granatenhagel
Albert Richter aus Gadegast, Pionier.
Mit 23 Jahren in den Krieg gezogen (war schon seit
1913 bei den Soldaten), heiratete am 23. Januar 1916 in Gadegast, leicht
verwundet zurückgekehrt.
4. A. K.
7. Divis.
Divis. Brückentrain 7.
Vor Arras, den 30.10.1914
Viele Grüße sendet von einem Pflichtpatroillengang
aus einer kleinen Vorstadt von Arras
Pionier Albert Richter
den Brief mit den Zeitungen erhalten, Auf
Wiedersehen
(Ansichtskarte: Arras - Le Musée et la Cathédrale)
Atsies vor Arras, den 13.11.14
Mein lieber Pastor!
Ich finde hier gerade noch eine Ansicht vom Eingang
des Lunaparks in Brüssel, die ich Ihnen hiermit zur Ansicht und Andenken schicke.
Vor diesem Eingang sind wir vorbeimarschiert mit Regimentsmusik und Gesang, wo
die Menschenmenge uns mit vielem Staunen empfing. Wir bekamen beim Durchmarsch
mehrere Speisen und Getränke. Einen Brief zu schreiben habe ich jetzt wenig
Zeit. Grüßen Sie auch, wenn möglich, meine Eltern. Viele Grüße an meine ...
Familie
(Ansichtskarte: Brüssel - Exposition de Charleroi
Luna Gardens)
Im Felde, d. 9.12.1914
Mein lieber Pastor!
Teile Ihnen mit, daß ich den Brief vom 3.12.
erhalten habe, der mich recht erfreute. Ich möchte ja gerne einen Brief
schreiben, habe aber leider zu wenig Zeit. Wir müssen Tag und Nacht arbeiten,
damit wir unsere Stellung halten. Wir liegen nordöstlich von Arras in den
Vorstädten und auch vor Arras auf dem Felde. In den Häusern und Gebäuden können
wir garnicht so viel befestigen, wie uns die Franzmänner kaputtschießen. Aber
wir sind immer mit frohem Mut, beschießt uns die Artillerie, so verschwinden
wir tief unter der Erde. Ich muß nun schließen.
Mit vielen Grüßen und der Hoffnung auf baldiges
Wiedersehen.
(Feldpostkarte: 7. Inf. Division)
Bei Arras d. 14.10.1914
Mein lieber Pastor und Seelsorger!
Muß meinem lieben Pastor die freudige Mitteilung
machen, daß ich einen Brief und das Päcken mit den schönen Zigarren erhalten
habe, was mich höchst erfreut und worüber ich meinen besten Dank sage. Es ist
eine wirkliche Wohltat, mal wieder solch eine Zigarre rauchen zu können. Es ist
nämlich schon lange her, als ich das letzte Mal geraucht habe, denn hier in
Frankreich bekommt man überhaupt keine Zigarren zu sehen. Tabak findet man ja
mitunter, aber der ist nicht zum rauchen. Wir liegen jetzt drei Kilometer vor
Arras, der großen Stadt. Unsere Companie zur Besetzung des Rohnedammes in
nordöstlicher Richtung von Arras ist bloß noch schwach bestellt, es sind uns
jetzt noch zwei Maschinengewehre zugeteilt. Ich bin heute morgen eben gekommen
über Nacht von Vorposten. Gestern abend, ehe ich abrückte, habe ich das Paket
erhalten. So will ich nun heute morgen gleich ein paar Zeilen schreiben. Viel
Zeit habe ich ja nicht. Ich muß in einer Stunde wieder auf Vorposten ziehen.
Vorgestern Nacht war ich mit meinem Kamerad und einem Unteroffizier so nahe an
den feindlichen Posten, daß wir zusammen sprechen konnten. Wir schlichen uns
wieder ein Stückchen zurück und verschanzten uns schnell ein bißchen mit
unserem großen Spaten. Wir lagen kaum in unserer Stellung, da ging mir schon
eine Kugel durch die linke Achselklappe, woran der Schanzzeugriemen befestigt
war. Das flog alles weg, mit samt dem Spaten. Aber es dauerte gar nicht lange,
da hatten wir die sechs Rothosen aufs Korn und alle lagen in den Rüben. Heute
morgen um drei Uhr mußten wir uns zurückziehen nach unserm von uns besetzten
Bahndamm und mußten uns kräftig verteidigen. Eine ganze Division Rothosen wollte
durchbrechen. Da haben wir denn, unsere Kompanie, mit den zwei
Maschinengewehren und einer französischen Kanone, die wir beim Dorfe Haumien
selbst erobert haben, zurückgeschossen. Wir hatten noch zu dem Geschütz zwei
voll beladene ... mit Granaten. Zwei von schlausten und mutigsten Kameraden
bedienten das Geschütz. So lagen dann heute Morgen an verschiedenen Stellen in
Gruppenkolonnen die Franzmänner im Blute. Wenn die Franzosen vor- oder
zurückgehen, die gehen nämlich immer in Gruppenkolonnen, so hab ich schon
manchen Sturm mitgemacht. Bei ...vill haben wir, unsere Kompanie, alleine 400
Engländer gefangengenommen, die wollten uns des nachts überfallen in einem
Gutshofe. Bei der Erstürmung eines Dorfes, den Namen weiß ich augenblicklich
nicht, mußten wir uns auch zurückziehen, da wir zu schwach waren. Da sind
welche in Kugelregen und Granatfeuer gelaufen, daß man dachte, jetzt bleibt
keines über. Da stürzten die armen Kameraden immer rechts und links von einem.
Die Kugeln kamen gefallen, als wenn einen einer immer mit Händen voll kleiner
Steine bewirft. Da konnte man bloß Gott, seinem Schöpfer danken, wie er jede
Kugel gelenkt und geführt hat, daß man glücklich ist wieder davongekommen. Aber
wir lassen den Mut nicht sinken: Eine feste Burg ist unser Gott.
Mein lieber Herr Seelsorger, ich muß jetzt aufhören,
meine Stunde zur Postenablösung ist gekommen. Ich werde ein ander Mal mehr
schreiben oder wenn ich wieder gesund sollte nach Hause kommen, dann kann ich
vielleicht was erzählen von der schweren Schlacht bei ... und Arras. Diese
beiden Städte, das sind die schwersten Punkte.
(Feldpostbrief)
Bei Arras, d. 20.10.1914
Mein lieber Seelsorger!
Muß die freudige Mitteilung machen, daß ich schon
wieder ein Paketchen von meinem lieben Pastor erhalten habe, was mich höchst
erfreut und ich nun wiedermal eine warme Fußbekleidung habe. Strümpfe habe ich
ja vorläufig genügend. Ich habe welche bekommen von den Liebesgaben, die wir
erhalten haben. Bekleidungsstücke habe ich also genügend. Es fehlt uns bloß
immer an Fettigkeiten. Aber wir streuen immer Salz auf unser Brot, das macht ja
auch die Wangen rot. Mitunter haben wir ja auch mal eine Flasche Rotwein, denn
den gibts ja hier genügend. Bloß wir dürfen immer nicht rein nach den Dörfern,
daß wir uns welchen holen. Aber, na wir werden nicht verhungern. Wir liegen nun
schon so lange Zeit vor Arras zur Besetzung eines Bahndammes. Diese Stellung
wollen wir halten, wenn an den andern beiden Flügeln angegriffen wird und die
Rothosen ziehen sich nach der Mitte hin zusammen, dann können wir sie da
vielleicht in dem Winkel gefangennehmen. Das ist ein haushoher Bahndamm, da
lassen wir auch im schlimmsten Falle keinen durch. Sie greifen uns ja immer
nachtens schon an. Aber wir Pioniere haben ja das schöne Stolperminenlegen
gelernt. Da haben wir wenigstens 1 Kilometer länger vor dem Damm mit Mienen
belegt. Wir haben ja bei der Arbeit auch immer schwere Verluste, weil wir immer
furchtbar mit Granatfeuer beschossen werden. Aber wenn die Franzmänner nachtens
angestürmt kommen und die Ersten fliegen an den Mienen in die Luft, dann ziehen
sie sich jedesmal wieder zurück nach der Vorstadt ihrer Deckung. Wenn wir keine
Minen hätten, könnten wir sie ja schließlich nicht halten, weil wir furchtbar
Granatfeuer bekämen. Wir selber haben nicht viel Artillerie hier, weil alles
mehr auf den Flügeln steht. Wir sollen aber jetzt die schweren Mörser bekommen
hinter uns, vielleicht zur Einschießung der Stadt und alten ..., die noch
vorhanden sind. Gestern haben wir erst wieder ein Lob bekommen vom Kommandierenden,
da wir uns so tapfer halten. Ein Unteroffizier von uns ist durch unvorsichtiges
Betreten unserer eigenen Minen in die Luft gesprengt, wovon wir weiter nichts
als ein Stückchen Fleisch gefunden haben, die Minen, das ist eine sehr
gefährliche Sache. So wie einer einen Draht berührt, wenn die Mine fertig
gelegt ist, fliegt er schon in die Luft. Ich muß nun aufhören, ich muß wieder
nach dem Damm und spannen. Wir haben fast keine Zeit, sehr wenig Schlaf.
Mit vielen Grüßen an alle Bekannten und meinen
lieben Seelsorger schließe ich
Pionier Albert Richter
Was ich noch vergessen habe, meinen besten Dank für
das schöne Paketchen Albert
(Feldpostbrief)
Blangy bei Arras, d. 8.11.1914
Mein lieber Pastor!
Mache Ihnen die freudige Mitteilung, daß ich wieder
ein Päckchen vom 31.10. von Ihnen erhalten habe. Das ist meine größte Freude,
wenn ich aus der Heimat ein paar Zeilen oder einige Kleinigkeiten bekomme. Ich
spreche hiermit meinen innigsten Dank aus dafür. Zu rauchen hab ich jetzt Gott
sei Dank genug, das langt dies Jahr zu. Ich habe nämlich schon so viel Zigarren
und Tabak bekommen von den Liebesgaben, daß ich es gar nicht mehr lassen kann.
Da weiß ich gar nicht mehr, wo alles her ist. Wenn unser Bahndamm, den wir
jetzt wieder besetzten, nicht von Pulverdampf raucht, dann steigen unsere
eigenen Rauchwolken empor. Die Franzmänner haben die beiden Schienenstränge auf
dem Damm durch Granaten zerschossen. Da sausten die Eisenstücke recht herum.
Aber uns können die Halunken doch nichts tun. Wir sind ja vielleicht doch noch
ein bißchen schlauer. Wenn wir Ihre Festungsgeschütze hören abschießen, dann
haben wir gerade noch so viel Zeit, das wir können in unsre Unterstände
schlüpfen, ehe die Geschosse ankommen. Der Bahndamm ist 25 m hoch, den
verteidigen wir nun schon über 5 Wochen. Während dieser Zeit haben wir uns
schöne Erdwohnungen darin gebaut, denn als Pioniere, da haben wir ja das ... zu
gut gelernt, da können uns die schwersten Granaten der Franzmänner nichts tun.
Zehn Minuten vor dem Damme, da liegt das kleine Dörfchen Athies, da liegen wir
jetzt in Quartier. Von da aus lösen wir uns immer ab am Damm. Nun ist bloß der
schwierige Gang, das rein- und rausmarschieren. Da sind schon viele verwundet
von uns dabei. Da haben wir nun die sogenannten Minenwerfer oder Schleudermaschinen
bekommen. Weil wir jetzt keine Artillerie da haben, die ist alle nach dem
rechten Flügel. Zwischen dem Damm und dem Dörfchen ist nämlich ein ganz freies
ebenes Gelände. Da beobachten uns die Rothosen ganz genau. Wenn nun ein
einzelner Mann rausgeht nach dem Damm, dann kommen schon Schrappels und
Granaten geflogen. Wenn wir uns nun ablösen, dann schleudern wir allemal vorher
ein paar ... Sprengmunition rüber, dann können sie am Tage eine halbe Stunde
lang vor Dampf nichts sehen. Wir könnten ja des nachts ablösen, aber da ist es
zu hörig. Jedes Geräusch ist vermerkbar, weil wir doch zu dicht zusammen
liegen. Wir hatten schon kleine Vorstädte von Arras erstürmt, konnten sie aber
nicht halten, weil wir zu schwach waren und keine Artillerie. Da mußten wir uns
natürlich auf dem schnellsten Wege wieder zurückziehen nach dem Damm. Von
unsrer Seite aus soll nun nicht wieder angegriffen werden, bis der rechte
Flügel von der Küste aus sich herunter ... hat.
Ich will nun schließen mit nochmaligem Dank und
vielen Grüßen an alle Bekannte und Angehörige
Pionier Albert Richter
In der Hoffnung auf ein gesundes Wiedersehen
(Feldpostbrief)
Im Felde, d. 13.12.1914
Lieber Herr Pastor!
Soeben Ihren Brief erhalten, der mich recht erfreute
und für den ich mich gleich vielmals bedanke, denn es ist doch schön, wenn man
immer mal was zu lesen aus der Heimat bekommt. Aber ich habe bloß immer zu
wenig Zeit zum Lesen und Schreiben, weil wir immer fast Tag und Nacht arbeiten,
des nachts Drahthindernisse ziehen vor dem Schützengraben und am Tage .... Das
Drahthindernisbauen nachtens ist eine gefährliche Arbeit. Die Franzmänner
schießen auch dauern mit Leuchtkugeln, und wenn sie uns erblicken, dann
dauert´s nicht lange, dann kommen Granatsplitter geflogen. Die Infanterie schießt
ja nicht, wenn wir nich schießen oder unsere Infanterie, denn die Franzosen
bauen ja auch immer nachtens Drahthindernisse, die wollen ja auch nicht
beschossen sein. Nachtens ist es auch garnicht so gefährlich. Da wird auch
meistens bloß mit Leuchtkugeln geschossen und gelauscht, ob nicht mal von
beiderseits ein Durchbruch oder Überfall geschieht. Es sind ja auch nachtens
immer ... fünfzig bis hundert mehr vor der Schützenlinie. Wir sind da gar nicht
so ängstlich. Wir hauen unsere Pfähle mit großen Holzschlägern in die Erde und
haben unsern Spaß dabei, wenn auch mal eine Kugel übern Kopf gepfiffen kommt.
Und kommt schlimmes Artilleriefeuer, dann sind wir verschwunden tief in der
Erde. Da haben wir am Tage Höhlen gebaut vier Meter unter der Erde, für ein und
zwei Gruppen. Mitten unter dem Erdgewölbe steht eine Stufe, die auch
gleichzeitig das Bein eines runden Tisches bezweckt. Da wurden ein paar Leisten
angenagelt und ein paar Bretter drauf und der Tisch ist fertig. Auch
Eisenröhren haben wir aus den Dörfern herbeigeschleppt und eingebaut. Da haben
wir schöne warme Wohnungen. Die eine Nacht hatten wir mächtigen Regen, da ist
durch die Nässe eine Höhle eingebrochen, ein Unteroffizier ist dabei zu Tode
gekommen. In der Höhle war keine Stufe drin, denn sonst wäre es nicht passiert,
die hatten die Infanteristen selbst gebaut. Die Höhlen sind vor Granatfeuer
gänzlich gedeckt. Am Tage beim ... werden wir ja immer tüchtig beschossen von
der Infanterie, weil die jeden Spaten von Erde sehen hochfliegen. Die können einem
ja nicht viel tun in der Erde, aber man kann leicht einen Kopfschuß kriegen.
Den einen Tag haben sie uns das ganze Spatenblatt kaputtgeschossen. Den einen
Tag haben wir einen roten Sonnenschirm ausgestellt, da ist kein Fetzen stehn
geblieben. Mit der einen ... sind wir fünfzig ... vor ihren Schützengraben, da
werfen wir uns gegenseitig schon mit Steinen, die ... werden mit lauter
Maschinengewehren besetzt, damit ein Angriff von ihrer Seite aus gar nicht
möglich ist. Ich muß nun schließen, unser notdürftiges Licht geht auch zu Ende.
Mit vielen Grüßen und Wünschen auf ein Wiedersehen
Pionier Richter
Remij. d. 22.4.1915
Mein lieber Pastor!
Gestern Ihre beiden Briefe erhalten vom 15. und
16.4., was mich immer recht erfreut. Man liest auch gerne etwas aus der Heimat.
Ich bin jetzt wieder gesund und munter und es geht mir auch jetzt wieder ganz
gut. Vier Wochen war ich im Lazarett zu Cambrey. Ich habe durch den feuchten
Winter hier furchtbar den Rheumatismus bekommen. Ich konnte ohne Stock gar
nicht mehr laufen. Jetzt bin ich nun zum Brückentrain gekommen als Fahrer, was
ja nun so leidlich geht. Wir fahren alle Tage vom Bahnhof Chrossilles Holz zu
den Stellungen. Wir haben ja hier schon vor Arras eine Stellung, wo ja an
Durchbrechen nicht zu denken ist, oben Draht und unten alles untermint. Über
die Sache kann ich ja mehr und manches erzählen aber wohl nicht schreiben.
Mein lieber Pastor, ich haben Ihnen nun so lange
nicht geschrieben. Ich konnte es und wollte es, aber ich mußte mich immer
ärgern über eine Sache, wenn ich schreiben wollte, die mir von meinem Pastor
jetzt in so einer traurigen Zeit nicht gefallen hat. -
Ich habe es jetzt wieder vergessen, aber wir können
hoffentlich mündlich noch mal drüber sprechen. Hoffentlich dauert der Krieg
nicht mehr so lange, und wir wollen aber nicht verzagen, so lange der
Allmächtige König über uns ist. Ich will nun schließen, denn es wird mir dunkel
und wir haben jetzt kein Licht mehr.
Viele Grüße vom Felde sendet nun der ganzen Familie
Voigt
Pionier Richter, A.
Divisionsbrückentrain 7.
7. Infanteriedivision
Auf Wiedersehen
(Feldpostbrief)
Frankreich, den 18.6.15
Geehrter Herr Pastor!
Ihre werten Briefe und Zeitungen erhalten, worüber
ich mich auch sehr freue. Sage gleichzeitig meinen vielen herzlichen Dank. Man
liest ja hier gerne immer ein paar Zeilen. Ich bin immer noch gesund und munter
und hoffe das gleiche auch immer von Ihnen. Ich bin jetzt auf der Loretto-Höhe,
nahe der Stadt Lenz. Die Sache ist hier nicht so sehr besonders, aber wir
haltens aus. Gestern haben wir wieder etliche hundert Gefangene gemacht. Ich
muß jetzt schließen, man darf ja nichts wichtiges schreiben.
Nochmals vielen Dank und viele Grüße
von dem Pionier Richter II.
Auf ein Wiedersehen!
(Feldpostbrief)
Frankreich, den 9.7.15
Werter Herr Pastor!
Ihren Brief mit den Zeitungen und der schönen Karte
erhalten, worüber ich mich recht gefreut habe, sage auch hiermit meinen
herzlichsten Dank. Ich bin immer noch gesund und munter, was ich auch von ihnen
stets hoffe. Ich bin jetzt in Lenz bei der Lo. Höhe. Hier macht es mitunter
keinen Spaß mehr, es regnet öfters Eisen.
Viele Grüße allen vom Felde
Pionier Albert Richter
(Feldpostbrief)
Anny, den 21.9.1915
Ihre werten Briefe und Zeitungen erhalten, worüber
ich mich auch immer recht freue, denn man liest hier draußen auch gerne.
Gleichzeitig vielen Dank für alle Güte. Ich habe jetzt auch nicht viel Zeit.
Ich sitze jetzt fast Tag und Nacht auf dem Wasser mit unseren Pontons im Kanal
von Anny nach Lenz mit allerlei Kriegsmaterial. Es ist jetzt wieder hier ein
furchtbares Treiben. Es kostet wieder viel Blut. Aber, na, Gott wird doch
einmal Frieden geben. Ich bin soweit noch gesund und munter, was ich auch von
Ihnen hoffe. Am Sonntag ging hier bei uns ein mächtiges Handgranaten- und
Minendepot in die Luft. Es war eine unbeschreibliche Explosion.
Viele Grüße und auch frohes Wiedersehen
Pionier Albert Richter
Feldpost - Ansichtskarte Doual - Blick auf
Rathausturm
Im Felde 18.12.15
Werter Herr Pastor!
Will Ihnen auch wieder mal ein paar Zeilen
mitteilen, ich sage hiermit meinen vielen Dank für immer erhaltene Zeitungen.
Sonst geht es mir immer noch gut, was ich auch von allen in der Heimat hoffe.
Gott gebe es, daß wir die Heimat bald wiedersehn.
Viele Grüße vom Felde sendet Pionier Albert Richter,
Wiedersehn
K. D. Feldpostexped. der 7. Infant. Div.
Im Felde, d. 15.2.1916
Werter Herr Pastor!
Nachdem ich schon wieder kurze Zeit hier bin in
meinem alten Lager, will ich Ihnen wieder ein paar Zeilen mitteilen. Der Urlaub
ist jetzt wieder aufgehoben, schon, als ich noch unterwegs war. Die Fahrt war
sehr langweilig. Heute war ich nach den beiden Lazaretten 7 und 3, aber leider
vergebens. Reinhold Clemens ist schon am 26.1., als ich noch auf Urlaub war,
mit einem Krankentransport nach Davai gekommen. Der Lazarettinspektor sagte
mir, er wird jedenfalls nach Deutschland mit reingekommen sein. Und nach
Feldlazarett 9 von Richard Müller, die könnten mir keine Auskunft geben, als
wie, da wäre er nicht eingeliefert worden. Und nach der 1. Kompanie kann ich
jetzt augenblicklich nicht hinkommen, die liegt doch ein ganz Stück weg von
uns. Auch hab ich die Depesche nicht von Müllers, weil ich den Tag, als ich mit
lang ging, nicht reinkam, die Türen waren verriegelt. Aber ich will sehen, daß
ich den Feldwebel der Companie bald mal sprechen kann. Sonst geht es mir noch
gut, was ich auch von Ihnen hoffe. Im allgemeinen ist bei uns jetzt noch an der
Front Ruhe. Vorgestern wurde wieder ein englisches Flugzeug abgeschossen. Ich
will nun schließen.
Viele herzliche Grüße allen vom Felde sendet der
Pionier Albert Richter
Auf Wiedersehen
(Feldpostbrief)
Im Felde, d. 6.9.16
Geehrter Herr Pastor!
Ihre werten Zeitungen und Karte dankend erhalten,
worüber ich mich auch recht freue. Wie immer noch gesund und munter und hoffe
dasselbe auch von Ihnen. Ich habe Ihnen doch seit meinem letzten Urlaub schon
wieder einen Brief und eine Karte geschrieben, aber der Herr Pastor hat mir
noch nicht mitgeschrieben, ob er was bekommen hat, hoffentlich doch wohl.
Viele Grüße sendet der Pionier Richter
(Feldpostkarte)
Feldpostansichtskarte
Zurückwerfen französischer und englischer Truppen
nördlich von Ville sur Tourbe
Im Felde, d. 15.9.16
Geehrter Herr Pastor!
Ihren lieben Brief und Zeitungen erhalten, worüber
ich mich recht freue und gleichzeitig vielen Dank sage. Viele Grüße vom Felde
sendet der Pionier Richter
(Stempel Feldpostadresse des Absenders: Div.
Brückentrain 7, Feldpost 7. Inf. Div.)
In Elsaß-Lothringen
Otto Rülicke aus Gadegast, Reservist
Mit 24 Jahren in den Krieg gezogen, verwundet
heimgekehrt.
19 Ersatzdivision
Ersatzinfanterieregiment 32
II./6
Armeeabteilung
Kompanie Falkenhausen
Fremonville d. 14.X.1914 (vgl. Anmerkung 5)
Lieber Pastor!
Den 16. Oktober wurden unter uns Liebesgaben und
Pakete verteilt. Meine Freude war groß, als unter den vielen Paketen auch meine
Adresse war. Ich danke herzlichst für die mir zugesandten Liebesgaben und
Zeitungen. Man kann sich tatsächlich freuen und getrost und mutig in die
Schlacht ziehen, wenn die Angehörigen und Bekannten in der Heimat für einen
sorgen, an einen denken und für einen beten. (vgl. Anmerkung 6) Ich habe mich
auch sehr gefreut, daß sie mir ein Andenken von der Heimat, eine Karte mit der
Kirche und Kriegerdenkmal mitgeschickt haben. Wenn in der Heimat für mich
gebetet wird, so kann und will ich getrost und mutig im Glauben an Jesu Christo
an der Seite meiner Kameraden in den Kampf ziehen. Ich werde auch stets
bestrebt sein, meinem Namen, meiner Heimat, meinen Eltern und meinem Vaterlande
keinen Schaden, sondern Ehre zu bereiten, und wenn es Gottes Wille ist, getrost
und freudig mein Leben fürs Vaterland und die Heimat lassen. Es sind ja schon
viele Kameraden an meiner Seite gefallen und haben ihr Leben im Felde der Ehre
gelassen. Aber Gott wird uns Deutsche und auch Österreich nicht verlassen. Wir
haben schon viele Gefechte hinter uns, und Gott der Herr hat uns stets den Sieg
geben. Wenn er uns nun weiter zur Seite steht, so werden wir auch bald Frieden
haben. Meine Kriegserlebnisse kann ich ja nun nicht alle erzählen, sonst könnte
ich schon ein ganzes Buch vollschreiben. Wenn es nun Gottes Wille ist, so werde
ich auch meine Heimat, Eltern, Geschwister, Bekannte und Verwandte gesund
wiedersehen. Einen herzlichen Gruß aus Frankreich sendet Ihnen und Ihrer
Familie, meiner Heimat und der Gemeinde und insbesondere meinen Eltern und
Geschwistern auf ein baldiges Wiedersehen
Otto Rülicke
(Feldpostbrief)
Cirny, d. 26.X.1914
Geehrter Herr Pastor!
Den Brief von Ihnen mit den Zeitungen habe ich
gestern erhalten. Ich werde mir auch heute die Zeit nehmen, um Ihnen sofort
wieder zu schreiben. Da ich mich sehr gefreut habe, so sage ich auch Ihnen
meinen besten Dank, denn man freut sich doch, wenn man wieder etwas von der
Heimat zu hören bekommt. Ich wünsche auch Ernst Hecht gute Besserung. Nun habe
ich auch noch das Glück, das ich heute meinen Geburtstag in Frankreich auf
Vorposten feiern kann. Wie schnell ist die Zeit verflossen, denn es ist noch
nicht lange her, als mich Herr Pastor konfirmiert hat, und heute bin ich nun
schon 25 Jahre alt. Wenn es nun Gottes Wille ist, so wird er mich auch
weiterhin beschützen und mich auch gesund meine Heimat und Eltern und
Geschwister wiedersehen lassen. Ich wollte auch gern an der Seite meiner
preußischen Kameraden in den Krieg ziehen, aber Gottes Wille war anders, und so
habe ich nun bis jetzt Schulter an Schulter an der Seite meiner sächsischen
Kameraden gekämpft. Vielleicht hat es seinen guten Grund, denn wir haben schon
vom 21. September an kein Gefecht mehr gehabt und liegen etliche Kilometer von
der Grenze in Frankreich zum Grenzschutz. Hier sollen wir das Eindringen der
Franzosen in Elsaß-Lothringen verhindern. Nun müssen wir hier liegen und Posten
stehen. Wie gern wollte ich mal wieder eine Schlacht mitmachen, damit es bald
Frieden wird. Aber hier haben wir eine befestigte Feldstellung und sollen
warten, bis uns die Franzosen angreifen. Sie sind ja öfter im Anmarsch, aber
sowie unsere Artillerie das Feuer eröffnet, verschwinden sie wieder. Einen
herzlichen Gruß, in der Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen, sendet Ihnen und
Ihrer Familie und meinen Eltern und Geschwistern
Otto Rülicke
(Feldpostbrief)
Saarburg, d. 21.2.15
Geehrter Herr Pastor!
Ihre beiden Briefe habe ich erhalten und habe mich
auch sehr gefreut. Zu lesen bekommen wir viel im Lazarett, damit uns die Zeit nicht
so lang wird. Unser Herr General Oberarzt schickt uns alle Tage seine
Zeitungen. Auch zwei Pfarrer besuchen uns oft, ein evangelischer und ein
katholischer, und bringen uns die Sonntagsblätter mit. Auch haben wir ein
schönes Weihnachtsfest gefeiert, welches ich auch niemals vergessen werde. Wir
hatten auch einen großen Weihnachtsbaum mit vielen Lichtern und haben auch viel
Geschenke bekommen. Unser Herr General-Oberarzt hat dann eine Ansprache
gehalten und wir haben uns auch wirklich gefreut, ein solch schönes
Weihnachtsfest erleben und feiern zu dürfen. Auch hat uns der evangelische
Pastor besucht, Gottesdienstbeichte und heiliges Abendmahl abgehalten. Sonst
wird für uns gesorgt an Nahrung des Leibes und auch der Seele. Wir haben hier
auch eine ausgezeichnete Verpflegung, bekommen gutes Essen und werden auch gut
gepflegt. Unsere Pfleger sind vom Johanniterorden in Stettin, und alles
tüchtige und brave Leute. Man muß sich auch wirklich wundern über die
Krankenpflege im Deutschen Reiche, denn es sind in den 16 Wochen, wo ich im
Lazarett bin, nur 4 Mann an Typhus gestorben. (vgl. Anmerkung 7) Ich war ja
auch schwer krank, werde aber, mit Gottes Hilfe, bald wieder gesund werden. Bis
jetzt haben auch alle Typhus-Kranke Urlaub bekommen, aber jetzt soll es keinen
Urlaub mehr geben, sondern ein paar Wochen in ein Erholungsheim kommen. Ob ich
nun kann auf Urlaub kommen, weiß ich noch nicht. Wenn ich aber gesund bin, und
noch mal gegen die Franzosen und Engländer gehen soll, dann werde ich es mit
Freuden tun, denn der Gott, der mich das erste Mal behütet hat, und mich auch
im Lazarett nicht verlassen hat, der wird mich auch in Zukunft nicht verlassen.
Wenn ich aber dann noch mein Leben lassen sollte, werde ich es auch mit Freuden
tun, denn ich weiß, es ist für mein liebes Vaterland und Euch Lieben daheim.
Wenn Sie nun so freundlich sein wollen, dann grüßen Sie meine Eltern und
Geschwister von mir.
Es grüßt Sie und Ihre Familie herzlichst Otto
Rülicke
(Feldpostbrief)
Feldpostkarte - Ansichtskarte mit einem in Belgien
eroberten englischen Küstengeschütz, ca. 18 Meter lang, für 30,5 cm Geschosse,
von den Deutschen erobert, ehe es einen einzigen Schuß abgeben konnte.
Maybach, d. 8.3.15
Sehr geehrter Herr Pastor!
Da ich nun bald gesund bin, so bin ich nach Maybach
in ein Erholungsheim gekommen. Sonst geht es mir gut und es ist immer noch
möglich, daß ich noch Erholungsurlaub bekomme.
Die herzlichsten Grüße sendet Reservist Otto Rülicke
Reservelazarett Maybach
Post Friedrichsthal a. d. Saar
Rheinprovinz
Feldpostkarte - Ansichtskarte Sturmangriff bei
Luneville
Maybach, d. 24.3.1915
Geehrter Herr Pastor!
Ihren werten Brief habe ich erhalten. Ich freute
mich sehr und danke herzlich. Es geht mir hier ganz gut und ich werde bald
gesund sein, daß ich kann auf Erholungsurlaub kommen. Die herzlichsten Grüße
sendet Ihnen und meinen Eltern und Geschwistern
Reservist Otto Rülicke
Maybach, Post Friedrichsthal
a. d. Saar
(Feldpostkarte mit Poststempel: Königl. Preußisches
Reservelazarett Quierschied, Abt. Maybach)
Maybach, d. 8.4.15
Geehrter Herr Pastor!
Ihre Briefe habe ich erhalten und danke auch
herzlichst. Ich wäre ja gerne zu Ostern auf Urlaub gekommen, aber ich muß immer
noch etliche Wochen hierbleiben. Vielleicht kommt Pfingsten bald ran, bevor ich
von hier fortkomme, und es ist dann möglich, daß ich vielleicht kann zu
Pfingsten auf Urlaub kommen. Wir haben es hier ganz gut, aber die Zeit wird mir
jetzt doch bald lang. Ich war nun 18 Wochen im Lazarett in Saarburg und 5
Wochen bin ich schon wieder hier im Erholungsheim in Mayburg. Zeitungen
bekommen wir ja auch alle Tage zu lesen, aber das ist bald meine einzige Arbeit
den ganzen Tag, denn Dienst kann ich noch nicht mitmachen. Ich würde es ja
gerne tun, denn ich kann bloß immer zusehen, wenn die anderen Kameraden
exerzieren und spielen. Einmal bin ich nach Friedrichsthal mitgewesen zur
Beichte und Heiliges Abendmahl und einmal zum Kirchgang daselbst. Aber ich war
jedesmal froh, wenn ich wieder zu Hause war. Man kann es bald nicht glauben,
wie schwach man von solch einer Krankheit wird. Aber ich will doch hoffen, daß
ich mit Gottes Hilfe wieder ganz gesund werde. An die Front werde ich wohl
nicht wieder kommen, aber ich will froh sein, wenn ich noch mal Garnisonsdienst
machen kann. Unsre Krankenschwester sagte auch, daß ich noch ein paar Monate
zur Erholung brauche. Da ist es nun kein Wunder, daß mir die Zeit bald lang
wird im Lazarett, wenn die Brüder und andere Kameraden im Felde sind und ich
kann hier bald gar nichts machen. Ich war ja auch schwer krank und es ist auch
ein Wunder, daß ich überhaupt noch lebe. Aber der Gott, der mir bis hierher
geholfen hat, der wird mir auch noch weiter helfen. Es geht mir aber schon ganz
gut, und so werden wir uns, wenn Gott es will, einst gesund wiedersehen.
Nochmals herzlichen Dank für den Brief und die Zeitungen.
Es grüßt Sie vielmals Otto Rülicke (Feldpostbrief)
Maybach, d. 20.4.15
Sehr geehrter Herr Pastor!
Ihren Brief habe ich erhalten. Ich freute mich sehr
und danke auch vielmals. Das Wetter ist ja jetzt ganz gut und auch schön zum
Spaziergang. Es geht mir ja schon wieder ganz gut und ich hoffe, in 8 Tagen von
hier fort zu kommen, zum Ersatztruppenteil nach Dresden. Von Dresden hoffe ich,
dann Urlaub zu bekommen, so daß ich in 2 bis 3 Wochen kann zu Hause sein. Ich
würde mich ja auch sehr freuen, wieder mal ein paar Tage in der Heimat verleben
zu können. Wir haben es ja hier sehr gut und die Verpflegung ist ausgezeichnet.
Wir müssen ja auch gute Verpflegung haben, denn sonst können wir uns ja von
unserer Krankheit nicht erholen. Die Gegend paßt ja auch gut zu einem
Erholungsheim, denn es sind auch viel Berge hier und auch viel Wald. Der Wald
ist alles Laubwald und die Vögel singen jetzt schon ganz schön. Wie wird es
dann erst im Sommer sein, wenn die Bäume alle grün sind. Die Typhuskrankheit
hat ja sehr schnell nachgelassen, daß jetzt nicht mehr viel Typhusgenesende
hier sind. Darum werden wohl in nächster Zeit hier Verwundete herkommen. Nun
hoffe ich auf ein baldiges und gesundes Wiedersehen.
Die herzlichsten Grüße sendet Ihnen und Ihrer Familie
und meinen Eltern und Geschwistern
Otto Rülicke
(Feldpostbrief)
Kamenz, d. 18.6.15
Lieber Herr Pastor!
Ihren Brief habe ich erhalten. Ich habe mich sehr
gefreut und danke herzlichst. Hier ist es ja auch sehr trocken und hat schon
lange nicht geregnet. Das Heu und Korn ist ja immer noch ganz gut, aber mit
Gresse, Hafer und Kartoffeln sieht es ja schlecht aus. Wir brauchen aber die
Hoffnung noch nicht aufzugeben, denn der Herr, der uns bis jetzt beigestanden
hat, der wird auch weiter für uns sorgen. Wir müssen nur auf Gott vertrauen und
durchhalten, bis wir Sieger sind über alle unsere Feinde. Ich freue mich ja
sehr, daß ich wieder felddienstfähig bin und wieder für das Vaterland kämpfen
kann. Den 25. Juni oder Anfang Juli werde ich wohl wieder ins Feld kommen. Hier
in der Garnison hat man ja doch keine Ruhe, wenn die andern Kameraden im Felde
sind. So will ich ja gern für meine Heimat kämpfen und wenn es sein muß, auch
sterben. Es geht mir ja wieder ganz gut und ich hätte es selbst gar nicht
geglaubt, daß ich würde wieder so viel aushalten. Wir haben fast alle Tage
Märsche und ich habe mich gewundert, daß ich es bei der Hitze immer noch
ausgehalten habe. Sie wollten nun gerne wissen, Herr Pastor, wie groß Kamenz
ist und wieviel Militär hier liegt. Die Stadt ist ja nicht sehr groß und zählt
16.000 Einwohner. Militär liegt ja im Frieden nur das eine Regiment hier, aber
jetzt liegt ja überall mehr Militär als im Frieden. Es ist ja leicht möglich,
daß ich noch mal kann nach Hause kommen, bevor ich ins Feld komme.
Es grüßt herzlichst
Auf Wiedersehen
Otto Rülicke
(Feldpostbrief)
Geschrieben, d. 14.10.15
Lieber Herr Pastor!
Ihren Brief habe ich erhalten. Ich habe mich sehr
gefreut, daß Sie auch noch an mich gedacht haben und danke herzlich. Bin schon
wieder 7 Wochen hier und das Leben schon wieder gewöhnt. Ich habe mich auch
sehr gefreut, daß ich wieder zu meiner alten Kompanie gekommen bin, denn ich
habe noch viel alte Kameraden hier. Es geht mir gut und ich bin auch noch
gesund.
Herzliche Grüße
Auf Wiedersehen
Ihr Otto Rülicke
(Feldpostbrief)
Geschrieben, d. 2.12.15
Lieber Herr Pastor!
Ihren Brief habe ich dankend erhalten. Man freut
sich ja immer, wenn man wieder eine Nachricht aus der Heimat bekommt. Es hat
bei uns auch schon eine Zeitlang Schnee gelegen, aber jetzt ist er wieder weg
und es ist auch nicht mehr so kalt. Ich bin noch gesund und es geht mir gut.
Herzlichen Gruß,
auf Wiedersehen,
sendet Ihr Otto Rülicke
(Feldpostbrief)
Geschrieben, d. 20.12.15
Lieber Herr Pastor!
Ihren Brief habe ich dankend erhalten. Sie
schreiben, ich möchte Ihnen längere Briefe schreiben. Es ist mir aber auch
nicht gut möglich, denn wir wissen auch nicht viel Neuigkeiten. Bei uns ist
auch jeden Tag dasselbe und alles zu alltäglich. Dann gehen die Briefe auch
alle durch die Briefzensur und werden kontrolliert. Wir haben jetzt etwas Frost
aber sonst ist das Wetter schön. Ich will nun hoffen, daß wir Weihnachten mit
Ruhe feiern können, und daß uns die Franzosen nicht stören. Wünsche Ihnen nun
ein recht gesundes Weihnachten und hoffe auf ein baldiges und gesundes
Wiedersehen.
Herzlichen Gruß aus Feindesland
sendet Ihr Otto Rülicke
(Feldpostbrief)
Geschrieben, d. 25.2.16
Lieber Herr Pastor!
Ihre beiden Briefe habe ich bei guter Gesundheit
dankend erhalten. Wir waren jetzt 3 Wochen in Ruhe. Da mußten wir hinter der
Front schanzen und exerzieren. Jetzt sind wir aber wieder in dem Schützengraben
angekommen. In letzter Zeit hatten wir auch sehr schlechtes Wetter, denn es
regnete fast jeden Tag. Jetzt haben wir aber schon einige Tage Schnee und
Frost. Es ist aber immer noch besser, wenn es ein bißchen kalt ist, als jeden
Tag Regen. Die mit Schnee bedeckten Vogesenberge bieten jetzt einen schönen
Anblick. Schön muß es aber auch im Frieden hier sein, in den Tälern und auf den
Bergen, mit den vielen Schlössern und alten Burgen. Wollen nun auch hoffen, daß
bald Frieden wird und wir gesund in die Heimat zurückkehren können.
Herzlichen Gruß aus Feindesland,
sendet Ihnen Ihr Otto Rülicke
(Feldpostbrief)
Geehrter Herr Pastor!
Ihre werten Briefe habe ich dankend erhalten. Es
geht mir gut und ich bin auch immer noch gesund.
Herzlichen Gruß sendet Ihnen Otto Rülicke
Auf Wiedersehen
(Feldpostkarte, Stempel: Feldpostbrief S.B. 6.
K.Ers.-Inf.-Rgt. 32, K.D. Feldpostexped. der 19. Ersatzdivision
Abs.: Sächs. Ers. Inf. Reg. 32
II. Batl., 6. Komp.
Arm. Abtl. A.)
Verschollen
Otto Thiele aus Zemnick
Am 9. Oktober 1914 im Kriegsgefangenenlager
Montauban gestorben mit 22 Jahren. (vgl. Anmerkung 13)
Die Briefe stammen von einem Mann gleichen Namens.
Hornist der Reserve, 6. Komp., Montanban (Arsenal).
9.11.14 Karte von Pastor Voigt
an Herrn Thiele, Zemnick b. Seyda.
Wenn Sie über Ihren vermißten Sohn Näheres erfahren
wollen, so können Sie sich mündlich wenden an das Referat V. des
Zentral-Nachweise-Büros Berlin NW 7, Schadowstr. 9 III.
Die Auskunft wird erteilt auf Grund der aus den
feindlichen Ländern eingegangenen Listen. Schriftliche Anfragen sind zu richten
an das Zentral-Nachweis-Büro des Kriegsministeriums Berlin NW 7, Dorotheenstr.
48.
Für alle schriftlichen Anfragen sind die bei den
Postämtern erhältlichen rosa Doppelkarten zu benutzen, die die Post portofrei
befördert.
In der Schweiz können Sie sich wenden an Agence de
renseignements pour prisonnieri de guerre, Genf, rue de l´Athenee 3. La croix
rouge francaise Commission des prisonniers de guerre Bordeaux 56 Qai des
Chartrons gibt ebenfalls Auskunft. Hoffentlich haben Sie guten Erfolg.
Hochachtungsvoll P. Voigt; Zahna, d. 8. Nov. 14.
26.11.14 (ähnlich 13.12.14)
Comite international de la croix-rouge, Geneve (Suisse),
Agence internationale des prisonniers de guerre
(Kriegsgefangenenlager)
Herrn Pfarrer Voigt, Gadegast b. Seyda, Halle -
Stat. Zahna.
(gedruckt)
Wir beehren uns, den Empfang Ihres Schreibens vom
21.11.14 betr. Otto Thiele anzuzeigen.
Wir werden alle erforderlichen Schritte tun und
Ihnen die gewünschten Mitteilungen sogleich machen, wenn wir eine Antwort
bekommen. Wir können, ohne Verantwortlichkeit unsererseits, die Vermittlung von
Briefen, persönliche Nachrichten enthaltend, von Geldsummen (bis 50 Fr.) und
Paketen (bis 5 kg) an Gefangene übernehmen.
Offene Briefe und Pakete können jedoch, wenn die
genaue Adresse des Empfängers bekannt ist, direkt (d.h. von Deutschland nach
Frankreich oder umgekehrt) gesandt werden, unfrankiert, aber mit dem Vermerk
„Kriegsgefangenen-Sendung“ versehen. Die Postanweisungen können auch an die
Oberpostkontrolle in Bern (Schweiz) geschickt werden, die mit der weiteren
Beförderung offiziell beauftragt wird.
Mit Hochachtung
Das internationale Ermittlungsbureau für Kriegsgefangene.
N.B. Gaben zu Gunsten unseres Werkes werden mit Dank
erhalten.
22.12.14 (ähnlich 29.11.14)
Comite international de la croix-rouge, Geneve
(Suisse), Agence internationale des prisonniers de guerre
(Kriegsgefangenenlager)
Herrn Voigt, Gadegast b. Seyda Bz. Halle a.s.
Bahn-Station Zahna. Deutschland, Provinz Sachsen.
AUSKUNFT
Name: Thiele
Vorname: Otto.
Inkorporation: 3 Gardegrenadier.
Ist in Montauban interniert.
Comite international de la croix-rouge, Geneve
(Suisse), Agence internationale des prisonniers de guerre
(Kriegsgefangenenlager)
Geneve, la 1.4.1915
An Herrn Pastor Voigt.
Wir haben Ihren Brief von 12.3.15 erhalten. Wir
fürchten sehr, daß unsere Mitteilulng, Otto Thiele sei in Montauban, nicht
richtig ist. Es ist ein anderer Otto Thiele, von einer anderen Kompanie. Wir
richten eine Anfrage an das Rote Kreuz in Paris, aber vorher wir möchten ganz
sicher wissen, bei welchen Regiment der Gesuchte Thiele diente: Gardegrenadier
N. ? 7. Komp. geboren zu Zemnick b. Seyda Kr. Schweinitz, Geburtstag und -
Jahr?? Wir danken im Voraus für die genau Personalien. Mit Hochachtung
(Stempel Rotes Kreuz, Kriegsgefangenenbetreuung).
7.4.15
An Pastor Voigt, Hochwohlgeboren in Gadegast, Bez.
Halle, Allemagne. (Stempel Kriegsgefangenenlager Montauban)
Montauban, d. 7.4.15
Herrn Pastor Voigt, Hochwohlgeboren. Ich erhielt am
5.4. einen Brief, aber derselbe gehörte nicht mir, und ich sah daraus, daß es
sich um einen Vermißten handelt, von dem die Eltern noch nicht wissen, wo er
sich befindet. Ich habe im ganzen Lager nachgefragt, ob ein Otto Thiele aus
Gadegast, Bez. Halle, hier wäre, aber es meldete sich keiner. Auch habe ich
Kameraden vom 3. Garde-Reg. z. F. gefragt, aber keiner kannte ihn. Hier ist
noch ein Otto Thiele vom Reg. 106 aus Leibzig, und ich mit den gleichen Namen
bin vom Königin Elisabeth Garde Grenad. Regt. N. 9. Am besten erhalten Sie
Auskunft vom Roten Kreuz in Genf, vielleicht befindet er sich in einen andern
Gefangenenlager, wenn nicht? Dann wird wohl das Schwerste zu befürchten sein,
worüber ich mein herzliches Beileid ausspreche. Hochachtungsvoll zeichnet
Hornist d. Res. Otto Thiele 6. Comp. K.E.G.G. Regt. N. 9. Montauban.
Comite...
Geneve, den 20. April 1915
An Herrn Pastor Voigt, Gadegast b. Seyda
Wir bedauern, Sie davon benachrichtigen zu müssen,
dass uns eine am 12. d. geschriebene Mitteilung zugegangen ist, nach der
Grenadier Otto Thiele III. Garde Gren. Reg. z. F. 7. Komp. sich nicht im
Gefangenenlager von Montauban befindet.
Wir vergessen aber Ihre Angelegenheit nicht und
setzen unsere Nachforschungen nach dem Vermissten fort. Sobald wir eine
Auskunft, die Ihnen von Nutzen sein könnte, erhalten haben, werden wir sie
Ihnen sofort zukommen lassen. Hochachtungsvoll
(Stempel Rotes Kreuz, Kriegsgefangenenbetreuung)
25.8.15
An Hochwohlgeboren Herr Pfarrer Voigt, Gadegast b.
Seyda, Prov. Sachsen, Bez. Halle, Allemagne.
Abs: Hornist d. Res. Otto Thiele 6. Komp. Montanban
Arsenal (Stempel: Depot des Prisonniare de Guerre Montauban)
(Kriegsgefangenenlager)
Hochgeehrter Herr Pfarrer Voigt! Ihren lieben Brief
aus der Heimat habe ich erhalten und mich sehr gefreut, danke vielmals für die
Predigt und die trostreichen Worte. Um Ihren Wunsch gewissenhaft nachzukommen,
habe ich mich mit einen Sanitäts-Untfz. Gliesche in Verbindung gesetzt und
hoffe, daß es uns gelingen wird, Näheres über den Entschlafenen zu erfahren.
Sollte
dies jedoch nicht der Fall sein, was ja auch nicht
ausgeschlossen ist, so werde ich Ihnen, wenns mir die Mittel erlauben, eine
Ansicht von seiner letzten Ruhestätte besorgen, und mit nach der Heimat
bringen! Mit der Hoffnung, Ihren Wunsch gewissenhaft erfüllen zu können,
zeichnet Hochachtungsvoll O. Thiele.
An wechselnden Fronten fern der Heimat
Albert Wägner aus Gadegast, Gefreiter der Landwehr
Am 4.8.14 mit 35 Jahren in den Krieg gezogen,
unverheiratet; verwundet heimgekehrt.
Artil. Mun. Kol. 186
17. Landw. Divis.
10. Armee (Osten; zuerst aber im Westen)
Louix-Loux Choumon 30.X.14
Lieber Herr Pastor, Ihr Paket und die Zeitg. u.
Heimatgrüße habe ich erhalten. Ich wollte schon gerne mal schreiben, habe aber
leider wenig Zeit. Des abends ist es dunkel, und in Frankreich gibt es kein
Petroleum und keine Talglichter. Ich liege jetzt in Bönix-Laux-Choumon, und die
Geschütze stehen in Bleivil, aber da haben wir gestern abend um 11 Uhr wieder 3
Stück Geschütze nacheinander draufgefahren, wie das heißt, weiß ich noch nicht,
da waren wir erst um 2 Uhr im Quartier. Und des morgens bin ich schon wieder um
5 Uhr aufgestanden und mit meinem Zweitpferde schon wieder in die Feuerstellung
geritten und habe Leutnant Ulrich sein Pferd hingeschafft. Der Leutnant Ulrich
ist von Beruf Gerichtsassessor, er muß öfters auf das Kriegsgericht kommen.
Dasselbe ist im Dorf Lonix-Loi-Gon. Es liegt 40 km von Arras. Wir haben
meistens mit Engländern zu tun. Die 1. Batterie hat bis jetzt die wenigsten
Verluste gehabt, 9 Tote und 15 Verwundete. Die 2. und 3. Batterie haben mehr,
die erste Feuertaufe haben wir auch vom Engländer am 24.8. erhalten bei
Euterguis. Wir hatten keine Verluste, aber die 3. Batterie hatte 4 Tote und 24
leicht und schwer Verwundete, darunter der Hauptmann und Oberleutnant leicht
verwundet. Wir sind durch Belgien gekommen, da hatten wir nur zwei kleine
Gefechte am 18. vor Hallendiest und am 19.8. vor Kesselo. Den andern Tag sind
wir durch Löwen gekommen, das war eine der schönsten Städte und altertümlich
viel schöner als Brüssel. In Brüssel haben wir des nachts auf dem Bahnschuppen
Quartier gehabt. Wir sind am weitesten vor Paris gewesen. 30 km bei Meaux, am
7. bis 9.9. war die Schlacht, dann mußten wir wieder retour, denn wir waren zu
weit vor. Unsere Infanterie hat aber auch immer viel Verluste gehabt, Inf. 72
u. Inf. 93 u. Inf. 159 Infanterie... 72 liegt das Dorf vor uns. Alle Tage
abends oder des nachts werden sie abgelöst. Reinhold Clemens und Lehrer Füß
habe ich schon öfter gesehen, auch habe ich sie schon auf dem Felde besucht.
Franz Freidank aus Seyda war erst auch bei der 1. Batterie, er ist aber zu der
5. Batterie gekommen. Ich bin noch gesund und munter. Grüßt ganz Gadegast. Wir
können froh sein, daß der Krieg nicht in unserm Vaterlande ist. Wir wollen
gerne streiten und unser Leben wagen, denn das Vaterland ist solch Opfer wert.
Es grüßt in Gott befohlen, ein gesundes fröhliches Wiedersehen. Albert.
Wir haben schon 4 mal Gottesdienst gehabt, das 1.
Mal hat er gepredigt v. Römer 12, Vers 12, (vgl. Anmerkung 4) die Lieder haben
wir gesungen: "Ist Gott für mich", "Harre meine Seele".
(Feldpostbrief aus Frankreich)
Cambrei , den 4.2.15
Lieber Herr Pastor, ich fühle mich veranlaßt, für
die Sendung eines Feldpostpakets mit Tabak und Pfeife, die ich im November
erhalten habe, noch nachträglich meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Leider
habe ich sie nicht können rauchen, da ich mich nicht fühlte, jetzt werde ich
beinahe die Gelegenheit haben, da ich schon den 14. November ins
Militärhospital Cambrei eingeliefert wurde und einer schweren Krankheit
unterlag. Ich bin erst den 1. Januar aufgestanden. Ich kann bis heut noch nicht
alles essen. Ich kam mit meinen 6 Kameraden hin von der ersten Batterie des 74.
Artillerieregiments Torgau, drei davon sind gestorben. Nach meinen Gedanken
glaube ich, daß ich angesteckt worden bin, da ich der letzte war und mit den
Kameraden immer zusammen kam. Im Hospital liegen 150 Kranke mit Verwundeten.
Tausende von Kameraden schlafen im Soldatengrab auf fremder Erde. Andere sanken
neben uns im Lazarett dem Tod in die Arme. Uns gab er Leben und Gesundheit
wieder. Darum sei in den Stunden all unser Tun und Schaffen seinem Dienste
geweiht. Nun behüt mich Gott! Für meine Krankheit hätte ich lieber mit meinen
Kameraden wollen streiten. Das Hospital wird wohl früher eine Burg gewesen
sein. Es befinden sich unter dem Gebäude große Gänge bis zum Kanal. Am Kanal
befindet sich eine große Wasser- und Dampfmühle zusammen.
Es grüßt in Gott befohlen ein gesundes Wiedersehen
Gefr. Albert Wägner
Militärhospital Cambrei
Nordfrankreich
(Feldpostbrief aus dem Militärhospital)
Lieber Herr Pastor, den Brief von Cambrei werdet Ihr
wohl erhalten haben. Wir sind jetzt nach St. Amand in die Erholungsstätte
verlegt worden, das ist ein großer Badeort. Die Karte zeigt unsern Speisesaal.
Da kommt das Wasser an zwei Stellen am Bad lauwarm aus der Erde. Das ist ein
sehr gesundes Trinkwasser. Es grüßt herzlich Albert Wägner
(Ansichtskarte von der Erholungsstätte St. Armand
Etablissement Thermal in Nordfrankreich)
Fröhliche Ostern sendet Albert
Gefr. Landwehrmann Albert Wegner
1. Ersatz Batterie
Reg. 74, Torgau a.d. Elbe
(Feldpostkarte - Osterkarte, Poststempel 2.4.15
Torgau)
Waldynjany d. 8. März 1916
Geehrter Herr Pfarrer,
endlich ist es mir gelungen, einmal an Sie zu
schreiben. Verzeihen Sie, daß ich nicht eher geschrieben habe, hatte andauernd
Dienst, deshalb keine Zeit. Ihre Zeitungen habe ich dankend erhalten. Habe aus
dem Sonntagsblatt vom 16. Januar meinen Konfirmationsspruch gelesen: "Gib
mir, mein Sohn, dein Herz, und laß deinen Augen meine Wege wohl gefallen."
In den vergangenen Jahren 1914 und 1915 war ich in Belgien und Frankreich. Auch
war ich schwer krank. Aber Gott gab mir Gesundheit durch der Ärzte Kunst und
der Schwestern liebe Pflege Leben und Gesundheit wieder. So stehen wir seinem
Dienst geweiht. So bin ich dieses Jahr in Rußland und der liebe Gott wird mich
auch glücklich wieder nach Hause bringen. Vertraut auf Gott und betet für uns.
Befinde mich sonst noch gesund und munter. Am Tag gibt es viel Dienst, wir
fahren Munition nach der Front. Am 25. Januar und am 3. März hat es bis jetzt
hier am meisten geschneit. Es ist aber nicht allzu kalt. Die Pferde haben es
schlechter als die Menschen, denn sie bekommen nicht viel Futter und gar kein
Heu. Wir fahren von Maldyjany bis Stowo Zwensjany und nach Godozischki und bis
Tweretsch an die Front, da stehen die Geschütze. Es ist hier nicht so
gefährlich mit der Schießerei und mit den Fliegern wie in Frankreich. Dörfer
und Städte sind alle gleich mit Stroh gedeckt und schlechte Straßen. Auch ist
es mit Wasser schlecht bestellt, denn sie haben keine Pumpen und wir müssen die
Brunnen selber herstellen. Abends spät wird aus Zeitvertreib geraucht. Es tut
einem richtig wohl, nach getaner Arbeit zu ruhn. Wüßte sonst nichts neues zu
berichten. Für heute genug, ein anderes Mal mehr.
Es grüßt auf baldiges Wiedersehen
Alle Gadegaster
Ihr ergebener Albert Wägner
Reinhold Wägner aus Gadegast, Landsturmmann
Mit 33 Jahren in den Krieg gezogen, gesund
heimgekehrt.
(Westen)
4. A.K.
7. Inf. Div.
26. Inf. Reg.
Wachkompagnie
8. Korp.schaft.
Lieber Pastor!
Den Brief habe ich erhalten, worüber ich mich sehr
gefreut habe, wenn man etwas von der Heimat bekommt. Mir gefällt es ganz gut im
Westen. Es ist ja mitunter gefährlich mit den Fliegern bei Tag auf Posten, auch
die Schweinebande von Engländern schicken mitunter welche in Harmeis hinein.
Von unserm Transport kommen welche nach Bens, die müssen fast nur im Keller
liegen. Da habe ich mit Letz noch Glück gehabt. Mit Gottfried Lange habe ich
schon gesprochen, der liegt in Harmais stets in Ruhe. Es wird schon jetzt der
Sommerweizen angebaut. So, Herr Pastor, laßt es Euch stets gut gehn. Besten
Dank, viele Grüße und Wünsche auf gesundes Wiedersehn.
(Feldpostbrief, Poststempel vom 23.3.1916: K.D.
Feldpostexped. der 7. Infant.-Div.)
Meinen besten Dank, Herr Pastor, Eure Zeitung habe
ich erhalten. Ich bin gesund und munter, was ich auch von Euch hoffe. Gestern
zum ersten Mal haben feindliche Geschwader Lampen geworfen um Harais herum. Sie
haben aber gar nichts beschädigt. Sie wollten jedenfalls die Bahn verletzen,
aber gingen alle fehl. 7 kamen auf unsern Pionierpark, haben aber keinen
Schaden gemacht, 2 vor Harnis, da waren die Scheiben gleich rausgefallen von
dem Druck. Es ist jetzt im allgemeinen sehr unruhig. Die Gefangenen haben
ausgesagt, sie wollten 10 mal hintereinander angreifen. Vom 26. an ist es schon
sehr unruhig, nur am 3. Juli in der Nacht war es nicht so lebhaft, sonst hat es
immer Trommelfeuer gegeben, aber nicht ganz wenig, das war schrecklich. Da
hörte man überhaupt keinen Schuß mehr fallen, es rumpelte nur noch. Gottfried
Lange ist gerade mit vorn, ich hoffe, daß er wieder gesund zurückkommt, denn
Letz ist mit nach Bens. (Feldpostbrief, Poststempel: 5.7.1916, K.D.
Feldpostexped. der 7. Inf. Div.)
Anmerkungen
1 Belgien war ein
neutrales Land und wurde vom Deutschen Reich überfallen, um an einer
überraschenden Stelle in Frankreich durchzubrechen.
2 Brotkarten wurden im
Januar 1915 eingeführt, es folgten weitere Rationierungen, 1916 gab es auch
eine Fleischkarte. In den Städten betrug die wöchentliche Ration pro Erwachsene
1916/1917: 2,5 kg Kartoffeln oder als Ersatz Kohlrüben; 1,9 kg Brot bzw. Brotersatz,
250 g Fleisch oder Wurst, 180 g Zucker, 80 g Butter und ein halbes Ei. Die
Lebensmittelkarten sicherten aber nur den Anspruch, ob man es dann tatsächlich
bekam, war unsicher. „Die Kartoffelmißernte 1916 verschlimmerte die ohnehin
angespannte Lage weiter und führte dazu, daß die Kohlrübe als Kartoffelersatz
ausgegeben werden mußte. Im „Kohlrübenwinter“ 1916/17 kam es zu schweren
gesundheitlichen Belastungen, in vielen Fällen zu Hunger, Krankheit und Tod.
Diese enorme Lebensmittelknappheit führte zu verschiedenen Versuchen,
Lebensmittelersatz herzustellen... Ein Beispiel dafür war das Vorgehen der
Berliner Eckhoff KG, Brot unter Zusatz von 30 Prozent Tierblut und 10 Prozent
Pflanzenmehl herzustellen... dazu kam der Mangel in der Brennstoffversorgung
der Haushalte...“ (Geschichte Sachsen Anhalts III, 77f). Dies findet auch
Niederschlag in der Gadegaster Schulchronik, z.B. 1917: „Von der Reichsstelle für Gemüse und Obst GmbH
Berlin W. Potsdamer Straße 75 ging für die Gadegaster und die Zemnicker eine
Anzahl Flugblätter durch die Königl. Kreisschulinspektion Wittenberg
"Sammelt die wildwachsenden Gemüse, Wildsalate, Tee, Ersatzpflanzen"
am 21. Juni ein. Die Kinder wurden durch den Lehrer mit dem Inhalt
bekanntgemacht, auch ihnen die Zweckmäßigkeit und Wichtigkeit des Sammelns
klargemacht und die Blätter unter sie, so weit sie reichten, verteilt. Es waren
indes nur wenige.“
3 Liebesgaben waren
Päckchen aus der Heimat, die teils durch organisierte Transporte, teils auf
privater Basis verschickt wurden. Die Liebesgaben des Gadegaster Pfarrers und
seiner Gemeinde bestanden zum Beispiel in Strümpfen, Zigarren, Tabak und
Pfeifen.
In Gadegast wurden auch
öffentliche Sammlungen durchgeführt, noch im November 1918 rief Pfarrer Voigt
dazu in den „Heimatgrüßen“ auf, wohl nicht nur aus „patriotischer Gesinnung“,
sondern vor allem, weil er die Not „seiner“ Männer an den Fronten kannte.
Beispiele
aus der Schulchronik 1915: „Sammlung für
Lazarettzüge - Durch Sammlung wurden am 30. April von den Schülern für die
Erfrischungsstellen im Ostheere und den Vereinslazarettzug "A 4" an
mich abgeliefert 18,10 M, welche ich an
den Herrn Ortsschulinspektor abführte. Der Herr Pastor hat den Betrag auf 20 M
abgerundet. Zur 6. Kriegsanleihe wurden als von der Schule aufgebracht 9.600 M
genannt.“
In
den üblichen Päckchen waren Hemden, Unterwäsche, Taschentücher, Strümpfe,
Zigarren, Zigaretten, Schokoldade und ähnliche Dinge, von den Frauen freiwillig
in den Sammelstellen gepackt und an die Front geschickt (Geschichte Sachsen
Anhalts III, 73).
4 Römer 12,12: „Seid fröhlich in Hoffnung,
geduldig in Trübsal, haltet an am Gebet.“
5 Elsaß-Lothringen: Die Taktik des deutschen
Generalstabs sah vor, einen „Blitzkrieg“ gegen Frankreich zu führen, und zwar
über Belgien. Durch eine Überarbeitung dieses Planes wurden jedoch starke
Truppenteile in Elsaß-Lothringen stationiert, um einen Durchbruch der Franzosen
in deutsches Gebiet zu verhindern.
6 Das Gebet in der Heimat fand in den
Gottesdiensten und Häusern statt, aber auch in speziellen „Kriegsbetstunden“ in
der Kirche.
Die Schulchronik
berichtet zum Beispiel über die „Reformationsjubiläumsfeier:
Am 31. Oktober 1917 fand auch in hiesigem Orte eine
würdige Feier des 400-jährigen Reformationsjubiläums statt. Vormittags um 9 Uhr
begann der Gottesdienst in der geschmückten Kirche, in der auch ein Lutherbild
aufgestellt war. Der Gottesdienst verlief nach dem von der Kirchenbehörde
aufgestellten Programm. Ein Schild mit aufgezeichneter Bibel und Schwert zum
Benageln wurde als Erinnerungszeichen an diese Feier gestiftet
(Reformationsgedächtnisschild) und mit der Nagelung begonnen...“
Das genagelte Schild findet sich noch heute in der
Gadegaster Kirche. Für jeden Nagel wurde eine Spende für die Soldaten gegeben.
7 Typhus: Infektionskrankheit, dauert meist
vier bis sechs Wochen, beginnt mit Kopfschmerzen, Fieber, Mattigkeit, oft
Verstopfung; später Durchfälle, Delirien, starke Abmagerung, das Nervensystem
wird meist schwer geschädigt. Auf Brust und Bauch bläulichrote Flecken.
Sterblichkeit damals etwa 10 bis 15 %.
8 Warum werden die Briefe im Laufe des Krieges
immer weniger? Ein Faktor könnte die verstärkte Zensur sein, die es nicht
zuließ, das Erlebte wahrheitsgemäß aufzuschreiben. Die Soldaten berichten auch
häufig von Überanstrengung durch viele Einsätze.
9 Der Pfarrer setzte sich mehrmals in Form von
Urlaubsgesuchen und Verlegungsgesuchen für Kranke in ein nahegelegenes Lazarett
für seine Gemeindeglieder ein.
10 (Otto Klebe) Der
Ausbruch des Krieges im August 1914 kam für die deutsche Öffentlichkeit trotz
allem überraschend (so Geschichte Sachsen Anhalts III, 72).
11 (Schwere Arbeit in der
Heimat) Die kräftigen Männer fehlten, was gerade in der Ernte sehr wehtat.
Allein Gadegast waren 73 Männer zum Kriegsdienst eingezogen worden! Der Erste
Weltkrieg brachte einen großen Schub für die Frauenarbeit, auch in den Fabriken.
Frauen wurden dabei grundsätzlich geringer bezahlt als Männer, trotz gleicher
Arbeit. Auch ein Geburtenausfall war mit Beginn des Krieges zu verzeichnen.
Der Gadegaster Lehrer war
eingezogen, so mußten die Kinder über 1 ½ Jahre lange in Seyda zur Schule
gehen, dann wurde jedoch wegen „Unzuträglichkeiten“ der Schulunterricht für
drei Tage in der Woche in Gadegast abgehalten.
12 Im Winter 1916/1917
hatte der Erschöpfungsgrad der Bevölkerung die Grenzen des Ertragbaren erreicht
(Geschichte Sachsen-Anhalts III, 79): Unterernährung, Magen- und
Darmerkrankungen, Tuberkulose waren verbreitet.
Die
Gadegaster Schulchronik berichtet schon für den vorhergehenden Winter: „Ferien infolge Kohlennot - Herrschender Kohlennot
zufolge fiel infolge Anordnung seitens der Königlichen Regierung an den Schulen
des Regierungsbezirkes der Unterricht vom 5. - 10. Februar aus.“
Schulchronik 1917: „Infolge der sehr ernsten
Ernährungsfrage sind Großstadtkinder bei Gadegaster Einwohnern und in der
Schule als Gäste...
1. Franz Kirchert - Vater Maschinist bei Hüfner Lange
2. Karl Neldner - Vater Schuhmacher bei Hüfner Schlüter
3. Else Kramer - Vater Milchhändler bei Hüfner Lange
4. Hildegard Göhle - Vater Steinmetz bei Pastor Voigt
5. Emil Wetzelt - Schleifer bei Tischler Lange
6. Franz Altenburg - Geschirrführer bei Hüfner Clemens
7. Helene Hoffmann - Vater Schuhmacher bei Landwirt
Sommer
8. Hildegard Beyer - Vater Lohnbeamter bei Hüfner Müller
9. Frieda Kraft - Heizer bei Zimmermann Richter
Am 13. Juni kam durch Einschulung wieder ein Mädchen aus
Charlottenburg hinzu. 10. Dora Rietdorf
Die Anzahl der Kinder beträgt am 14.6.1917...
gesamt: 92“
Die Schulchronik berichtet auch über die:
„Beschlagnahme der Kirchenglocken
Dieser entsetzliche Krieg, dessen Ende nicht abzusehen
ist, fordert immer mehr und größere Opfer. Während im vorigen Jahre bereits
alle Gegenstände aus Nickel und Kupfer beschlagnahmt wurden, z. B. auch alle
Kupferkessel, werden jetzt durch Verordnung vom 20. Juni 1917 alle
Einrichtungsgegenstände aus Kupfer und Kupferlegierungen (Messing, Rotguß,
Tombak, Bronze) eingefordert, bzl. beschlagnahmt und zur freiwilligen
Ablieferung wurde aufgefordert. Da die Beschlagnahme sich auch auf Gegenstände
in kirchlichem, stiftischen, kommunalen,
Reichs- und Staatsbesitz erstreckt, so müssen auch die Kirchenglocken
abgeliefert werden. Zwar werden nicht sämtliche Glocken eines Gotteshauses
zugleich beschlagnahmt, doch wird auch schon die Abgabe einer oder mehrerer
Glocken tiefeinschneidendes Ereignis empfunden. Dem Gadegaster Gotteshaus
verbleibt nur eine Glocke. Am 24. Juni abend wurde der kleinen Glocke Abschied
geläutet und den 26.6. wurde sie abgenommen. Während sie bisher dem Kindlein
auf des Lebens ersten Gange, dann Braut und Bräutigam lud "Zu des Festes
Glanz", dem Abgeschiedenen das letzte Geläute gab, muß sie nun in anderer
Sprache, als brüllende Kanone im Weltkriege Dienste tun. Möchte sie mit ihren
vielen hinausziehenden Kameraden recht bald zurückkehren, um im Frieden wieder
ihr Geläute erklingen zu lassen. Die Kessel der Brauhäuser sind nicht
beschlagnahmt. Bei Beschlagnahme der Kirchenglocken ist sogar auch diejenige
der metallenen Orgelpfeifen angekündigt.“
„Ein großer Teil der metallenen Orgelstimmen ist
ausgebaut und zur Ablieferung gelangt (September 1917).“
1918 wird in der Schulchronik Gadegast zusammengefaßt:
„Sammlungen während des Krieges: Kupfer 7 kg, Messing 2 kg, Papier 100 kg, Gummi 25 kg, Korn aus Ähren 60 kg, Kastanien 100 kg, Pflaumenkerne 100 kg, Kirschkerne 5 kg, Sonnenblumenkerne 15 kg, Brennesseln 10 kg, Windröschen 50 kg. Für Ostpreußen sind
Kleidungsstücke, Reis, Kaffee.
Ludendorffspende
Für die Ludendorffspende - für Kriegsbeschädigte -
brachten die Schulkinder zusammen 13,20 M, die ich sofort, am 4. Mai an den
Ortschulinspektor, Herrn Pastor Voigt abgeliefert habe. Ich habe den Kindern
nach Kräften die Pflicht ans Herz gelegt, die das Vaterland unseren tapferen
Kämpfern, die Gesundheit und Leben für uns in die Schanze schlagen, schuldig
ist. Durch Haussammlung brachten die Schulkinder später noch 89,10 M zusammen,
so daß 102,35 M Ludendorffspende abgesandt werden konnten...
Weiter gesammelt wurde und wird von den Schulkindern:
Papier, Flaschen, Haare, Kirschkerne, Pflaumenkerne,
Brennesselstengel, Bautheu (?)
Papier wurde bis 26. April 1918 gesammelt 110 kg, dafür gelöst 10,20, die ich Herrn
Pastor Voigt... übergeben habe am 13.Juli 1918.
Bautheu wurde rund 6 Zentner gesammelt... Nach Abzug der
Unkosten (Fuhrlohn) blieben 103 M, die ich am 11.Sept. an Frau Pastor Voigt
gleichfalls ablieferte... Der an der Wandtafel angefertigte Bogen zeigt das
Wachsen der gesammelten Gegenstände... Für gesammelte 11 Pfund Brennesseln abgeliefert an Firma Hermann Bennecke - Zweiggeschäft
in Zahna erhielten wir 2,20 M, wovon ich 20 Pf. Botenlohn dem Boten gab und 2 M
an Herrn Pastor ablieferte 17.8.18...
Im
April 1917 forderten in ganz Deutschland mehr als eine halbe Million Menschen
Frieden und Brot. Auch in Wittenberg fanden Streiks statt (Geschichte
Sachsen-Anhalts III, 80).
Die
Schulchronik berichtet:
„Revolution in Deutschland
In der Nacht vom 8. zum 9. November des Jahres ist in
Deutschland die Revolution ausgebrochen. Überall haben Arbeit- und Soldatenräte
die Gewalt an sich gerissen. Kaiser Wilhelm hat auf den Thron verzichtet und
sich nach Holland begeben. Ebenso haben sämtliche Fürsten Deutschlands ihre
Kronen niedergelegt und alle deutschen Staaten haben sich zu Republiken
erklärt. An der Spitze Deutschlands steht ein "Rat der
Volksbeauftragten" von 6 Mann, gebildet von den Sozialdemokraten und den
Unabhängigen. Vorsitzender (Reichskanzler) ist Sozialdemokrat Ebert. (u.
Haase). Kontrolliert wird die Regierung vom Vollzugsrat des "Berliner
Arbeiter- und Soldatenrats". Der Einberufung einer
"Nationalversammlung" setzten die Unabhängigen und besonders die noch
radikaleren Spartakusse Widerstand entgegen. Erstere Partei hat aber doch
zugestimt und so sind die Wahlen vorläufig auf den 16. Februar 1919 angesetzt.
Auch in Preußen hat sich eine neue Regierung gebildet aus denselben Parteien.
Das Kultusministerium verwalten die Sozialdemokratischen Abgeordneten Adolf
Hoffmann und Hänisch. Als Programm haben sie die Trennung von Kirche und Schule
und Staat - Kirche aufgestellt.“
Pfarrer Voigt blieb bis
zuletzt und auch noch nach Kriegsende „kaisertreu“. Noch 1993 wurde die
schwarz-weiß-rote Fahne in seinem Nachlaß gefunden.
13 Pfarrer Voigt hatte
die traurige Nachricht vom Tod eines Soldaten der Familie persönlich zu
überbringen. Für die Gefallenen wurde 1935 eine Gedenkstätte in der Dorfmitte
von Gadegast geschaffen: in der Mitte ein großer Findling, außen herum für
jeden der Gefallenen ein Feldstein. In Zemnick schnitzte ein Lehrer eine
Gedenktafel, die noch heute in der Kirche hängt. Ein Bild mit den Fotos aller
Kriegsteilnehmern wurde angefertigt, allerdings erst 1998 in die Kirche
gehängt.
Quellen- und Literaturverzeichnis
Bild auf der Rückseite: Aus: Der Film Im Westen
nichts Neues in Bildern. Berlin, 1931, 128.
Die Landkarten und Statistiken: Aus: dtv-Atlas zur
Weltgeschichte: Karten und chronologischer Abriss: Band 2 Von der Französischen
Revolution bis zur Gegenwart, München 1966, 22. Auflage 1987,122-129.
Sachinformationen in den Anmerkungen: Aus: Geschichte
Sachsen-Anhalts: hrsg. vom Landesheimatbund Sachsen-Anhalt e.V. unter der
Redaktion von Gerlinde Schlenker, 3. Band, München und Berlin 1994, 70-80
(Mende, Roswitha: Die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt im Kaiserreich:
Im Ersten Weltkrieg.).
Schulchronik Gadegast: vorliegend im Pfarrarchiv
Seyda. Aus ihr sind auch die Beurteilung der Verwundung (leicht - schwer).
Bilder: „Heimatgrüße“, Kriegsbetstunden, Postkarten
Landkarten