Zur Geschichte Mark
Friedersdorfs.
Nachrichten
aus dem Pfarramt Seyda.
Die erste urkundliche Erwähnung von Mark
Friedersdorf aus dem Jahr 1506 beschreibt Abgaben, die an die Pfarre in
Seehausen zu leisten waren. Das waren die üblichen Rechtsverhältnisse jener
Zeit: heute geschieht dies durch Geld für Pachten und Steuern, damals eben mit
Naturalien und durch direkte Leistungen. Der sächsische Kurfürst hatte 1501 das
Amt Seyda für 20.000 Meißner Gulden erworben, mit 15 Dörfern und allem, was
dazu gehörte. Er wollte damit den Frauen seiner Familie, die auf der
Lichtenburg bei Prettin wohnten, eine sichere Einkunft schaffen. 1506 wurde
alles in Schriftform gefasst, um die Verhältnisse zu ordnen und
Rechtssicherheit zu schaffen.
Schon in diesem ersten verfügbaren
Schriftstück wird Mark Friedersdorf als „wüste Mark“ bezeichnet. Das gab es
häufig, dass Siedlungsstätten wieder aufgegeben werden mussten, meistens durch
Verwüstungen und Plünderungen in Kriegen oder durch die Raubritter: Der
allgemeine Landfrieden wurde erst 1495 beschlossen, bis dahin war das „Rauben“
allgemein üblich. Es gab auch Epidemien, die große Bevölkerungsteile
dahinrafften. Die Ortslage und der Ortsname blieben bekannt. Sie sind dem Klang
nach nicht slawischer Herkunft, also könnte das Dorf durch die Flamen gegründet
worden sein, die nach 1150 ins Land kamen, wahrscheinlicher aber erscheint eine
Gründung durch die Sachsen, die um das Jahr 1000 über die Elbe kamen und eine
ganze Zeitlang auch friedlich mit den Slawen hier zusammenlebten. „Mark“ klingt
nach einer Außenstelle, einem Grenzort, in Verbindung vielleicht zu den
Burgwarden in Zahna, Seyda und Klöden, die diesseits der Elbe errichtet worden
sind. Dorthin flüchtete man sich, wenn es Unfrieden gab.
Der
Ortsnamen trägt die Hoffnung nach einem Leben in Frieden in sich, ohne das eine
Bewirtschaftung der Felder, Wiesen und Wälder und eine Existenz hier unmöglich
ist.
Mark
Friedersdorf wird bis ins 19. Jahrhundert hinein als „wüste Mark“ bezeichnet:
Staatslexikon Schumann-Schiffner, Zwickau 1883, Bd 18, 765: „Von der Wüstung Friedersdorf, worauf 1 Ziegelei und 1 Wind- und Schneidemühle stehen, gehört die 2. Hälfte zu Mellnitz.“
Es
gibt dort einen Gutsbesitzer und einen Windmüller – mit ihren Angestellten und
den Familien.
Am
14. Oktober 1810 hat Johann Gottfried Schmidt, „Lehngutsbesitzer von Mark
Friedersdorf“, seine Tochter Erdmuthe Sidonie Julie in Seyda taufen lassen. Das
ist die älteste Erwähnung eines Gutsbesitzers im Seydaer Pfarramt.
Aus
dem Jahre 1856 gibt es in den Akten des Landrates des Schweinitzer Kreises
(heute im Landesarchiv Merseburg) ein Schreiben zur „Incommunalifirung der Mark
Friedersdorf“. Es geht um die Frage, wohin der Ort eigentlich gehört.
Herzberg, den 20.8.1956
An den Gutsbesitzer Herrn Werner, Wohlgeboren in Seyda
Die Ihnen gehörige Mark Friedersdorf nebst Einwohner hat bisher noch keinem Gemeindeverbande angehört... So ersuche ich Sie, mir binnen 14 Tagen gefälligst anzuzeigen, welchem Gemeindeverbande gedachte Grundstücke zugelegt werden sollen, damit ich mit den Betheiligten verhandeln kann. Wünschen Sie, dass das gedachte Grundstück selbständig bleiben soll, so haben Sie mir die Gründe hierfür ausführlich anzuzeigen
Der Kgl. Landrat gez. Freiherr Von Kleist.
Gutsbesitzer Werner schreibt im September zurück, „dass die mir zugehörige Mark Friedersdorf bisher zu „Kommune und Armenverbande der Stadt Seyda“ gehört hat. Er habe Mark Friedersdorf zum Hauptsitz seiner Besitzungen gemacht, „so muß ich eine Veränderung in dieser Hinsicht insofern wünschen, dass derselbe als ein selbständiger Ort anerkannt“ wird.
Das geschieht wohl schließlich auch, wobei Mark Friedersdorf weiter zum größeren Gemeindeverband Seyda gezählt wird.
Den
Namen seiner Frau, die 1810 in Seyda getauft wurde, kann man dann in der
Gebäudesteuerrolle von 1873 wiederfinden, die von der preußischen Verwaltung
des Kreises Schweinitz erstellt wurde und heute im Landesarchiv Merseburg
liegt. Dort ist unter 1. aufgeführt:
„das zum Kanzleilehngute zu Seyda gehörige Vorwerk Mark Friedersdorf, Eigentümer: Frau Julie Sidonie Erdmuthe Werner, verw. Gewesene Marnitz geb. Schmidt,
zwei Grundstücke zu 20,7 a und 31,9 a,
-Wohnhaus mit großem Hofraum, Steuerjahr 1865
-Schafstall
-Neuer Anbau an diesem Schafstall
- gelöscht (1873 abgebrannt)
- Scheune
- Viehstall mit eingebauter Hofmeister- und Gesindewohnung
- Getreide-Schüttboden und Wagen…
- Zieglerwohnung mit eingebauter Trockenscheune unter einem Dach, kleiner Garten ca. 8 a
- Anbau am Hause
So
kann man sich ein wenig das Anwesen und das Leben dort vorstellen. Über die
Menschen dort geben die Kirchenbücher Auskunft, so zum Beispiel in Seyda: Dort
wird bei zwei Hochzeiten der Familie Nauck 1829 und 1833 in Seyda der Vater als
Ziegelstreicher und als Ziegelbrenner auf der Mark Friedersdorf bezeichnet.
1856 lässt Ziegler Wernicke aus Mark Friedersdorf seine Tochter in Seyda
taufen. Es war üblich, die Steine für den Hausbau so selbst herzustellen.
Zum
Gut gehörte mindestens zeitweise eine Schmiede, wohl an der Stelle, an dem sich
heute der „Jugendklub“, das Kommunikationszentrum des Ortes, befindet. 1883
starb der „Schmiedemeister aus Mark Friedersdorf“ Friedrich August Lüdecke im Alter von 60 Jahren an einer
Lungenkrankheit, in Seyda wurde er begraben.
In
den weiteren Jahrgängen der Gebäudesteuerrolle kann man nun die Veränderungen
bei den Besitzern und im Anwesen feststellen:
1874 wird als „Eigentümer des Vorwerk Mark Friedersdorf Nr. 1“ genannt: „Werner, Hermann, Amtmann in Friedersdorf“, das Drescherhaus wurde neu gebaut. Bis 1878 bleibt das so, 1879 heißt der Eigentümer „Gut Nummer 1: Eigentümer: Hanisch, Johannes Franz, Gutsbesitzer in Friedersdorf“, das Gesindhaus wird ergänzt, es sei bei der Erstellung der Rolle übergangen worden.
1880
gibt es wieder eine ausführliche Beschreibung:
1880
Gut No. 1, Eigentümer: Hanisch, Johannes Franz, Gutsbesitzer,
Wohnhaus mit Hofraum und Hausgarten, Kohlenschuppen, Schafer Schweinestall
Scheune
Schuppen
Scheune
Kuh u. Pferdestall
Gesindehaus
Ziegelofen
Zieglerwohnung mit Trockenschuppen
Trockenschuppen
Scheune
Drescherhaus
Stall
1895
1 Hausgut Nr. 1, Marnitz oder Harnitz, Theodor Wilhelm, Gutsbesitzer,
Wohnhaus mit HOfr., Kohlenschuppen, Schaf- und Schweinestall, Scheune quervor, Remise quervor, Scheune rechts, Kuh- und Pferdestall mit Gesindewohnung, Ziegelbrennofen, Zieglerwohnung, Trockenschuppen, Stall, Familienhaus, Stall (1895/96)
Die Übereinstimmung mit dem Original bescheinigt hiermit amtlich Herzberg, den 9. Juli 1895 Königl. Kataster Amt Zurhold.
1904
1 Gut Nr. 1 Moritz, Otto, Gutsbesitzer in Friedersdorf, (ÄnderungJ Trockenschuppen, Abbruch
: Zieglerwohnung im März 1905 abgebrochen
1908
1 Hufengut Nr. 1
Kemper, Albert, Kaufmann in Berlin
Ziegelbrennofen, Stall, Schnitterwohnhaus – Abbruch und Neubau
In der „Heberolle der Grund- und Gebäudesteuer für den Gutsbezirk Mark-Friedersdorf“, ein Formular von 1894, sind immer wieder Besitzernamen ergänzt und durchgestrichen worden, aus denen man die wechselvolle Geschichte erahnen kann:
Kempner, Albert, Kaufmann, Berlin
Marnitz,, Landwirth, Friedersdorf, Haus Nr. 1
Maritz, Otto, Gutsbesitzer, Berlin
Minde, Max, Gutsbesitzer
Märtens, Julius, Amtmann
Teubner, Kurt, Landwirt Peine
Am
Ende des 19. Jahrhunderts ist von einer Erhebung der Landarbeiter in Mark
Friedersdorf die Rede, angeführt durch Zugereiste aus Berlin, die den
Gutsbesitzer an Leib und Leben bedrohten und mehr Lohn forderten.
Die
Familie des alten Barons von Helldorf, dessen Grab noch heute auf dem
Naundorfer Friedhof liegt, kam – nach mündlichen Berichten – um 1930 nach Mark
Friedersdorf. Sie soll ein Gut mit 1500 Hektarn in Ostpreußen verkauft haben
und dafür dieses mit 400 hier bekommen haben. Die Frau Baronin, für ihre langen
Reitstiefel bekannt, sei, so berichten alte Seydaer Bürger, vor dem Krieg mit
der Kutsche nach Seyda gekommen, um Kinder für die Arbeit auf dem Feld zu
werben und persönlich von und nach Mark Friedersdorf zu bringen.
Von
dem alten Baron ist bekannt, dass er noch in den Kriegsjahren nicht mit „Heil
Hitler“, wie allgemein gewünscht, sondern mit „Guten Tag!“ grüßte.
Beim
Einmarsch der Russen 1945 wurde der Verwalter des Gutes schwer misshandelt,
durch Mark Friedersdorf und Naundorf geschleift und dann auf dem Feld
umgebracht. Die Bewohner, zwei Frauen wohl, wurden ausquartiert und lebten noch
eine Weile in Mark Friedersdorf, bevor sie nach dem Westen gingen.
Neben
dem Gut ist für Mark Friedersdorf immer die Windmühle verzeichnet:
(Gebäudesteuerrolle 1878): 2. der Holländer, Eigentümer: Nitzsche, Ernst, 13,30 und 9,40 a Grundstücke,
- Scheune
- Trockenscheune
- Brennofen mit Üeberbau und Brennschuppen
- Scheune
- Drescherhaus 1874 (Jahrgang des Rollenanhangs)
- Wohnhaus mit geräumigem Hofraum und ca. 3 a Garten
- Kuhstall
- Scheune
- Schweinestall
- Holländerwindmühle
Die
Windmüllerfamilie Nitzsche lässt sich über viele Generationen bis in die
Gegenwart nachweisen. Sie haben sich lange Zeit zur Kirchengemeinde Mellnitz
zugehörig gefühlt und dort ihre Kinder getauft. Aus dem Jahr
Erst
vor einigen Jahren ist das Grundstück verkauft worden, Familie Konrad aus
Berlin kam, lies das alte Wohnhaus stehen und baute sich daneben ein neues,
gründete eine Schafszucht mit ganz besonderen Tieren (eine alte Rasse, die man
sonst wohl nur auf Rembrandt-Bildern sieht), und nun kann man auf dem
„Holländer“ auch Urlaub in einer Ferienwohnung machen.
Der
Name „Holländer“ rührt von der alten Windmühle her, die ja auch so in den
Verzeichnissen aufgeführt ist.
1880: Holländische Mühle No. 2, Nitzschke, Ernst, Windmühlenbes.
Wohnhaus mit Hofraum und Hausgarten, Scheune mit Kuhstall, Stallgebäude, Holländische Windmühle, Bienenhütte
Dann
ist auch ein Aufschwung zu merken, 1886 war wohl ein Neubau von Gebäuden, dies
sind aber nicht genau bezeichnet. Die 1894 durch Brand zerstörte Windmühle
wurde repariert bzw. wieder aufgebaut.
1889/90
1 Holländische Windmühle, Nitzsfchke, Ernst, Windmühlenbesitzer in Mark Friedersdorf, Scheune mit Kuhstall, Futterstall, Wagenschuppen; Die Gebäude sind nicht besonders im Grundbuche verzeichnet. (Neubau 1886)
1895:
2 Windmüllerbesitzung N. 2, Nitzschke, Ernst, Windmühlenbesitzer, Wohnhaus mit Hofraum und Haus.
Pferde u. Schweinestall
Holländische Windmühle
Beinenhütte
Auszugshaus links
Scheune mit Kuhstall quervor
Wagenschuppen
Bockwindmühle (1895/96)
Die Übereinstimmung mit dem Original bescheinigt hiermit amtlich Herzberg, den 9. Juli 1895 Königl. Kataster Amt Zurhold.
1896/7
1 Mühlenbesitzung
holländische Windmühle, 1894 durch Brand zerstört
Bestätigt 1896.
1906
2 Windmühle Nr. 2, Nitzschke, Ernst, Windmühlenbeistzer das., Wagenschuppen, Abbruch und Wiederaufbau, Pferdestall: Neubau.
Mark Friedersdorf gehört heute kirchlich zur
Kirchengemeinde Naundorf. Bis 1997 kam
der Pastor aus Seehausen, dann aus Blönsdorf, seit dem Jahr 2000 aus Seyda. Im
dortigen Pfarrarchiv liegt nun das älteste vorhandene Kirchenbuch. Die
Amtshandlungen für Mark Friedersdorf sind – wie wir bereits gesehen haben -
jedoch oft auch in Seyda und Mellnitz vermerkt.
Die Familie des Windmüllers Nitzksche hat
ihre Kindstaufen, Hochzeiten und Beerdigungen in der Kirchengemeinde Mellnitz
vornehmen lassen. So hat Friedrich Ernst Nitzschke am 18. März 1930 seine
Goldene Hochzeit „mit der ganzen Gemeinde in Mellnitz gefeiert“, berichtet das
Mellnitzer Kirchenbuch.
Auch
im Naundorfer Kirchenbuch sind erst 1880 zwei Taufen aus Mark Friedersdorf
verzeichnet, Sterbefälle seit 1930, Hochzeiten erst seit 1935. Es kann freilich
sein, dass frühere Amtshandlungen im Seehausener Kirchenbuch vermerkt worden
sind.
Mark
Friedersdorf hatte ein Standesamt! Davon zeugt eine Eintragung bei der Taufe
eines Kindes: „Der Dienstknecht Gottlob Danneberg hat am 06.05.1881 sich vor
dem Standesamt in Mark Friedersdorf zur Vaterschaft des Kindes erklärt und am
22.05.1881 die Mutter des Kindes geehelicht.“
Um die Naundorfer Kirche herum befindet sich
der alte Friedhof. Er wurde vor 20 Jahren geschlossen. Viele schöne alte
Grabsteine finden sich dort, auch von einem Gutsbesitzer auf Mark Friedersdorf.
Baron Gottfried Heinrich Julius von Helldorf starb am 29. Dezember 1944 und
wurde dort am 5. Januar 1945 begraben, „im Alter von 67 Jahren, vier Monaten
und 20 Tagen“, er war Regierungsrat außer Diensten.
Das Gemeindeblatt des Kirchenkreises „Heimatgrüße“ zitiert im April 1914 für einen
heimatgeschichtlichen Beitrag aus dem Staatslexikon Schumann-Schiffner, Zwickau
1883, Band 18, Seite 765: „Von der Wüstung Friedersdorf, worauf 1 Ziegelei und
1 Wind- und Schneidemühle stehen, gehört die 2. Hälfte zu Mellnitz.“
In den Separationsakten der Feldmark Mellnitz
von 1860 ist der Windmüller Ernst Nitzsche aus Mark Froedersdorf vermerkt,
„eine halbe Hufe auf der Mark Froedersdorf“. Er hat ½ Scheffel Seydaer
Gerstenmaß Korn an das Pfarramt in Seehausen zu zahlen. Zur Festlegung von
Grenzen wurde als Anlieger auch der „Müllermeister Nitzschke in Friedersdorf“
genannt, 1859.
Des weiteren liegt im Pfarrarchiv ein
„Extract aus dem Holzbestandregister von der Feldmark Mellnitz und dem
dazugehörigen Theile der Mark Friedersdorf für den Oberpfarrer zu Seyda“ vor,
der alte Feld- und Flurnamen enthält.
Im Seydaer Pfarrarchiv findet sich ein Gerichtsbeschluss über die Zwangsversteigerung des Gutes von „Amtmann Julius Maertens“, Mark Friedersdorf, ein Schreiben vom Amtsgericht Schweinitz 1929 .
Auch
in den benachbarten Gütern Mark Zwuschen, Gentha und Ruhlsdorf haben die
Besitzer in diesen Zeiten oft gewechselt. Die Böden waren nicht sehr
ertragreich.