Die
Geschichte
des
Pfarrhauses
in
Gadegast.
Zum Einzug von Familie
Sprenger, März 1998.
Das
Pfarrhaus in Gadegast wurde 1718 gebaut. Damals gab es in Gadegast schon die
Namen Hecht, Geyer, Müller, Lorenz, Danneberg, Gresse und Zuzel, die wir auch
heute noch kennen. Stellvertretender Schulmeister, sogenannter Substitut, war
damals ein Balthasar Christoph Meinhof, der die Tochter des alten und kranken
Schulmeisters Hennig geheiratet hatte und zehn Jahre lang diese Stelle versah,
bevor er nach Seehausen als ordentlicher Schulmeister bestellt wurde. Nach der
Chronik hat er den Kindern in der Kirche das Beten und Singen beigebracht.
Viele
Pfarrfamilien haben in dem Haus gewohnt.
Wenn Krieg über das Land
kam, musste auch der Pastor mit seiner Familie in den nahegelegenen Sumpf, die
„Nachthainigte“ bei Schadewalde, fliehen. So war es auch 1813, als im „Treffen
bei Gadegast“ Franzosen und Preußen aufeinandertrafen. Das ganze Dorf
flüchtete, nur eine alte Frau blieb. Sie erhielt einen Streifschuss und starb
später daran. Durch das schlechte Wasser im Sumpfgebiet erkrankten viele
Gadegaster. Jeder zehnte ist in den folgenden Monaten gestorben, so auch Pastor
Christian Friedrich Schöne. Die Pfarrstelle Gadegast war vakant.
Zu gleicher Zeit wurde
durch die Kriegshandlungen das Pfarrhaus in Seehausen völlig zerstört. Deshalb
zog 1814 der Pastor von dort nach Gadegast und verwaltete bis 1827 beide
Pfarrstellen. Sein Name war Christoph Heinrich Hederich, und in seine Zeit fiel
auch der Wechsel vom kursächischen Konsistorium in Dresden hin zum preußischen
Konsistorium der 1815 neugebildeten „Provinz Sachsen“ in Magdeburg, das bis
heute zuständig ist.
Ein
etwas außergewöhnlicher Vertreter war beispielsweise Pastor D. Eduard Medem. Er
war vorher Pastor der deutsch-französischen Gemeinde in Beirut gewesen und
brachte auch seine Frau von dort mit, als er 1875 seinen Dienst in Gadegast
begann. Nach fünf Jahren, 1880, wurde er nach Magdeburg als Leiter der Inneren
Mission berufen.
Etliche
große Hochzeiten wurden im Pfarrhaus gefeiert: so heiratete am 27. Januar 1855
Pastor Fensch in Gadegast, am 17. März 1829 Pastor Günther, am 4. November 1880
Pastor Schau und schließlich am 23. April 1903 Pastor Voigt. Bei der Reparatur
der Bodendielung wurde noch ein Liebesbrief des Pastors aus der Zeit seines
Einzugs unter den Dielen gefunden, geschrieben an seine Braut Friederike
Auguste Anna Bölke aus Eckmannsdorf. Ihre Kinder waren Gertrud (* 1905) und
Theodor (*1906). Seine Schwiegermutter Friederike Bölke wurde 1908 mit 69
Jahren in Gadegast beerdigt.
Theodor Voigt wurde 1903
nach dem Studium in die Pfarrstelle entsandt und blieb dort bis zu seinem
Lebensende am 15. September 1939. Er war bisher der letzte aktive Pfarrer, der
in Gadegast wohnte, der letzte in einer langen Reihe seit der Missionierung
unseres Gebietes vor acht Jahrhunderten.
Auch für die
Heimatgeschichte hat sich Pastor Voigt sehr engagiert, viele Jahre (1912 bis
1936) brachte er die „Heimatgrüße“ heraus, ein Evangelisches Monatsblatt mit
zahlreichen Informationen auch über geschichtliche Ereignisse. Pastor Voigt war
Ehrenvorsitzender im Schützenverein: Die Urkunde darüber hing bis zum Herbst
1993 im Flur.
1913 ließ er das Denkmal
für das „Treffen bei Gadegast 1813“ nördlich der Kirche nach seinen Plänen
errichten, was an den Befreiungskrieg erinnert.
Pastor Voigt war sehr
patriotisch gesinnt, 1993 wurde auch seine alte Kaiserfahne (schwarz-weiß-rot)
noch gefunden. Er hat mit seinem langen Wirken tiefe Spuren hinterlassen und
wohl auch dazu beigetragen, daß heute in Gadegast über zwei Drittel der Bevölkerung
Christen sind. Unten links hatte er sein Amtszimmer, was er durch eine dünne
Wand noch einmal teilen ließ, um Raum für das Archiv zu haben.
Auf der rechten Seite war
das Wohnzimmer der Familie Voigt, hinten links die Küche, und oben im
Südostzimmer das Schlafzimmer. Der Pastor war eine Autorität, es wird
berichtet, daß er - im Alter - oft in seinem Amtszimmer saß, hinter der
Gardine, so daß man ihn nicht sehen konnte. Ging jemand vorbei, ohne zu grüßen,
so kam er heraus und es setzte etwas. Am Ende seines Lebens mußte ihm ein Bein
abgenommen werden, jedoch tat er weiter unermüdlich Dienst in der Kirche, noch
1939 hat er die Gadegaster und Zemnicker Konfirmanden eingesegnet. Sein Grab
war auf dem Friedhof gleich links neben dem Friedhofstor, wenn man vom
Pfarrhaus her kommt.
Im Garten hatte die
Familie ein kleines Häuschen.
1927
wurde das Pfarrhaus das letzte Mal für eine lange Zeit grundlegend renoviert,
wie man über der Haustür lesen kann. Die Bäume wurden geschnitten, geflochtene
Elektroleitungen kamen ins Haus. Alles war im Jugendstil gestaltet. Mit welcher
Liebe das Pfarrhaus gebaut wurde, das zeigen viele kleine Details. Zum Beispiel
stellten die Schlüsselbärte jeweils eine Zahl dar: Nummer 1 war die Tür vom
Garten ins Haus, Nummer 2 die Wohnungstür, Nummer 3 die Haustür zur Straße. Nur
die letztere ist heute noch im Original vorhanden. Die Holzzäune im Vorgarten
hatten einen kleinen geschwungenen Bogen nach unten und waren oben noch einmal
wie eine Spitze geschnitzt.
Vom
Pfarrer in Gadegast, den die Alten „Pastor“ nannten, wurden von alters her die
Dörfer Gadegast und Zemnick versorgt. Konfirmanden aus Zemnick hatten bis in
die dreißiger Jahre hinein zum Unterricht nach Gadegast kommen. Im Stall der
Familie Arnold Clemens war noch in den 90iger Jahren die Kutsche zu sehen, mit
der der Pastor bei schlechtem Wetter nach Zemnick zur Kirche gefahren wurde.
Traditionell war sonntags um 8.30 Uhr Gottesdienst in Gadegast, und um 10 Uhr
begann die Kirche in Zemnick.
Der Gartenzaun nach
Süden, Richtung Zemnick, war durch die Gemeinde Zemnick zu pflegen.
Zur
Pfarrstelle in Gadegast gehörten von Anfang an 4 Hufen Land (ca. 32 Hektar) zur
Versorgung der Pfarrfamilie. Der Pfarrer stellte dazu meistens Dotalen an, die
den Acker versorgten und entsprechende Abgaben leisteten. Das sieht man auch
daran, daß das Nebengebäude zum Pfarrhaus relativ klein gehalten ist: Es ist
keine eigene große Wirtschaft gewesen. Als Getreidespeicher wurde der Dachboden
genutzt, wie man an den alten, schweren Balken im Westteil erkennen konnte, als
der Boden neu gemacht wurde.
Das
Nebengebäude erinnert noch heute an die Wirtschaftsformen vor 80 Jahren:
Hühnerstall, Schweinestall, Kuhstall: alles kann man noch fast im
Originalzustand betrachten, so auch die Trockentoiletten. Die Brandgiebelmauer
auf dem Dach sollte ein Überspringen des Feuers verhindern, ein Hinweis, dass
früher mit Stroh gedeckt wurde.
In diesem Nebengebäude
waren im 2. Weltkrieg Kriegsgefangene untergebracht, zumeist Serben, die für
die Gadegaster Bauern arbeiteten. Von zwei Kriegsgefangenen weiß man, dass sie
deutsche Frauen geheiratet haben und im Land geblieben sind.
1945
kamen nach dem Einmarsch der Russen und einer großen Welle des Terrors und der
Gewalt zahlreiche Flüchtlinge nach Gadegast, von denen etliche im Pfarrhaus
untergebracht wurden. So richtete sich der Schumacher Klein aus Schlesien mit
seiner Familie ein und baute sich im Nebengebäude, in der heutigen Garage, eine
Werkstatt aus. Danach, etwa Ende 1954, zog Familie Kliche, aus Meltendorf
kommend, in die westlich liegenden Zimmer der Pfarrwohnung ein und wohnte hier
bis 1979. Sie versah den Kirchendienst.
Die Tochter des Pastors
Voigt, „Trude“, heiratete 1952 einen Großbauern, der von seinen Ländereien
vertrieben worden war, Herrn Heinrich. Die alte Pfarrfrau starb 1962, die
Tochter im Januar 1990, er lebte bis zum Februar 1993.
Der
Gemeindekirchenrat hatte schon um 1985 vor, das Pfarrhaus zu verkaufen, weil es
aussichtslos schien, es weiter zu erhalten und zu nutzen. Ein Raum sollte für
die Gemeinde als Winterkirche erhalten bleiben, oder aber ein Gemeinderaum in
die Kirche eingebaut werden. Das Vorhaben scheiterte zunächst an der Weigerung
des Konsistoriums, die Genehmigung dazu zu geben. In dem Haus wohnte seit 1985
die Familie Borchert. Herr Borchert putzte 1987 das Haus ab, wie man an der
hinteren Eingangstür auf dem Boden lesen kann, und baute die Klärgrube. In das
Nebengebäude brachte er die Garage. Zur Wende kam die Nachbarin aus West-Berlin
in ihr Elternhaus zurück und ließ bei den umfassenden Renovierungsarbeiten
gleich diese Garage von außen mit sanieren.
Die Familie Borchert
wohnte mietfrei und sollte dafür das Anwesen versorgen.
Das Haus wurde mit allem
Nebengelass und dem Grundstück auf 8.750 Mark taxiert. In dem Wertgutachtung
hieß es: „Auf Grund des Bauzustandes wird die Restnutzungsdauer auf 15 Jahre
eingeschätzt.“ Als die kirchenaufsichtliche Genehmigung kam, verhinderte nur
noch das beharrliche Nein des Herrn Heinrich, doch bis zu seinem Tod zu warten,
einen Verkauf. Borcherts bauten sich in das untere Südwestzimmer ein Bad mit WC
ein, Heinrichs lebten bis zuletzt in den alten Verhältnissen, obwohl der Gemeindekirchenrat ihnen öfter eine Modernisierung
vorgeschlagen hatte.
Familie Borchert gehörte
zu den „Zeugen Jehovas“. Das Ehepaar war nach der Wende viele Jahre arbeitslos
und stellte seine ganze Kraft in den Dienst dieser Gemeinschaft. Das bedeutete,
dass jeder, der ins Pfarrhaus kam, mit entsprechenden Werbungsversuchen rechnen
musste. Sogar auf den Gemeindetoiletten wurde regelmäßig der „Wachtturm“
ausgelegt.
In
diesen Jahren fand - wie auch schon zuvor - in dem vorne rechts eingerichteten
Gemeinderaum die Christenlehre statt, so mit Frau Mitkowski aus Seyda, der
Pfarrfrau Podstawa, Frau Katechtin Gasde und Kantor Genterczewsky aus Jessen.
In den Wintermonaten wurde dort der Gottesdienst gefeiert.
Im
August und September des Jahres 1993 ist die Wohnung des im Februar
verstorbenen Herrn Heinrich geräumt worden. Ein entfernter Verwandter aus
Gielsdorf erhielt die Einrichtung, die bis dahin bis ins letzte Detail im
Jugendstil gehalten war und wohl noch von 1904 her stammte. Der
Gemeindekirchenrat beschloss, das Pfarrhaus nicht mehr zu verkaufen, sondern
nach einer Nutzung für einen kirchlichen Mitarbeiter oder einen Ruheständler
Ausschau zu halten. Die Wohnung der Familie Borchert wurde vermessen, und mit
den Mieteinnahmen hatte die Kirchengemeinde die Möglichkeit, die Eigenmittel
für die dringend notwendige Deckung des Kirchendaches aufzubringen. So hat
diese Familie mehr für die Kirchengemeinde getan, als manch anderer in
Gadegast. Familie Borchert wollte dann Entschädigung für die von ihr erbrachten
Leistungen einfordern. Dem wurde stattgegeben, und der Kirchenbaurat Stiehler
verglich alle von Herrn Borchert aufgestellten Leistungen mit dem Mietwert von
10 Jahren und errechnete ein Plus für die Kirchengemeinde von 2.000 DM. Der
Gemeindekirchenrat verzichtete auf eine Geldleistung, und Herr Borchert
verpflichtete sich dafür, den Zaun um das Grundstück zu reparieren. Ein Teil
des Gartens war zu dieser Zeit als Acker an die Familie Zuzel verpachtet, ein
anderer wurde von der Familie Borchert genutzt, große Teile aber waren
verwildert.
Nach
der Wende gab die LPG das Nachbargrundstück ab und musste es räumen. Die
Dachkonstruktion einer Kegelbahn war dort untergestellt und wurde nicht mehr
gebraucht. Durch Herrn Borchert kam sie auf das Pfarrgrundstück und stand dort
viele Jahre. Nun soll daraus eine Überdachung im Garten gebaut werden, für
Grillabende oder ähnliche Veranstaltungen im Freien.
Herr Borchert ließ auch
die alten Eisenbahnschwellen anliefern, die nun keiner mehr bewegen kann. Er
wollte daraus neue Zaunpfeiler setzen.
Im
Winter 1993/1994 wurde mit Hilfe von Praktikanten und Zivildienstleistenden der
Gemeinderaum renoviert und die Treppe erneuert. Das ehemalige Amtszimmer ist zu
einem Jugendraum umgestaltet worden. Jugendliche aus Gadegast, Morxdorf und
Mellnitz trafen sich regelmäßig dienstags um 18.30 Uhr zum Abendbrot und Jugendabend.
An die Decke wurde ein Sternhimmel gemalt, weil sie so schadhaft war, dass man
sich nicht anders behelfen konnte. Seitdem gibt es in unregelmäßigen Abständen
auch einen Kindergottesdienst in Gadegast, während der Predigt.
Im
Frühling 1994 besuchte eine Delegation der Evangelischen
Auferstehungskirchgemeinde Mainz den Pfarrer in Seyda, der in Mainz vier Wochen
lang Vikar gewesen war. Eine ganze Gruppe von Studenten und Handwerkern kam
dann im Sommer wieder: sie hatten sich fünf Tage Urlaub genommen, um etwas
aufzubauen. Und das taten sie: in Seyda wurde der Vorraum der Kirche renoviert,
und in Gadegast im Pfarrhaus gebaut. Von da an war ein „Gemeindenachmittag“ in
Gadegast möglich, der sich seitdem alle vierzehn Tage trifft und einen festen
Gemeindekern bildet. Jeden Morgen um acht Uhr wurde die Glocke geläutet und mit
einer Andacht in der Kirche begonnen, ebenso um zwölf Uhr und am Abend. 25
Meter wurden in dem heißesten August seit Jahren für eine Abwasserleitung
ausgegraben, in Tag- und Nachtarbeit wurde die Spüle in der Gemeindeküche
eingebaut und eine Toilette installiert. Gleichzeitig fand auch ein
Kindernachmittag statt, ein Filmabend in der Kirche („Jesus“), ein Grillabend
mit der Gemeinde, der erste Gemeindenachmittag im Garten und ein Abendgottesdienst.
Die eigens mitgebrachte Köchin bekam eine kleine ca. 5 cm hohe Kanne geschenkt,
die beim Schachten gefunden worden war. Das Landesmuseum Mainz stellte fest:
15. Jahrhundert!
Im
Mai 1995 kamen zwei junge Pfarrer zu Besuch nach Seyda und Gadegast. Sie
absolvierten zusammen mit dem Ortspfarrer das Predigerseminar Brandenburg und
hatten im Rahmen eines Aufbaukurses vor, die Gemeinden kennenzulernen. Einer
von ihnen berichtete seinem Schwiegervater, daß es in Seyda (Kirchplatz 2) eine
leerstehende Wohnung gäbe, die sich vielleicht für den Ruhestand eignen würde.
Die Pfarrfamilie Sprenger kam daraufhin nach Seyda. Der Pfarrer zeigte ihnen
aber nicht nur die Wohnung in Seyda, sondern auch das Pfarrgrundstück in
Gadegast. Davon waren sie sofort begeistert, obwohl es in einem sehr traurigen
Zustand war und die Familie Borchert immer noch darin wohnte.
Sie fassten den
Entschluss, wenn es möglich wäre, nach Gadegast zu kommen und hier ihren
Ruhestand zu verleben. Die Familie Borchert hatte nun kein Interesse mehr, im
Pfarrhaus weiter zu wohnen, da ihnen klar wurde, dass sie es nicht erwerben
könnten. Da Borcherts zur Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas gehörten, war
es ihnen auch eine Schwierigkeit, etwas für das Grundstück zu tun, da sie es ja
für die Kirche, die sie vollkommen ablehnten, machen würden. Sie zogen im März
1996 aus dem Pfarrhaus aus, hinterließen jedoch sehr viel.
Die
größte Schwierigkeit war nun die Beschaffung von finanziellen Mitteln. Zu
dieser Zeit wurden in Gadegast 2.000 DM Gemeindebeitrag eingesammelt, von dem
ganzen Dorf zusammen für ein Jahr. So wurde privat ein Baugutachten erstellt,
was verschiedene Möglichkeiten für den Ausbau des Pfarrhauses vorsah: zwischen
151.000 und 300.000 DM. Unter anderem war eine Vergrößerung der Gemeinderäume
durch das Wegnehmen von Zwischenwänden im Gespräch, was aber vom Kirchlichen
Bauamt mit dem Verweis auf kleine Gemeindegliederzahlen abgelehnt wurde.
Die
ersten, die etwas für die Pfarrhaussanierung gegeben haben, waren die
Kirchenältesten der Kirchengemeinde Morxdorf. In einer Sitzung legte der
Pfarrer die Situation dar, dass ein Pfarrerehepaar da wäre, aber Gadegast
allein den Ausbau unmöglich finanzieren könnte. Die Morxdorfer sollten selber
sagen, ob und wie viel sie dazu geben wollten. Sie fragten nach dem Bestand der
Kirchenkasse. Er belief sich damals auf 1.500 DM. Sie entschieden sich nach
kurzer Beratung, 1.000 DM für Gadegast zu geben. Damit war der Anfang gemacht.
Bei der nächsten Sitzung in Seyda mit derselben Bitte kam die Rückfrage, wie
viel Morxdorf denn gegeben hätte. Nun sahen sich die Seydaer wohl etwas im
Zugzwang, weil so eine kleine Gemeinde so viel gegeben hatte, und sie spendeten
5.000 DM, die sie gerade von dem landwirtschaftlichen Großbetrieb „Seydaland“
geschenkt bekommen hatten, für das Pfarrhaus. In ähnlicher Weise gab der
Gemeindekirchenrat in Zemnick, der in dieser Zeit bei großen Bauvorhaben war,
300 DM. Mellnitz war aufgrund von übergroßen baulichen und damit finanziellen
Herausforderungen nicht in der Lage, etwas dazuzugeben. Die Mainzer schickten
eine große Kollekte, den Hauptteil steuerte aber dann die Partnergemeinde aus
Hessen zu. Sie gab am Ende 45.000 DM!
Das hat noch eine kleine
Geschichte: Dort wohnte einmal jemand, den keiner leiden konnte. Er verließ das
Dorf und ging nach Amerika. Nach vielen Jahren kam ein Brief: Der Mann war
gestorben und vermachte sein Millionenerbe der Kirche in Oberseemen. Und die
Christen dort haben diesen großen Schatz nicht für sich behalten, sondern mit
uns geteilt!
Die Gemeinde Gadegast
entschloss sich dazu, einen Kredit aufnehmen zu können, und zusammen mit
anderen großen und kleinen Spenden (Familie Sprenger gab auch einen großen
Betrag) brachte man es schließlich auf 141.000 DM. Die Ausführung schien in
greifbare Nähe gerückt. Gemeindekirchenrat und Pfarrfamilie Sprenger hatten
sich bereits freundlich bekannt gemacht, Sitzungen mit dem Superintendenten,
dem Kirchenbaurat und dem Bauingenieur hatten stattgefunden, und eine
Arbeitsbeschaffungs-maßnahme der Öko-Tour-Sanierungsgesellschaft begann mit
Arbeiten im Pfarrhausgelände. (Sie wurden durch die Stadt Seyda über die Kirche
Seyda organisiert, paradoxerweise lehnte Gadegast immer den Einsatz dieser ABM
für das Dorf ab, zog aber auf diese Weise großen Nutzen davon.)
Dann
kippte alles. Am 12. April 1996 fand eine Sitzung statt, in der der Kirchenrat
beschloss, eine neue Nutzungsvariante zu prüfen, nach der zwei Pfarrhäuser im
Kirchenkreis einer Firma überschrieben werden sollten, um Aussiedler darin
unterzubringen. Sprengers zogen daraufhin ihr Angebot zurück, nach Gadegast zu
kommen.
Im
Sommer des Jahres wurde klar - auch nach einem gemeinsamen Besuch beim
Konsistorium durch Superintendent und Pfarrer -, dass diese geplante Nutzung
nicht ausführbar war. Das Pfarrhaus stand leer, Sprengers erkundigten sich
andernorts: es war eine sehr schlimme Situation. Der Kirchenrat beschloss nun,
das Geld für die Kirchenrenovierung zu verwenden, die seit 1908 die erste und
somit auch dringend notwendig war. In diesen Jahren wurde auch Stück für Stück
(vier Jahre hat es gedauert), das Kirchendach gedeckt. 1996 konnte es mit Hilfe
der Feuerwehr und der Dorferneuerung abgeschlossen werden.
Der
Bürgermeister, Herr Egon Clemens, war es, der dem Pfarrer Mut machte, es doch
noch einmal zu versuchen. Der rief daraufhin im September 1996 in Berlin bei
Sprengers an, ob sie denn schon etwas anderes gefunden hätten. Pfarrer Sprenger
hatte gerade ein gutes Angebot in der Südlage von Berlin zur Unterschrift vor
sich. „Geben Sie mir noch eine Woche!“, so bat der Pfarrer aus Seyda. Er wurde
wieder in Jessen in der Superintendentur vorstellig und stellte die Sachlage
dar. Daraufhin setzte sich der Superintendent sehr für das Vorhaben ein und
erwirkte schließlich bei der Landeskirche noch einen Zuschuss von 80.000 DM aus
dem Lastenausgleichfond, und auch der Kirchenkreis gab nun 15.000 DM hinzu. So
konnte nun doch noch der Ausbau begonnen werden, sogar mit einer besseren
Variante, als sie am Anfang vorgesehen war. Die Renovierungsarbeiten in der
Kirche wurden trotzdem durchgeführt und im Dezember fertiggestellt, weil sie
nun einmal beschlossen waren.
Inzwischen
hatte auch die Öko-Tour in monatelanger Arbeit den Garten urbar gemacht. Der
Boden wurde ausgeglichen, viele Sträucher entfernt oder beschnitten, ein Weg
angelegt, eine Gartenlaube errichtet. Im Pfarrhaus sind die Gemeinderäume neu
renoviert worden, der Dachboden bekam eine neue Dielung, und am Ende wurde
Schutt der letzten 60 Jahre abgefahren: zehn Pritschenwagen voll!
Somit waren die
Voraussetzungen gegeben, 1996 und 1997 Kinderkirchenferientage im Pfarrgarten
abzuhalten. Es kamen zwischen 60 und 70 Kindern aus Gadegast und der Umgebung,
die im Garten zelteten und im Pfarrhaus bei Regen und zu den Mahlzeiten
Unterschlupf fanden. Zunächst in den bisherigen Wohnräumen, 1997 auf dem großen
frischgemachten Pfarrhausboden, denn es regnete den ganzen ersten Tag.
1997
konnte eine Chronik geschrieben werden, die die Geschichte der Kirche in
Gadegast ein wenig aufhellte. Möglich wurde dies, weil Max Herbert Rietdorf, ein
ehemaliger Gadegaster, seine Materialien zur Verfügung stellte. Er hatte Ende
der 80iger Jahre den Nachlass des alten Pastors, darunter die „Heimatgrüße“,
von der Tochter des letzten Pfarrers erhalten.
Im
März 1998 nun kann das Ehepaar Sprenger in die frisch renovierte Wohnung
einziehen. Der Grundriss ist leicht verändert worden: Der Treppenflur wurde zur
Küche, die Küche der Familie Borchert wurde geteilt und zu Bad und Flur. Ein
Fenster gen Osten im Südostzimmer wurde durchgebrochen. Die Fenster in der
oberen Etage förderte die Dorferneuerung, sie
entsprechen den alten Vorbildern, wie sie noch unten im Südosten und am
Stallgebäude vorhanden sind, und riefen zunächst einigen Unwillen durch den
großen Holzanteil hervor.
Gleichzeitig wurden auch
die Gemeinderäume weiter verschönert: ein neuer Fußboden und die Heizung kamen
hinein. Ein großer Seydaer Betrieb stiftete eine Kücheneinrichtung für die
Gemeinde.
Am
14. März 1998 wurde zum Abschluss der Bauarbeiten ein großes, meterhohes Feuer
im Pfarrgarten entzündet. Die Feier begann um 18 Uhr mit dem Choral „Nun danket
alle Gott mit Herzen, Mund und Händen!“. Nach einer kurzen Ansprache und dem
Verteilen der 1. Auflage dieses Heftes an die Anwesenden sorgten Kinder und
Jugendliche aus Gadegast für das leibliche Wohl. Dann wurde die Sirene - von
Wittenberg aus - ausgelöst, und die Gadegaster Feuerwehr rückte zu einer
Trockenübung an. Nach der freudigen Begrüßung und einigen weiteren Liedern auf
der Trompete wurde zu einem Rundgang durch das Pfarrhaus geladen. Im Anschluss
an die Feier lud die Feuerwehr alle zum Wildschweinessen in die Gaststätte ein.
„Bis
hierher hat der Herr geholfen!“ - so soll es unter dieser kurzen Geschichte des
Pfarrhauses von Gadegast stehen. Wir haben die feste Zuversicht, dass er das
auch fernerhin tun wird, und wünschen der Familie Sprenger eine gute Zeit in
Gadegast!
2. Auflage 2007.
Zum Erntedankfest 2007
wurde das Ehepaar Sprenger verabschiedet und herzlich bedankt für ihren großen
Einsatz. Bürgermeister Clemens überreichte in der Kirche eine silberne
Stimmgabel mit der Inschrift: „Singkreis Gadegast 1998 – 2007“.
Ergänzung 2015.
Es war nicht so einfach,
das Pfarrhaus wieder zu vermieten. 1998 gab es in Gadegast zum Beispiel noch
einen Einkaufsladen. Viel hat sich seitdem verändert. Trotz mehrmaligem
Ausschreiben in den Kirchenzeitungen fand sich kein „Ruheständler“, der nach
Gadegast kommen wollte. Ein pensionierter Arzt, Dr. Clemens, hatte die Absicht;
sein Sohn verlegte mit einem Freund auch Laminat dazu, aber der Umzug kam dann
aus gesundheitlichen Gründen nicht zustande. Die Pferde des Diest-Hofes waren
dann einmal „zu Gast“ im Pfarrgarten, und der Zirkus „Bombastico“, der
gemeinsam mit dem Diest-Hof ein Projekt einstudierte. Herr Ermlich und Frau
Friedrich, die beide auf dem Diest-Hof beschäftigt waren (und z.T. noch sind),
zogen ins Pfarrhaus ein: Bis zum April 2014.
Nun ist das Pfarrhaus
seit März 2015 wieder vermietet an Familie Mies. Dazu waren Umbauarbeiten
notwendig, die mit großem Einsatz innerhalb der Wohnung von Familie Mies und im
Gemeinde-Bereich durch den Gemeindekirchenrat geleistet worden sind: Die
Gemeindetoilette wurde umgebaut, so dass jetzt auch die hintere untere Etage
ganz zur Mietwohnung gehört.
Der Gemeindebereich wird
weiter als Winterkirche (vierzehntäglich ist Gottesdienst), für die
wöchentliche Christenlehre und den im Abstand von vierzehn Tagen stattfindenden
Gemeindenachmittag genutzt. Zur guten Tradition ist auch der Weltgebetstag
Anfang März geworden, von Frauen aus Gadegast und aller Welt vorbereitet. In
diesen Tagen konnten auch Gemeindekirchenräte aus dem Pfarrbereich Seyda zu
einem Gemeindecafé nach gemeinsamen Gottesdienst im Pfarrhaus begrüßt werden,
und Gäste aus Moskau, die danach in der Kirche ein Konzert gaben.
Nomina Pastorum Gadegastensium
1. 1551
Gregorius Theoko, Herzbergensis
2. Petrus Lucius
3. Martin Dietrich
4. 1646
Theodor Hillner
5. 1651
Thomas Strobel
6. 1674
George Günther
7. 1704
M. Theodor Gröllmann
8. 1706
M. Christoph Jungnickel
9. 1743
M. Johann Georg Hesse
10. 1751 Otto Andreas
Wolderhausen
11. 1760 Johann
Andreas Kranold
12. 1768 Johann George
Möbes aus Globig
13. 1793 Christian
Friedrich Schöne
1814 - 1827 Der Pfarrer aus Seehausen
in
Gadegast, Christoph Heinrich Hederich
14. 1827 Friedrich
Wilhelm Günther
15. 1850 Ferdinand
Gottfried Fensch
16. 1873 Ludwig Otto
Grünheide
17. 1875 Hans Wilhelm
Eduard Medem
18. 1880 Albert Schau
19. 1886 Carl Schreyer
20. 1903 - 1939 Ludwig
Theodor Voigt
21. 1998 - 2007 Katrin
und Christoph Sprenger (i.R.)
Ergänzung:
Aus dem Pfarrerbuch der Kirchenprovinz Sachsen
Johannes Milius 1552
- 1557
Gregorius Thico 1557
- 1575
Johannes Matthesius 1575
- ------
Martinus Coßmannus 1608
- 1617
Peter Lucius 1617
- 1629
Martin Gregorius 1629
- 1637
Martin Dietrich 1638
- 1645
unbesetzt;
verwaltet von Kurzlipsdorf
Thomas Strobel 1651
- 1677
Georg Günther (1673) 1678
- 1703
Mag. Daniel Theodor
Gröllmann 1703
- 1706
Christoph Jungnickel 1706
- 1742
Mag. Christian Gottfried Rothe (1739
- 1741)
Mag. Gottfried Mey (1741
- 1742)
Mag. Johann George Hesse 1742
- 1751
Otto Andreas Woldershausen 1751
- 1760
Mag. Johann Andreas Kranhold 1760 -
1768
Mag. Johann Georg Nöbel 1768
- 1793
Christian Friedrich Schöne 1793
- 1814
unbesetzt;
verwaltet von Seehausen
Friedrich Wilhelm
Günther 1827
- 1850
Ferdinand Gottfried
Fensch 1850
- 1873
Ludwig Otto
Grüneheide 1873
- 1874
D. Hans Wilhelm
Eduard Medem 1875
- 1880
Albert Schau 1880
- 1886
Karl Theodor
Schreyer 1886
- 1902
Ludwig Theodor
Voigt 1903
- 1939
Verwaltet von Seyda.