Liebe Gemeinde!
Einen schönen Friedhof haben wir in Seyda.
Ein Guter Ort.
Ein Ort des Friedens.
Herausgenommen aus der hektischen Welt des Alltags
ist man hier.
Der Hauch der Ewigkeit berührt uns.
„Vor Dir sind 1.000 Jahre wie ein Tag.“ heißt es in
einem Gebet in der Bibel von Gott.
Unser Leben aber ist kurz, begrenzt.
Der Friedhof übermittelt etwas von der Ruhe und dem
Frieden, in dem unsere lieben Verstorbenen ruhen.
Dem Frieden Gottes, wo alles Leid aufhört, auch
aller Streit und aller Unfrieden.
Die Grabsteine stehen nebeneinander, von Menschen,
die sich gemocht haben, alle sind sie hier, auch die, die man nicht oder nur
flüchtig kannte, auch die anderen, zu denen man nicht gehörte: Alle zusammen
sind sie hier, ein Bild für Gottes Frieden, der alle umgreift.
Wenn man nun ganz genau schaut, wird man auf
unserem Friedhof auch Zeichen der Hoffnung finden. In Stein gehauen,
festgehalten.
Ein Kreuz. Immer wieder. Das Kreuz.
Es erinnert uns: Jesus ist gestorben. Begraben
worden.
Er hat das Totenreich durchschritten.
Und: Er ist auferstanden.
Er ist der Grund aller Hoffnung, denn er sagt:
„Ich lebe, ich habe ein neues Leben: und Ihr sollt auch leben, Ihr, die Ihr zu
mir gehört.“
„Ich lebe, und Ihr sollt auch leben!“
Das wollen uns die Kreuze sagen.
Es ist nicht alles vorbei.
Jesus ist da. Lebendig. Auferstanden aus dem Tod.
„Ich lebe, und Ihr sollt auch leben!“
Diese Worte kann man auch auf einem Grabstein hier
lesen.
Freilich, wie soll das aussehen? Wie ist das jetzt,
wo sind sie, unsere lieben Verstorbenen.
In Bildern wird von der künftigen Herrlichkeit
gesprochen.
In Gottes Hand sind wir, alle.
Bei ihm aufgehoben.
Schwer kann man es beschreiben. Selbst Jesus
versucht, es in Bildern auszudrücken: Wie ein Fest, ein Hochzeitsfest, wird es
sein. Viel Freude wird da sein.
Nicht einfach Friedhofsruhe.
Sondern Versöhnung, Frieden.
Das kommt.
Auch davon kann man auf dem Friedhof lesen und es
sehen.
Ein Schmetterling ist auf dem großen alten
Grabstein in der Mitte zu sehen.
Erst ist die Raupe auf der Erde gekrochen, dann hat
sie sich eingepuppt: wie tot war sie. Und dann ist ein Schmetterling aus ihr
weggeflogen, eine ganz andere Welt, eine andere Existenz. Der Versuch, zu
umschreiben, was mit der Auferstehung geschieht.
Außen herum ist eine Schlange: Das Böse, das Leid:
Der Schmetterling kann wegfliegen.
Auch auf einem neuen Grabstein kann ihn sehen.
Eine Freude ist da, jenseits, auf der anderen
Seite.
Es ist schwer, zu ihr zu finden.
Bei allem Leid, der Trennung.
Da kommt zuerst der Frieden.
Das man ruhig werden kann.
Das man wieder still werden kann.
Und dann kann man, vielleicht, hindurchschauen.
Ein Stück ahnen. Freude ist da. Das verspricht uns
Jesus.
Auf den Grabsteinen erzählen davon die kleinen
Zweige.
Palmzweige sollen es sein.
Sie wurden gewunken, voll Freude gewunken, als
Jesus in der Stadt Jerusalem einzog. Das war ein Fest. Der Palmsonntag hat
seinen Namen davon.
Freude wird sein, wenn Jesus kommt, solche Freude.
Daran wollen die Zweige erinnern.
Auch die grünen Zweige, die wir auf die Gräber
legen.
Wir haben keine Palmen hier, wir nehmen andere;
aber dieser alte Brauch will davon künden.
Das ist nicht das Letzte.
Am Ende kommt ein Fest, bei Jesus.
Das alles können wir ahnen.
Manchmal werden wir davon umfangen, spüren etwas
von dieser Geborgenheit, die Gott geben will.
Der Friedhof ist ein Ort, wo Zeit ist, mit ihm zu
reden. Zu beten. Ihn hereinzulassen in die eigene Traurigkeit.
Eine Tür aufzumachen für dieses große Gegenüber.
Gott, der Vater, der uns kennt, der uns hört.
Gestärkt sollen wir wieder nach Hause gehen.
In der Gewißheit: Gott
ist da, für unsere Verstorbenen.
Sein Frieden geht mit uns.
Auch unsere Tage sind gezählt.
Aber sie enden nicht im Abgrund.
Sondern bei Gott.
„Glaube, Liebe, Hoffe“ - diese drei Dinge kann man an
verschiedenen Stellen des Friedhofs lesen und die Zeichen dazu sehen: Anker,
Herz, Kreuz.
Das bleibt.
„Nun aber bleiben: Glauben, Liebe, Hoffnung.“
Damit kann man leben.
Seine Tage bestehen.
Amen.
(Andacht zum Ewigkeitssonntag im Jahr 2000, 15 Uhr)
Vgl. auch www.seyda.de/grabinschriften.htm www.seyda.de/sterben.htm www.seyda.de/beerdigung.htm
Zur Geschichte des Friedhofs vgl. auch: „Die Geschichte der Kirche in Seyda“ www.seyda.de/diestadt/geschichte/chronologie.htm
Die Seydaer Friedhöfe
Der erste Friedhof der
neueren Geschichte (ein Urnengräberfeld aus der Frühzeit gibt es bei Gadegast) befindet sich wie auch in den Dörfern ringsherum
um die Kirche. Lebende und Tote gehören bei Gott zusammen – und wenn man zur
Kirche ging, ging man an den Gräbern seiner Lieben vorbei und wurde auch selbst
erinnert, dass das Leben ein Ziel hat.
In und um die Seydaer Kirche
existieren noch heute alte Gruften für Amtsleute, Superintendenten und Oberförster. Immer mal
wieder tut sich ein Loch auf, und dann kann man mit einem Spiegel
hineinleuchten.
Ein historischer Grabstein
erinnert an Superintendent Hilliger jun. auf der
Nordostseite der Kirche, in der Kirche gibt den
Epitaph eines Amtsmannes (der 5 Jahrzehnte in Seyda
Dienst tat).
Der Friedhof wurde dann im
19. Jahrhundert in den Süden der Stadt verlegt, heute der Garten des Grundstücks
Triftstraße 11, westlich der „Lücke“.
Später dann, um 1890,
erfolgte die Anlage außerhalb der Stadt Richtung Gadegast,
wo auch heute beerdigt wird. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde ein großes
quaderförmiges Kriegerdenkmal auf dem
Friedhof gesetzt, was nach dem Zweiten Weltkrieg verschwand.
Die Friedhofshalle wurde 1994
saniert und vergrößert. 2002 ist die Gefallenentafel für die Weltkriege auf
Initiative des Heimatvereins angebracht worden. Ende der 90iger Jahre schon der
Gedenkstein für die Gefallenen an den Soldatengräbern. Frau Martha Hähner stiftete den Stein, der Gemeindenachmittag der
Kirchengemeinde die Inschriften. Seitdem finden Jahr für Jahr am Volkstrauertag
um 15 Uhr Gedenken der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft auf dem Friedhof
statt. Zum Ewigkeitssonntag ist um 15 Uhr eine Andacht in der Friedhofshalle,
wo die Namen der Verstorbenen des letzten Kirchenjahres verlesen werden.
Der Friedhof ist in
städtischer Trägerschaft.
Der älteste Grabstein ist der
höchste und weithin sichtbar, vom Ende des 18. Jahrhundert für ein Mädchen.
Damit verbunden war die „Thiemsche Stiftung“, aus der
über 130 Jahre Kindern aus ärmeren Seydaer Familien Weihnachtsgeschenke besorgt
wurden – bis zur Inflation 1923. Der Schmetterling als Symbol des neuen Lebens
wird oben genannt. Er ist auch auf einem Kindergrab von 1991 südwestlich der
Halle zu finden.
An der nördlichen
Friedhofsmauer befindet sich noch eine eiserne Umzäunung mit Sternen, in denen
ein Anker, ein Herz und ein Kreuz zu erkennen sind – für Glauben, Liebe und
Hoffnung (= das, was immer bleibt, 1. Kor 13,13).
Das Bibelzitat „Ich lebe –
und Ihr sollt auch leben!“ (Jesus Christus) steht auf dem Grab der Zahnärztin
Dr. Klara Nekwasil, bei ihrem Vater „Ich bin der
Herr, Dein Arzt“ (er war Doktor). Auf dem Grabstein davor von Dr. vet. Wojan kann man lesen: „Der
Herr ist mein Hirte“.
Ein großes Kreuz südlich des
Eingangs erinnert an Diakon Solbrig, der über 3
Jahrzehnte in Seyda Dienst tat (1963-1990).
Ein Holzkreuz direkt vor der
Friedhofshalle gehört zum Grab des Lehrers Krück,
dessen Vater auch Tierarzt in Seyda war.
In der Nordwestecke des
Friedhofes findet sich der Kopf von Christus mit der Dornenkrone: Eine
Erinnerung an sein Leiden und seinen Tod. Dazu passt das Lied Paul Gerhardts: „Wenn ich einmal soll scheiden, so scheide nicht von mir. Wenn ich den
Tod soll leiden, so tritt du dann herfür. Wenn mir am
allerbängsten wird um das Herze sein, so reiß mich aus den Ängsten Kraft Deiner
Angst und Pein! – Erscheine mir zum Schilde, zum Trost in meinem Tod! Und lass
mich sehn dein Bilde in deiner Kreuzesnot. So will ich nach dir blicken, so
will ich glaubensvoll dich fest an mein Herz drücken: Wer so stirbt, der stirbt
wohl.“